Verletzung der Mehrheitsbedingung

[Verfahren]

Verletzung der Mehrheitsbedingung bei Hare/Niemeyer und Sainte-Laguë

Die Mehrheitsbedingung fordert, dass bei einer Verhältniswahl eine Partei mit mehr als 50 % der Stimmen auch mehr als 50 % der Sitze erhalten soll. Die Verfahren Hare/Niemeyer (Quotenverfahren mit Restausgleich nach größten Bruchteilen) und Sainte-Laguë (Divisorverfahren mit Standardrundung) erfüllen die Mehrheitsbedingung nicht für alle möglichen Wahlergebnisse.

Beispiel: Beiratswahl Gröpelingen 2003 (Bremen)

Bei den Wahlen der Beiräte im Gebiet der Stadt Bremen am 25. Mai 2003 (4. Wahlperiode) erhielt die SPD im Beirat des Bezirks Gröpelingen 5.872 von 11.465 gültigen Stimmen (51,2 %). Bei der Berechnung mit dem Divisorverfahren mit Standardrundung erhält die SPD nur 9 von 19 Sitzen. Bei Berechnung mit Hare/Niemeyer erhielte die SPD 10 Sitze, allerdings hätte die SPD bei nur 25 Stimmen weniger (51,1 %) auch beim Quotenverfahren die Mehrheit der Sitze verfehlt. Erst nach expliziter Zuordnung einer Mehrheit an Sitzen an die Partei mit der absoluten Stimmenmehrheit wird die Mehrheitsbedingung erfüllt (Mehrheitsklausel).

Tabelle: Wahlergebnis Gröpelingen 2003

Stimmen % Sitze
 
Sainte-Laguë
Divisor 620
Sitze
 
Hare/Niemeyer
 
Sitze nach
Mehrheitsklausel
Sainte-Laguë
Divisor 650
Wahlberechtigte22.443        
Wähler11.649
Gültige11.465
SPD5.87251,2%91010
CDU2.83824,8%544
GRÜNE1.28111,2%222
FDP4614,0%111
PDS4624,0%111
Bürger5514,8%111
Summe11.465 191919

Tabelle: Wahlergebnis Gröpelingen 2003 abzüglich 25 SPD-Stimmen

Annahme, die SPD hat 25 Stimmen weniger (51,1 %).

Stimmen % Sitze Sitze nach Mehrheitsklausel
Sainte-
Laguë
Divisor 620
Hare/
Niemeyer
 
Sainte-
Laguë
Divisor 650
Hare/
Niemeyer
 
Gültige11.440      
SPD5.84751,1%991010
CDU2.83824,8%5544
GRÜNE1.28111,2%2222
FDP4614,0%1111
PDS4624,0%1111
Bürger5514,8%1111
Summe11.440 19191919

von Martin Fehndrich (06.02.2009, letzte Aktualisierung: 15.02.2009)