Leitfaden zur Landtagswahl 2003 in Bayern |
[Bayern 2003] |
Hier finden Sie eine Anleitung, wie Sie vorgehen müssen, um das meiste aus Ihren beiden Stimmen herauszuholen. So können Sie vermeiden, Ihre Stimme einem Kandidaten zu geben, der gar nicht auf sie angewiesen ist oder der keine realistischen Chancen hat, gewählt zu werden.
Wenn Sie sich an diese Ratschläge halten, können Sie gezielt in das Rennen um die letzten Mandate eingreifen und damit Ihren Einfluss auf die Zusammensetzung des Landtags maximieren.
Mit der Erststimme wird in jedem Stimmkreis ein Abgeordneter gewählt, der ihn vertreten soll. Pro Partei bzw. Wählergruppe kann ein Kandidat zur Wahl stehen, wobei die kleineren teilweise nicht in jedem Stimmkreis vertreten sind.
Wenn Ihnen Parteien wichtiger als Personen sind, sollten Sie Ihre Erststimme Ihrer bevorzugten Partei unabhängig vom konkreten Kandidaten geben, weil im Gegensatz zur Bundestagswahl auch die Erststimme für die gesamte Sitzverteilung zählt und nicht nur über das Direktmandat entscheidet.
Ihre Erststimme ist also auch dann nicht nutzlos, wenn Sie einen haushohen Favoriten oder einen Außenseiter wählen, solang seine Partei nicht an der 5%-Klausel scheitert.
Andernfalls muss man nach der Partei der bevorzugten Person unterscheiden:
Falls sie der CSU angehört, können Sie eigentlich darauf verzichten, sie zu wählen. Fast alle Stimmkreiskandidaten der CSU sind schon fast sicher im Landtag, selbst wenn sie ihren Stimmkreis nicht gewinnen können. Entscheiden Sie also besser nach der Partei oder wählen Sie Ihre zweitliebste Person.
Nur in Mittel- und Oberfranken gibt es eine gewisse Unsicherheit. Dort kann Ihre Stimme einem Kandidaten in einem unsicheren Stimmkreis u.U. persönlich nutzen.
Auch sonst gelten prinzipiell die selben Überlegungen wie für die Zweitstimme. Ein Kandidat, der für die Zweitstimme in Frage kommt, ist auch die Erststimme wert. Zusätzlich kommen aber noch Kandidaten der SPD in Frage, die zwar für die Zweitstimme zu wenig Chancen haben, aber durch den Gewinn des Stimmkreises ein Mandat erhalten könnten. Das ist in allen unsicheren Stimmkreisen der Fall. Andernfalls sollten Sie besser nach der Partei entscheiden oder Ihren zweitliebsten Kandidaten wählen.
Falls Ihre bevorzugte Person einer Partei angehört, von der Sie nicht annehmen, dass sie die 5%-Hürde schafft, müssen Sie noch bedenken, dass in Bayern kein Kandidat ein Direktmandat erhält, dessen Partei nicht insgesamt erfolgreich war. In diesem Fall würde das Direktmandat an den Bewerber mit dem nächstbesseren Ergebnis gehen.
Mit der Zweitstimme wird in jedem Regierungsbezirk getrennt ein festes Kontingent an Abgeordneten gewählt; es sind also nicht alle Kandidaten überall wählbar. Im Normalfall wählen Sie dabei keine Partei, sondern einen einzelnen Kandidaten, von denen die Parteien und Wählergruppen jeweils mehrere zur Wahl stellen. Kandidaten, die in einem Stimmkreis schon mit der Erststimme wählbar sind, sind dort ausgenommen.
Wenn Ihnen die Personen egal sind, können Sie einfach eine Liste insgesamt kennzeichnen, auch wenn dafür kein ausdrückliches Feld vorgesehen ist. Dabei nehmen Sie aber in Kauf, dass nur die anderen Wähler über die personelle Zusammensetzung des Landtags entscheiden. Selbst die Parteien haben darauf kaum Einfluss. Sie können nur den Listenführern ein relativ sicheres Mandat verschaffen und versuchen, den bevorzugten Leuten möglichst gute Stimmkreise zuzuschanzen. Die Reihenfolge in der Liste hat dagegen wenig Bedeutung.
