Parteienfinanzierung

[Wahlrechtslexikon]

Staatliche Parteienfinanzierung

Mittel, die die Parteien als Teilfinanzierung der ihnen allgemein nach dem Grundgesetz obliegenden Tätigkeit erhalten (bis zur Neuregelung des Parteiengesetzes 1994 geschah dies als „Wahlkampfkostenerstattung“).

Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Mittel bilden:

Das jährliche Gesamtvolumen staatlicher Mittel, das allen Parteien höchstens ausgezahlt werden darf, betrug im Jahr 2014 156,7 Millionen EUR (absolute Obergrenze) und wird jährlich entsprechend eines Preisindexes angepasst. (Wobei der Gesetzeswortlaut lediglich eine Erhöhung bei Inflation berücksichtigt, nicht aber eine Absenkung der Obergrenze bei Deflation.) Der Preisindex basiert zu 70 % auf dem allgemeinen Verbraucherpreisindex und zu 30 % auf dem Index der tariflichen Monatsgehälter der Arbeiter und Angestellten bei Bund, Ländern und Kommunen. Übersteigen die errechneten Beträge die absolute Obergrenze, werden sie proportional gekürzt. Da die berechneten Zuwendungen bis einschließlich 2012 regelmäßig die Obergrenze überstiegen, erhielten die Parteien jeweils einen gekürzten Betrag. Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen führten daher auch nicht zu einer Reduzierung der Parteienfinanzierung. Da die Einnahmen der Parteien allerdings zwischenzeitlich langsamer stiegen als der Preisindex, hatte im Jahr 2013 die Ausschüttung erstmals seit Langem die Obergrenze unterschritten. In den darauf folgenden Jahren seit 2014 wurde die absolute Obergrenze wieder erreicht.

Eine Partei erhält – vorbehaltlich der oben erwähnten Kürzung – jährlich im Rahmen der staatlichen Teilfinanzierung:

  1. 0,70 EUR für jede für ihre jeweilige Liste bei der jeweils letzten Europa-, Bundestags- oder Landtagswahl abgegebene gültige Stimme, sofern sie bei dieser Wahl mindestens 0,5 % (Europa- oder Bundestagswahl) bzw. mindestens 1,0 % (Landtagswahl) der für die Listen insgesamt abgegebenen gültigen Stimmen erreicht hat.
  2. 0,70 EUR für jede für sie in einem Wahl- oder Stimmkreis abgegebene gültige Stimme, wenn in einem Land eine Liste für diese Partei nicht zugelassen war und sie bei dieser Wahl mindestens 10 % der in einem Wahl- oder Stimmkreis abgegebenen gültigen Stimmen erreicht hat.
  3. 0,38 EUR für jeden Euro, den sie als Zuwendung (eingezahlter Mitglieds- oder Mandatsträgerbeitrag oder rechtmäßig erlangte Spende) erhalten hat; dabei werden nur Zuwendungen bis zu 3.300 EUR je natürliche Person berücksichtigt.

Abweichend von den Nummern 1 und 2 erhalten Parteien für die von ihnen jeweils so erzielten ersten vier Millionen gültigen Stimmen 0,85 EUR je Stimme.

Für Parteien nationaler Minderheiten gelten die in den Nummern 1 und 2 vorgesehenen Mindeststimmzahlen nicht.

Relative Obergrenze

Für jede einzelne Partei gilt eine relative Obergrenze: Die staatlichen Finanzierungsmittel dürfen nicht höher sein als die von ihr selbst erwirtschafteten Mittel (Mitgliedsbeiträge, Spenden, Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit usw.). Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfen die Parteien durch die Gewährung von finanziellen Zuwendungen durch den Staat nicht der Notwendigkeit enthoben werden, sich um die finanzielle Unterstützung ihrer Aktivitäten durch ihre Mitglieder und ihnen nahestehende Bürger zu bemühen. Bis 2015 wurden hierbei auch Einnahmen aus unternehmerischen Geschäften erfasst, mit denen kein Gewinn erwirtschaftet werden soll, sondern die nur getätigt werden, um die relative Obergrenze anzuheben und eine Kappung der staatlichen Teilfinanzierung zu vermeiden oder abzumildern. Vor diesem Hintergrund verkaufte die AfD jahrelang Goldbarren und Goldmünzen. Nachdem die Satirepartei DIE PARTEI dieses Geschäftsmodell auf die Spitze trieb und 100-Euro-Scheine zu einem Preis von 80 Euro verkaufte, schritt der Gesetzgeber Ende 2015 ein und änderte das Parteiengesetz. Seit dem 1. Januar 2016 sind Einnahmen der Parteien Unternehmenstätigkeit nur in Höhe des nach Abzug der Ausgaben verbleibenden Betrages zu berücksichtigen.

Seit dem Zehnten Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 23. August 2011 werden die errechneten Ansprüche zunächst gemäß der relativen Obergrenze und anschließend gemäß der absoluten Obergrenze gekürzt. Zuvor galt die umgekehrte Reihenfolge. Durch die Änderung erhalten die betroffenen Parteien nun in der Regel weniger Mittel, als sie selbst erwirtschaftet haben.

Parteiunabhängige Bewerber

Parteiunabhängige Bewerber, die bei einer Bundestagswahl mindestens 10 % der in einem Wahlkreis abgegebenen gültigen Erststimmen erreicht haben, erhalten je gültige Stimme 2,80 EUR, die nicht auf die 154,1 Mio + x EUR Obergrenze angerechnet werden (§ 49b BWahlG).

Meldungen


von Martin Fehndrich und Wilko Zicht (03.02.2003, letzte Aktualisierung: 23.09.2017, letzte Aktualisierung der Links: 02.10.2011)