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Ein einfaches verfassungsgemäßes Wahl...

Wahlrecht.de Forum » Wahlsysteme und Wahlverfahren » Bundestagswahlen » Ein einfaches verfassungsgemäßes Wahlrecht, das Überhangmandate erhält: Additional Member System « Zurück Weiter »

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Archiv bis 10. Juli 2011Martin Fehndrich20 10.07.11, 20:54h 
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Autor Beitrag
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Clovis
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 11. Juli 2011 - 16:16 Uhr:   

Guten Tag,

da hier behauptet wurde, externe Überhangmandate seien extrem unwahrscheinlich, bei der letzten Bundestagswahl 2009 hat die Union offenbar 3 externe Überhangmandate erzielt.

Eigentlich wollte ich die Ergebnisse für die BTW 2009 berechnet nach Holgers Vorschlag zeigen, und zwar ohne Unterscheidung in Ober-/Unterverteilung (in Klammer: nur Oberverteilung, also interne Verrechnung interner Überhänge):

Union: 234 (218)
FDP: 88 (92)
SPD: 140 (145)
Grün: 65 (68)
Linke: 71 (75)

Wenig überraschend wird der prozentuale Mandatsanteil des jetzigen Bundestages ziemlich gut reproduziert.

Bei rechnerisch 215 Proporzmandaten für die Union, könnte man von 19 Überhangmandaten sprechen. Aber man erreicht ungefähr das gleiche Ergebnis mit 570 Proporzmandaten und 299 Direktmandaten nach aktuellem Verteilugsverfahren, womit sich dann knapp 30 virtuelle Überhangmandate für die Union ergäben. (Meine Beschreibung weiter oben, wie man diese Anzahl an Proporzmandaten berechnet, funktioniert aber nicht)

Ich habe auch noch geprüft, wie sich die teilweise Zusammenfassung von Landeslisten einer Partei auswirkt. Dabei habe ich alle Landeslisten, einer Partei, die keine Direktmandate haben, zusammengefasst. Das führt zu jeweils einem Mandat weniger für SPD und Grüne, die beide an die Linkspartei gehen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit,
Clovis
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Arno Nymus
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 12. Juli 2011 - 03:29 Uhr:   

Clovis schrieb da hier behauptet wurde, externe Überhangmandate seien extrem unwahrscheinlich
In welchem Post wurde das behauptet?

Clovis schrieb
Eigentlich wollte ich die Ergebnisse für die BTW 2009 berechnet nach Holgers Vorschlag zeigen, und zwar ohne Unterscheidung in Ober-/Unterverteilung (in Klammer: nur Oberverteilung, also interne Verrechnung interner Überhänge):

Ehrlich gesagt kann ich aus dieser Beschreibung nicht heraus lesen, was nun tatsächlich berechnet wurde. Was z.B. soll "intern" bedeuten, wenn es ausschließlich eine Oberverteilung gäbe?

Rein von den Zahlen her würde ich vermuten, dass das AMS (Additional Member System) einmal mit komplett getrennten Listen und dann mit komplett verbundenen Listen (in Klammern) verwendet wurde.

Clovis schrieb Wenig überraschend wird der prozentuale Mandatsanteil des jetzigen Bundestages ziemlich gut reproduziert.
Dem kann ich nicht zustimmen, zumindest wenn man es sich in Anbetracht der Tatsache ansieht, dass Überhangmandate nur 4% der Mandate insgesamt ausmachen und somit nur eine Änderung in dieser Größenordnung von dem System zu erwarten ist.
Der Unions-Anteil nach der Wahl 2009 lag bei knapp 38,4%. Wenn alle 24 abzuziehenden Mandate anderen Parteien abgezogen werden würden, könnte die Union also höchstens auf 40,0% kommen. Wenn alle 24 bei der Union abgezogen würden, wäre sie bei 36,0%.

1. Bei komplett unverbundenen Listen behält die Union alle Überhangmandate, wofür alle nicht-überhängenden Listen bezahlen - ergo wird die Union einen höheren Mandatsanteil haben als im aktuellen Bundestag. Zufälligerweise hat die Union mehrfach hohe, aber unzureichende Reste beim Idealanspruch, so dass die CDU nur 189 statt 191,28 Mandate bekommt und der CDU-Anteil der Mandate somit "nur" auf 39,1% steigt (statt auf 39,5% beim Idealanspruch).

2. Bei komplett verbundenen Listen werden nahezu alle Überhangmandate verrechnet (nur die 3 der CSU nicht) - ergo hat die Union einen deutlich geringeren Mandatsanteil als im aktuellen Bundestag, nämlich 36,5%.

Das Fazit müsste also lauten: Wenig überraschend wird der prozentuale Mandatsanteil des jetzigen Bundestages signifikant (sogar nahezu maximal) verändert (bzgl. einer einfachen Verringerung der Sitzzahl von 622 auf 598).