Auch ansonsten zählt Ihre Stimme in erster Linie für die Partei des gewählten Kandidaten. Zusätzlich vergrößern Sie damit seine Chancen innerhalb seiner Liste. Im Detail muss man nach der Partei unterscheiden:
Wenn Sie primär die CSU wählen wollen, suchen Sie sich einen Bewerber aus, der in keinem Stimmkreis mit der Erststimme wählbar ist. Nachdem auch die Erststimmen für die parteiinterne Verteilung zählen, haben solche Kandidaten nämlich in der Regel einen so großen Vorsprung, dass sie praktisch eh schon gewählt sind und damit Ihre Stimme keinen Einfluss mehr hat.
Ausnahme: In Mittel- und Oberfranken ist es denkbar, dass die CSU weniger Mandate bekommt, als es Stimmkreise gibt. Dort kann es deshalb auch sinnvoll sein, einem Kandidaten mit unsicherem Stimmkreis die Zweitstimme zu geben, zumal in Oberfranken auch noch der Listenführer ohne Stimmkreis ist. Dieser ist als einziger ein echter Konkurrent für die Bewerber mit Stimmkreis, weil viele unentschlossene Wähler einfach den ersten Kandidaten wählen.
Der Listenplatz braucht hingegen bei der Auswahl kaum eine Rolle zu spielen. Die Chancen auf einem hinteren Listenplatz sind nur deshalb etwas schlechter, weil das manche Leute fälschlicherweise annehmen, und sich deshalb nicht trauen, solche Kandidaten zu wählen. Und natürlich könnte es auch sein, dass beliebte Kandidaten eher "bessere" Listenplätze bekommen.
Listen mit den Kandidaten ohne Stimmkreis: Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unterfranken, Schwaben.
Wenn Sie primär eine andere Partei wählen wollen, von der Sie annehmen, dass sie die 5%-Hürde überwinden wird, sollten Sie sich dagegen besser einen Kandidaten aussuchen, der in einem Stimmkreis Direktkandidat ist. Auch hier haben diese Kandidaten einen schwer aufholbaren Vorsprung, aber im Gegensatz zur CSU werden die Mandate nur für einige von ihnen reichen.
Für maximalen Einfluss sollten Sie sich einen Kandidaten aussuchen, dessen Stimmkreis vermuten lässt, dass er den Einzug in den Landtag nur knapp schaffen wird oder knapp verfehlen könnte. Dazu können Sie wie folgt vorgehen:
Suchen Sie sich die passende Stimmkreistabelle für Ihren Wahlkreis und die gewünschte Partei heraus.
Überlegen Sie sich, mit wie vielen Mandaten die Partei in Ihrem Wahlkreis rechnen kann. Als Anhaltspunkt finden Sie über der Tabelle den Wert, der sich aus dem Ergebnis der Landtagswahl 1998 ergeben würde.
Falls Sie dazu die Ergebnisse von Umfragen zu Rate ziehen wollen, bedenken Sie, dass diese für ganz Bayern gelten, während für Ihre Wahlentscheidung der Wert für Ihren Wahlkreis entscheidend ist. Als grobe Näherung könnten Sie z.B. die Differenz der Umfragewerte zum bayernweiten Ergebnis von 1998 auf das Ergebnis in Ihrem Wahlkreis addieren bzw. davon abziehen. Für die 5%-Hürde ist dagegen nur das bayernweite Ergebnis entscheidend.
Zur Umrechnung von Prozentzahlen in Mandate können Sie unseren Mandaterechner benutzen. Insbesondere ist zu beachten, dass für die Zahl der Mandate nicht nur der blanke Prozentwert für die Partei maßgeblich ist, sondern auch die Zahl der Stimmen, die verfallen, weil die gewählte Partei die 5%-Hürde verfehlt hat. In Bayern kann das eine ziemlich beträchtliche Anzahl sein.
Suchen Sie in der Tabelle den Stimmkreis mit dem Rang, den Sie als vermutliche Mandatszahl für die Partei ermittelt haben. Die Zahl, die Sie dort in der Spalte "erwartbarer Bonus" finden, gibt einen Anhaltspunkt, wie viele Erststimmen ein durchschnittlicher Kandidat benötigen wird.
Wählen Sie einen Kandidaten aus, dessen Stimmkreis Erststimmen in möglichst ähnlicher Größenordnung erwarten lässt. Kandidaten, deren Stimmkreis zumindest einen um die Hälfte höheren Bonus aufweist, werden wahrscheinlich nicht auf Ihre Stimme angewiesen sein, während solche, die einen Stimmkreis mit weniger als dem halben Bonus haben, ziemlich chancenlos sind, wenn sie nicht außerordendlich populär sind.
