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26.03.2007

NRW: Mögliche Auswirkungen einer Abschaffung der Stichwahl

Die CDU/FDP-Landesregierung in Nordrhein-Westfalen will mit dem nun in den Landtag eingebrachten Gesetzesentwurf die Stichwahl bei Kommunalwahlen abschaffen. Für einen Erfolg eines Kandidaten soll die relative Mehrheit der Stimmen ausreichen, egal ob mit 40, 30 oder nur 20 Prozent. Der Entwurf wird am Donnerstag, den 29. März 2007, in erster Lesung behandelt (NRW-Landtagsdrucksache 14/3977).

Als Grund für die geplante Abschaffung der Stichwahl enthält der Gesetzesentwurf nur diesen dürftigen Satz (NRW-LT-Drs. 14/3977, S. 36): „Bei bisherigen Stichwahlen lag die Wahlbeteiligung häufig deutlich niedriger als bei der ersten Wahl (vgl. Antwort der Landesregierung LT-Drs. 14/568).“ Dieser Satz, der das Problem der meisten Wahlen an zwei Terminen und damit für die Legitimation des Wahlsiegers nichts grundsätzlich Problematisches benennt, ließe neben der angestrebten Änderung des neuen Wahlrechts auch sinnvollere Lösungen zu, wie die Einführung von Alternativstimmen. Diese ist aber nicht vorgesehen.

Kommunalwahl 2004 – Mehrheitswechsel in der Stichwahl

Welche anderen Bürgermeister gäbe es mit dem neuen Wahlrecht und wie hießen diese? Wir haben die Wahlen mit einem Wechsel der Mehrheiten von der Hauptwahl am 26. September 2004 zur Stichwahl am 10. Oktober 2004 zusammengestellt.

