Faktische Sperrklausel: Wahrscheinlichkeiten

[Faktische Sperrklausel]

Bei einem einzelnen Wahlergebnis kann man nicht von einem konkreten Wert der natürlichen Sperrwirkung sprechen; man weiß nur, ob eine Partei in dieser Konstellation mit ihrem Stimmenanteil einen Sitz bekommen hat oder nicht. Deshalb kann man auch nicht direkt von Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten bestimmter Werte der faktischen Sperrklausel sprechen. Es sind aber verschiedene Modelle denkbar, mit denen sich die Wahrscheinlichkeiten zumindest im umgangssprachlichen Sinn abschätzen lassen.

Bestimmbar ist noch die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Partei einen Sitz erhält, wenn sie einen bestimmten Idealanspruch erreicht hat, wenn man Annahmen über die Wahrscheinlichkeitsverteilung der restlichen Idealansprüche macht. Im Folgenden wird eine Gleichverteilung auf dem Teil des Wahlsimplex angenommen, auf dem die eine Partei den zu untersuchenden Idealanspruch hat. Die Ergebnisse beruhen auf einer Monte-Carlo-Simulation mit 100'000 zufälligen Wahlergebnissen pro untersuchtem Idealanspruch. Die Schrittweite beträgt 0,005 Sitze zwischen Idealansprüchen von 0 und 1.

In den Grafiken ist horizontal der Idealanspruch zwischen 0 und 1 aufgetragen, vertikal die Wahrscheinlichkeiten dazu von 0 bis 1. Grün ist das Verfahren nach Sainte-Laguë, rot das nach D’Hondt und blau das nach Hare/Niemeyer. Die Striche unter den Grafiken geben die unteren und oberen Grenzen für die natürliche Sperrwirkung an; die Punkte kennzeichnen den Idealanspruch, bei dem in der Hälfte der Fälle ein Sitz erzielt wird. Bei den Parteienzahlen ist die Partei, für die die Sperrwirkung untersucht wird, eingeschlossen. Die Grafiken sind zu skalierbaren SVG-Versionen verlinkt.




Die Grafiken stellen zwar keine kumulativen Verteilungsfunktionen dar, aber sie schauen so aus und lassen sich auch so interpretieren. Entsprechend lassen sich aus ihnen Grafiken ableiten, die einer Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion ähnlich sehen und mit denen sich auch ähnliche Aussagen machen lassen.

In den Grafiken ist wieder horizontal der Idealanspruch zwischen 0 und 1 aufgetragen, vertikal die Differenzen zwischen zwei Wahrscheinlichkeiten aus aufeinanderfolgenden Schritten, also die Steigung der obigen Grafen. Grün ist wieder das Verfahren nach Sainte-Laguë, rot das nach D’Hondt und blau das nach Hare/Niemeyer. Die Werte kann man als Wahrscheinlichkeiten dafür auffassen, dass die natürliche Sperrklausel den jeweiligen Wert annimmt. Dass die Kurven teils ziemlich zackig sind, liegt überwiegend an den Zufällen der Simulation, trotz der relativ hohen Fallzahlen.






von Andreas Schneider (26.05.2011)