Bundesländer

[Tipps und Tricks 2005]

In der folgenden Übersicht wird erläutert, in welchen Bundesländern möglicherweise mit Überhangmandaten zu rechnen ist und welche Konsequenzen dies für Ihre Wahlentscheidung haben sollte.


Baden-Württemberg

Ausgangslage:

In Baden-Württemberg konnte die CDU 1994 zwei Überhangmandate erringen, 1949 und 1987 gab es jeweils ein Überhangmandat für die CDU. Bei der Bundestagswahl 2002 kam es überraschend nicht zu Überhangmandaten, da das Stimmensplitting zwischen CDU und FDP stark zurückging, während im rot-grünen Lager von dieser Möglichkeit intensiv Gebrauch gemacht wurde. Nachdem die FDP in diesem Jahr anders als 2002 einen Koalitionswahlkampf mit Zweitstimmenkampagne führt, sind auch CDU-Überhangmandate in Baden-Württemberg alles andere als ausgeschlossen. Wohl abgesehen von Freiburg ist unter diesen Umständen der Rückstand der CDU in allen 2002 von der SPD gewonnenen Wahlkreisen aufholbar. Um in den Genuss von Überhangmandaten zu kommen, müsste die CDU insbesondere die Wahlkreise in Stuttgart, Karlsruhe-Stadt, Heidelberg und Lörrach/Müllheim gewinnen. Sollte dann auch noch der Wahlkreis Mannheim an die CDU fallen, wäre der Überhang wohl perfekt.

Tipps:

CDU-Sympathisanten, die eine schwarz-gelbe Koalition bevorzugen, sollten überlegen, aufgrund möglicher Überhangmandate lediglich ihre Erststimme der CDU geben, die Zweitstimme dagegen der FDP. Wer auch die Zweitstimme der CDU gibt, läuft Gefahr, der CDU dadurch zu schaden (negatives Stimmgewicht).

Unionsgegner aus den anderen Parteien sollten ihre Erststimme – zumindest in jenen Wahlkreisen, die die SPD beim letzten Mal gewinnen konnte – auf jeden Fall der SPD geben, um die Zahl der CDU-Überhangmandate möglichst klein zu halten.


Bayern

Ausgangslage:

Bayern zählt zu den Bundesländern, in denen es noch nie Überhangmandate gab und wo es auch bei der Bundestagswahl 2005 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Überhangmandate geben wird. Dies liegt daran, dass die CSU in der Regel auf mehr als 50 Prozent der Zweitstimmen kommt. Dadurch stehen ausreichend Zweitstimmenmandate zur Verfügung, um die gewonnenen Wahlkreismandate zu verrechnen, selbst wenn die Partei alle Wahlkreise des Landes gewinnt. Fällt die CSU – wie bei der Bundestagswahl 1998 – auf unter 50 Prozent, fallen normalerweise sogleich einige städtische Wahlkreise an die SPD, so dass auch in diesem Fall Überhangmandate für die CSU höchst unwahrscheinlich bleiben.

Selbst wenn es einmal zu CSU-Überhangmandaten in Bayern kommen sollte, wäre übrigens ein negatives Stimmengewicht ausgeschlossen, da es sich mangels weiterer CSU-Landeslisten um externe Überhangmandate handeln würde.

Tipps:

Sie können in diesem Bundesland mit Ihrer Erststimme keinen Einfluss auf die parteipolitische Zusammensetzung des Bundestags nehmen. Wie Sie herausfinden können, ob und ggf. welche Auswirkung Ihre Erststimme auf die personelle Zusammensetzung des Parlaments haben könnte, wird hier beschrieben.

Sie können Ihre Zweitstimme abgeben, ohne dabei die Problematik von Überhangmandaten und negativem Stimmengewicht berücksichtigen zu müssen. Welche weiteren taktischen Erwägungen hinsichtlich der Zweitstimme sich aus dem Bundestagswahlrecht ergeben, können Sie hier nachlesen.


