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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. März 2005 - 18:00 Uhr:   

Nun, um den unfruchtbaren Disput zu beenden, nur schnell folgende Hinweise:

ad 1: Wir drehen uns im Kreis. WENN man davon ausgeht, dass nur streng katholisch definierte Auffassungen von Sakrament wirklich Sakrament sind, DANN ja. Die katholische Auffassung ist aber eine unter mehreren christlichen, auch hat sie sich im Lauf der GEschichte gewandelt.

ad 2: Das beruht einfach auf einem Missverständnis. Ich habe "Weihe" und "Weihe" in zwei koordinierten Bedeutungen verwendet und das auch gesagt. Nur eins davon ist die sakramentale Weihe, das andere hängt aber damit aufs Engste zusammen. Wer das nicht nach zwei Erklärungen verstanden hat, wird es nie begreifen.

ad 3: Das ist richtig, aber im Zusammenhang bedeutungslos.

ad 4: Auch das ist prinzipiell richtig, allerdings ergeben sich aus dem göttlichen Recht (nach katholischer Auffassung) auch einige Konsequenzen, die den Spielraum einschränken. Bestellungsverfahren sind nicht BELIEBIG änderbar.

ad 5: Das habe ich auch nicht behauptet, dies ist entweder Missverständnis oder bösartige Unterstellung.

ad 6. "Ohne Weihe kann niemand Priester oder Bischof werden. So gesehen hat Philipp Wälchli Recht, dass unabhängig vom Bestellungsverfahren niemand Priester oder Bischof werden könnte, der in der ganzen Kirche keinen weihewilligen Bischof findet."
-> Das war der springende Punkt.
"Es ist allerdings nicht erforderlich, dass der weihende Bischof ranghöher oder auch nur ranggleich wäre. Der Fall kommt mir daher sehr konstruiert vor."
Allerdings gilt spätestens seit den Dekretalen Gregors IX. die Zustimmung des Papstes zu Ernennungen, Versetzungen etc. als erforderlich ("plenitudo potestatis" lässt grüssen ...).

ad 7. "Es ist wahr, dass die katholische Kirche verschiedene Stände hat."
Das ist eine triviale Feststellung. Darum ging es nicht.
"Das ist übrigens auch bei den Orthodoxen nicht anders."
Ja, aber bei den Orthodoxen spielen Stände eine andere Rolle.
Unterschlagen wird damit, dass die Ständ in der katholischen Kirche eine besondere Rolle spielen, die eben für diese Kirche bezichnend ist.
"Nicht wahr ist, dass manche Stände besser wären als andere."
Das habe ich - trotz wiederholter Unterstellung - nicht behauptet, sondern nur, dass sich eben eine verschiedene Art und auch Qualität der Stände ergibt und dass sie sich in eine Hierarchie einfügen.

ad 8: Auch die klösterliche Demokratie ist nicht mit der modernen weltlichen Demokratie vergleichbar. Erstens gibt es unter den Mönchen/Nonnen eine Rangordnung nach dem Eintritt ins Kloster und haben die Ältern mehr zu sagen als die jüngeren, zweitens bedürfen die Wahlen in den meisten Klöstern der Bestätigung durch einen Oberen - sei es der Ortsordinarius oder eine obere Ordensinstanz. Abbatiae nullius sind hingegen selten.

ad 9: Das trägt nichts bei und nimmt nichts von der grundsätzlichen Diskussion. Ich meinerseits argumentiere allerdings nicht juristisch, sondern auch liturgisch, historisch, traditionsorientiert etc. (wenn man so will, "katholischer").

ad 10. "Philipp Wälchli hat daher Recht, dass eine innerkirchliche Demokratie nicht wirklich denkbar ist."
Ah, schön, das am Ende nach soviel Widerspruch, Beckmesserei und (arroganter?) Unterstellung doch noch hören zu dürfen.

