Mandatsaberkennung

[Wahlrechtslexikon]

Entzug eines Mandats ...

... des Deutschen Bundestages

Einem Abgeordneten des Deutschen Bundestages kann sein Mandat nur entzogen werden bei:

In der Geschichte des Deutschen Bundestages wurde bisher drei Abgeordneten das Bundestagsmandat entzogen:

23.10.1953 Dr. Fritz Dorls Parteiverbot
01.07.1953 Hans-Paul Jaeger erfolgreicher Wahleinspruch
23.02.1956 Karlfranz Schmidt-Wittmack Wegfall der Wählbarkeitsvoraussetzungen
  1. am 23. Oktober 1952, Dr. Fritz Dorls, SRP (Feststellung der Verfassungswidrigkeit seiner Partei durch das Bundesverfassungsgericht)

    Dorls kam 1949 als unabhängiger Abgeordneter über die Landesliste der Deutschen Reichspartei (DRP) in den ersten Deutschen Bundestag und trat 1950 der Sozialistischen Reichspartei (SRP) bei. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 23.10.1953 (1 BvB 1/51, BVerfGE 2, 1) die Verfassungswidrigkeit der SRP festgestellt und deren Auflösung verfügt. Die Landtags- und Bundestagsmandate dieser Partei wurden gestrichen, die Stärke des Deutschen Bundestages verringerte sich von 421 auf 420 Sitze.
     
  2. am 1. Juli 1953, Hans-Paul Jaeger, FDP (ungültiger Erwerb seiner Mitgliedschaft)

    Nach dem Tod des Abgeordneten Frh. von Rechenberg am 19.01.1953 (FDP, Landesliste NRW) wurde am 22.01.1953 als Nachrücker Hans-Paul Jaeger berufen. Gegen die Entscheidung des Landeswahlleiters erhob Prof. Dr. Hanns Linhardt in der Wahlanfechtungssache AZ 152/52 am 06.02.1953 als eigentlicher Listennachfolger von von Rechenberg Einspruch. Der Wahlprüfungsauschuß des Deutschen Bundestages kam schließlich zu dem Schluß (BT-Drs. 1/4492), daß Linhardt trotz seines Umzugs von Münster nach Berlin (West) nach wie vor seinen Wohnsitz im Bundesgebiet hatte und dadurch seine Wählbarkeit (passives Wahlrecht) nicht verloren hatte. Der Mandatsverlust von Jaeger und ein Nachrücken von Linhardt konnte aber wegen Ablauf der Wahlperiode nicht mehr wirksam werden.

    Hierbei handelte es sich somit um den bisher ersten und einzigen erfolgreichen Wahleinspruch.
     
  3. am 23. Februar 1956, Karlfranz Schmidt-Wittmack, fraktionslos, vorher CDU (Wegfall der Wählbarkeits­voraussetzungen)

    Der über die Hamburger CDU-Landesliste in den zweiten Deutschen Bundestag Gewählte hatte seinen Wohnsitz am 21. August 1954 in die DDR verlegt und auf einer Presseerklärung in Ost-Berlin erklärt, nunmehr in der DDR politisch und beruflich tätig zu sein. Daraufhin haben der Bundestag und das Bundesverfassungsgericht (3. Mai 1956 – 1 BvC 1/55 BVerfGE 5, 2) den nachträglichen Wegfall der Wählbarkeitsvoraussetzungen festgestellt.

... der Landesparlamente

Die Hürden für einen Mandatsentzug im Deutschen Bundestag liegen damit sehr hoch. Ähnlich hoch sind diese auf Landesebene: So hat am 25. Mai 2000 das Thüringer Verfassungsgericht entschieden, daß ein Mandatsentzug der Thüringer PDS-Landtagsabgeordneten Almuth Beck wegen MfS-Kontakten verfassungswidrig war.

In Bremen verloren vier Abgeordnete der KPD ihr Landtagsmandat nach einer Entscheidung des Bremischen Staatsgerichtshofs vom 5. Januar 1957 – St. 2/1956 (vlg. BVerfGE 6, 445). Die zugrundeliegende Entscheidung des BremStGH ist übrigens recht kurios: Drei der sieben Richter waren der Meinung, die KPD-Abgeordneten hätten weder das Landtags- noch das Stadtbürgerschaftsmandat verloren. Drei andere Richter meinten, sie hätten beide Mandate verloren. Nur der siebte Richter vertrat die letztlich tragende Aufassung der Entscheidung, dass die KPDler zwar ihr Landtagsmandat, nicht aber ihren Sitz in der Stadtbürgerschaft abgeben müssten.

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von Martin Fehndrich (letzte Aktualisierung: 15.09.2004)