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Besonderheiten des Wahlrechtes

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001-025ja25 21.10.05, 17:01h 
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Freitag, 21. Oktober 2005 - 19:19 Uhr:   

@Udo
Es geht nicht um die Frage, ob sich das Wahlergenis ändert, wenn man einen Wahlkreis rausrechnet (was ja nichts Sensationelles wäre), sondern daß eine Partei davon profitieren kann, wenn man ihre Stimmen rausrechnet (bzw. wenn sie die Stimmen erst gar nicht erhält).

Und das ist der Wahlrechtsfehler, daß die Wähler durch das Wahlsystem (und die Kenntnis über System, Restergebnis und Folgen) wissen, daß das, was sie bei einer blinden Wahl gemacht hätten, genau das Gegenteil bewirkt, was damit bezweckt worden wäre und bei der Nachwahl eben entsprechend anders abgestimmt wird.

Und daß man mit seiner Stimmabgabe das Gegenteil vom Beabsichtigten bewirken kann, ist eben kein Nachwahlphänomen, sondern eins, das durch die Nachwahl offensichtlicher wurde.
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Udo Ehrich
Veröffentlicht am Freitag, 21. Oktober 2005 - 22:38 Uhr:   

@ Martin

Das wahre Problem liegt doch darin, daß nicht nur die Wähler/innen, sondern auch die Parteien einen Informationsvorsprung mit Blick auf den Wahlkreis 160 Dresden I hatten, und ihren Wähler/innen entsprechende Ratschläge geben konnten.

Genau das wäre bei jedem X-beliebigen anderen Wahlsystem auch geschehen. Das Wahlergebnis wäre so oder so beeinflußt worden, nur ist hier eben das entsprechende taktische Moment anhand dieser sogenannten »negativen Stimmgewichtung« besonders deutlich hervorgetreten.

Mein Punkt hingegen ist, daß die Wähler/innen des Wahlkreises 160 Dresden I eben nicht mit der Taktik gewählt hätten, hätten sie mit allen anderen zusammen wählen können. Veränderungen an einem vorläufigen Ergebnis gibt es immer, wenn noch ein weiteres Teilergebnis hinzukommt.

Ich bestreite gar nicht, daß dieser negative Stimmeffekt eine Besonderheit unseres Wahlrechtes ist, aber jedes Wahlrecht hat seine Besonderheiten und Probleme. Ein perfektes Wahlrecht gibt es nicht. Wenn man hier Hand anlegt, wird man das nächste Problem schaffen.

Die Frage ist doch, ob durch die Probleme, die das Wahlrecht mit sich bringen, der Wählerwillen verfälscht wird, und das war bei 16 Bundestagswahlen bislang nicht der Fall. Bemerkenswert genug übrigens, daß im Jahr 2002 die CDU fünf Sitze mehr im Bundestag hatte als die SPD aufgrund von Überhangmandaten, obwohl beide prozentual das gleiche Ergebnis hatten, und trotzdem gab es eine klaren Wahlsieger Schröder, weil eben SPD und Grüne (38.5+8.6=47.1) zusammen eine Mehrheit hatten, CDU/CSU und FDP (38.5+7.4=45.9) eben nicht.

Auch diesmal ist das Ergebnis im Grundsatz nicht verändert worden, nach den prozentualen Anteilen hat weder rot-grün noch schwarz-gelb eine Mehrheit. Auch hier haben die Überhangmandate und die negative Sitmmgewichtung nicht das grundsätzliche Ergebnis verändert. Selbst wenn die CDU die eine Stimme bei der Wahl in Dresden (die sie nach meinem Dafürhalten formal noch gar nicht hatte) verloren hätte, wäre das Ergebnis in seiner Tendenz und seinem Grundsatz nicht verändert worden.

Eine Situation, in der die Überhangmandate - damit gehe ich jetzt auf Martin noch mal ein - die Mehrheiten umkehren könnten, ist statistisch und politisch dermaßen unwahrscheinlich, daß sie vernachlässigt werden kann. Wenn zum Beispiel die CDU so abschneiden würde, daß sie keine Überhangmandate, aber signifikant mehr Prozentpunkte hat als die SPD, die SPD hingegen in den entsprechenden Bundesländern so stark ist, daß sie dort alle Überhangmandate holt, wäre sie im Umkehrschluß prozentual dermaßen nahe an der CDU, daß eine Verfälschung des Wahlergebnisses nicht stattfinden könnte. Um eine Situation, wie sie von Martin befürchtet wird, herbeizuführen, müßten die Wähler/innen im großen Stil in meinem Beispiel mit der Erststimme SPD und mit der Zweitstimme CDU wählen. Wie gesagt, politisch doch eher unwahrscheinlich.
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Udo Ehrich
Veröffentlicht am Freitag, 21. Oktober 2005 - 22:39 Uhr:   