"Falsch ist dagegen, dass das irgendetwas mit Delegation von oben zu tun hätte."
Das ist entweder bösartige Unterstellung oder einfach nicht verstanden, was ich über Delegation, Sakralität und göttlichen Ursprung ausgeführt habe.
Nur historisch annotiert: Im Spätmittelalter gab es eine Richtung kurialistischer Juristen, die ein Modell entwickelten, in dem dem Papst allein die volle göttliche Gewalt (plenitudo potestatis) zugeschrieben wurde, die dann vom Papst teilweise an alle andern Würdenträger weitergegeben wurde, und zwar in Form der Delegation.
Das Modell hatte schon damals Mühe, sich durchzusetzen. Es hat aber grossen Einfluss ausgeübt und es ist gewiss nicht zufällig entstanden, sondern hat durchaus vorhandene Ansätze ins Extreme projiziert.
"Ebenfalls falsch ist, dass eine Ernennung von oben der einzig denkbare Bestellungsmodus sei."
Das habe ich nicht behauptet. Es handelt sich wiederum um eine Unterstellung oder ein Missverständnis.

ad 11: Das ist gut und schön, aber die Tradition ist eben stärker.
"Obwohl sie also praktisch irrelevant sind, sieht man an diesen Gedanken, dass die Kardinäle bei der Papstwahl nicht bloß Agenten des verstorbenen Papstes sind."
Das geht wiederum am wesentlichen meiner Ausführungen vorbei: Die Kardinäle haben die Gewalt, den Papst zu wählen, kraft gesetzlicher Delegation. Und sie erhalten dadurch eine besondere Aufgabe zugewiesen und gewissermassen Anteil an der petrinischen Vollmacht - weil eben das Wesentliche wirklich göttlichen Ursprungs ist und IMMER dableibt. Dass die Kardinäle als Agenten des verstorbenen Papstes handeln, ist einfach dümmlich.

ad 12: "Das Weihesakrament war immer dreistufig. Andere Weihen hat die Kirche tatsächlich nach den jeweiligen Zeiterfordenissen eingeführt und abgeschaft; sie wahren jedoch nicht sakramental. An den eigentlichen Sakramenten kann die Kirche nichts ändern."
Das zeugt höchstens von Unwissenheit in Kirchengeschichte.

"Zusammenfassung und Sinn meiner Ausführungen: Philipp Wälchli hat in seinen Folgerungen durchaus Recht. Aber die Darstellung aus der er sie zieht ist eben nicht das katholische Denken sondern eine protestantische Interpretation des katholischen Denkens. Das führt trotz seiner unbestrittenen Bildung und sorgfältigen Überlegung zu Verzerrungen. Meine Sichtweise ist auch nicht neutraler als seine. Aber darum sollte man eben beide Sichtweisen hören."

Zum Schlussabschnitt möchte ich nur folgendes anmerken:
Es trieft daraus die uns Nicht-Katholischen so wohlbekannte und immer wieder erlebte katholische Arroganz.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. März 2005 - 18:18 Uhr:   

@Philipp:
Inhaltlich stimme ich Dir völlig zu.
Aber bitte verwende doch nicht immer so schnell Begriffe wie "bösartige Unterstellung", "Beckmesserei", "dümmlich", "Arroganz", wo doch fast immer normale Mißverständnisse oder legitime andere Ansichten dahinter stehen.

Diskussionen dieser Art machen doch keinen Sinn, wenn von vorne herein alle Teilnehmer dieselbe Sicht mit denselben Worten ausdrücken ...

Ich empfand diese Diskussion fast durchweg von allen Beteiligten als konstruktiv und um Sachlichkeit bemüht. Da sollte man nicht so schnell eingeschnappt sein.
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Florian
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. März 2005 - 19:55 Uhr:   

Voll Zustimmung zum Kommentar von Ralf.

Ich verfolge diesen Thread seit Wochen sehr aufmerksam und bin immer wieder aufs neue beeindruckt von dem profunden Wissen der Diskutanten - ganz unabhängig davon, ob ich deren Ansichten nun im Einzelfall geteilt habe.

Ich hatte beim Lesen des Beitrags des gelegentlichen Besuchers nicht den Eindruck, dass dieser arrogant seine Position verteidigt, sondern dass er ganz im Gegenteil die Argumente der anderen durchaus ernst nimmt.
Ich selbst hatte bei dieser sehr anspruchsvollen Diskussion immer wieder mal Mühe, die Feinheiten zu unterscheiden. Wenn also jemand die Position eines anderen nicht voll verstanden hat, ist das deswegen nicht unbedingt eine bösartige Unterstellung und auch nicht dümmlich (bzw. zumindest nicht dümmer als ich selbst bei dieser Thematik bin).

"Triefende katholische Arroganz" konnte ich in der Schlussbetrachtung des g.B. nicht erkennen.
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gelegentlicher Besucher
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. März 2005 - 20:22 Uhr:   

Auch wenn's schwehr fällt sage ich zur eigentlichen Sache nichts mehr.

