Europawahl in Deutschland 2019

[Europawahl]

Wahlsystem

Verhältniswahl mit geschlossenen Listen.

Besonderheiten

Abgeordnetenzahl

In Deutschland werden seit der Europawahl 2014 96 Abgeordnete des Europäischen Parlaments über geschlossene Bundes- oder Landeslisten gewählt. Davor stellte Deutschland bei den Wahlen von 1994 bis 2009: 99 Abgeordnete und davor seit 1979: 81.

Wahlperiode

Die Legislaturperiode des Europäischen Parlaments beträgt fünf Jahre.

Aktives und passives Wahlrecht

Aktiv wahlberechtigt ist jeder Deutsche, der am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet hat und irgendwann nach dem 23. Mai 1949 mindestens drei Monate lang ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland oder der Deutschen Demokratischen Republik gelebt hat. Aktiv wahlberechtigt sind auch alle anderen in Deutschland lebenden Bürger der Europäischen Gemeinschaft (Unionsbürger), die am Wahltag mindestens 18 Jahre alt sind und seit mindestens drei Monaten innerhalb der Europäischen Gemeinschaft wohnen.

Passiv wahlberechtigt (wählbar) sind alle aktiv Wahlberechtigten, darüber hinaus auch jene volljährigen Deutschen, die nicht mindestens drei Monate in der BRD oder DDR gelebt haben sowie jene in Deutschland lebenden Unionsbürger, die nicht seit mindestens drei Monaten im EU-Gebiet wohnen.

Ausgeschlossen vom passiven Wahlrecht ist automatisch für fünf Jahre, wer wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird. Darüber hinaus kann ein Gericht das aktive und passive Wahlrecht für zwei bis fünf Jahre unter bestimmten Voraussetzungen bei politischen Straftaten entziehen. Soweit nicht-deutsche Unionsbürger in ihrem Herkunftsland vom aktiven oder passiven Wahlrecht ausgeschlossen sind, gilt dies auch bei der Europawahl in Deutschland. Nicht wählbar ist auch, wer Mitglied in mehreren Parteien ist. Die Wahlrechtsausschlüsse für Betreute in allen Angelegenheiten und wegen Schuldunfähigkeit untergebrachte Straftäter wurden vom Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 15. April 2019 für nicht zu anzuwenden erklärt.

Das aktive und passive Wahlrecht darf nur in jeweils einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ausgeübt werden. Dies hat zur Folge, dass Unionsbürger – anders als bei Kommunalwahlen – nur auf Antrag ins Wählerverzeichnis eingetragen werden.

Stimmenzahl

Jeder Wähler hat eine Stimme, mit der er die Bundes- bzw. Landesliste einer Partei wählt.

Listen

Die Parteien können selbst bestimmen, ob sie mit einer gemeinsamen Liste für alle Bundesländer (Bundesliste) oder mit einzelnen Landeslisten antreten. Nur CDU und CSU machen traditionell von der Möglichkeit, einzelne Landeslisten einzureichen, Gebrauch. Für Kandidaten einer Landesliste im kleinsten Bundesland Bremen ist es dabei aber praktisch unmöglich gewählt zu werden. Es wären mindestens mehr als 60 % der Stimmen in Bremen nötig, um einen Sitz zu gewinnen.

Zu jedem Bewerber auf der Liste kann ein Ersatzbewerber genannt werden, der nachrückt, falls der Hauptbewerber aus dem Parlament ausscheidet. Erst wenn auch der Ersatzbewerber ausscheidet, rückt der Bewerber auf dem nächsten Listenplatz nach. Ein Bewerber auf einer Bundesliste oder Landesliste kann dabei zugleich auch als Ersatzbewerber auf dieser Liste genannt werden. Zudem kann ein Bewerber einer Landesliste auch auf einer weiteren Landeslisten derselben Partei benannt werden.

Sperrklausel

Bis einschließlich der Europawahl 2009 bestand eine Fünfprozenthürde. Im Rahmen der Prüfung der Europawahl vom 7. Juni 2009 erklärte das Bundesverfassungsgericht am 9. November 2011 die Fünf-Prozent-Sperrklausel für verfassungswidrig und daher nichtig (2 BvC 4/10, 2 BvC 6/10, 2 BvC 8/10).

Daraufhin wurde am 13. Juni 2013 vom Deutschen Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen eine Dreiprozenthürde eingeführt (siehe zum Hintergrund). Die Regelung trat am 10. Oktober 2013 in Kraft. Dagegen erhoben mehr als 1.100 Wahlberechtigte und 19 Parteien Verfassungsbeschwerden bzw. Organklagen vor dem Bundesverfassungsgericht – erfolgreich, denn nach dem am 26. Februar 2014 verkündeten Urteil wurde diese Regelung für verfassungswidrig und nichtig erklärt.

Am 13. Juli 2018 hat der Europäische Rat nach Zustimmung des Europäischen Parlaments eine Änderung des Direktwahlakts beschlossen, die u. a. eine obligatorische Prozenthürde von 2 bis 5 % vorschreibt. Die Mitgliedstaaten müssen diese Verpflichtung spätestens bis zur zweiten Wahl nach dem Inkrafttreten der Änderung umsetzen. Weil das Ratifizierungsverfahren in den Mitgliedstaaten nicht mehr rechtzeitig vor der Europawahl 2019 abgeschlossen werden konnte, kann die Sperrklausel-Pflicht frühestens zur Europawahl 2029 wirksam werden.

Um bei der Europawahl 2019 in Deutschland einen der 96 Sitze zu erhalten, ist für die 41 antretenden Parteien aufgrund der faktischen Sperrwirkung ein Stimmenanteil von mindestens 0,433 % und höchstens von 0,654 % erforderlich.

(Hinweis: Wir haben die Angabe des Quorum-Intervalls am 10.05.2019 korrigiert. Zuvor hatten wir es fälschlicherweise mit 0,416-0,627 % angegeben.)

Sitzzuteilungsverfahren

Die Mandate werden seit 2009 nach dem Divisorverfahren mit Standardrundung (Sainte-Laguë) verteilt. Zuvor galt seit 1989 das Quotenverfahren mit Restausgleich nach größten Bruchteilen (Hare/Niemeyer) verteilt, davor das d’Hondtsche Höchstzahlverfahren.

Sitzverteilung

Die 96 Sitze werden auf die Parteien entsprechend dem Verhältnis ihrer insgesamt erreichten Stimmenzahlen verteilt. Gegebenenfalls werden die für eine Partei, die mit einzelnen Landeslisten angetreten ist, ermittelten Sitze auf die Landeslisten entsprechend unterverteilt.

Die so für eine Bundes- oder Landesliste ermittelten Sitze werden entsprechend ihrer Reihenfolge an die Bewerber auf der Liste vergeben. Ist die Landesliste erschöpft, bleiben weitere Sitze unbesetzt.


von Wilko Zicht (05.02.2001, letzte Aktualisierung: 26.05.2019)