Ups, Ihr heißt ja beide Martin. :-) In meinem letzten Absatz meinte ich natürlich Martin_D
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Frank Schmidt
Veröffentlicht am Freitag, 21. Oktober 2005 - 22:52 Uhr:   

2002 hatte die SPD 4 Überhangmandate, die CDU 1.
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Wilko Zicht
Veröffentlicht am Freitag, 21. Oktober 2005 - 23:05 Uhr:   

@Udo:


Quote:

Ich bestreite gar nicht, daß dieser negative Stimmeffekt eine Besonderheit unseres Wahlrechtes ist, aber jedes Wahlrecht hat seine Besonderheiten und Probleme. Ein perfektes Wahlrecht gibt es nicht. Wenn man hier Hand anlegt, wird man das nächste Problem schaffen.




Das ist aber eine sehr seltsame Auffassung. Daß es kein perfektes Wahlrecht gibt und die meisten Änderungen auch unerwünschte Nebenwirkungen hat, ist ja richtig. Aber willst du ernsthaft behaupten, daraus folgt, daß man sich der "Perfektion" nicht so weit es geht annähern sollte und auch nicht abwägen sollte, ob die Vorteile der Änderung die Nachteile der Nebenwirkungen überwiegen? Wenn das nicht deine Behauptung sollte, dann frage ich mich, was du mit dieser Phrase überhaupt aussagen willst.


Quote:

Eine Situation, in der die Überhangmandate - damit gehe ich jetzt auf Martin noch mal ein - die Mehrheiten umkehren könnten, ist statistisch und politisch dermaßen unwahrscheinlich, daß sie vernachlässigt werden kann.




Wie bitte? Vor nicht einmal fünf Wochen hat die SPD mehr Überhangmandate als CDU/CSU errungen, obwohl die Union eindeutig mehr Zweitstimmen erhalten hat. Wenn in einer solchen Situation dann noch ein knappes Wahlergebnis dazukommt, ist die Mehrheitsumkehr da.

Im übrigen: Daß eine richtige Nachwahl wegen eines Kandidatentods notwendig wird (gab es 40 Jahre lang nicht) und diese dann auch noch bei einem knappen Ergebnis den Ausschlag gibt, ist doch wohl mindestens ebenso "unwahrscheinlich". Trotzdem wird eine Änderung der Nachwahlregelung von dir befürwortet.
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Martin_D
Veröffentlicht am Samstag, 22. Oktober 2005 - 12:20 Uhr:   

@Udo Ehrich:

1. Entscheidend ist doch nicht, ob diese Besonderheiten im Wahlrecht in der Vergangenheit gravierende Auswirkungen gehabt haben, sondern ob sie in Zukunft gravierende Auswirkungen haben könnten.

2. Die Begriffe "wahrscheinlich" oder "unwahrscheinlich" können in diesem Zusammenhang nicht im strengen mathematischen Sinne verwendet werden, da Wahlen kaum mit einem Zufallsexperiment zu modellieren sind. Deshalb ist es für mich kein stichhaltiges Argument, dass ein Wahlergebnis, das einen Wahlsieger mit fragwürdiger Legitimation hervorbringt, nach deiner intuitiven Vorstellung unwahrscheinlich ist.
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Good Entity
Veröffentlicht am Samstag, 22. Oktober 2005 - 13:15 Uhr:   

Nachwahlen sind ja andernorts ständige Praxis, zum Beispiel in Großbritannien, und zwar auch mehrere Jahre nach der "eigentlichen" Wahl. Bei dieser Wahl kennen die Wähler das Ergebnis aller anderen Wahlkreise und wissen sogar genau, ob sie mit ihrer Entscheidung womöglich eine Regierung stürzen (ganz unwahrscheinlich, wie auch in Dresden I, aber der Fall ist denkbar und ohne weiteres praktisch möglich). Bedenken dagegen gibts es in GB meines Wissens nicht.

