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Bürgermeisterwahl in London mit eingebauter Stichwahl

Erst am späten Freitagabend der letzten Woche stand das Ergebnis der Bürgermeisterwahl vom Vortag, den 1. Mai 2008, fest. Boris Johnson erhielt 139.772 Stimmen mehr als Ken Livingstone und ist damit neuer Bürgermeister von London.

Dass die Auszählung etwas länger dauerte, lag auch an dem Wahlsystem der Londoner Bürgermeisterwahl. In der Stadt an der Themse haben die Wähler – neben der Stimme für ihren Bürgermeisterkandidaten – noch eine Ersatzstimme (oder Zweitpräferenz) für den Fall, dass ihr Kandidat nicht zu den zwei Bestplatzierten gehört. Denn nur diese beiden Erstplatzierten gehen in die virtuelle Stichwahl. Dafür werden die Zweitpräferenzen der Stimmzettel mit einer Erstpräferenz für einen der übrigen Kandidaten ausgezählt.

Für das System der Bürgermeisterwahl in der englischen Metropole wurde damit ein anderer Weg gewählt, als die traditionelle relative Mehrheitswahl in Einpersonenwahlkreisen. Ein entgegengesetzter Weg wurde in Nordrhein-Westfalen beschritten – seit letztem Jahr reicht dort für die Wahl zum Bürgermeister schon die einfache Mehrheit.

Vorteile des Londoner Wahlsystems

• Keine Zufallsmehrheit, wie bei einer relativen Mehrheitswahl
• Der gewählte Bürgermeister hat mit den zusätzlichen Stimmen mehr Wähler hinter sich und ist stärker legitimiert.
• Die Wähler werden nicht zu taktischen Stimmabgaben gezwungen (Wahl des geringeren Übels).
• Es ist keine taktische Stimmabgabe, wie bei einer Wahl mit Stichwahl, möglich (vgl. Alsbach-Hähnlein 2007, Französische Präsidentschaftswahl 2002)
• Es begünstigt keine Kandidatur-Selbstbeschränkungen bei Personen und Parteien, um der Zersplitterung der Stimmen eines Lagers entgegenzuwirken, wie beim neuen Kommunalwahlrecht in Nordrhein-Westfalen (welches Kungelrunden der Parteien im Vorfeld einer Wahl fördert).
• Nur ein Wahlgang

Natürlich ließe sich auch das Londoner Wahlsystem noch verbessern, wenn man weitere Präferenzen ermöglichte. Denn auch mit 1.043.761 + 124.977 = 1.168.738 Stimmen hat Boris Johnson, bezogen auf die gültigen Erstpräferenzen, nur 48,4 % der Stimmen erhalten. Zweitpräferenzen an andere Kandidaten als die beiden Erstplatzierten verfallen.

Wahlergebnis der Bürgermeisterwahl in London vom 1. Mai 2008

Kandidat	Partei	Erstpräferenz- Stimmen		Zweitpräferenz- Stimmen	Gesamt- stimmen
Boris Johnson	Conservative Party	1.043.761	42,48 %	124.977	1.168.738
Ken Livingstone	The Labour Party	893.877	36,38 %	135.089	1.028.966
Brian Paddick	Liberal Democrats	236.685	9,63 %
Siân Berry	Green Party	77.374	3,15 %
Richard Barnbrook	British National Party	69.710	2,84 %
Alan Craig	Christian Peoples Alliance and Christian Party	39.249	1,60 %
Gerard Batten	UK Independence Party	22.422	0,91 %
Lindsey German	Left List	16.796	0,68 %
Matt O’Connor	English Democrats	10.695	0,44 %
Winston McKenzie	Independent	5.389	0,22 %

Links

• London Elects
• My Vote – The Mayoral Election – Das Wahlsystem mit vielen Bilder erklärt
• NRW: Mögliche Auswirkungen einer Abschaffung der Stichwahl – Meldung vom 26.03.2007
• NRW: Regeländerung während der Bürgermeisterwahl – Meldung vom 10.11.2007