Gemeinde/
Kreisfreie Stadt/
Kreis
Sieger der Stichwahl (SW) Stärkster bei Hauptwahl (HW)
Name Partei Anteil
bei HW
Anteil
bei SW
Anteil
bei SW
Anteil
bei HW
Name Partei
Bad Honnef, StadtFeiden, WallySPD33,30%52,90%47,10%42,00%Brassel, Hans-PeterCDU
Bad Oeynhausen, StadtMueller-Zahlmann, KlausSPD33,00%58,20%41,80%34,50%Nolte-Ernsting, HelkeCDU
Bergisch Gladbach, StadtOrth, KlausSPD34,80%62,40%37,60%38,50%Opladen, Maria TheresiaCDU
Bergneustadt, StadtHalbe, Gerhardunabh.34,70%53,10%46,90%38,30%Beucher, Friedhelm JuliusSPD
Bocholt, StadtNebelo, PeterSPD37,20%50,80%49,20%49,60%Ehling, KlausCDU
Bornheim, StadtHenseler, WolfgangSPD36,70%57,00%43,00%47,10%Schier, ManfredCDU
EitorfStorch, Dr. RüdigerFDP25,10%62,70%37,30%42,20%Müller, AlwinCDU
Fröndenberg/Ruhr, StadtKrause, EgonSPD39,00%55,90%44,10%41,60%Sodenkamp, DirkCDU
Harsewinkel, StadtAmsbeck-Dopheide, SabineSPD34,90%57,30%42,70%41,60%Schwake, WolfgangCDU
Herford, StadtWollbrink, BrunoSPD41,80%55,00%45,00%41,90%Gabriel, ThomasCDU
Ibbenbüren, StadtSteingröver, HeinrichSPD45,10%52,70%47,30%45,20%Lohmann, OttoCDU
KirchhundemGrobbel, MichaelSPD31,40%56,20%43,80%34,10%Stamm, Gerhardunabh.
LangenbergMittag, Susanneunabh.31,50%62,10%37,90%32,20%Fortenbacher, RolfCDU
Löhne, StadtQuernheim, Kurtunabh.42,30%51,10%48,90%44,00%Schewe, EgonSPD
LotteLammers, RainerSPD34,00%53,30%46,70%36,70%Beiderwellen, WernerCDU
Lüdenscheid, StadtDzewas, DieterSPD42,00%57,40%42,60%43,90%Schmidt, Friedrich KarlCDU
Marsberg, StadtKlenner, HubertusCDU46,90%50,20%49,80%48,20%Schandelle, ReinhardSPD
MöhneseeBrune, Gerdunabh.34,90%51,20%48,80%48,80%Aßhoff, FerdinandCDU
NiederkrüchtenWinzen, Herbertunabh.31,70%68,30%31,70%35,60%Wahlenberg, JohannesCDU
NottulnSchneider, Peter A.unabh.41,00%57,60%42,40%47,40%Küper, HaraldCDU
Oer-Erkenschwick, StadtMenge, Johannes-JoachimCDU28,70%52,40%47,60%35,80%Schlechter, AlfredSPD
Preußisch Oldendorf, StadtKorsmeier-Pawlitzky, AnkeSPD39,70%56,30%43,70%43,30%Weingärtner, HerbertCDU
Ratingen, StadtBirkenkamp, Haraldunabh.27,10%57,00%43,00%34,00%Diedrich, WolfgangCDU
Rheine, StadtKordfelder, Dr. AngelikaSPD37,30%52,50%47,50%47,30%Niemann, WilhelmCDU
Viersen, StadtThönnessen, GünterSPD28,80%54,60%45,40%46,30%Hammes, MarinaCDU
Warstein, StadtGödde, Manfredunabh.31,40%59,00%41,00%31,50%Wessel, PeterCDU
Werdohl, StadtBora, Jörgunabh.38,80%53,90%46,10%39,30%Seidel, DetlefCDU
Werne, StadtTappe, RainerSPD31,70%54,10%45,90%42,70%Budnik, FranzCDU
BottropNoetzel, PeterSPD44,20%54,40%45,60%42,50%Hirschfelder, HermannCDU
GelsenkirchenBaranowski, FrankSPD41,70%51,90%48,10%42,90%Wittke, OliverCDU
HagenDemnitz, PeterSPD37,40%51,10%48,90%39,50%Gerbersmann, ChristophCDU
LeverkusenKüchler, ErnstSPD30,00%50,70%49,30%41,20%Hebbel, PaulCDU
MönchengladbachBude, NorbertSPD34,60%52,00%48,00%43,50%Wimmers, StefanCDU
RemscheidWilding, BeateSPD38,90%50,10%49,90%49,40%Schulz, FredCDU
Kreis WeselMüller, Dr. AnsgarSPD40,70%52,10%47,90%43,80%Amend-Glantschnig, BirgitCDU

Analyse

Auf den ersten Blick erscheint die Stichwahl als etwas, was vor allem die CDU benachteiligt.

Vorsicht bei Interpretation

Allerdings sind diese Daten vorsichtig zu interpretieren.

Alternativstimmenregelung – eine sinnvolle Alternative

Am sinnvollsten wäre – statt der bisherigen zusätzlichen Stichwahl bzw.  dem nun geplanten, lediglich relativen Mehrheitserfordernis – eine Alternativstimmenregelung. Die Wähler könnten zusätzlich zu ihrer Stimme eine Zweit- und ggfs. auch eine Dritt- oder Viert-Präferenz abgeben. Die Stimmen der abgeschlagenen Kandidaten würden dann an die führenden Kandidaten verteilt und der Bürgermeister hätte am Ende mehr als 50 % der Wähler hinter sich. Auch wenn er nicht für alle Wähler die erste Wahl war, es würde kein Bürgermeister gewählt, den vielleicht 70 % der Wähler als Bürgermeister nicht wollten.

Die Alternativstimmenregelung stellt somit einen guten Kompromiss mit den Vorteilen aus beiden Verfahren dar.


von Martin Fehndrich (26.03.2007, letzte Aktualisierung: 26.03.2007)