Auch in Großbritannien könnte diese Problematik nach dem Tod oder sonstigem Ausscheiden von direkt gewählten Abgeordneten komplett umgangen werden, in dem die Briten Udo Ehrichs Modell eines von vornherein feststehenden Ersatzkandidaten nehmen, der ja auch bei der Wahl des "Hauptkandidaten" schon als Stellvertreter benannt werden kann und daher auch "zur Wahl steht" (ähnlich den US-Vizepräsidentenkandidaten).

So könnte man in GB die (zusätzliche) Nachwahl sogar ganz vermeiden. Die absolute Gleichzeitigkeit der Wahlen wäre "ganz einfach" gewahrt. Die will dort aber offenbar niemand.

Stattdessen hörte ich, dass sogar überlegt wird, die Wahl zu "entzerren", also die Wahlkreise zyklisch versetzt alle Jahre abstimmen zu lassen. Damit soll vermieden werden, dass der Prime Minister die Wahlen auf ihm genehme Zeitpunkte legt oder dass spontane singuläre Ereignisse (Terroranschläge, Fußballendspiel, etc) die Wahl komplett beeinflussen und so Zufälle an einem Tag eines 4-Jahres-Zeitraums die gesamte Regierungspolitik des Landes für 4 Jahre entscheiden.

Wäre ein solches nicht gleichzeitiges, wohl aber "gleiches" rollierendes Wählen nach deutschem Recht bei Bundestags- oder Landtagswahlen etc. eigentlich überhaupt möglich? Ob es praktikabel oder wünschenswert wäre, ist eine andere Frage. Bei Verbänden oder Vereinen gibt es etwas ähnliches allerdings schon, wenn etwa turnusmäßig auf jeder jährlichen Hauptversammlung ein Drittel der Vorstandsmitglieder neu zu wählen ist, jeder also alle drei Jahre zur Wahl steht. Das soll die Kontinuität des Gremiums insgesamt erhöhen und trotzdem mehr Personenfluktuation in solchen Gremien schaffen.
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Florian
Veröffentlicht am Samstag, 22. Oktober 2005 - 14:42 Uhr:   

@ Good Entity:

Faktisch gibt es auch in Deutschland ein solches entzerrtes System zumindest für die zweite Kammer (Bundesrat).
Ob das nun gut oder schlecht ist, darüber kann man geteilter Meinung sein. Oft wird ja beklagt, dass in Deutschland praktisch permanent Wahlkampf ist weil ja immer irgendwo gerade neu gewählt wird.

Konkret stelle man sich vor, auch der Bundestag hätte ein rollierendes System.
Ganz abgesehen von der Problematik der konkreten Ausformulierung: Angesichts der in Deutschland typischen knappen Mehrheitsverhältnisse müsste die Bundesregierung dann jedes Jahr um ihre Mehrheit zittern. Wollen wir das?

Das amerikanische System (im Senat rollierend, im Repräsentantenhaus kurze 2-Jahres-Wahlperioden) ist ja eigentlich auch nur deshalb handhabbar, weil der Präsident anders als in Deutschland nicht vom stetigen Vertrauen des Kongresses abhängig ist.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Samstag, 22. Oktober 2005 - 19:48 Uhr:   

@Udo,

Wie sollten denn bei einem X-beliebigen anderen Wahlsystem die Empfehlungen der Parteien an ihre Wähler (oder Anhänger) lauten?
Eine Partei wird darum werben, ihr die Stimme zu geben, so wie vor der Hauptwahl auch. Wo läge das Problem?

Natürlich hätten bei einer Wahl am Hauptwahl weniger Wähler auf die Feinheiten des derzeitigen Wahlsystems geachtet und entsprechend mehr Wähler in Dresden I CDU gewählt, so daß die CDU im Vergleich zu jetzt wahrscheinlich einen Sitz verloren hätte. Es kann bezweifelt werdem, daß dies der Wille dieser Wähler gewesen wäre.


Quote:

Ein perfektes Wahlrecht gibt es nicht. Wenn man hier Hand anlegt, wird man das nächste Problem schaffen.



Wo liegt das nächste Problem? Immerhin stellen wir dem System eine Alternative entgegen, nicht als perfektes Wahlrecht, sondern zum Mackenausbessern.
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Good Entity
Veröffentlicht am Samstag, 22. Oktober 2005 - 21:19 Uhr:   

@Florian: "Wollen wir unsere Regierung jedes Jahr um ihre Mehrheit zittern lassen?" Nun ja - ich würde es nicht schlecht finden, wenn unsere Regierung (welche auch immer) sich permanent Gedanken um ihre Leistung macht und nicht bloß alle 4 Jahre im Wahlkampf. Ich kann in meinem Job auch nicht dreieinhalb Jahre lang nichts tun oder nur Fehlleistungen bringen, und mir dann so in der zweiten Hälfte des vierten Jahres so ein paar Bemühungen abringen.

