Nachrücker

[Wahlrechtslexikon]

Nachrücken in den Bundestag, in Landtage oder kommunale Vertretungen

Scheidet ein Abgeordneter aus einem Parlament oder einer kommunalen Vertretung aus, dann rückt ein anderer Kandidat als Abgeordneter nach. Dies kann der nächste Bewerber auf der Liste derjenigen Partei sein, für die der ausscheidende Abgeordnete kandidiert hatte (z. B. beim Deutschen Bundestag) oder ein schon bei der Wahl mitgewählter Ersatzmann (Baden-Württemberg). Eine Nachwahl, die die politischen Kräfteverhältnisse innerhalb einer Legislaturperiode verändern und damit die Regierungsfähigkeit erschweren könnte, soll damit verhindert werden.

So zieht beispielsweise bei einem Ausscheiden eines Bundestagsabgeordneten der SPD aus NRW (etwa durch Mandatsaufgabe) ein Kandidat von der SPD-Landesliste NRW für diesen in den Bundestag ein.

Ausnahmen der Nachrückregelung

Durch entsprechende Vorschriften in den jeweiligen Wahlgesetzen können sich Ausnahmen von dieser Regelung ergeben:

1. Bei Ausscheiden eines Nachrückkandidaten aus der Partei, die die entsprechende Liste aufgestellt hat. Dann rückt das nächste Parteimitglied auf der Liste nach (z. B. § 48 Abs. 1 Satz 2 BWahlG, siehe auch BVerfGE 7, 63 <Abs. 25>).

2. Wenn kein weiterer Kandidat mehr auf der (Landes-)Liste verfügbar ist (Listenerschöpfung), dann bleibt der Abgeordnetensitz unbesetzt.

3. War der ausscheidende Abgeordnete im Deutschen Bundestag Inhaber eines Direktmandats in einem Bundesland mit Überhangmandaten, dann darf nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in einem Verfahren über eine Wahlprüfungsbeschwerde (– 2 BvC 28/96 –, BVerfGE 97, 317) kein Abgeordneter für diesen nachrücken.

Dies kann zur Folge haben, dass sich im Bundestag die Stärkeverhältnisse der Parteien/Fraktionen zueinander bzw. sogar die Mehrheitsverhältnisse der regierungstragenden Fraktionen zur Opposition ändern, was allerdings seine Ursache nicht in der Nachrück-, sondern in den rechtlich und politisch umstrittenen Überhangmandatsregelung des Bundeswahlgesetzes hat.

Zu einer ähnlichen Entscheidung in einem gleichartigen Fall (Nachrücken in ein nicht ausgeglichenes Überhangmandat) ist auch das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg im Urteil vom 10. Dezember 2000 (– VfGBbg 19/00 –, LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 11, 143) gekommen.


von Martin Fehndrich und Matthias Cantow 2001 , letzte Aktualisierung: 12.02.2006