Aber vielleicht noch eine metadiskursive Anmerkung:

Meine Formulierung "trotz seiner unbestrittenen Bildung und sorgfältigen Überlegung" war nicht sarkastisch gemeint. Die Sache ist so: In einem früheren Posting hatte Herr Wälchli geschrieben "Ich behaupte hingegen, und dies nach reiflicher Überlegung und langem Studium[...]". Ich befürchtete darum (obwohl ich mir nicht sicher war), er hätte den Eindruck, ich würde das anzweifeln. Darum habe ich es ausdrücklich anerkannt. Erst jetzt fällt mir auf, dass man das vielleicht misverstehen könnte. Falls das das Problem war möchte ich mich hiermit entschuldigen.

Falls das aber nicht das Problem war würde ich gerne wissen, was das Problem war, d.h. welche andere meiner Formulierungen in welcher Weise arrogant, beckmesserisch oder sonst unrecht gewesen sind oder gewirkt haben. Dazu nehme ich nicht nur von Herrn Wälchli sondern auch von sonstigen Diskussionsteilnehmern gerne Hinweise entgegen wie ich in Zukunft Anstoß vermeiden kann.
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gelegentlicher Besucher
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. März 2005 - 20:38 Uhr:   

Die erwähnten Hinweise dürfen gerne auch öffentlich sein. Wer möchte, kann sie mir aber auch per eMail geben, die er an gelBes@gmx.net richten möge. Falls nicht ausdrücklich anders gewünscht sichere ich zu den Inhalt für mich zu behalten. Wer mir nicht traut (Dadurch bin ich nicht beleidigt, ich traue auch keinen fremden Leuten.) kann eine Wegwerfadresse und/oder einen anonymen Remailer benutzen.
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Torsten Schoeneberg
Veröffentlicht am Dienstag, 29. März 2005 - 15:18 Uhr:   

Mal losgelöst von der offenbar abgeschlossenen Diskussion - übrigens Dank an die Betreiber, sie nicht wegen Offtopic zu schließen - eine neue, keineswegs boshaft gemeinte Frage: der Papst ist jetzt evtl. in einer Situation, wo klar ist, daß er etwas mitteilen möchte, er aber nicht mehr eindeutig ausdrücken kann, was. Ich weiß nicht, ob er zur Zeit schriftliche Anweisungen geben kann: nehmen wir einmal an, er kann es nicht. Jedenfalls ist er offenbar nicht im Koma oder sonstwie geistesgestört, er kann sich nur nicht klar ausdrücken.

Was geschieht nun? Ich meine, wenn er jetzt zu erkennen gibt, daß er etwas wichtiges tun will (den Namen des geheimen Kardinals nennen, ein Dogma verkünden etc. - auch zurücktreten, was, wie oben gepostet wurde, er ausdrücklich aussprechen müßte), er aber aufgrund physischer Probleme das nicht kann? Gibt es einen oder mehrere Interpreten, die zu erschließen versuchen, was er will? Aber das klappt ja auch nicht immer.

Sieht das Kirchenrecht oder ungeschriebenes Recht etwas vor oder hat jemand Insiderinformationen, wie zur Zeit im Vatikan gehandelt wird?
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Florian
Veröffentlicht am Dienstag, 29. März 2005 - 18:57 Uhr:   

In Ergänzung noch einmal eine Frage, die weiter oben schon einmal gestellt wurde aber m.E. nicht befriedigend beantwortet wurde:

Was passiert, wenn der Papst in ein Wachkoma fällt und in diesem Zustand über Jahrzehnte verbleibt? (Zugegeben: Beim jetztigen Papst ist das kaum vorstellbar, aber bei einem "jungen" 60-jährigen Papst könnte das doch tatsächlich passieren).

Mir scheint, dass es in diesem Fall kein Prozedere gibt, mit dem die Führung des Vatikans bzw. der katholischen Kirche gewährleistet wäre.
Für eine Amtsenthebung fehlt ja wohl die Rechtsgrundlage.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Freitag, 01. April 2005 - 08:38 Uhr:   

Jetzt scheinen ja die Überlegungen aktuell zu werden. Der Papst scheint nun im Sterben zu liegen. Er will wohl nicht mehr in die Klinik, sondern nach seinem Herz-Kreislauf-Zusammenbruch im Vatikan sterben. Wir werden ja dann sehen, wie sich das Procedere entwickeln wird.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Freitag, 01. April 2005 - 17:54 Uhr:   

Auf der Website der FAZ von heute auf http://www.faz.de/

Vatikan
Was passiert nach dem Tod des Papstes?
Von Heinz-Joachim Fischer, Rom


01. April 2005 Gemäß der Traditionen der Kirche und belehrt von den unterschiedlichen Erfahrungen der Papstgeschichte, erließ Papst Johannes Paul II. schon vor neun Jahren, unter dem Datum des 22. Februar 1996, die Apostolische Konstitution „Universi Dominici Gregis”.