Berlin

Ausgangslage:

Bisher sind in Berlin keine Überhangmandate angefallen. Allerdings ist die PDS 1998 (bei anderer Wahlkreiseinteilung) nur knapp an einem Überhangmandat „vorbeigeschlittert“. Sollte es der Linkspartei.PDS erneut gelingen, vier Direktmandate im Osten Berlins zu erringen, ist ein PDS-Überhangmandat denkbar. Dass abgesehen von Überhangmandaten der Gewinn von mindestens drei Direktmandaten (Grundmandatsklausel) für die Linkspartei.PDS auch deshalb wichtig sein könnte, damit sie nicht fürchten muss, aufgrund der Fünfprozenthürde im nächsten Bundestag wieder nicht vertreten zu sein, kann man angesichts der Umfragewerte der letzten Monate wohl ausschließen.

Im Gegenzug könnte die SPD durchaus ebenfalls auf Überhangmandate hoffen. Bei der letzten Wahl 2002 verpasste sie ganz knapp mit der Niederlage im Wahlkreis 84 (Friedrichshein – Kreuzberg – Prenzlauer Berg Ost) gegen Hans-Christian Ströbele (GRÜNE) ein Überhangmandat. Allerdings wird es der SPD 2005 wahrscheinlich schwer fallen, wieder alle Wahlkreis im Westen gewinnen zu können. Auch Überhangmandate für die CDU erscheinen aufgrund ihrer Chancenlosigkeit im Osten sehr unwahrscheinlich.

Die für die PDS wichtigen Wahlkreise in Berlin lauten:

Analyse: Mögliche Wahlkreise der Linkspartei.PDS

Schwer einzuschätzen ist die Situation im Wahlkreis 84 (Friedrichshein – Kreuzberg – Prenzlauer Berg Ost). Favorit dürfte hier der Sieger von 2002 sein, der grüne Parteilinke Hans-Christian Ströbele.

Tipps:

Wer ein Scheitern der Linkspartei.PDS an der Sperrklausel fürchtet und möchte, dass die Linkspartei.PDS im nächsten Bundestag vertreten ist – evtl. sogar mit einem Überhangmandat -, sollte seine Erststimme in den Ost-Berliner Wahlkreisen der PDS geben. Wer dies verhindern will, kann dies am ehesten dadurch, dass er mit der Erststimme den stärksten Gegenkandidaten wählt (also SPD, im Wahlkreis 84 dem Grünen Ströbele).

In den West-Berliner Wahlkreisen geht es vor allem um denkbare Überhangmandate der SPD. Für SPD-Sympathisanten gilt also: Erststimme SPD. Für SPD-Gegner gilt hier: Erststimme CDU.

Im Wahlkreis Wahlkreis 84 (Friedrichshein – Kreuzberg – Prenzlauer Berg Ost), sieht es nach einem Dreikampf zwischen den Kandidaten von GRÜNEN, SPD und PDS aus. Für Rot-Grün- oder SPD-Sympathisanten, denen ein Ausscheiden des nicht auf der Landesliste abgesicherten Ströbeles egal oder recht wäre, gilt also: Erststimme SPD, um ihr diesmal ein Überhangmandat zu ermöglichen. Eine Gegenstrategie wäre eine Erststimme für den Favoriten (wahrscheinlich Ströbele), wobei man die Möglichkeit eines PDS Überhangmandats/Grundmandats beachten sollte.

Die Zweitstimme kann an die jeweils bevorzugte Partei gegeben werden. SPD-Anhänger können erwägen, ihre Zweitstimme dem gewünschten Koalitionspartner zu geben, da Überhangmandate für die SPD nicht ausgeschlossen sind.


Brandenburg

Ausgangslage:

Nachdem die SPD in Brandenburg schon 1994 und 1998 Überhangmandate erringen konnte und dies 2002 nur um wenige hundert Stimmen verpasste, sind auch in diesem SPD-Überhangmandate gut möglich. In die Quere kommen könnte den Sozialdemokraten hierbei aber ein gutes Abschneiden der Linkspartei.PDS. Schon bei der letzten Landtagswahl in Brandenburg hatte die PDS mehr Wahlkreise gewonnen als die SPD. Insbesondere in den Wahlkreisen 59 (Märkisch-Oderland – Barnim II) und 61 (Potsdam – Potsdam-Mittelmark II – Teltow-Fläming II) dürfte es recht knapp zugehen.