In den meisten Fällen wird es auch nicht sinnvoll sein, den Listenführer der Partei (in den Tabellen fett gedruckt) zu wählen. Nachdem er häufig von Leuten gewählt wird, die eigentlich gar keine spezielle Person, sondern nur die Partei wählen wollen, muss er sich in der Regel um sein Mandat keine Sorgen machen.
Dabei sollte Ihnen aber bewusst sein, dass auch Kandidaten mit recht sicherem Mandat scheitern könnten, falls sich die Mehrzahl der Wähler an unsere Empfehlungen hält. Wenn Sie einen absoluten Favoriten haben, könnte es deshalb sinnvoll sein, ihn trotzdem zu wählen.
Wenn Sie primär eine Partei wählen wollen, von der Sie selber nicht annehmen, dass sie die 5%-Hürde überwinden wird, sollte Ihnen zunächst bewusst sein, dass Sie damit womöglich keinerlei Einfluss auf die Zusammensetzung des Landtags haben werden. Wenn Sie das bewusst in Kauf nehmen, können Sie sich eigentlich auch bei der Wahl einer bestimmten Person taktische Überlegungen sparen und einfach nach Ihrer Überzeugung wählen. Aber natürlich können Sie auch wie zuvor beschrieben vorgehen, um Ihren Einfluss zu optimieren, falls der Partei doch der Einzug gelingt.
In den kleineren Regierungsbezirken ist der mögliche personelle Einfluss auf Parteien, die nur knapp die 5%-Hürde schaffen, ohnehin begrenzt. Typischerweise bekommen sie dort nur ein einziges Mandat, das in aller Regel an den Listenführer gehen wird.
Wenn Sie bei Ihrer Entscheidung ganz sicher gehen wollen, lesen Sie die Erläuterungen zu den Tabellen sorgfältig und nutzen Sie die dort zusätzlich angebotenen Zahlen sowie Ihr Wissen über die Popularität der Kandidaten, das in den Tabellen nicht zum Ausdruck kommt. Wirklich populäre Kandidaten haben auch aus einer relativ aussichtslosen Position heraus eine Chance.
Schließlich sollte Ihnen bewusst sein, dass eigentlich nichts wirklich absolut sicher ist. Niemand rechnet damit, dass die CSU an der 5%-Hürde scheitern könnte, aber streng genommen kann man es nicht von vornherein ausschließen. Wenn Sie sich gegen alle Eventualitäten schützen wollen, müssen Sie auf eine taktische Stimmabgabe verzichten und einfach so wählen, als ob Sie der einzige Wähler wären.
Stimmkreise mit weniger als 10 Prozentpunkten Vorsprung nach Erststimmen
der Landtagswahl 1998.
Alle anderen Stimmkreise sind ziemlich sicher für die CSU.
Wahlkreis | Stimmkreis | Vorsprung | Partei |
---|---|---|---|
Oberbayern | 104 München-Milbertshofen | 0,3 | CSU |
108 München-Schwabing | 3,6 | CSU | |
101 München-Altstadt | 8,3 | CSU | |
103 München-Giesing | 8,8 | CSU | |
Oberpfalz | 301 Amberg-Sulzbach | 5,7 | CSU |
307 Schwandorf | 7,2 | CSU | |
Oberfranken | 404 Coburg | 0,0 | SPD |
406 Hof | 0,5 | SPD | |
409 Wunsiedel | 0,8 | CSU | |
408 Kulmbach | 4,6 | CSU | |
Mittelfranken | 501 Nürnberg Nord | 2,1 | SPD |
503 Nürnberg Süd | 3,7 | CSU | |
509 Fürth-Land | 3,7 | CSU | |
504 Nürnberg West | 4,3 | CSU | |
507 Erlangen-Höchstadt | 4,5 | CSU | |
508 Erlangen-Stadt | 6,4 | CSU | |
502 Nürnberg Ost | 7,2 | CSU | |
512 Nürnberger Land | 8,5 | CSU | |
510 Fürth-Stadt | 8,8 | SPD |
Falls Sie einen deutlich von 1998 verschiedenen Ausgang erwarten, können Sie Stimmkreise mit größerem Vorsprung streichen bzw. müssen weitere aufnehmen, in denen Sie den Vorsprung deshalb auch nicht für ausreichend halten. Generell sind bei entsprechender personeller Konstellation natürlich immer Ausnahmen möglich.