Alternativen zur Vermeidung negativer Stimmgewichte im Bundestagswahlsystem
Ein Lösungsansatz ergibt sich direkt aus der Ursache für negative Stimmgewichte und Überhangmandate
Ursache:
-
Dilemma der personalisierten Verhältniswahl:
Ein Teil der Sitze wird doppelt vergeben und das kann dazu führen, daß die Sitze nicht zweimal an denselben gehen und somit nicht angerechnet werden können (Überhangmandate).
- Durch die parteiinterne Verrechnung über die Landeslisten wird das Problem auf eine parteiinterne Ebene getragen (interne Überhangmandate, d.h. ein Sitz für eine Partei wird gleichzeitig an Landesliste A-Land
und Wahlkreiskandidat in Land B verteilt)
Wenn man negative Stimmgewichte vermeiden will, kommt man an einer Entscheidung nicht vorbei.
Der Entscheidung zwischen dem Wahlkreiskandiaten und dem Listenkandidaten einer Partei bei der Zuteilung eines Sitzes.
Darüberhinaus muß man sich entscheiden:
- Den internen Überhang ganz beseitigen.
- oder ausschließlich den negativen Effekt herausrechnen (und einige Überhangmandate bestehen lassen).
An beiden Stellen sind auch jeweils Lösungen dazwischen denkbar.
Lösungen
- Minimale Lösungen
- Kompensation (Listenverrechnung/direktmandatsbedingte Divisormethode/Drs. 16/11885)
- Streichen von Direktmandaten (gab es mal in Bayern)
-
Lösungen, die tiefer eingreifen, als nur Beseitigung Überhang oder neg. Stimmgewichte.
- Getrennte Wahlgebiete (größerer Eingriff, da andere Sitzverteilung auch im Fall ohne Überhangmandate)
- Bundesliste (noch größerer Eingriff, da andere Kandidaturen)
-
Größere Systemeingriffe (die in die Diskussion geworfen wurden, Liste beliebig lang, mit beliebig großer Eingriffstiefe)
- Reine Listenwahl
- Grabenwahlrecht
- Mehrheitswahlrecht
Nichtlösungen
Einige Vorschläge wirken nicht gegen negative Stimmgewichte, sind aber trotzdem in der Diskussion.
- Änderung der Rundungsregeln (denn Größenordnung des Effekts viel größer und über Rundungen hinweg/rund 30 Sitze)
- Rundungsreihenfolge (Einteilung Ober/Unterverteilung [Listenverbindung oder den Verzicht auf diesen]
oder auch Rundung zu erst auf Ebene Bundesland und dann auf Parteienebene)
- Anderes Rundungsverfahren (D'Hondt, Sainte-Laguë oder Hare/Niemeyer)
- Oder theoretisch, völlige Abschaffung der Rundung
Diese Änderungen an der Rundung lassen die Ursache des negativen Stimmgewichts weiter bestehen.
Die folgenden beiden Vorschläge verhindern wohl kein negatives Stimmgewicht, reduzieren aber die Vorhersehbarkeit
und erschweren ein gezieltes Ausnützen des Effektes.
- Verhindern von Stimmensplitting durch Zusammenlegung von Erst- und Zweitstimme, bzw. Gewicht auch für Erststimme wie in Bayern
- Ausgleichsmandate, niemals paradoxiefrei (CDU-Überhangmandate führen zu CSU-Ausgleichsmandate) und im einfachen Fall auch mit negativen Stimmgewichten.
Es gibt eine Reihe von Lösungen, die einem System mit negativen Stimmgewichten überlegen sind.
Für eine dieser Lösungen muß man sich entscheiden, wenn man nicht wie Buridans Esel zwischen zwei Heuhaufen verhungern will.