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051-075

Wahlrecht.de Forum » Sonstiges (FAQs, Wahltipps, usw. ...) » Verfallende Zweitstimmen in der Statistik » 051-075 « Zurück Weiter »

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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Mittwoch, 29. Dezember 2004 - 22:19 Uhr:   

Ich bin auch sehr gespannt nach der Diskussion hier im Thread, wie das BVerfG entscheiden wird, da es hier ja offensichtlich eine Regelungslücke bezüglich §6 Abs. 2 BWG gibt, da das BWG - siehe Diskussion - nicht verrechenbare Direktmandate und klassische Überhangmandate nicht auseinanderhält.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Mittwoch, 29. Dezember 2004 - 23:17 Uhr:   

Ich würde gerne - in Bezug auf Wilkos Beitrag bezüglich der Argumentation der Bundesverfassungsrichter im Überhangmandatsurteil von 1997, wo argumentiert wurde, bei Einzelbewerbern sei dem Wähler von vornherein klar, dass seine Zweitstimme für eine Partei zum doppelten Erfolgswert führe, während dies bei Überhangmandaten bzw. bei nicht-verrechenbaren Direktmandaten erst nach der Stimmverteilung feststehe, doch nochmals folgendes Problem hier erörtern mit der Frage an Euch, ob ich richtig liege.

a)Wenn ein Wähler Stimmensplitting betreibt und mit der Erststimme CDU bzw. CSU und mit der Zweitstimme FDP bzw. mit der Erststimme SPD und mit der Zweitstimme Grün wählt, so werden doch - meines Wissens beide Stimmen anerkannt, wenn der Erststimmenkandidat direkt seinen Wahlkreis gewinnt und die kleine Partei, die der Wähler mit der Zweitstimme ankreuzte, die Sperrklausel von 5% überwindet. Grund: es liegt kein Überhangmandat vor, ein doppelter Erfolgswert ist nicht gegeben.

Ist dies richtig?

b) Der Wähler beitreibt wie in Fall a) Stimmensplitting. Es stellt sich nach der Stimmabgabe (!!!!) heraus, dass der gewählte Direktkandidat auf einem Überhangmandat sitzt. Die kleine vom Wähler gewählte Partei überspringt die Sperrklausel.
Folge: Ein doppelter Erfolgswert liegt vor. Aber: dies ist erst nach der Mandatsverteilung ersichtlich gewesen (vgl. Argumentation der Richter des BVerfG von 1997, siehe Wilkos Beitrag weiter oben), der "doppelte Erfolgswert" wird daher toleriert. § 6 Abs. 2 BWG sieht nur dann den Abzug vor, wenn der doppelte Erfolgswert für den Wähler vor der Stimmabgabe vorhersehbar war - bei überparteilichen Kandidaten mit der Erststimme ohne "dazugehörige" Partei bzw. bei Ankreuzen einer Parei mit der Erststimme, die keine Landesliste eingereicht hat bzw. deren Landesliste nicht zugelassen wurde.

Der doppelte Erfolgswert würde hier toleriert.

Im Sinne der Argumentation der Verfassungsrichter von 1997 (nicht aber der Vorgänger von 1988!!!!) müssten daher wohl die Zweitstimmen der Wähler in den entsprechenden PDS-Wahlkreisen in Berlin, deren Erststimme an die PDS gingen, anerkannt werden und der doppelte Erfolgswert toleriert werden, da dies erst nach der Mandatsverteilung ersichtlich war.

Dies wäre doch die Logik unserer Gedanken hier im Thread und würde in der Tradition zu dem Überhangmandatsurteil von 1997 - nicht aber dem von 1988 - stehen.

Sehe ich dies richtig oder liege ich falsch?
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Matthias Cantow
Veröffentlicht am Mittwoch, 29. Dezember 2004 - 23:48 Uhr:   

Vollkommen richtig. Man kann auch wieder gespannt sein, welche Verrenkungen die Richter diesmal anstellen werden, um den Wechsel in der Rechtsprechung zu verschleiern (sie beriefen sich 1997 ja auch auf die Ergebnisse der vorhergehenden Entscheidungen, obwohl sie in der Begründung deutlich abwichen).

