Mierscheid-Gesetz

[Wahlrechtslexikon]

Das Mierscheid-Gesetz ist ein Wahlprognose-Verfahren, das vom Bundestagsabgeordneten Jakob M. Mierscheid (SPD) entdeckt und am 14. Juli 1983 in der SPD-Parteizeitung Vorwärts veröffentlicht wurde.

Es lautet:

Der Stimmenanteil der SPD bei Bundestagswahlen richtet sich nach dem Index der deutschen Rohstahlproduktion in den alten Ländern gemessen in Mio. Tonnen.

Darüberhinaus gibt es eine Sonderregel für vorgezogene Wahlen. Hier wird der Wert aus dem Wahljahr mit dem eigentlichen Wahljahr gemittelt. So gab es bei der vorgezogenen Bundestagswahl 1983 ein Wahlergebnis von 38,2 %. Der Wert 37,6 ergibt sich aus der Mittelung der Rohstahlproduktionen aus dem Wahljahr 1983 (35,7 Mio. t) und dem Wahljahr bei voller Legislaturperiode 1984 (39,4 Mio. t).

Es handelt sich dabei um ein empirisches Gesetz, das im Vergleich mit anderen Wahlprognoseverfahren bisher gute Ergebnisse liefern konnte. Es kommt darüberhinaus ohne Fitparameter aus.

Die Genauigkeit wurde in den letzten Jahren relativ gut bestätigt. Die Abweichungen im Jahr 2002 lagen bei unter 0,05 %. Allerdings gab es auch eine Abweichungen von fast 5 %, und zwar bei der ersten Bundestagswahl nach der Wiedervereinigung im Wahljahr 1990. Während Mierscheid selbst dies auf den damaligen Kanzlerkandidaten zurückführt, ist auch der Einfluss anderer Ursachen noch völlig ungeklärt (Beitritt der neuen Länder, späte Entscheidung über Wahltag und Wahljahr, und warum fällt die ostdeutsche Stahlproduktion unter den Tisch?).

Mierscheid-Gesetz

Trotzdem ist es, wie praktisch alle Wahlprognoseverfahren, methodisch umstritten und wurde bisher nur in wenigen wissenschaftlichen Veröffenlichungen zitiert (aber immerhin u. a. von den Prognosemodellbauern Helmut Norpoth und Thomas Gschwend).

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von Martin Fehndrich (11..07.2005, letzte Aktualisierung: 01.04.2014)