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30.10.2002

Streit über neues Berechnungsverfahrens für die Sitzverteilung in den Ausschüssen

Bei der Festlegung des Berechnungsverfahrens für die Sitzverteilung in den Ausschüssen, hat die Regierungsmehrheit gegen die Stimmen von Union und FDP ein Verfahren beschlossen, das Pattsituationen in Ausschüssen mit geradzahliger Anzahl von Sitzen bei Anwendung der bisherigen Berechnungsverfahren dadurch verhindert, daß der Union ein Sitz entzogen wird und dieser der SPD zugeteilt wird. Dies gilt insb. für die 16 Bundestagssitze im Vermittlungsausschuss, in den die SPD nun 8, die Union aber nur 6 Mitglieder (Grüne und FDP je eins) entsendet. Die CDU/CSU-Fraktion kündigte an in Karlsruhe Organklage gegen dieses Verfahren einreichen.

Der Beschluß im Wortlaut:

Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen

1) Die Zahl der auf die Fraktionen entfallenden Sitze im Ältestenrat und in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages sowie die Regelung der Vorsitze in den Ausschüssen werden nach dem Verfahren der mathematischen Proportion (St. Lague/Schepers) berechnet, soweit nichts Abweichendes beschlossen wird. Das gleiche gilt für die Besetzung von anderen Gremien, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

2) Führt dies nicht zur Wiedergabe der parlamentarischen Mehrheit, errechnet sich die Verteilung nach d'Hondt. Führt auch ein Rückgriff auf dieses Verfahren nicht zur Abbildung der parlamentarischen Mehrheit, ist das Verfahren St. Lague/Schepers mit der Maßgabe anzuwenden, dass die zu verteilende Anzahl der Sitze um einen reduziert wird und der unberücksichtigte Platz der stärksten Fraktion zugewiesen wird.

Während die meisten Berechnungsverfahren in Ausschüssen mit geradzahliger Sitzanzahl im 15. Bundestag zu einem Patt zwischen Regierung und Opposition führen, wird in diesen Fällen der Union ein Sitz entzogen und der SPD zugeteilt.

Bei anderen Sitzverteilungen wird aber auch durch dieses Berechnungsverfahren keine Mehrheit für die Regierungskoalition. Sollten zwei Abgeordnete der SPD zur Union wechseln, führt dies nicht zu einer Änderung der Bundestagsmehrheit. Aber nun würde, da die Regierungsmehrheit nicht in den Ausschuss übertragen würde, der SPD ein Sitz zugunsten der CDU entzogen und die Mehrheit würde sich im Auschuss umdrehen.

Ein anderes Beispiel wären die Mehrheitsverhältnisse in den 70er Jahren, als die Union stärkste Fraktion, bei einer sozialliberalen Regierungsmehrheit stellt und das Berechnungsverfahren d'Hondt gerade wegen der Begünstigung der stärksten Fraktion abgeschafft wurde.


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Nachtrag


von Martin Fehndrich