Nachrichten |
[Aktuelle Meldungen] |
27.03.2009
Am 5. März fand die erste Lesung des Gesetzentwurfs der Grünen zur Änderung des Bundestagswahlrechts statt (BT-Drs. 16/11885 – siehe Meldung „Grüner Gesetzentwurf zur Beseitigung des negativen Stimmgewichts“ vom 26. Februar 2009). Ziel des Gesetzentwurfes ist eine verfassungsgemäße Bundestagswahl im September 2009 ohne die Möglichkeit negativer Stimmgewichte.
Vom „guten Willen“, den Bundestagspräsident Norbert Lammert im Vorfeld beschworen hatte, war wenig zu erkennen. Viele Vorwürfe wurden ausgetauscht und es macht die Sache nicht einfacher, dass die meisten Vorwürfe sachlich richtig sind. Dementsprechend fanden sich die Profiteure einer Änderung der derzeitigen Regelung (SPD, Grüne, Die Linke) auf der einen und die Profiteure des derzeitigen verfassungswidrigen Systems (FDP, CDU) auf der anderen Seite.
Dabei wurden wichtige Punkte, die gegen eine weitere Wahl mit negativen Stimmgewichten sprechen, gar nicht erst angesprochen.
Das Erschreckende ist, dass es Politiker gibt, die kein Problem in einem Wahlsystem sehen, bei dem Wähler gezwungen sind, gegen ihre Partei zu stimmen, um ihr nicht zu schaden und damit einen größeren Vertrauensverlust der Wähler in die Demokratie in Kauf nehmen.
Denn das ist die Konsequenz des Wahlsystems, bei dem eine Partei umso weniger Sitze bekommt, desto mehr Zweitstimmen sie in den für sie überhängenden Bundesländern erhält. Eine Partei muss versuchen, in den Ländern mit Überhangmandaten keine oder wenigstens möglich wenige Zweitstimmen zu bekommen und ihre Wähler darüber aufklären.
Von der SPD brachte dies Klaus Uwe Benneter auf den Punkt, als er feststellte, dass bei einem solchen Wahlsystem die CDU doch ihre Wähler auffordern müsste, ihr bloß keine Stimmen zu geben und über entsprechende Wahlplakate nachdachte.
Trotzdem wurde nur ein kleiner Teil der Folgen eines negativen Stimmgewichts angesprochen (siehe: „Bei Bundestagswahl 2009 droht verkehrte Wahl“).
Der Vorwurf von Union und FDP, mit einer Lösung zur Bundestagswahl 2009 würden Qualität und Gründlichkeit in einer so sensiblen Materie auf dem Altar der Geschwindigkeit geopfert, verkennt, dass es erst einmal allein um die Bundestagswahl 2009 geht. Nichts – außer taktisches Verzögerungsinteresse – hindert den Bundestag daran, eine verfassungsgemäße Lösung ohne negative Stimmgewichte nur für die Bundestagswahl 2009 zu beschließen und danach in aller Ruhe zu überlegen, ob eine andere Lösung wünschenswerter oder zweckmäßiger ist. Etwas schlimmeres als ein Wahlsystem mit negativen Stimmgewichten ist dagegen kaum vorstellbar.
Für die CDU/CSU-Fraktion sprach der Abgeordnete Günter Krings, allerdings ohne zwingende Gründe zu nennen, die eine verfassungswidrige Wahl 2009 rechtfertigen könnten. Er stellt „drei zentralen Anforderungen an eine Wahlrechtsreform“:
Keiner dieser Punkte rechtfertigt ein Beibehalten der verfassungswidrigen Regelung zur Wahl 2009.
Es werden zwei zu diskutierende Alternativen genannt (siehe auch unsere Liste möglicher und unmöglicher Alternativen):
Dann gibt es noch ein paar Spezialeinwürfe: Günter Krings beklagte den großen Aufwand für eine neue Wahlsoftware bei einem neuen Wahlsystem (ein guter Taschenrechner sollte dieses Problem lösen) und Klaus Uwe Benneter überlegte, CDU und CSU in eine Listenverbindung zu zwingen (was wohl weder mehrheitsfähig noch verfassungsgemäß wäre).
Der Antrag wurde an die Fachausschüsse – an den federführenden Innen–, den Geschäftsordnungs- und den Rechtsausschuss – überwiesen.
Wenn die Bundestagswahl 2009 eine Wahl sein soll, die diesen Namen verdient, dann müssen negative Stimmgewichte beseitigt werden. Nur dann gibt es für keine Partei einen wahlrechtlichen Grund, für die eigene Nichtwahl zu werben.