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17.09.2007 (Update: 19.09.2007)

NRW: Verfassungswidrige Sperrklausel und Formelfehler im KWahlG-Entwurf

Am 19. September stehen im Landtag Nordrhein-Westfalen die zweite und die abschließende Lesung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes bevor. Trotz Nachbesserungen des Entwurfs nach der Anhörung am 6. Juni 2007 blieb in der Beschlussempfehlung des Landtagsausschusses für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform ein Formelfehler bestehen. Darüber hinaus entfaltet die geplante Sperrklausel – nach deren zusätzlicher Verschärfung – durch einen weiteren Mangel im Gesetzentwurf in bestimmten Fällen eine Sperrwirkung von mehr als fünf Prozent der gültigen Stimmen und ist damit verfassungwidrig.

Formelfehler bei der Ausgleichsmandateberechnung

Wie ändert man einen Gesetzentwurf, wenn man erkennt, dass Berechnungsvorschriften fehlerhaft sind – wie beispielsweise die der Ausgleichsmandateberechnung im Entwurf des nordrhein-westfälischen Kommunalwahlgesetzes?

a) Man formuliert diese richtig.
b) Man ergänzt die fehlerhafte Stelle um weitere Vorschriften, die wenigstens unlösbare Regelungslücken abfangen.

Die meisten Menschen mögen im Allgemeinen zur Lösung a) tendieren. Dies funktioniert aber nur, wenn man den Fehler wirklich erkannt hat. Wenn beispielsweise ein Computerprogramm fehlerhaft ist, man aber die Ursache des Problems nicht völlig verstanden hat, ist b) eine übliche, wenn auch unschöne Lösungsstrategie der Programmierung. Auch der Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform des Landtags Nordrhein-Westfalens beschreitet in der Beschlussempfehlung zum Entwurf des neuen Kommunalwahlgesetzes diesen Weg (Drucksache 14/4980).

Die Regelung im Gesetzentwurf (Drucksache 14/3977) ermittelte beim Auftreten von Überhangmandaten über eine Näherungsformel eine neue Gesamtmandatszahl, die allerdings je nach Wahlergebnis zu viele (Überausgleich) oder zu wenige (Unterausgleich) Ausgleichsmandate verteilen kann. Dies steht im Widerspruch zur im Gesetz festgeschriebenen Norm, nach der beim Auftreten von Überhangmandaten die Ausgangszahl um so viele Sitze erhöht [wird], wie notwendig sind, um auch unter Berücksichtigung der erzielten Mehrsitze eine Sitzverteilung nach dem Verhältnis der Stimmenzahlen zu erreichen. Auf diesen Punkt, der sich ebenso im Entwurf des Landeswahlgesetzes wiederfindet, wurde auch in einer Expertenanhörung des Landtags aufmerksam gemacht (Pukelsheim/Maier). Hier wurde auch auf eine Diplomarbeit verwiesen, die nachweist, dass es den Widerspruch zwischen Norm und Ausführungsbeschreibung in den NRW-Landeswahlgesetzen schon länger gibt.

Darüber hinaus führt es zu einer Regelungslücke, wenn die Sitzzahl zu klein ist. Diese Regelungslücke soll nun dadurch geschlossen werden (1.4), dass die erhöhte Ausgangszahl auf die nächste gerade Zahl erhöht [wird], bei der die Zahl ihrer im Verhältnisausgleich errechneten Sitze erstmals der Zahl ihrer erfolgreichen Wahlbezirksbewerber entspricht.

Nur warum macht man das nicht einfach immer so? Der Überausgleich, also die Zuteilung von zu vielen Zusatzmandaten, bleibt bei dieser Formulierung weiter möglich und widerspricht der Gesetzesnorm, die Sitzzahl nur soweit „wie notwendig“ zu erhöhen. Viele schöne Formulierungsvorschläge finden sich in der Stellungnahme A14/1261 sowie eine mögliche Formel in einer Wahlrecht.de-Meldung.

Weitere unklare Formulierungen

Auch die weiteren bei Wahlrecht.de beschriebenen Gesetzesmängel wurden nicht beseitigt.

Keine weiteren inhaltlichen Änderungen

Neben der Verschärfung der Hürde für den ersten Sitz gab es keine inhaltlichen Änderungen in der Beschlussempfehlung des Ausschusses. So wird an der kritisierten Abschaffung der Stichwahl bei Bürgermeisterwahlen festgehalten. Ebenso wurde die halbe Ersatzbewerberregelung nicht vervollständigt.

Nachtrag, 19.09.2007: Nach der Debatte wurde die abschließende Lesung auf den 20. September verschoben. Die Diskussion des TOP 11 – Änderung des Kommunalwahlgesetzes – begann 19:06 Uhr und ist als Stream abrufbar: Stream

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von Martin Fehndrich (17.09.2007, letzte Aktualisierung am 19.09.2007)