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01.04.2010

Mierscheid-Gesetz – richtiger Trend für Wahljahr 2009

Von einer Punktlandung ist das Modell mit einem Fehler von 4,6 Prozentpunkten zwar erneut weit entfernt – aber immerhin: Das Mierscheid-Gesetz gibt den Trend der Bundestagswahl 2009 richtig wieder. Sowohl der Stimmenanteil der SPD (23,0 %) als auch die in den westdeutschen Ländern erzeugte Rohstahlmenge (27,6 Mio. t) liegen auf dem niedrigsten Wert seit 50 Jahren.

Mierscheid-Gesetz

Das Wahlprognose-Gesetz, nach dem sich der SPD-Zweitstimmenanteil bei Bundestagswahlen nach der jährlichen Rohstahlproduktion in den alten Ländern (gemessen in Millionen Tonnen) richte, wurde vom SPD-Bundestagsabgeordneten Jakob M. Mierscheid entdeckt und am 14. Juli 1983 in der SPD-Parteizeitung Vorwärts veröffentlicht.

Nun hat sich Jakob Maria Mierscheid, der sich allgemein wenig in der Öffentlichkeit zeigt und über den man erst vor Kurzem durch eine Analyse seiner auf Vorrat gespeicherten Verkehrsdaten Erstaunliches erfahren konnte (Den Schnüfflern bleibt nichts verborgen – Donaukurier vom 26. Februar 2010), zu Wort gemeldet.


Mierscheid-Brief: Oskar ist Schuld

Jakob Maria Mierscheid erklärt in einem Schreiben die Abweichung zum ursprünglichen Gesetz mit einem Lafontaine-Faktor: Lafontaine schade der SPD. Betrachtet man die betroffenen Bundestagswahlen, fällt die Abweichung im Jahr 1998 auf, diese war hier für die SPD positiv. Wahrscheinlich gibt es den negativen Einfluss nur mit Lafontaine als Spitzenkandidat. Dies erklärt, warum Mierscheid das Stahlwahljahr 1998 in seiner Reihung nicht erwähnt. Die anderen Werte liegen eng zwischen einem Schaden von 4,6 und 5,1 Prozentpunkten.

Wahl-  Abweichung in     Rolle von
jahr   Prozentpunkten    Oskar Lafontaine
1990   −4,9              Spitzenkandidat SPD  
1998   +2,5              Im Team der SPD
2005   −5,1              Spitzenkandidat Linke
2010   −4,6              Spitzenkandidat Linke

Ein Lafontaine-Term scheint einer wissenschaftlichen Analyse nicht würdig, findet sich aber auch bei anderen Wahlprognostikern, so in der erfolgreichen Vorhersage von Norpoth/Gschwend zur Bundestagswahl 2005. Deren Prognosemodell konnte für 2009 komfortable 50,6 Prozent für das schwarz-gelbe Lager vorhergesagen, (Merkel macht’s: Eine Prognose zum Wahlausgang) 2,2 Prozentpunkte zu komfortabel.

Die Rettung des Mierscheid-Gesetzes ist der Lafontaine-Term von −5% aber nicht. Denn es reicht nicht, das Ergebnis nach der Wahl erklären zu können. Für eine Vorhersage muß vor der Wahl feststehen, ob der Korrekturterm angezogen wird oder nicht. Ob das möglich ist, erscheint aber fraglich. Erschien doch schon die Spitzenkandidatur 2009 mehr formal, mit Schwerpunkt auf die Landtagswahl im Saarland. Im Vergleich dazu war die Rolle 1998 als starker Mann der SPD hinter Schröder stärker. Was gilt bei der nächsten Bundestagswahl, wenn er ohne spezielle Funktion oder gar nicht antritt? Immerhin könnte man die Partei Die Linke als sein Kind betrachten, das einen fortwährend negativen Einfluß auf SPD-Wahlergebnisse manifestiert.

Ein kleiner Analysefehler findet sich erneut beim Ergebnis der Bundestagswahl 2005, für die die Sonderregel für vorgezogene Neuwahlen gilt. Hier müssten die Rohstahlwerte des Wahljahres 2005 und ursprünglichen Wahljahres 2006 gemittelt werden.


von Martin Fehndrich (01.04.2010, letzte Aktualisierung am 01.04.2010)