Tipps:

Für Anhänger der SPD gilt: Erststimme SPD. Die Zweitstimme könnte aufgrund der möglichen Gefahr eines negativen Stimmengewichts an den bevorzugten Koalitionspartner gehen.

Wer SPD-Überhangmandaten entgegenwirken will, sollte die Erststimme eher an die Linke.PDS als an die CDU geben, vor allem in den genannten Wahlkreisen sowie in Frankfurt (Oder) und Cottbus.


Bremen

Ausgangslage:

Bremen war bis zur Wahl 1998 das Paradebeispiel für negative Stimmgewichte. Das Zweitstimmenergebnis der SPD lag fast immer so, dass entweder ein paar Zweitstimmen weniger der SPD ein Überhangmandat beschert oder ein paar Zweitstimmen mehr ihr ein Überhangmandaten gekostet hätten. Darum war hier war mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit absehbar, dass Zweitstimmen, die für die SPD abgegeben werden, dieser dadurch schaden würden, dass die SPD insgesamt weniger Sitze erhalten hätte.

Da das Bundesland Bremen seit 2002 nur noch zwei (sichere SPD-)Wahlkreise hat, ist ein Anfall von Überhangmandaten nun jedoch sehr unwahrscheinlich geworden. Solange die SPD 35 % oder mehr der Bremer Zweitstimmen erhält, stehen ihr so oder so zwei Sitze zu. Da die SPD in Bremen normalerweise ein deutlich besseres Ergebnis als im Bundesdurchschnitt erzielt, ist das zweite SPD-Mandat also wohl auch 2005 nicht in Gefahr.

Die Bremer FDP kann sich wohl auch diesmal keine berechtigten Hoffungen auf einen Sitz im Bundestag machen. Schwer einzuschätzen ist, wie sich der Aufschwung der Linkspartei.PDS in Bremen auswirken wird. Hier ist der Gewinn eines Mandats zwar unwahrscheinlich, aber nicht völlig ausgeschlossen.

Tipps:

Da die beiden Bremer Wahlkreise der SPD nicht zu nehmen sein werden, können Sie mit Ihrer Erststimme keinen Einfluss auf die parteipolitische Zusammensetzung des Bundestags nehmen. Wie Sie herausfinden können, ob und ggf. welche Auswirkung Ihre Erststimme auf die personelle Zusammensetzung des Parlaments haben könnte, wird hier beschrieben.

Sie können Ihre Zweitstimme abgeben, ohne dabei die Problematik von Überhangmandaten und negativem Stimmengewicht berücksichtigen zu müssen. Welche weiteren taktischen Erwägungen hinsichtlich der Zweitstimme sich aus dem Bundestagswahlrecht ergeben, können Sie hier nachlesen.

Bremer Lokalpatrioten, die ungeachtet der Parteizugehörigkeit vor allem möglichst viele Abgeordnete aus Bremen und Bremerhaven im Bundestag sehen wollen, könnten überlegen, aus diesem Grund mit Zweitstimme CDU zu wählen, da die Bremer CDU nur bei einem guten Ergebnis auf den Gewinn eines zweiten Mandats hoffen kann. Die beiden SPD-Sitze sowie der Sitz für die GRÜNEN sind dagegen relativ sicher.


Hamburg

Ausgangslage:

In Hamburg ist 1953 dank fragwürdiger Wahlkreisabsprachen mit der CDU ein Überhangmandat für die DP (Deutsche Partei) aufgetreten. In der jüngeren Vergangenheit waren jedoch nur für die SPD Überhangmandate realistisch, die immerhin 1983, 1998 und 2002 jeweils eines erringen konnte. Auch für die Bundestagswahl 2005 kann sich die SPD in Hamburg berechtigte Hoffnungen machen. Sollte es ihr erneut gelingen, den Wahlkreis Hamburg-Nord für sich zu entscheiden, ist ein Überhangmandat fast sicher. Anderenfalls hätte sie noch Chancen, wenn sie zwar nicht mehr als ca. 35 % der Zweitstimmen in Hamburg erzielte, aber trotzdem alle übrigen Wahlkreise gewönne. Bis auf Hamburg-Mitte (sicherer SPD-Wahlkreis) wäre dann aber überall ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und SPD zu erwarten.

