Negatives Stimmgewicht – Kein Rundungseffekt

[Systemfehler]

Rechnen ohne Runden: Negative Stimmgewicht bei der Bundestagswahl 2005.

Ist das negative Stimmgewicht Folge des Berechnungsverfahrens? Ist die Listenverbindung schuld, oder die Unterteilung in Oberverteilung und Unterverteilung? Oder liegt es an den Verfahren d'Hondt, Hare oder Niemeyer oder an der Tatsache, daß man auf ganze Sitzzahlen runden muß?

All diese Rundungsregel bewirken nur eins. Die Sitzzahlen müssen am Ende alle ganzzahlig sein. Bei einer ganz bestimmten Sitzzahl kippt ein Sitz, bei jedem Verfahren bei einer etwas anderen Sitzzahl, und beim negativen Stimmgewicht kippt er in die falsche Richtung.

Aber auch wenn man auf die Rundungen verzichtet. Das negative Stimmgewicht bleibt erhalten. Es wird sogar etwas übersichtlicher. Keine unübersichliches Hin- und Herkippen von Sitzen mehr, sondern nur der klar erkennbare Trend. Ein proportionaler Anstieg für hohe Stimmenzahlen. Und ein absteigender Ast für kleine Stimmenzahlen. Und am Schnittpunkt ist der Überhang gleich Null.

Man sieht auch, daß auf dem fallenden Ast jeder Wähler seiner Partei durch eine Stimme ein kleines Stück schadet, bzw. durch Nichtwahl unterstützt. Ohne jede Wählerkoordinierung. Die einzige Frage ist, ob man sich rechts oder links vom Minimum befindet, der Stelle an der Überhangmandate entstehen bzw. gerade nicht entstehen.

Abbildung: Berechnung der Sitzverteilung der CDU nach der Bundestagswahl 2005 unter der Annahme, daß die Ansprüche der Listen nicht auf ganze Zahlen gerundet werden. Aufgetragen ist die Gesamtsitzzahl der CDU als Funktion der Zweitstimmen der CDU in Baden-Württemberg. Alle anderen Stimmenzahlen bleiben unverändert zum Ergebnis der Bundestagswahl 2005.

Zum Vergleich mit Rundungen nach Hare/Niemeyer

Die betragsmäßige Steigung des absteigenden Asts beträgt ca. ein Drittel der Steigung des proportionalen Asts. D.h. die positiven Effekte gleichen einen Teil des negativen Effekts aus, aber die negativen Effekte überwiegen die positiven.

Eigenschaften des Wahlsystems ohne Rundung

Ohne Rundung gibt keine Unterverteilung/Oberverteilung (bzw. die Einteilung ändert nichts, da man zwischendurch nicht rundet) Direktmandate sind nach wie vor ganzzahlig, hier ändert sich nichts.

Das Minimum an Sitz wird bei 2.520.107 Stimmenerreicht, das sind +237.022 Stimmen mehr als bei der Bundestagswahl 2008. Das Delta vom Minimum zu den Sitzen bei Null Stimmen beträgt 7,6928 Sitze. Die Größe des Effektes durch die neg. Stimmen in Baden-Württemberg beträgt 8,38 Sitze.

Lösung Minimierung

Die Grafik legt auch eine Lösungsmöglichkeit nahe. Man minimiert die Sitzzahl dadurch, daß man bei der Berechnung der Sitze für eine Partei annimmt, diese Partei hätte mindestens so viele Stimmen erhalten, daß der Überhang ausgeglichen sei (Minimierung/Teilkompensation).


von Martin Fehndrich (15.11.2008, letzte Aktualisierung: 30.11.2008)