Studie Umfragedifferenzwertanalyse [Umfragen]

Zusammenfassung

Ziel ist es, die Schwankungen nacheinander durchgeführter Umfragen der Meinungsforschungsinstitute zu ermitteln. Als Maßstab zur Messung der Schwankungen wurden die Differenz des ermittelten Wähleranteils einer Partei zwischen zwei aufeinanderfolgender Umfragen ermittelt. Aus allen Differenzen eines Zeitraumes wird das quadratische Mittel als Schwankungsmaßstab gebildet. Die Ergebnisse werden mit denen zufällig simulierter (gewürfelter) Umfragen verglichen. Entgegen der Erwartung höhere Schwankungen in den Umfragen der Meinungsforschungsinstitute, sind die Schwankungen der Meinungsforschungsinstitutsumfragen signifikant niedriger als die statistisch zu erwarteten Mindestwerte.

Einleitung

Warum schwanken die Umfragen? Wieviel sollten sie schwanken? Gibt es eine Mindestschwankung? Wie kann man das Messen?

Auf dem ersten Blick würde man erwarten, daß die Abweichungen mindestens statistische sind, wobei systematische Fehlereinflüsse verfälschend dazukommen können. Dazu kämen die Schwankungen im Meinungsbild selbst.

Theorie (Statistische)

In einer Umfrage werden n zufällig ausgesuchte Personen (repräsentativ) befragt. Der Anteil p wird in der Gesamtheit anders aussehen als in der Stichprobe ps. Der Anteil in der Stichprobe weicht von p ab. Diese Abweichung beträgt im quadratischen Mittel Fehlerformel wobei q = 1 - p.

Erfolgen zwei Umfragen unabhängig von einander so erwartet man als mittlere quadratische Differenz:
Formel Umfragewertdifferenzanalyse
(Formel Umfragewertdifferenzanalyse).

Analysemethode: Umfragewertdifferenzanalyse

Die Messung der Schwankungen der Umfragen erfolgt über eine Umfragewertdifferenzanalyse. Dazu wird die Differenz des ermittelten Wähleranteils einer Partei aus zwei aufeinanderfolgender Umfragen ermittelt. Aus allen Differenzen eines Zeitraumes wird das quadratische Mittel als Schwankungsmaßstab gebildet.
Vorteile

Einfluß der Rundung

Die Fehlerformel gilt strenggenommen nur für kontinuierlich verteilte Werte. Einige Institute veröffentlichen aber auf ganze Prozente gerundete Ergebnisse. Solange die Schwankungen nicht deutlich kleiner als 1% sind, ist die Fehlerformel weiterhin eine gute Näherung. Dies ergibt sich auch aus einer Simulationsrechnung.

Ergebnisse:

Dargestellt sind die mittleren quadratischen Differenz zweier Umfragen
von bis Umfragen CDU/CSU SPD B90/Grüne FDP
Emnid 29.12.00 20.04.02 66 0,98% 0,95% 0,63% 0,99%
Forsa 13.12.00 02.04.02 65 1,21% 1,03% 0,56% 0,98%
dimap 22.12.00 27.03.02 65 0,90% 0,94% 0,57% 0,80%
Allensbach 20.12.00 20.02.02 15 0,92% 0,77% 0,37% 0,69%
Forschungsgruppe Wahlen (Stimmung) 15.12.00 22.03.02 18 2,16% 2,70% 1,45% 1,94%
Forschungsgruppe Wahlen (Projektion) 15.12.00 22.03.02 18 1,15% 1,08% 0,67% 0,75%

Annahmen:
Zahl Befragte Anteile: CDU/CSU SPD B90/Grüne FDP
Prozente (grobe Mittelwerte):  
36%
39%
6%
9%
Erwartete Mindestschwankungen 
(Formelwerte):
1000
2,15% 2,18% 1,06% 1,28%
1300
1,88% 1,91% 0,93% 1,12%
2500
1,36% 1,38% 0,67% 0,81%

Fazit

Die veröffentlichten Umfragewerte schwanken signifikant weniger, als es statistisch zu erwarten wäre. Die Umfrageergebnisse beruhen damit nicht nur auf der Antwort auf die "Sonntagsfrage", sondern auch auf weiteren Informationen oder Annahmen. Denkbar wäre, daß alle Antworten entsprechend der Antwort auf die Rückerinnerungsfrage (Recall - Frage zum Wahlverhalten bei der letzen Wahl) gewichtet werden. In diesem Fall wären die die Schwankungen nur noch auf die Wähler, die ihre Meinung zur letzten Wahl geändert haben, zurückzuführen.

Anhang
Detailierte Beispielrechnung zur Ermittlung der mittleren quadratischen Abweichung
Beipiel: Veröffentlichte Umfrageergebnisse des IfD-Allensbach vom 20.12.2000 bis 20.02.2002 für die CDU/CSU.
Gesamt CDU/CSU Delta Delta2
20.12.00 35,2%    
24.01.01 33,1% -2,1% 4,41
14.02.01 32,8% -0,3% 0,09
14.03.01 32,4% -0,4% 0,16
18.04.01 32,9% 0,5% 0,25
16.05.01 33,6% 0,7% 0,49
20.06.01 33,4% -0,2% 0,04
25.07.01 33,0% -0,4% 0,16
14.08.01 34,0% 1,0% 1,00
19.09.01 35,7% 1,7% 2,89
17.10.01 35,7% 0,0% 0,00
14.11.01 34,5% -1,2% 1,44
19.12.01 35,1% 0,6% 0,36
30.01.02 35,8% 0,7% 0,49
20.02.02 36,1% 0,3% 0,09
Mittlere Abweichung: 0,92% 0,85
Min 32,4%    
Max 36,1%    
Mittel 34,2%    
Median 33,8%    

von Martin Fehndrich