Tipps:

Mit einer Erststimme für die SPD kann zu einem Überhangmandat für die Sozialdemokraten beigetragen werden. Wer dies verhindern will, sollte die Erststimme der CDU geben.

Die Zweitstimme kann an die jeweils bevorzugte Partei gegeben werden. SPD-Anhänger sollten erwägen, ihre Zweitstimme dem gewünschten Koalitionspartner zu geben, da ein Überhangmandat für die SPD gut möglich erscheint.


Hessen

Ausgangslage:

Hessen zählt zu den Bundesländern, in denen es noch nie Überhangmandate gab, da sowohl CDU als auch SPD in diesem Land ausgeprägte Hochburgen hatten. Als die SPD in den Umfragen noch deutlich unter 30% lag, sah es jedoch so aus, als ob sich dies nun zugunsten der CDU ändern könnte. Nachdem sich die SPD wieder etwas berappelt hat, kann aber wohl davon ausgehen, dass sie zumindest einige Wahlkreise in Nordhessen wird halten können.

Tipps:

Wer an die Minimalchance der CDU auf Überhangmandate glaubt, sollte ihr die Erststimme geben. Wer dem entgegenwirken möchte wählt SPD.

Eine außergewöhnliche Situation besteht im Wahlkreis Fulda, wo als Einzelkandidat der aus Partei und Fraktion ausgeschlossene Bundestagsabgeordnete Hohmann antritt, der den Wahlkreis 2002 noch für die CDU gewonnen hatte. Nachdem in den letzten Tagen des Wahlkampfs auch der breiten Öffentlichkeit bekanntgemacht wurde, dass bei einem Sieg Hohmann die Zweitstimmen seiner Wähler verfallen, dürften seine Chancen jedoch gesunken sein. Rot-Grün-Sympathisanten, die ihm dennoch einen Sieg zutrauen, könnten überlegen, ihre Erststimme Hohmann zu geben. Damit wirken Sie nicht nur (unwahrscheinlichen) CDU-Überhangmandaten entgegen, sondern würden bei einem Erfolg Hohmanns auch dafür sorgen, dass (neben ihren eigenen Zweitstimmen) ein erheblicher Teil der CDU-Zweitstimmen in diesem Wahlkreis aus der Wertung fiele. Das Resultat wäre wohl, dass Hohmanns Sitz zu Lasten der CDU ginge. Aber Achtung: Der Schuss kann auch nach hinten losgehen, wenn nämlich die CDU den Stimmenabzug verschmerzen kann und der Hohmann-Sitz auf Kosten der eigenen Partei geht. Ohnehin macht die beschriebene Strategie natürlich nur Sinn, wenn man davon ausgeht, die Union würde notfalls eine Regierungsmehrheit nicht auch auf Hohmann stützen. Aufgrund der Unwägbarkeiten raten wir daher letztlich von einer solchen Taktik ab, möchten sie aber nicht unerwähnt lassen.

Ansonsten gilt: Sie können in diesem Bundesland mit Ihrer Erststimme keinen Einfluss auf die parteipolitische Zusammensetzung des Bundestags nehmen. Wie Sie herausfinden können, ob und ggf. welche Auswirkung Ihre Erststimme auf die personelle Zusammensetzung des Parlaments haben könnte, wird hier beschrieben.

Sie können voraussichtlich Ihre Zweitstimme abgeben, ohne dabei die Problematik von Überhangmandaten und negativem Stimmengewicht berücksichtigen zu müssen. Welche weiteren taktischen Erwägungen hinsichtlich der Zweitstimme sich aus dem Bundestagswahlrecht ergeben, können Sie hier nachlesen.


Mecklenburg-Vorpommern

Ausgangslage:

Hier sind 1990 und 1994 Überhangmandate für die CDU, 1998 für die SPD angefallen. Bei der Wahl 2002 gab es keine Überhangmandate. Da das Land durch die Wahlkreisreform fast ein Viertel der Wahlkreise eingebüßt hat, sind Überhangmandate noch unwahrscheinlicher geworden. Allerdings ist ein CDU-Überhangmandat nicht völlig ausgeschlossen und selbst ein SPD-Überhangmandat denkbar.

Die PDS macht sich zudem Hoffnung auf den Gewinn des Direktmandates in Rostock; die Chancen sind gleichwohl gering, aber in Rostock ist nichts ausgeschlossen, wie jüngst auch die Wahl des Oberbürgermeisters gezeigt hat.