Für den höheren Erfolgswert ist ja vollkommen unerheblich, zu welchem Zeitpunkt er offenbar wird - die Abweichung muss irgendwie begründet sein. Dabei sind sich die Richter auch nicht zu schade, zu behaupten, die Abweichung wäre der Personalisierung geschuldet ...
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 10:54 Uhr:   

@Matthias: Danke! Ich habe ja auch mit unterschrieben, um durch das BVerfG eine Klärung dieser Frage zu erreichen. Jetzt ist mir natürlich auch klar, warum das Urteil so "offen" ist.

Die Richter von 1988 argumentieren: es ist egal, ob der Wähler einen Effekt vorhersehen kann, der Effekt (hier: doppelter Erfolgswert) widersprich den Wahlgrundsätzen des § 38 GG (jeder hat nur eine Stimme). Insofern sagen sie: es existiert eine Regelungslücke im § 6 Bundeswahlgesetz.

Die das Überhangmandatsurteil tragenden 4 Richter von 1997 (dieses Urteil liegt mir vor) argumentieren: nein, der Effekt (doppelter Erfolgswert) muss für den Wähler vor der Mandatsverteilung ersichtlich, d.h. vorhersehbar sein. Insofern regelt der § 6 Abs. 2 Bundeswahlgesetz nur diese für den Wähler vorhersehbaren Fälle. Nach dieser Argumentation ist der doppelte Erfolgswert, der nach der Stimmauszählung, d.h. nach der Mandatsverteilung, entsteht, für den Wähler nicht vorhersehbar und daher zu tolerieren. Deshalb - so meine Interpretation - besteht für diese Richter gemäß ihrer Argumentation keine zwingende Regelungslücke im § 6, Abs. 2 Bundeswahlgesetz (sondern eine Lücke lediglich darin, dass der Gesetzgeber diese Fälle des für den Wähler "unvorhersehbaren" doppelten Erfolgswertes, der bei Überhangmandaten auftritt (und auch die PDS-Mandate als nicht-verrechenbare Direktmandate sind streng genommen Überhangmandate) regeln sollte).

Da bin ich mal sehr gespannt, welchen Richtern - denen von 1988 oder denen von 1997 - das Bundesverfassungsgericht dieses Mal in seiner Argumentation folgen wird.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 11:18 Uhr:   

Ich hatte übrigens noch vergessen, folgende Überlegung mit hinzuzufügen. Die Argumentation der das Überhangmandatsurteil von 1997 tragenden Richter ist aus ihrer Sicht (die ich nicht teile, ich teile die Rechtsauffassung der Richter, die eine Ausgleichspflicht für die entstehenden Überhangmandate gefordert hatten) schon verständlich. Denn wenn Überhangmandate (bis zu 5%)toleriert werden, solange die Mehrheitsbildung im Bundestag selbst nicht "umgekehrt" wird (was für mich der demokratiepolitische "Supergau" wäre), so entstehen natürlich für den Wähler diese "unvorhergesehenen" Situationen des doppelten Erfolgswertes. Würden Überhangmandate - und auch Überhangmandate, die nicht-verrechenbar mit ihrem Zweitstimmenanteil sind, wie es die PDS-Mandate in Berlin ja sind - zwingend ausgeglichen (im letzteren Fall durch Erweiterung des Bundestages um entsprechende 2 Mandate für andere Parteien, sonst wäre auch eine Verrechnung mit der Landesliste derselben Partei möglich), wie es die das Urteil von 1997 nicht tragende Richter"minderheit" (es herrschte ja damals ein Patt) verlangte, so würden diese nicht-vorhersehbaren Fälle gar nicht auftreten, da die entstehenden Überhangmandate - durch Stimmensplitting - ausgeglichen würden.

Für mich bedeutet dies, dass die Richtermehrheit von 1988 dieses Überhangmandatsurteil von 1997 mehrheitlich wohl nicht akzeptiert hätten, sondern die Sicht der Richter"minderheit" getilt hätten - aber dies ist selbstverständlich meine Interpretation. Wie gesagt: es bleibt spannend.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 12:23 Uhr:   

Mir ist beim Durchdenken des Sachverhaltes noch ein Aspekt wichtig, bei dem ich gerne Eure Meinung erfragen wollte.