Darin bekräftigte er alte und setzte neue Vorschriften fest „über die Vakanz des Apostolischen Stuhles” (nach dem Tod des Papstes) und die Wahl des neuen, also über Sedisvakanz und Konklave. In dieser Zeit kommt den „institutionellen” Kardinälen die kirchenrechtlich entscheidende Rolle zu.

Kardinäle treten in Aktion

So werden in der Konstitution der Kardinalstaatssekretär (als „Premierminister” des Papstes - gegenwärtig Angelo Sodano) und der Generalvikar (Stellvertreter) für das Bistum Rom - Camillo Ruini - erwähnt.

Beim Tod des Papstes müssen dann folgende Kardinäle in Aktion treten: der „Camerlengo der Heiligen Römischen Kirche” als Leiter der „Apostolischen Kammer”, der während der Sedisvakanz die Rechte des Apostolischen Stuhls wahrnimmt und vertritt - gegenwärtig Eduardo Martinez Somalo; weiter der Dekan des Kardinalskollegiums, der Deutsche Joseph Ratzinger; und schließlich der Präfekt des „Päpstlichen Hauses”, der amerikanische Erzbischof James Michael Harvey, und sein Stellvertreter, der polnische Erzbischof und päpstliche Privatsekretär Stanislaw Dziwisz. Diese Kardinäle und Erzbischöfe waren an diesem Freitag bei Johannes Paul II.

„Die Privatgemächer versiegeln”

Im einzelnen legt die Konstitution in zwei Paragraphen für den Tod des Papstes fest:

„17. Der Camerlengo der Heiligen Römischen Kirche soll, sobald er die Nachricht vom Tode des Papstes erhalten hat, im Beisein des Päpstlichen Zeremonienmeisters, der Prälaten sowie des Sekretärs und Kanzlers der Apostolischen Kammer, der die amtliche Todesurkunde auszustellen hat, den Tod des Papstes offiziell feststellen.

Der Kardinal-Camerlengo soll außerdem das Arbeitszimmer und die Privatgemächer des verstorbenen Papstes versiegeln sowie verfügen, daß das Personal, das sich gewöhnlich in der Privatwohnung aufhält, bis nach der Bestattung des Papstes dort bleiben kann, wenn die gesamte Wohnung des Papstes versiegelt wird.

Ferner soll der Camerlengo den Tod des Papstes dem Kardinalvikar von Rom mitteilen, der seinerseits die Bevölkerung von Rom durch einen eigenen Erlaß hiervon unterrichten wird. Er hat nach Anhörung der Kardinäle, die in den drei Rangordnungen (der Bischöfe, Priester und Diakone) den Vorsitz führen, alle Anordnungen hinsichtlich der Beisetzung des Papstes zu treffen, es sei denn, dieser hat zu Lebzeiten selbst diesbezüglich seinen Willen kundgetan.

Die Todesnachricht überbringen

19. Die Aufgabe des Dekans des Kardinalskollegiums ist es, den Tod des Papstes, sobald er hiervon durch den Camerlengo oder den Präfekten des Päpstlichen Hauses unterrichtet worden ist, allen Kardinälen mitzuteilen sowie diese zu den Kongregationen des Kollegiums zusammenzurufen.

Gleichzeitig teilt er den Tod des Papstes dem beim Heiligen Stuhl akkreditierten Diplomatischen Korps und den Staatsoberhäuptern der betreffenden Nationen mit.”
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Samstag, 02. April 2005 - 14:29 Uhr:   

Ich habe doch noch einmal eine Frage zur Papstwahl: nach den Unterlagen, die ich ja selber in das Forum hier hineinkopiert hatte, bedarf es zur Papstwahl letztlich der absoluten Mehrheit (nach 30 Wahlgängen). Die Alternative besteht nach 30 Wahlgängen darin, eine Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten durchzuführen, die im unmittelbar zuvor stattgefundenen Wahlgang die meisten Stimmen erhalten haben (siehe meine obige Kopie zu Beginn dieses Threads).