Als sicher können die Wahlkreise 15 (Stralsund – Nordvorpommern – Rügen) und 16 (Greifswald – Demmin – Ostvorpommern) für die CDU und der Wahlkreis 13 (Schwerin – Ludwigslust) für die SPD gelten. Zu einem Überhangmandat kann es wohl nur kommen, wenn CDU oder SPD jeweils alle anderen Wahlkreise gewinnen.

Tipps:

Erststimme an SPD oder CDU, je nach Präferenz.

Die Zweitstimme kann an die jeweils bevorzugte Partei gegeben werden. CDU- und SPD-Anhänger, die auf Überhangmandate hoffen, können erwägen, ihre Zweitstimme dem gewünschten Koalitionspartner zu geben, da ein Überhangmandat nicht auszuschließen ist.


Niedersachsen

Ausgangslage:

Niedersachsen zählt zu den Bundesländern, in denen es noch nie Überhangmandate gab und wo es auch bei der Bundestagswahl 2005 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Überhangmandate geben wird. Dies liegt daran, dass sowohl CDU als auch SPD in diesem Land ausgeprägte Hochburgen haben. Der Gewinn von Wahlkreisen in den Hochburgen des Gegners würde einen klaren Wahlsieg in diesem Bundesland voraussetzen, bei dem die jeweilige Partei aller Voraussicht nach auf deutlich über 50% der Zweitstimmen käme. Dadurch wiederum würden ausreichend Zweitstimmenmandate zur Verfügung stehen, um die gewonnenen Wahlkreismandate zu verrechnen, selbst wenn die Partei alle Wahlkreise des Landes gewinnen sollte.

Tipps:

Sie können in diesem Bundesland mit Ihrer Erststimme keinen Einfluss auf die parteipolitische Zusammensetzung des Bundestags nehmen. Wie Sie herausfinden können, ob und ggf. welche Auswirkung Ihre Erststimme auf die personelle Zusammensetzung des Parlaments haben könnte, wird hier beschrieben.

Sie können Ihre Zweitstimme abgeben, ohne dabei die Problematik von Überhangmandaten und negativem Stimmengewicht berücksichtigen zu müssen. Welche weiteren taktischen Erwägungen hinsichtlich der Zweitstimme sich aus dem Bundestagswahlrecht ergeben, können Sie hier nachlesen.


Nordrhein-Westfalen

Ausgangslage:

Nordrhein-Westfalen zählt zu den Bundesländern, in denen es noch nie Überhangmandate gab und wo es auch bei der Bundestagswahl 2005 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Überhangmandate geben wird. Dies liegt daran, dass sowohl CDU als auch SPD in diesem Land ausgeprägte Hochburgen haben. Der Gewinn von Wahlkreisen in den Hochburgen des Gegners würde einen klaren Wahlsieg in diesem Bundesland voraussetzen, bei dem die jeweilige Partei aller Voraussicht nach auf deutlich über 50 % der Zweitstimmen käme. Dadurch wiederum würden ausreichend Zweitstimmenmandate zur Verfügung stehen, um die gewonnenen Wahlkreismandate zu verrechnen, selbst wenn die Partei alle Wahlkreise des Landes gewinnen sollte.

Tipps:

Sie können in diesem Bundesland mit Ihrer Erststimme keinen Einfluss auf die parteipolitische Zusammensetzung des Bundestags nehmen. Wie Sie herausfinden können, ob und ggf. welche Auswirkung Ihre Erststimme auf die personelle Zusammensetzung des Parlaments haben könnte, wird hier beschrieben.

Sie können Ihre Zweitstimme abgeben, ohne dabei die Problematik von Überhangmandaten und negativem Stimmengewicht berücksichtigen zu müssen. Welche weiteren taktischen Erwägungen hinsichtlich der Zweitstimme sich aus dem Bundestagswahlrecht ergeben, können Sie hier nachlesen.