Wenn das Bundesverfassungsgericht jetzt den Richtern von 1988 folgt und in Berlin die Zweitstimmen der Wähler, die mit ihrer Erststimme PDS, mit ihrer Zweitstimme aber eine andere Partei wählten, wegen des doppelten Erfolgswertes nicht anerkennt und diese Stimmen gestrichen werden sollten (wie gesagt, ich rechne nach dem 1997-ger Urteil nicht damit, aber möchte diesen Fall zur Diskussion stellen), dann müssten doch konsequenterweise auch in dem von mir oben beschriebenen Fall b), nämlich dem Fall, dass - etwa in Westdeutschland - durch Stimmensplitting doppelter Erfolgswert durch ein Überhangmandat entsteht (man denke an die Überhangmandate der grossen Parteien im Bundestag)diesen Wählern ihre Zweitstimme gestrichen werden, was - meines Wissens - und dies hat ja Matthias hier bestätigt - bislang nicht geschieht.

Ist dies auch richtig?

Das wars dann von mir für dieses Jahr im Forum und ich wünsche allen Teilnehmern einen guten Rutsch und ein frohes 2005.
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Robert Z.
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 13:36 Uhr:   

Das passiert bisher tatsächlich nicht, und das geht wohl auch gar nicht.

Im allgemeinen ist ja völlig unklar, welches Direktmandat nun das Überhangmandat ist. Beispiel: Einer Partei steht in einem Land nach Zweitstimmen 40 Mandate zu, die Partei hat aber 41 Direktmandate in dem Land erzielt, welches der Direktmandate ist das Überhangmandat?
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 13:45 Uhr:   

Überhangmandate entstehen nicht unbedingt durch Stimmensplitting. Und wie soll das Streichen denn konkret aussehen? Es können ja viel mehr Splitting-Stimmen vorliegen als den Überhangmandaten entspräche. Das Problem gibt es bei den Berliner Zweitstimmen nicht.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 13:53 Uhr:   

Ich meine natürlich den - seltenen - Fall, dass sich nach dem Wahlgang bei der Auszählung herausstellt, dass in einzelnen Wahlkreis durch Stimmensplitting zum doppelten ERfolgswert beitragen wurde, weil - etwa in Hamburg der frühere SPD-Bürgermeister Klose etc. - die gewählten Abgeordneten auf einem Überhangmandat sitzen. Dies kann man ja feststellen. Im übrigen bezieht sich dieser Aspekt ja nur auf den Bundestag und keinen einzigen Landtag, da bei jeder Landtagswahl die Überhangmandate ausgeglichen werden. Das Problem stellt sich ja nur im Bundestag.
Daher nochmals: der PDS-Anhänger in den "betroffenen" Wahlkreisen kann - hier meines Erachtens, wie von mir mehrfach im Forum dargelegt, doch zurecht folgendermaßen argumentieren: wenn mein Stimmensplitting nicht "anerkannt" wird, weil es zum doppelten Erfolgswert geführt hat und mir meine Zweitstimme gestrichen wird, so muss dies auch für die Fälle gelten, dass aufgrund eines Überhangmandates im Bundestag der Wähler, der diesen Kandidaten wählte, durch Stimmensplitting zu einem doppelten Erfolgswert beigetragen hat.

So meine Sicht der Dinge. Ist sie falsch?
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 14:13 Uhr:   

Nochmal: das normale "Stimmensplitting" führt in der Regel nicht zum Überhangmandat. In 99% der Fälle ist hier also kein doppelter Erfolgswert gegeben, da mit der Erststimme nur die personelle Besetzung, nicht die Anzahl der Abgeordneten einer Fraktion, beeinflusst wird.

Nur in den seltenen Fällen, in denen - und dies ist, da hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil von 1997 durchaus recht - erst bei der Mandatsverteilung, also nach der Stimmabgabe ersichtlich, der siegreiche Kandidat eines Wahlkreises auf einem "Überhangmandat" sitzt, tragen die Wähler, die in diesem Wahlkreis ihre Stimme gesplittet haben, zu einem doppelten Erfolgswert bei. Und hier liegt dann - zumindest meines Erachtens - die Analogie zu den beiden Berliner PDS-Wahlkreisen vor. Denn auch hier gibt es dann ja den doppelten Erfolgswert und der war - auch darin wäre einem solchen "stimmensplittenden" Wähler in den PDS-Wahlkreisen recht zu geben - ebenfalls nicht vorhersehbar, da im "Erfolgsfall", d.h. dem Erringen von drei PDS-Direktmandaten und dem darauf folgenden Einzug von PDS-Abgeordneten durch die Berliner Landesliste, keine PDS-"Überhang"-mandate entstanden wären.