Nun melden Fernsehsender (N-TV, N24), Papst Johannes Paul II. habe das Wahlrecht so modifiziert, dass am Ende auch eine einfache Mehrheit für die Papstwahl ausreiche, um so im Konfliktfall in jedem Falle eine Entscheidung zu erreichen. Einfache Mehrheit heisst doch: relative Mehrheit, die meisten Stimmen. Dies würde aber den von mir hier in das Forum hereinkopierten Wahlvorschriften widersprechen. Denn entweder zählt die absolute Mehrheit oder - wenn die Kardinäle entscheiden, eine Stichwahl durchzuführen, hätte der siegreiche Kandidat auch eine absolute Mehrheit - es sei denn, zahlreiche Kardinäle würden sich enthalten. Ist dann auch die relative Mehrheit zur Papstwahl ausreichend? Ich kann dies aus den Formulierungen, die ich hier hereinkopiert habe, nicht eindeutig erkennen. Wer weiß dies? Im Voraus vielen Dank für die Antwort.
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sebu
Veröffentlicht am Samstag, 02. April 2005 - 14:41 Uhr:   

In der "APOSTOLISCHE KONSTITUTION UNIVERSI DOMINICI GREGIS SEINER HEILIGKEIT PAPST JOHANNES PAUL II ÜBER DIE VAKANZ DES APOSTOLISCHEN STUHLES UND DIE WAIL DES PAPSTES VON ROM"

(Link im Lexikon -> Papstwahl) heisst es:
"[...]
75. Wenn die Abstimmungen auch nach der in der vorangehenden Nummer festgelegten Vorgehensweise nicht zum Erfolg führen, wird der Camerlengo die wahlberechtigten Kardinäle einladen, über den einzuschlagenden Weg ihre Meinung zu bekunden. Darauf wird nach dem weiter verfahren, was die absolute Mehrheit von ihnen beschlossen hat.
Dennoch wird man nicht davon abweichen können, daß zu einer gültigen Wahl entweder die absolute Mehrheit der Stimmen vorhanden sein muß oder daß zwischen den beiden Namen, die in dem unmittelbar vorhergehenden Wahlgang den größten Stimmenanteil erhalten haben, gewählt wird, wobei dann auch in diesem zweiten Fall nur die absolute Mehrheit erforderlich ist.
[..]"
Meiner Interpretation nach irrren somit N-TV und N24.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Samstag, 02. April 2005 - 15:09 Uhr:   

@sebu: Danke! Ich sehe dies ja auch so.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Samstag, 02. April 2005 - 15:21 Uhr:   

Die Darstellung von http://www.wahlrecht.de/ wird auch von http://infos.aus-germanien.de/Konklave bestätigt. Hier heißt es:

Prinzipiell wird der neue Papst durch Zweidrittelmehrheit gewählt. Papst Johannes Paul II. schaffte die Regelung ab, dass ein Papst zwei Drittel der Stimmen plus eine zusätzliche haben müsse. Diese Regelung war eingeführt worden, um die Überprüfung, ob ein Kandidat verbotenerweise für sich selbst gestimmt hatte, überflüssig zu machen.

Wenn jedoch nach insgesamt 34 Wahlgängen, die sich über zehn bis zwölf Tage erstrecken, noch kein Papst gewählt ist, können sich die Kardinäle mit absoluter Mehrheit für einen anderen Modus entscheiden. Der Papst muss dann nur noch mit absoluter Mehrheit gewählt werden. Dieser Punkt ist neu von Johannes Paul II. in Universi Dominici Gregis eingeführt worden.

Also stimmt unsere Ansicht, Sebu.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Samstag, 02. April 2005 - 17:32 Uhr:   

Wobei ich mir nicht sicher bin, ob UNIVERSI DOMINICI GREGIS erstmal 30 oder 34 Wahlgänge vorschreibt, die Deutsche Übersetzung ist da wohl nicht sauber übersetzt (s.o.).
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Samstag, 02. April 2005 - 18:46 Uhr:   

Wo findet sich die lateinische Fassung? Dann liesse sich das nachprüfen.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Samstag, 02. April 2005 - 20:17 Uhr:   

Ich glaube, ich habe jetzt den Punkt, um den es geht, finden können. Sebu hat dankenswerterweise geschrieben:

"Dennoch wird man nicht davon abweichen können, daß zu einer gültigen Wahl entweder die absolute Mehrheit der Stimmen vorhanden sein muß oder daß zwischen den beiden Namen, die in dem unmittelbar vorhergehenden Wahlgang den größten Stimmenanteil erhalten haben, gewählt wird, wobei dann auch in diesem zweiten Fall nur die absolute Mehrheit erforderlich ist."