Rheinland-Pfalz

Ausgangslage:

In Rheinland-Pfalz sind bisher noch nie Überhangmandate angefallen. Bei der Bundestagswahl 2005 es könnte hier aber zu einer Premiere kommen, denn für die CDU liegt ein Überhangmandat durchaus im Bereich des möglichen. Entscheidend wird es dabei wohl auf den Ausgang in den Wahlkreisen Kaiserslautern und Worms ankommen. Sollte die CDU beide Wahlkreis für sich entscheiden, ist ein Überhangmandat gut möglich.

Tipps:

CDU-Sympathisanten, die eine schwarz-gelbe Koalition bevorzugen, sollten überlegen, aufgrund möglicher Überhangmandate lediglich ihre Erststimme der CDU zu geben, die Zweitstimme dagegen der FDP. Wer auch die Zweitstimme der CDU gibt, läuft Gefahr, der CDU dadurch zu schaden (negatives Stimmgewicht).

Unionsgegner aus den anderen Parteien sollten ihre Erststimme – zumindest in jenen Wahlkreisen, die die SPD beim letzten Mal gewinnen konnte – auf jeden Fall der SPD geben, um CDU-Überhangmandate zu verhindern.


Saarland

Ausgangslage:

Im Saarland gab es 1961 ein Überhangmandate für die CDU. Bei den vergangenen Wahlen seit 1990 konnte jedoch die SPD stets alle Wahlkreise im Saarland für sich entscheiden. Um ein Haar hätte sie 1994 und auch 2002 ein Überhangmandat gewonnen. Umfragen sagen für das Saarland leichte Vorteile für die CDU voraus. Sollte sie alle vier saarländischen Wahlkreise für sich entscheiden können, ist ein Überhangmandat möglich. Auf Basis der aktuellen Meinungsumfragen erwarten wir im Saarland einen Sitzanspruch der CDU nach Zweitstimmen von höchstens 3,5 sowie Siegeschancen der CDU in allen vier Wahlkreisen. D. h. ein paar Zweitstimmen weniger für die CDU begünstigen ein CDU-Überhangmandat, ein paar Zweitstimmen mehr könnten es wieder zunichte machen.

Am schwierigsten dürfte der CDU fallen, der SPD den Wahlkreis Homburg abzujagen. Im eigentlich sicheren SPD-Wahlkreis Saarbrücken könnte sie hingegen davon profitieren, dass Lafontaine hier für die Linkspartei antritt und der SPD-Kandidatin die nötigen Stimmen zum Sieg wegnimmt.

Tipps:

Erststimme an SPD oder CDU, je nach Präferenz.

Die Zweitstimme kann an die jeweils bevorzugte Partei gegeben werden. CDU-Anhänger sollten erwägen, ihre Zweitstimme dem gewünschten Koalitionspartner zu geben, da ein Überhangmandat für die CDU (bzw. negative Stimmengewichte für CDU-Zweitstimmen) möglich ist.


Sachsen

Ausgangslage:

In Sachsen gab es 1994 Überhangmandate für die CDU. Bei der Wahl 1998 konnte die SPD mehrere westsächsische Wahlkreise knapp gewinnen, so dass die CDU kein Überhangmandat erhielt. Bei der Wahl 2002 erhielt die CDU ein Überhangmandat. Auch für die Wahl 2005 sind Überhangmandate für die CDU in Sachsen sehr wahrscheinlich, da sie selbst mit einem Zweitstimmenergebnis unter 40 % in Sachsen voraussichtlich nur in den beiden Leipziger Wahlkreisen das Nachsehen haben wird. Wohl allenfalls in den Wahlkreisen 155 (Leipziger Land – Muldentalkreis) und 164 (Chemnitz) hat die CDU die Konkurrenz von SPD und (in Chemnitz) Linke.PDS zu fürchten.

Aus dem Rahmen fällt der Wahlkreis Dresden I, in dem erst am 2. Oktober gewählt wird.

Tipps:

Erststimme an SPD oder CDU, je nach Präferenz. Im Wahlkreis Chemnitz kommt statt der SPD auch die Linke.PDS in Frage.

CDU-Anhänger sollten ihre Zweitstimme dem gewünschten Koalitionspartner geben, da Überhangmandate für die CDU wahrscheinlich sind.

Wähler im Wahlkreis Dresden I können sich am 18. September zurücklehnen und abwarten, wie der Rest der Republik wählt und dann hier nachlesen: Wahltaktische Empfehlungen für die Wähler im Wahlkreis Dresden I.