Daher komme ich zu meiner Schlussfolgerung: Wenn das Verfassungsgericht den Richtern von 1988 folgt und sagt: im Ergebnis liegt ein doppelte Erfolgswert vor und dies widerspricht Art. 38 GG, so gilt dies auch für den oben geschilderten Fall. Daher müssten meines Erachtens dann auch die - wenigen (!) - "Überhang"-Wahlkreise der grossen Parteien auf dieses Stimmensplitting hin untersucht werden und den Wählern, die in einem Wahlkreis, in denen ein "Überhangmandat" entstanden ist, ihre Zweitstimmen gestrichen werden. So also meine Sicht der Dinge. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass das Bundesverfassungsgericht dann konsequent urteilen sollte und nicht - wie bei seinen Urteilen von 1988 und 1997 - sich in der Begründung so massiv widersprechen sollte, wie Matthias es dankenswerterweise dargelegt hat. Wir brauchen in dieser Sache doch endlich Rechtsklarheit.
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Matthias Cantow
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 14:22 Uhr:   

Um noch etwas Verwirrung zu stiften: Nach Ansicht von den vier die Entscheidung BVerfGE 95, 335 tragenden Verfassungsrichtern sind Überhangmandate Direktmandate.

BVerfGE 95, 335 <361>: Überhangmandate sind indes unmittelbar errungene Wahlkreismandate. Sie werden nicht aufgrund einer Proportionalrechnung zugeteilt, [...]

Sagen wir 2002 wäre z.B. in Brandenburg das Erststimmenergebnis in allen Wahlkreisen unverändert (damit auch die Zahl der Direktmandate), an Zweitstimmen (der "maßgebenden Stimme für die Verteilung der Sitze insgesamt auf die einzelnen Parteien", so wie es amtlich auf den Stimmzetteln steht) hätte die SPD nun aber 549 Stimmen weniger bekommen (dazu im Einzelnen WP 214/02). Nun erhält die SPD in Bremen ein Listenmandat (und bundesweit ein Überhangmandat) mehr.

Das BVerfG sagt zu dem Sachverhalt in BVerfGE 95, 335 <357> (jedenfalls die vier Richter, die meinen, das Bundestagswahlrecht zu verstehen): "Überhangmandate sind danach keine den Parteien außerhalb des Proporzes zugeteilten Landeslistenmandate sondern Direktmandate".

Preisfrage: Was ist das zusätzliche Bremer Listenmandat aber nun? Ein verirrtes Direktmandat ,-)?

Guten Rutsch!
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 14:23 Uhr:   

Wie willst Du das konkret machen?

Beispiel
Partei S. 600.000 Zeitstimmen, 7 Direktmandate und 100.000 Stimmen ergeben ein Mandat.

Es gibt 400.000 Splittingstimmen mit Erststimme S.
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 14:40 Uhr:   

Wenn man das gegenwärtige System nur wenig ändern will, wie wäre dies:
1)Gewinnt ein Direktkandidat ohne korrespondierende Landesliste, werden die Zweitstimmen seiner Wähler gestrichen.
2)Bei anderen Parteien werden erst die bundesweiten Sitze errechnet, dann deren Direktmandate abgezogen, und nur der Rest über Landeslisten verteilt.
3)Ergeben sich immer noch Überhangmandate für eine Partei, werden die Direktmandate mit den geringsten Vorsprüngen vor Kandidaten einer anderen Partei an diese vergeben, bevor die Verteilung über Landeslisten beginnt.
4)Für eine Partei, die ein oder zwei Direktmandate gewinnt, aber an der 5%-Hürde gescheitert ist, berechnet man, wie viele Sitze sie erhalten hätte, gäbe es die 5%-Hürde nicht. (Erschwerte Variante: wie viele sie im betreffenden Bundesland erhalten hätte). Hat sie dann mehr Direktmandate als potentielle Sitze, sind diese Überhangmandate und werden wie unter Punkt 3 weiterverteilt.
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BNowak8673@AOL.COM
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 14:46 Uhr:   

@Martin: genau, wie es in Berlin gemacht wird: Ich zitiere: "und nur die Stimmzettel mit der Erststimme für die PDS-Kandidatinen neugezählt werden müssen, auf denen die Zweiststimmme für eine andere Landesliste als die PDS abgegeben (gesplittet) wurde, wird die Nachzählung relativ schnell ablaufen können."