Meine Interpretation: absolute Mehrheit der Stimmen aller stimmberechtigten Kardinäle (also analog der "Kanzlermehrheit" im Bundestag, also aller Mitglieder).

einfache Mehrheit - wie im TV benannt würde bedeuten:
absolute Mehrheit der Stimmen aller abstimmenden Kardinäle

letztere Interpretation halte ich - und wohl auch Sebu - für falsch, könnte aber die Differenz zu N-24 (dort habe ich es zuletzt gehört, meine es aber auch bei N-TV vernommen zu haben) erklären. Denn absolute Mehrheit aller abstimmenden Kardinäle kann natürlich auch eine einfache, d.h. relative Mehrheit aller stimmberechtigten Kardinäle bedeuten. Hier käme es in der Tat auf die Originalfassung an.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Samstag, 02. April 2005 - 20:38 Uhr:   

Gibt es eine Lateinische? Auf vatican.va gibt es eine Italiensche
http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/apost_constitutions/documents/hf_jp-ii_apc_22021996_universi-dominici-gregis_it.html

Offen ist, wieviele Wahlgaenge in dem ersten Block, den "drei Tage hindurch" in Nr. 75, stattfinden, inbs. ob der Tag mit nur einem Wahlgang Nr. 63, dazugehoert oder danach noch 3 Tage gewaehlt wir
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Samstag, 02. April 2005 - 20:48 Uhr:   

Die Mehrheiten in UDG beziehen sich m.A. immer auf die anwesenden Wahlberechtigten. Relative Mehrheit ist wohl nur eine Unschaerfe der Presse, die sich von 2/3 abhebt.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Samstag, 02. April 2005 - 23:20 Uhr:   

Unmittelbar nach der Todesmeldung von Papst Johannes Paul II. um 21.37 Uhr gab Spiegel Online auf seiner Seite folgende Seite zur Nachfolgeregelung bekannt. Ich werde sie hier einfügen:
NACHFOLGEREGELUNG

Wie der nächste Papst gewählt wird

Mit dem Tod des Papstes steht die katholische Welt für eine kurze Zeitspanne still. Aber in spätestens einem Monat wird das Machtvakuum gefüllt sein und ein neuer Pontifex über den Vatikan und fast eine Milliarde Gläubige regieren - so wollen es die Gesetze der katholischen Kirche.



DPA
Der Papst segnet die Gläubigen auf dem Petersplatz: "Habemus papam!"
In dem Augenblick des Todes von Johannes Paul II. hat sich hinter den Mauern des Vatikans ein mächtiges Mühlwerk aus 92, zum Teil jahrhundertealten Traditionen und Regeln in Bewegung gesetzt.

Als erstes wird der Leichnam des Pontifex untersucht, um den Tod festzustellen. Der Papst wird dreimal mit seinem Namen angerufen, dann wird ihm ein silberner Spiegel vorgehalten, um den Atem zu kontrollieren. Früher wurde den Verstorbenen mit einem kleinen Hämmerchen dreimal gegen die Stirn geklopft. Nach diesem Ritual stellt der Camerlengo, der Kardinalskämmerer der Heiligen Römischen Kirche, die amtliche Todesurkunde aus. Eine Obduktion ist nicht vorgesehen. Noch kein Papst wurde nach seinem Tod ärztlich begutachtet. Der Camerlengo nimmt den Fischerring des Verstorbenen an sich, das Symbol der päpstlichen Macht, und zerstört ihn mit einem Hammer. Dann versiegelt er die Schlafgemächer des Papstes im Apostolischen Palast.



DPA
Kardinalsversammlung: Exklusives Wahlgremium
Für wenige Tage steigt der Kämmerer zum wichtigsten Mann des Vatikanstaats auf. Denn: Alle anderen Leiter der Vatikanbehörden treten geschlossen zurück. Bis der Nachfolger des Kirchenvaters feststeht, übernimmt der Camerlengo die Verwaltung der Kirche und der päpstlichen Paläste. Dann regelt er die Beisetzung von Johannes Paul II., die zwischen dem vierten und dem sechsten Tag nach dem Tod erfolgen muss.