Aus meiner Sicht sind 4 Jahre ohne eine Möglichkeit des Eingreifens durch den Arbeitgeber (das sind übrigens wir) eigentlich viel zu lang.

Gerechtfertigt wird dies durch die hohen Kosten von Wahlen und die Belastung der Politiker (und der genervten Bevölkerung) durch den Wahlkampf. Letztlich leidet die Regierungsarbeit dadurch, dass relevante Personenkreise sich nicht um diese, sondern um den Wahlkampf kümmern müssen.

Das trifft zu. Wir haben aber auch so wöchentliche Meinungsumfragen, Politbarometer, Vortragsveranstaltungen, Talkshows und diverse weitere Happenings, die im Grunde nichts anderes ein permanenter Wahlkampf sind. Das ständige Gerede nebst geschätzter Umfragen durch ein paar einfache praktische Messungen der Bevölkerungsmeinung zu ersetzen, würde ich vom Grundsatz her daher als Verbesserung ansehen.

Wenn wir die Wahl auf die 16 Bundesländer aufteilen, würde also alle drei Monate gewählt, aber jeweils nur die Abgeordneten in einem Bundesland ausgetauscht, im Schnitt also rund 40 Abgeordnete. Die anderen 560 bleiben. Bei Schwankungen der Parteien um runde 5 % auf und ab wechseln also zwei der 40 Sitze von einer Partei zu einer anderen. Bei Erdrutschsiegen von 10 % Zuwachs oder Verlust in diesem Bundesland gegenüber der vorherigen Wahl in dem gleichen Bundesland sind es dann also vier. Wenn das eine Bundesregierung ins Zittern bringt, so dürfte der Erdrutsch auch berechtigt sein.

Durch originelle Wahlergebniss könnten wir unsere Regierung natürlich in eine Art Flipflop-Zustand versetzen. Das kann aber nur dann passieren, wenn die Wähler in den aufeinander folgenden Wahlen jeweils Erdrutsche in unterschiedliche Richtungen produzieren, also etwa zunächst Baden-Württemberg von der CDU zur SPD kippt und dann 3 Monate später Brandenburg von der SPD zur CDU.

Meine Hauptfrage war aber: Ist eine solche nicht gleichzeitige Wahl zum Bundestag oder zu einem Landtag überhaupt zulässig? Daraus ließen sich ja auch einige Rückschlüsse etwa zur Problematik der Nachwahl überhaupt ziehen.
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J.A.L.
Veröffentlicht am Sonntag, 23. Oktober 2005 - 21:00 Uhr:   

Mit geltender Verfassungslage wohl nicht. "Der deutsche Bundestag ... wird auf vier Jahre gewählt. [...] Die Neuwahl (Singular!) findet frühestens..." läßt doch einen monolithischen Ansatz zu EINEM festen Wahltermin für alle Abgeordneten erkennen. Mit Verfassungsänderung halte ich da auch Abweichungen für moglich, wie aus anderen Ländern bekannt verletzt das whol nicht den Demokratiegrundsatz.
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Montag, 24. Oktober 2005 - 19:54 Uhr:   

