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23.07.2010

Verletzung des Abstimmungsgeheimnisses – Beispiel Hamburg

Nach Wahlen und Abstimmungen erhalten bzw. finden wir oft Hinweise, dass Wahlorgane und Medien dem Grundsatz der geheimen Wahl oder Abstimmung wenig Bedeutung beimessen. Beispiele dafür gab es auch am vergangenen Wochenende:

Screenshot: shz.de, Schwärzung Wahlrecht.de
Screenshot: shz.de, Anonymisierung Wahlrecht.de

Hamburg, 18. Juli 2010 – Volksentscheid über die Schulreform: Deutlich kann man das Kreuz auf dem Stimmzettel erkennen, den die kleine E. für ihre Mutter in die Urne wirft. Auch der Personal­ausweis der Mutter ist gut erkennbar und auf den Original­fotos sicher auch lesbar. Die ganze Situation wird durch eine Reihe von dpa-Fotos dokumentiert, die bei verschiedenen Online-Medien zu finden sind (shz.de, abendblatt.de, spiegel.de, ard.de, n-tv.de, …). Auf einem Foto bei shz.de kann man schließlich erkennen, wie die Abstimmende über den Vorschlag der Hamburgischen Bürgerschaft abgestimmt hat.

Das ist eine Verletzung der geheimen Wahl (bzw. in diesem Fall der geheimen Abstimmung). Schon zur Bundestagswahl 2005 hat der Deutsche Bundestag in einem Wahlprüfungsverfahren festgestellt, dass ein Wahlfehler darin zu sehen [ist], dass ein Foto einen Wähler (hier: Dr. Edmund Stoiber) zeigt, der einen nicht vollständig zusammengefalteten Stimmzettel in Händen hält, nachdem er diesen ausgefüllt hat. Auch hier wurde – entgegen einem ordnungsgemäßen Ablauf der Wahl – die Stimmabgabe eines Wählers fotografiert und sein Foto zusammen mit der erkennbaren Stimmabgabe veröffentlicht. Gerade die kritiklose Veröffentlichung solcher Fotos in den Medien zeigt, wie gering inzwischen der Stellenwert und der Respekt vor der geheimen Stimmabgabe ist.

Wahllokal Kundenzentrum Altona am Ottenser Marktplatz
Foto: Hendrik Bramhoff

Auch bei der Aufstellung der Wahlkabinen durch den Wahlvorstand muss auf die Möglichkeit einer geheimen Stimmabgabe geachtet werden. Wenn man durch ein Fenster problemlos in eine Wahlkabine fotografieren kann – wie auf dem rechten Foto im Kundenzentrum Altona am Ottenser Marktplatz erkennbar – ist dies ähnlich bedenklich, wie Überwachungskameras, die in die Kabinen gerichtet sind.

Nachtrag: Vor Veröffentlichung dieser Meldung haben wir die Medien und dpa auf das Foto aufmerksam gemacht. Daraufhin hat shz.de das Bild innerhalb weniger Minuten aus dem Internetangebot entfernt.


von Martin Fehndrich (22.07.2010, letzte Aktualisierung am 23.07.2010)