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10.04.2007
Trotz der Bedenken gegen die Verwendung von Wahlcomputern und entsprechender, vor dem Bundesverfassungsgericht anhängiger Wahlprüfungsverfahren zur Bundestagswahl 2005, hält der Trend zum verstärkten Einsatz der elektronischen Wahlgeräte auf kommunaler Ebene unverändert an.
So waren bei der Bürgermeisterwahl im hessischen Alsbach-Hähnlein rund 7.000 Wahlberechtige aufgerufen, ihre Stimmen am 11. März 2007 und zur Stichwahl am 25. März 2007 per Stimmzettel bzw. am Wahlcomputer abzugeben. Wegen der Verwendung von Wahlcomputern wurde inzwischen durch eine Wahlberechtigte Einspruch eingelegt. Dieser bemängelt die fehlende Öffentlichkeit des Wahlvorgangs und die unmögliche Nachprüfbarkeit, ob eine abgegebene Stimme auch für den Gewählten gezählt wurde. Der Einspruch kritisiert weiterhin, dass eine Kontrolle der Baugleichheit der verwendeten Geräte zu dem von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) geprüften Baumuster nicht vorgesehen ist. Der Gemeindevorstand von Alsbach-Hähnlein bestätigte uns dies heute und schließt durch die Handhabung in der Gemeinde eine Manipulierbarkeit aus. Weitergehende Tests seien nicht vorgeschrieben und werden auch für nicht erforderlich gehalten.
Der Stadtrat wird am 17. April 2007 über die Wahl und die vorliegenden Einsprüche entschieden (neben dem Wahlcomputer-Einspruch gibt es zumindest einen weiteren Einspruch wegen eines – wahlrechtlich nicht minder interessanten – ergebnisrelevanten Auszählfehlers bei der Hauptwahl).
Gegenüber der letzten Wahl mit elektronischen Wahlgeräten, der Oberbürgermeisterwahl in Cottbus am 22. Oktober 2006, wurden die Sicherheitsstandards wieder reduziert. In Cottbus hatte die Wahlleiterin damals alle eingesetzten Geräte vor der Wahl durch die PTB überprüfen lassen, um Manipulationen und Gerätefehler auszuschließen. Die überprüften Geräte wurden von der PTB amtlich versiegelt, Manipulationen wurden an diesen Geräten nicht festgestellt (vgl. Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen bei OB-Wahl in Cottbus – Meldung vom 19. Oktober 2006). Eine solche Geräteprüfung hat nach Angaben der PTB seitdem nicht mehr stattgefunden.
Nach der Wahl in Cottbus gab es wegen des Einsatzes von Wahlcomputern sowie der fehlenden Transparenz und Öffentlichkeit der Wahl einen Wahleinspruch (vgl. Wahlcomputer: Einspruch gegen die OB-Wahl in Cottbus – Meldung vom 9. November 2006). Dieser Einspruch wurde in erster Instanz vom Cottbuser Stadtrat zurückgewiesen. Die dadurch in Cottbus ausgelöste Diskussion zu den Wahlcomputern führte aber zur Rücknahme der schon beschlossenen Kaufentscheidung der Wahlcomputer.
Auch bei weiteren Kommunalwahlen im April und Mai sollen elektronische Wahlgeräte des Herstellers Nedap eingesetzt werden. Am 22. April finden in den neugeschnittenen Kreisen Sachsen-Anhalts und in der neugebildeten kreisfreien Stadt Dessau-Roßlau Kommunalwahlen statt.
Ob es dabei zur Prüfungen der Geräte durch die PTB kommen wird, war der PTB wenigstens bis letzte Woche nicht bekannt. Die Städte Roßlau (welche sich mit Dessau zur Stadt Roßlau-Dessau zusammenschließt), Zeitz (im neuen Kreis Anhalt-Bitterfeld), Zerbst, Haldensleben sowie Braunsbedra haben den geplanten Einsatz von Wahlgeräten bestätigt und halten eine solche Geräteüberprüfung für nicht erforderlich. Eine Manipulierbarkeit könne ausgeschlossen werden, denn:
Gemeinde | Kreis/Kreisfreie Stadt (neu) | Einsatz |
---|---|---|
Roßlau | Stadt Dessau-Roßlau | bestätigt |
Zerbst | Landkreis Anhalt-Bitterfeld | bestätigt |
Zeitz | Landkreis Burgenland | bestätigt |
Naumburg | Landkreis Burgenland | bestätigt |
Irxleben | Landkreis Börde | |
Haldensleben | Landkreis Börde | bestätigt |
Bad Dürrenberg | Saalekreis | |
Braunsbedra | Saalekreis | bestätigt |
Eine vollständige Liste des Landeswahlleiters steht noch aus, die hier aufgeführten unbestätigten Gemeinden haben Wahlgeräte bei vorherigen Wahlen eingesetzt.
In Nordrhein-Westfalen kündigte die Gemeinde Bad Oeynhausen eine Wahl mit geliehenen Wahlgeräten bei der Landratswahl am 13. Mai im Kreis Minden-Lübbecke an (Neue Westfälische vom 2./3. Dezember 2006). In den anderen Gemeinden des Kreises werden keine Wahlcomputer eingesetzt, wie der Kreis Minden-Lübbecke bestätigte.
Ungeachtet der derzeitigen Diskussion über den Einsatz von Wahlcomputern und der laufenden Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht will der Anbieter Election Systems & Software, Inc. (ES&S) dem bisherigen Quasi-Monopolisten Nedap Konkurrenz machen. Die PTB wurde inzwischen mit einer Bauartprüfung beauftragt.