Der Camerlengo beruft die 119 wahlberechtigten Kardinäle aus aller Welt nach Rom. Frühestens 15 Tage nach dem Dahinscheiden des Papstes legen die kirchlichen Würdenträger ihren Talar mit der roten Schärpe an und ziehen vom Gästehaus der Heiligen Martha zum Apostolischen Palast und zur Sixtinischen Kapelle. 1978, als Johannes Paul II. gewählt wurde, mussten sie dort während dem so genannten Konklave (com clave = mit Schlüssel) zwei Tage eingeschlossen verharren, bis der neue Kirchenfürst feststand. In der Sommerhitze war es in dem Palast heiß und stickig, Bäder und Toiletten waren nur wenige vorhanden. Statt im Gästehaus wurde auf hastig aufgestellten Feldbetten geschlafen. Diesmal werden es die Kardinäle bequemer haben: Johannes Paul II. ließ das Gästehaus im Vatikan modernisieren.

Vor dem Konklave durchsuchen Techniker die Sixtinische Kapelle nach Wanzen. Nichts soll von den Beratungen der Kardinäle nach außen dringen. Die Wählenden selbst werden nicht nur von der Öffentlichkeit völlig abgeschottet, sondern sie müssen auch absolute Geheimhaltung schwören. Handys, Kameras und Mikrofone sind strikt verboten.



DPA
Durch die prachtvolle Sixtinische Kapelle wird auch der neue Papst nach seiner Wahl schreiten
Nach den vorbereitenden Beratungen beginnen die eigentlichen Wahlgänge. Es wird nicht viel gesprochen auf dieser außergewöhnlichen Versammlung: Kandidatenreden und Gegenreden sind nicht mehr gestattet. Der Papst soll in geheimer Abstimmung und mit Zweidrittel-Mehrheit bestimmt werden. Dazu erhalten die Kardinäle einen Stimmzettel mit der Aufschrift "Eligo in Summum Pontificem - Zum Papst wähle ich". Sie tragen den Namen ihres Kandidaten ein, falten das Papier, legen den Stimmzettel auf einen Hostienteller und werfen ihn anschließend in einen Kelch. So soll verhindert werden, dass ein Kandidat mehrere Zettel abgibt.

Die Namen werden schließlich laut vorgelesen, ein Wahlhelfer durchsticht sie mit einer Nadel und reiht sie auf eine Schnur. Sobald das Ergebnis des Wahlgangs feststeht, werden die Zettel in einem Kanonenofen verbrannt, dessen Rohr die einzige Verbindung in die Außenwelt ist. Hat sich keine klare Mehrheit für einen Kandidaten ergeben, mischen die Helfer den Wahlzetteln etwa Pech bei, so dass schwarzer Rauch aufsteigt. Dann beginnt ein neuer Wahlgang, solange, bis sich die Kardinäle schließlich für einen Anwärter entschieden haben. Das kann bis zu 30 Mal geschehen und etwa zwei Wochen dauern. Erst beim 31. Mal genügt die einfache Mehrheit. Täglich gibt es maximal vier Wahlgänge.

Steht ein Wahlsieger fest, werden die Zettel ohne Beigaben im Ofen verbrannt: Weißer Rauch steigt dann über dem Dach des Apostolischen Palastes auf und zeigt den Gläubigen an, dass eine Entscheidung gefallen ist.

Der Kardinalsdekan fragt den Gewählten, ob er das Amt annimmt und welchen Namen er sich geben möchte. Während der Päpstliche Zeremonienmeister eine Urkunde des Vorgangs anfertigt, zieht der neue Papst in einem Nebenraum ein weißes Gewand und eine wertvolle alte Stola an. Die Kardinäle geloben ihm Gehorsam, dann tritt er auf die Loggia der Petersbasilika hinaus, während ein Kardinal den draußen auf dem Petersplatz versammelten Gläubigen zuruft: "Habemus papam!" Die katholische Kirche hat wieder ein Oberhaupt. "Wir haben einen Papst", lautet die Botschaft.
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Fragender
Veröffentlicht am Sonntag, 03. April 2005 - 00:50 Uhr:   