Nun sind aber die Systeme in Deutschland und GB (sowie einigen andern angelsächsischen Ländern) doch deutlich verschieden. Bei einem Listensystem, wie es in Deutschland vorherrscht (ausser bei Überhangmandaten haben ja die Wahlkreise letztlich keinen entscheidenden Einfluss auf den Wahlausgang) ist es doch sehr viel dringender wünschbar, dass die Wahl gleichzeitig stattfindet, zumal wenn eine landesweite Verrechnung der Stimmen stattfindet. In einem System wie z. B. der Schweiz, in dem die einzelnen Wahlkreise jeweils für sich ausgezählt werden, ohne dass das Ergebnis des einen das eines andern bei der Verhältnisberechnung beeinflussen kann, erscheint es sehr viel leichter, die Wahl in einem einzelnen Wahlkreis notfalls zu verschieben. In Deutschland gibt es aber ja noch nicht einmal feste Mandats-Kontingente für die einzelnen Bundesländer, sondern die Verteilung erfolgt erst gestützt aufs Endergebnis bundesweit.
Bei einem "rollierenden" (warum nicht schlicht: rollenden?) System wäre allerdings Voraussetzung, dass die Bundesländer feste Mandatskontingente zugeteilt bekämen; bei Verschiebungen von Sitzen zwischen den Bundesländern müsste dann ebenfalls eine Lösung gefunden werden. Schliesslich könnte auch kaum eine bundesweite Verhältnisrechnung erstellt werden, denn dann müssten schon zugeteilte Sitze ggf. umverteilt werden. Es ergäbe sich somit ein doch sehr verschiedenes System als das heutige.
In GB hingegen werden doch eher die Wahlkreise als kleine Welten für sich betrachtet, und man geht offenbar nach wie vor davon aus, dass die Wahkreise primär einmal IHREN Vertreter wählen. Dann ist auch gar nichts dagegen zu sagen, wie es heute steht.
Der Fall Dresden weist eigentlich nur darauf hin, dass der Gesetzgeber (Bundestag) keine schlaue Lösung für den Ausfall von Direktkandidaten gefunden hat. Ein mögliches Modell könnte sein, dass die Parteien bis zu einem bestimmten Stichtag etwa ausfallende Bewerber durch einen neuen Vorschlag ersetzen könnten; Bedingung wäre dafür etwa die, dass von dem Personenkreis (Parteigremium, Unterzeichner eines Wahlvorschlags u. dgl.) die Mehrheit einen solchen Vorschlag unterstützt; NACH dem Stichtag findet keine Ersatznomination mehr statt, aber Stimmen für den ausgefallenen Kandidaten zählen als gültig; sollte der ausgefallene Bewerber erfolgreich sein, dann müsste die vorschlagende Gruppierung wiederum einen Ersatzkandidaten vorschlagen, diesmal vielleicht mit 2/3-Mehrheit; auch wäre denkbar, das Mandat einem Listenkandidaten zuzuteilen, vor allem dann, wenn ohnehin eine Anrechnung auf die Liste stattfände.

Zu rollenden Wahlen ist noch anzumerken, dass diese eher nicht als demokratisch gelten. Rollende oder gespaltene Wahlsysteme sind eigentlich für frühneuzeitliche Aristokratien typisch. In der Verfassungsgeschichte Frankreichs lässt sich das modellhaft verfolgen: In den ersten Verfassungen gab es stets Gesamterneuerungswahlen; als sich der republikanische Gedanke abschwächte, kam die Direktorialverfassung mit sich ablösenden Direktoren und Wahlen der Nationalversammlung alle 2 Jahre, aber stets nur zu 1/3. Dies war als Gegengewicht zur "ungezügelten" Volksherrschaft gedacht. Unter Napoleon dann wurden die Wahlen durchwegs zeitlich gestaffelt, indirekt, mehrstufig usw. Nachdem der Spuk des Empire und der Reaktion vorüber war, erfolgte sogleich die Rückkehr zu Gesamterneuerungswahlen.
Der demokratische Gedanke der Gesamterneuerungswahl ist der, dass es ein (momentanes) Abbild der Volksmeinung insgesamt gibt.
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MMA
Veröffentlicht am Dienstag, 25. Oktober 2005 - 12:28 Uhr:   

Nach dem GG gibt es eine Legislaturperiode, zu deren Beginn die Amtszeit der alten Regierung endet, so dass eine neue aufgrund des Wahlergebnisses gewählt werden muss. Dadurch wird ein wenn auch indirektes Mandat der Regierung durch das Volk sichergestellt.

Bei einem rollierenden System gäbe es letztlich gar keine Legisltaurperiode. Man könnte sich zwar auf den ersten Blick vorstellen, einen Turnus, in dem jedes Land einmal gewählt hat, als Legislaturperiode zu bezeichnen, aber dann wäre an deren Beginn ein Land mit ganz frisch gewählten Abgeordneten vetreten und ein anderes mit recht "alten", die evtl. schon Wahlkampf machen oder gar ihre Restzeit vor dem Karriereende unmotiviert abbrummen. Wenn dann am Anfang eines solchen Turnus eine neue Regierung zu wählen wäre: wäre das Prinzip der gleichen Wahl bei einer so unterschiedlichen Gewichtung der einzelnen Länder und ihrer Wähler überhaupt noch gewahrt?

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