Sachsen-Anhalt

Ausgangslage:

In Sachsen-Anhalt gibt es fast keinerlei Hochburgen von CDU oder SPD. Wer hier landesweit stärkste Partei wird, kann mit nur ein paar Prozent Vorsprung fast alle Wahlkreise des Landes gewinnen. Darum gab es 1990 drei und 1994 zwei Überhangmandate für die CDU, 1998 gab es vier Überhangmandate für die SPD und 2002 waren es zwei Überhangmandaten für die SPD. Auch für die Wahl 2005 sind Überhangmandate für die stärkste Partei möglich. Wer dies sein wird, lässt sich nicht vorhersagen, auch wenn die SPD wohl als Favorit gelten darf.

Der Wahlkreis Magdeburg wird wohl an die SPD gehen, das Burgenland an die CDU. Die anderen acht Wahlkreise sind völlig offen. Nur wenn beide Parteien davon welche gewinnen, werden Überhangmandate zu vermeiden sein.

Die Linke.PDS hat in Halle beträchtliche Chancen, den Wahlkreis zu gewinnen.

Tipps:

Erststimme an SPD oder CDU, je nach Partei-Präferenz.

Im Halle sehen wir ein knappes Rennen zwischen den Kandidaten von SPD und Linke.PDS. Wer einen CDU-Sieg in Sachsen-Anhalt für unwahrscheinlich hält, aber mögliche Überhangmandate der SPD verhindern will, wählt hier den Kandidaten der Linkspartei.PDS.

Die Zweitstimme kann an die jeweils bevorzugte Partei gegeben werden. SPD- und CDU-Anhänger können erwägen, ihre Zweitstimme dem gewünschten Koalitionspartner zu geben.


Schleswig-Holstein

Ausgangslage:

1953, 1957 und 1961 gab es hier Überhangmandate für die CDU, 1980 bekam die SPD ein Überhangmandat. Bei der Wahl 2002 wurde ein SPD-Überhangmandat nur durch einen 331-Stimmen-Vorsprungs des heutigen CDU-Ministerpräsidenten Carstensen im Wahlkreis 2 (Nordfriesland – Dithmarschen-Nord) verhindert.

In diesem Jahr geht in den meisten Wahlkreisen die CDU als Favorit ins Rennen. Schwer fallen dürfte es ihr jedoch, der SPD die Wahlkreise Lübeck und Kiel abzujagen. Mindestens einen, wahrscheinlich sogar beide Wahlkreise wird die CDU jedoch gewinnen müssen, um in den Genuss eines Überhangmandats zu kommen.

Tipps:

Erststimme an SPD oder CDU, je nach Präferenz.

Die Zweitstimme kann an die jeweils bevorzugte Partei gegeben werden. CDU-Anhänger können erwägen, ihre Zweitstimme dem gewünschten Koalitionspartner zu geben, da Überhangmandate für die CDU möglich sind.


Thüringen

Ausgangslage:

Hier gab es 1990 und 1994 Überhangmandate für die CDU, 1998 und 2002 für die SPD. Auch in diesem Jahr hat jene Partei, die im Landesschnitt deutlich vorne liegt, gute Aussichten auf Überhangmandate.

Nur der Wahlkreis 190 (Eichsfeld – Nordhausen – Unstrut-Hainich-Kreis I) kann als recht sicherer CDU-Wahlkreis gelten. In allen anderen Wahlkreisen ist der Ausgang völlig offen. Sogar ein Dreikampf zwischen CDU, SPD und Linke.PDS ist in einigen Wahlkreisen zu erwarten, insbesondere in Gera/Jena.

Tipps:

Erststimme an SPD oder CDU, je nach Präferenz.

Die Zweitstimme kann an die jeweils bevorzugte Partei gegeben werden. CDU-Anhänger können erwägen, ihre Zweitstimme dem gewünschten Koalitionspartner zu geben, da Überhangmandate für die CDU möglich sind. SPD-Anhänger, die Überhangmandate der SPD erwarten sollten statt der SPD dem gewünschten Koalitionspartner die Zweitstimme geben.


von Martin Fehndrich und Wilko Zicht (letzte Aktualisierung: 15.09.2005)