Jetzt hat Herr Klose ein Überhangmandat in Hamburg errungen. Auch hier müssen nur die Stimmzettel mit der Erststimme für Herrn Klose neu ausgezählt werden, auf denen die Zweitstimme für eine andere Partei als der SPD abgegeben (gesplittet) wurde. Zumindest meiner Meinung nach. Aber, wie Matthias ja eben zeigte, unser Wahlrecht ist doch sehr kompliziert.
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Matthias Cantow
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 14:54 Uhr:   

@Frank
Nr. 3 würd aber der Personalisierung des Bundestagswahlrechts zuwiderlaufen, welche von Politik und BVerfG immer besonders hoch gesetzt wird (leider glauben die Richter auch, das Dein unter Punkt 2. genannter Vorschlag dem nicht entspricht [er würde übrigens so auch nicht funktionieren, wie Du ihn formuliert hast, der Ansatz ist aber umsetzbar]) und in der Praxis bis jetzt nicht relevant ("externe Überhangmandate").
Nr. 4 ist nicht nötig, wenn deren Zweistimmen nicht gemaäß § 6 Abs 2 Satz 2 BWahlG berücksichtigt werden.

Ansonsten ist das Problem, dass es ein besseres personalisiertes Verhältniswahlrecht nur geben wird, wenn es von der Verfassung gefordert ist (wie es meiner Ansicht nach ist) und die Richter das auch erkennen. Leider muss man wohl noch die nächsten Wahlen zittern, dass sich nicht die Mehrheiten aufgrund zufälliger oder manipulierter Stimmverteilungen umdrehen. Dann ist es natürlich für eine Änderung durch das Bundesverfassungsgericht zu spät.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 14:55 Uhr:   

@Frank: Ich finde 1-3 sehr gut. Bei Punkt 4 wird sich allerdings der von Dir geschilderte Sachverhalt meines Erachtens nicht ergeben, denn da ja ab 3 gewonnenen Direktmandaten die Grundmandatsklausel greift, würde die Partei immer mehr Listenmandate, also potentielle Sitze, haben, als sie Direktmandate (nämlich 2) hat.
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Matthias Cantow
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 14:56 Uhr:   

Sollte § 6 Abs. 1 Satz 2 BWahlG nicht § 6 Abs. 2 Satz 2 BWahlG heißen.
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Robert Z.
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 15:07 Uhr:   

Kann mir bitte mal jemand erklären woher man weiß, welches Direktmandat genau ein Überhangmandat ist? Man weiß doch im allgemeinen nur, daß es eines gibt, aber nicht, welches es ist.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 15:20 Uhr:   

@Bernhard Nowak

Du mußt das Problem, lösen, daß die Splitting-Stimmen in Sitzzahlen umgerechnet einem Vielfachen der Überhangmandate oder
des Überhangmandates sind.

In Berlin ist das kein Problem, weil hier der Normalanspruch Null ist.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 15:27 Uhr:   

@Martin: Dies mag ja sein. Dennoch: wie soll ich denn einem PDS-"Splitting"-Wähler in den betroffenen Wahlkreisen in Berlin erklären, warum seine Zweitstimme "ungültig" ist, jedoch die Stimme des Splittingwählers, der - zufälligerweise - mit seiner Erststimme einen Kandidaten wählt, von dem sich nachträglich herausstellt, dass er auf einem Überhangmandat sitzt, nicht? Hier muss meines Erachtens - auch wenn dies zugegebermaßen sehr kompliziert und schwierig sein sollte - doch "Gleichbehandlung" möglich sein. Ich kann nicht in einem Fall handeln und im - offensichtlich ähnlichen, wenn auch nicht ganz analogen Fall - nicht. Das ganze Problem wäre nicht in dem Maße aufgetreten, wenn sich 1997 die - meines Erachtens auch viel logischer argumentierende - Richter"minderheit" - durchgesetzt hätte. Dann wären nämlich durch den vorgeschriebenen Ausgleich der Überhangmandate - meines Erachtens - nur die im Bundeswahlgesetz $ 6 Abs. 2 genannten "vorhersehbaren" Fälle übrig geblieben. Allerdings bestreite ich nicht, dass das Verfahren sehr kompliziert ist. Eine Lösung habe ich kurzerhand auch nicht - zugegebermaßen.
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Matthias Cantow
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 15:38 Uhr:   

