Divisorverfahren

[Verfahren]

Mögliche Beschreibungen

  1. Höchstzahlverfahren: Die Stimmen der Parteien werden durch eine Folge von Divisoren geteilt. Die Sitze werden in der Reihenfolge der größten sich ergebenen Höchstzahlen zugeteilt.
     
  2. Teile und Runde: Die Stimmen der Parteien werden durch einen geeigneten Divisor (Stimmen pro Sitz) dividiert und die sich ergebene Zahl nach der Rundungsregel des Verfahrens gerundet. Den Quotienten (z. B. die letzte Höchstzahl aus 1. erkennt man daran, daß sich bei Anwendung der Rundungsregel insgesamt genau die Gesamtsitzzahl ergibt. Er kann durch ein zweistufiges Verfahren effektiv bestimmt werden.

Beispiele der fünf Huntington-Verfahren

Jefferson – d’Hondt

Folge: 1 – 2 – 3 – 4 – n
Rundung: abrunden
minimiert Maximum „Sitz pro Stimmen“, maximiert Minimum „Stimmen pro Sitz“

Webster – Sainte-Laguë

Folge: 0,5 – 1,5 – 2,5 – 3,5 – (n−0,5)
(oder äquivalent 1 – 3 – 5 – 7 – (2n−1))
Rundung: Standardrundung zur nächsten ganzen Zahl (Rundungsgrenze arithm. Mittel)
minimiert Abweichung „Sitz pro Stimme“

Hill – Huntington

Folge: 0 – SQR(1*2) – SQR(2*3) – SQR(3*4) – SQR([n−1]*n)
Rundung: Rundungsgrenze geometrische Mittel
minimiert die relative Abweichung „Stimmen pro Sitz“
wird zur Berechnung der Zahl der Sitze eines Staates im Repräsentantenhaus der USA benutzt

Dean

Folge: 0 – 1 1/3 – 2,4 – 3 3/7 – 2/[(1/n)+(1/{n−1})]
Rundung: Rundungsgrenze harmonische Mittel
minimiert Abweichung „Stimmen pro Sitz“, Repräsentationsquotient

Adams

Folge: 0 – 1 – 2 – (n−1)
Rundung: aufrunden
minimiert Maximum „Stimmen pro Sitz“ bzw. maximiert Minimum „Sitze pro Stimmen“

Beispiele anderer Verfahren

Skandinavische Methode

Folge: 0,7 – 1,5 – 2,5 – 3,5 – (n−0,5)
(oder äquivalent 1,4 – 3 – 5 – 7 – (2n−1))
Rundung: Standardrundung zur nächsten ganzen Zahl (mit Ausnahme der Aufrundung zum ersten Sitz bei 0,7)

Dänische Methode

Folge: 1 – 4 – 7 – 10 – (3n−2)
Rundung: Rundungsgrenze 1/3

Imperiali

Folge: 2 – 3 – 4 – 5 – (n+1)
(oder äquivalent 1 – 1,5 – 2 – 2,5 – ([n+1]/2))
Rundung: abrunden und minus 1

Estnische Methode

Folge: 1 – 20,9 – 30,9n0,9

Condorcet

Folge: 0,4 – 1,4 – 2,4 – (n−0,6) (Zuteilung bis zu einer festen Höchstzahl [damals 50.000])
Rundung: bis 0,4 abrunden, ab 0,4 aufrunden (mit einem festen Divisor [damals 50.000])
vom Marquis de Condorcet im Gironde-Verfassungsentwurf vom Februar 1793 vorgesehen

Eigenschaften von Divisorverfahren

Konsistenz: Wenn man jeweils zwei (oder mehr) Parteien mit ihren Sitzen und Stimmen vergleicht, kann dies zu keiner Verschiebung der Sitzverteilung führen („Paarweiser Vergleich“)
Dies hört sich nach einer vernünftigen Forderung an ein Wahlverfahren an, es ist aber eine sehr harte Bedingung, die die Erfüllung der Monotoniebedingung gewährleistet und gleichzeitig die Erfüllung der Quotenbedingung nicht mehr gewährleistet.

Bei fehlender Konsistenz können zusätzliche Stimmen für eine Partei C dazu führen, dass Partei A einen Sitz an Partei B verliert. (So hätte bspw. nach der Bundestagswahl 1998 die FDP einen Sitz mehr und die PDS einen Sitz weniger, wenn die CDU 40.000 Zweitstimmen weniger bekommen hätte.)

Unmöglichkeitssatz von Balinski und Young

Ein Sitzzuteilungsverfahren kann nicht gleichzeitig die Quotenbedingung erfüllen und konsistent sein.

Alle konsistenten Verfahren sind Divisorverfahren. Alle Divisorverfahren sind konsistent.

Im Gegensatz zu Quotenverfahren gibt es bei Divisorverfahren eine festdefinierte Rundungsregel und ein variables „Stimmen pro Sitz“-Verhältnis. Wenn es ein vorgegebenes „Stimmen pro Sitz“-Verhältnis gibt, ist die Gesamtsitzzahl nicht mehr fest. Man spricht dann von automatischen Verfahren.

Divisorverfahren sind exakt, wenn die Elemente der Divisorfolge in [n−1,n] liegen.


von Martin Fehndrich (16.07.1999, letzte Aktualisierung: 09.04.2007)