@ Bernhard Nowak

über die "einfache" Mehrheit haben wir ja schon gesprochen. Aber was passiert, wenn - was ja theoretisch möglich ist - ein Abwesender gewählt wird. Wird dann mit der Verbrennung der Zettel gewartet, bis der Gewählte in Rom ankommt, ansonsten dürfte es ja Aufruhr gegen, wenn zwar weißer Rauch aufsteigt, aber es Stunden oder gar Tage dauert, bis der neue Papst ankommt, evtl. auch erst zum Priester und anschließend zum bischof geweiht werden muß. Das dürfte doch Aufruhr geben.
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Bernhard Nowak
Veröffentlicht am Sonntag, 03. April 2005 - 01:18 Uhr:   

@Fragender: Ich weiß es wirklich nicht. Ich nehme aber an, dass der neue Papst aus dem Kreis der Kardinäle kommen wird, die am Konklave teilnehmen werden, wobei natürlich - theoretisch - durchaus der von Dir gewählte Fall eintreten kann und jemand von außerhalb - oder ein Bischof - zum Papst gewählt werden kann.
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sebu
Veröffentlicht am Sonntag, 03. April 2005 - 13:15 Uhr:   

Interessanterweise muss man feststellen, dass es über die Frage, wie die Wahl des nächsten Papstes vonstatten geht, schon fast in jedem Sender und jeder Sendung eine neue Antwort gibt. ...
@"einfache Mehrheit": meine Interpretation des Begriffs war, dass z. B. bei drei Kandidaten der gewählt wäre, der die meisten Stimmen hat, was aber natürlich nicht der Fall ist (sein darf). In "Universi Dominici Gregis", Nr. 62, Satz 2 heißt es: "Ich lege also fest, daß zur gültigen Papstwahl zwei Drittel der Stimmen aller anwesenden Wähler erforderlich sind." Für den Fall, dass dann später eine absolute Mehrheit reicht, dürfte sich das wieder auf die anwesenden Wähler beziehen - und in den Medien "einfache Mehrheit genannt werden".

@Fragender: wie zu verfahren ist, wenn ein Abwesender gewählt wird, ist in Nr. 90 geregelt, dort wird auf die "Ordo rituum conclavis" verwiesen - das hab' ich aber nirgends gefunden
Vermutlich ist das so ähnlich, wie wenn der Gewählte noch nicht Bischof ist, dann muss der erst geweiht werden, erst dann endet das Konklave, vermutlich wird man den Gewählten also dann möglichst geheim nach Rom bringen und fragen, ob der Papst werden will, erst dann endet das Konklave.
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uli
Veröffentlicht am Montag, 04. April 2005 - 11:08 Uhr:   

http://www.vaticanhistory.de/vh/html/zeitplan_2005.html

Schaut Euch doch mal diese Seite an.
Hier ist unkompliziert beschrieben, wie die Wahl abläuft.
Auch in wie vielen Wahlgängen der Papst mit 2/3 Mehrheit (78 Stimmen!) zu wählen ist, bzw. ab wann absolute Mehrheit (59 Stimmen!) ausreichend ist.

Macht es doch nicht komplizierter als es ist!
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Carsten Heine
Veröffentlicht am Montag, 04. April 2005 - 14:54 Uhr:   

Ich habe auch noch eine Frage zum Vorgang der Papstwahl. Nach 30/34 Wahlgängen können die Kardinäle beschließen, daß keine 2/3-Mehrheit mehr notwendig ist, aber sie müssen es nicht. Können sie aber später (nach 40, 50 oder 60 Wahlgängen) dann entscheiden, auf die 2/3 Mehr-
heit zu verzichten?
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Fragender
Veröffentlicht am Montag, 04. April 2005 - 17:32 Uhr:   

Drei Fragen:

1) Kann Ratzinger überhaupt zum Kardinal gewählt werden? Nach http://www.vaticanhistory.de/vh/html/zeitplan_2005.html fragt der Kardinaldekan (also Ratzinger) den Gewählten, ob er die Wahl annimmt. Ratzinger kann sich ja wohl nicht selbst fragen?

2) In der zweiten Unterbrechung kommt es nach obiger Quelle u.a. zu "Ermahnenden Worten durch den ranghöchsten Kardinal der Ordnung der Priester" und in der dritten Unterbrechung zur "Ermunterung durch den ranghöchsten Kardinal der Ordnung der Bischöfe". Warum hat gerade ein "Priester-Kardinal" zu ermahnen und ein "Bischofs-Kardinal" zu ermuntern und nicht umgekehrt.

3) Worin unterscheiden sich die "Priester-Kardinäle" und die "Bischofs-Kardinäle"? Gibt es wirklich noch einfache Priester von nebenan unter den Kardinälen?

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