@Bernhard
Eine einfache Lösung ist die Verrechnung, so ähnlich, wie sie Frank unter 2. vorgeschlagen hat (gibt es u.a. als BMI-Modell schon ein paar Jahre). Diese Lösung hat auch den Charme, dass sie die vom Gesetzgeber in § 1 BWahlG gewollte Personalisierung, also die zumindest hälftige Besetzung des Bundestags durch Direktkandidaten, überhaupt erst ermöglicht. Überhangmandate verstärken ja das Gewicht der Listenmandate (was die Richter deshalb natürlich verschweigen).
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Robert Z.
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 15:46 Uhr:   

@Bernhard Nowak: Wie stelle ich überhaupt fest, welcher Gewinner eines Direktmandats auf einem Überhangmandat sitzt? Überhangmandate hat doch -salopp gesprochen- eine Landesliste (mehr gewonnene Direktmandate als Mandatsanspruch) und nicht ein Wahlkreis.

Ich stelle mir eine Lösung des Überhangmandateproblems so vor:

1) Zunächst stelle ich fest, wie viele Mandate dem Listenverbund (z.B. der SPD) im Bundestag nach Zweitstimmen zustehen (N Mandate).
2) Nun verteile ich die Mandate auf die Landeslisten (nach Zweitstimmen) und ziehe bei jeder Landesliste die Zahl der errungenen Direktmandate ab (jedes Land bekommt eine bestimmte Anzahl von Listenmandaten = Mandate - Direktmandate).
3) Ergibt sich nun bei keiner Landesliste eine negative Zahl von Listenmandaten, dann bin ich fertig (keine internen Überhangmandate), sonst weiter bei Punkt 4.
4) Ich entferne die Landeslisten mit negativer Zahl von Listenmandaten aus der Verteilung und verringere die Zahl der auf die Landeslisten zu verteilenden Mandate um die Zahl der von den gerade entfernten Landeslisten errungenen Direktmandate (N verkleinert sich).
5) Ist die Zahl der noch zu verteilenden Mandate (neues N) größer als 0, dann weiter bei Punkt 2. Sonst bin ich fertig (dann hatte die Partei mindestens so viele Direktmandate wie ihr insgesamt Mandate zustanden).

Kritik?

Wie sieht das "BMI-Modell" aus?
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Matthias Cantow
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 15:52 Uhr:   

Genau so.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 15:59 Uhr:   

@Robert: Ich weiß jetzt natürlich auch nicht genau, wie man feststellen kann, welcher Wahlkreisgewinner auf einem "Überhangmandat" sitzt, dies scheint aber über die einzelnen Landeslisten möglich zu sein. Als sich Klose wegen seiner Kritik an der rot-grünen Politik gegenüber den USA im Bundestag massiver Anfeindungen ausgesetzt war, wurde ausdrücklich darauf verwiesen, dass bei einem eventuell erfolgenden Rückzug von Klose sein Mandat nicht ersetzt werden würde, da er auf einem Überhangmandat säße und das BVerfG ja 1997 erklärt hat (zumindest scheint mir dieser Teil des Urteils logisch zu sein), dass für den Fall, dass ein "Überhang-"mandatsträger vorzeitig aus dem Bundestag ausscheidet, dessen Sitz nicht neu besetzt wird (damit erkannte auch die Richter"mehrheit" von 1997 indirekt die Problematik der Überhangmandate an). Daher blieb Klose. Aus diesem Grunde weiß ich, dass offensichtlich genau bekannt ist, welcher Direktkandidat auf einem "Überhangmandat" sitzt. Dein Modell ist meines Erachtens überzeugend.
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Matthias Cantow
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Dezember 2004 - 16:09 Uhr:   

@Bernhard
In dem Beschluss ist nicht von einzelnen ÜM die Rede: etwa BVerfGE 97, 317 <Absatz 25> und BVerfGE 97, 317 <Absatz 37>. Ist auch für die von Dir genannte Folge der Entscheidung des Bundesverfassungserichts nicht notwendig.

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