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29.02.2004

Neue Zusammensetzung der Bundesversammlung nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg

Die Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft veränderte nicht nur die Sitzverteilung im Rathaus an der Alster, sie hat auch Einfluss auf die Zusammensetzung der 12. Bundesversammlung, die am 23. Mai 2004 in Berlin den Nachfolger von Johannes Rau im Amt des Bundespräsidenten wählt.

Nach Bekanntgabe des vorläufigen Ergebnisses der Landtagswahl durch den Landeswahlleiter hat Wahlrecht.de die neue voraussichtliche Zusammensetzung der Bundesversammlung errechnet. Da dem Stadtstaat gemäß seinem Anteil an der deutschen Bevölkerung nur zwölf Sitze in der Bundesversammlung zustehen, gab es – wie erwartet – keine großen Veränderungen. Die CDU konnte die Zahl ihrer Vertreter um drei auf sieben steigern. Zwei dieser Sitze hätten ohne die vorgezogene Neuwahl der bisherigen Koalitionspartei Rechtsstaatliche Offensive zugestanden, einen verlor die SPD, die nun vier Delegierte nach Berlin entsendet. Der GAL steht – wie nach dem Wahlergebnis 2001 – ein Sitz zu. Zu beachten ist aber, dass SPD und GAL durch die die Bildung eines gemeinsamen Wahlvorschlags der CDU wieder einen Sitz abnehmen können.

Ohne Einrechnung solcher Besonderheiten ergibt sich damit folgende voraussichtliche Anzahl an Wahlleuten der Parteien:

    Gesamt   CDU/CSU SPD Grüne FDP PDS Sonstige
Bundesversammlung   1.206   542 458-459 89-90 81-82 31 3
 
Hamburg   12   7 4 1 - - -

Die mit einer Spannweite versehenen Angaben ergeben sich aus gleichen Ansprüchen der Parteien bei den letzten beiden Sitzen in Baden-Württemberg, die ausgelost werden müssen. Davon können SPD und Grüne mindestens einen, die FDP höchstens einen Sitz erhalten.

Interessant ist auch die Betrachtung der Auswirkungen des Zuteilungsverfahrens. Im Bundespräsidentenwahlgesetz ist für die Wahl der Ländervertreter das Divisorverfahren mit Abrunden (d’Hondt) vorgeschrieben. Bei einem Verfahren, das die verfassungsrechtlich abgesicherte Gleichheit der Abgeordneten besser berücksichtigt – wie dem Divisorverfahren mit Standardrundung (Sainte-Laguë) – würden der Union fünf bis sechs Sitze weniger zustehen und z.B. den Grünen vier oder der FDP zwei Sitze mehr. Die Abweichungen von der sich aus dem wirklichen Stärkeverhältnis der Fraktionen ergebenden Sitzverteilung könnten aber noch viel höher ausfallen. Allerdings wird sich an dieser Ungleichbehandlung erst etwas ändern, wenn das Bundesverfassungsgericht seine bisherige Rechtsprechung aufgibt, nach der diese Zuteilungsverfahren gleichwertig sind. Gelegenheit dazu hat es in mehreren anhängigen Verfahren, darunter in dem Organstreit um die Besetzung des Vermittlungsauschusses und einer Wahlprüfungsbeschwerde.

Damit bleibt die Situation, dass keine politische Kraft die absolute Mehrheit von 604 Stimmen aus eigener Kraft schafft und daher auf andere Stimmen angewiesen ist. Ebenso haben auch CDU/CSU gegenüber SPD, Grüne und PDS keine eigene relative Mehrheit, die im dritten Wahlgang genügen würde. Eine Verständigung der Union mit der FDP ist deshalb nach wie vor notwendig geblieben.


von Matthias Cantow