Clovis schrieb
Bei rechnerisch 215 Proporzmandaten für die Union, könnte man von 19 Überhangmandaten sprechen.

Dem Berechnungsverfahren des AMS nach werden bei komplett getrennten Listen 564 Mandate "proporz-regulär" verteilt, 34 Mandate (27 CDU, 1 CSU, 1 SPD) sind somit - wenn man den Begriff hierfür verwenden möchte - Überhangmandate.

Clovis schrieb Aber man erreicht ungefähr das gleiche Ergebnis mit 570 Proporzmandaten und 299 Direktmandaten nach aktuellem Verteilugsverfahren
Kann ich nicht nachvollziehen. Wenn man aber 565 Sitze als Standard nimmt, erhält man beim aktuellen System eine Verteilung, die nahe an das AMS-Ergebnis mit komplett unverbundenen Listen herankommt (aufgrund mehrfacher Proporzverzerrung mit einem Sitz mehr für CDU, einem weniger für die Grünen).

(Beitrag nachträglich am 12., Juli. 2011 von Arno Nymus editiert)
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Clovis
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 12. Juli 2011 - 09:26 Uhr:   

Bravo Arno Nymus,

Sie haben also verstanden, dass Holgers Vorschlag ganz anders ist, als das was die Grünen 2009 vorgeschlagen haben. Statt einer Reduktion des Mandatsanteils der Union auf 36,5% (=218/598) oder gar 36.0% (=215/598), wie es die Grünen gern gesehen hätten, erhöht Holgers Methode sogar ihren Mandatsanteil leicht von 38,4% auf 39,1% (=234/598).

Dem Berechnungsverfahren des AMS nach werden bei komplett getrennten Listen 564 Mandate "proporz-regulär" verteilt

Stimmt. Ich hatte zu spät gemerkt, dass ich die falsche Höchstzahl verwendet hatte.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit,
Clovis}
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Arno Nymus
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 12. Juli 2011 - 19:01 Uhr:   

Den Unterschied zwischen dem ersten Grünen-Entwurf und dem hier geschilderten AMS bei verbundenen Landeslisten habe ich sehr weit oben bereits treffend beschrieben:
Das obige ist nämlich ein Kompensatiosmodell, das dem ersten grünen Gesetzentwurf sehr ähnlich ist (abgesehen davon das externe Überhangmandate bei den Grünen außerhalb der 598 Sitze wären; für 2009 hätte es sich also um 3 Sitze unterschieden, die an CDU, FDP und LINKE gegangen wären).
Natürlich variiert das Ergebnis, wenn die Parteien ihr optionales Recht zur Auflösung der Listenverbindungen in Anspruch nehmen würden. Holger81 hat dazu ja erläutert, welche Parteien diese Möglichkeiten wohl in Anspruch nehmen würden.

Leider scheinen Sie noch nicht verstanden zu haben, dass 1. (mit 39,1% bzw. 39,5% für die Union) und 2. (mit 36,5% für die Union) beides mögliche Ergebnisse des hier geschilderten AMS sind und ihr letzter Post damit auch unsinnig ist.

Es bleibt auch noch folgendes zu beantworten
Clovis schrieb da hier behauptet wurde, externe Überhangmandate seien extrem unwahrscheinlich
In welchem Post wurde das behauptet?

(Beitrag nachträglich am 12., Juli. 2011 von Arno Nymus editiert)
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 13. Juli 2011 - 03:12 Uhr:   

Dass das Modell grundsätzlich ein Kompensationsmodell sein soll, geht aus der Beschreibung nicht hervor, sondern nur aus Kommentaren dazu. Wenn interner Überhang auftritt, besteht erstmal ein Konflikt, für den es genauso wie bei externem Überhang die 4 Grundmöglichkeiten Nichtzuteilung, Kompensation, Extrasitze und Ausgleich sowie Mischformen und vielerlei Varianten dazu gibt. Was davon zu wählen ist, ist zunächstmal völlig unklar. Bei solchen Regelungsdefiziten ist es in Deutschland üblich, die jeweilige Maximalzahl ohne Rücksicht auf sonstige Verluste zu nehmen. Hat auch den Vorteil, dass das die einzige Möglichkeit ist, bei der man sich nicht auch noch zwischen mehreren Varianten im Detail entscheiden muss.
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Arno Nymus
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 13. Juli 2011 - 17:32 Uhr:   

Im Eingangspost steht ganz eindeutig, dass 299 "Zweitmandate" ("d.h. nicht von Direktmandaten gedeckte Mandate") gemäß AMS an die Listenverbindungen (und unverbundenen Listen) verteilt werden, so dass eine feste Sitzzahl von 598 erreicht werde.
Weiter steht dort, dass nach dem selben Prinzip genau die von einer Listenverbindung errungenen Zweitmandate auf die beteiligten Listen verteilt werden.

Betrachten wir also, welche der vier Grundmöglichkeiten vorliegen kann:

Nichtzuteilung: Da explizit 299 Zweitmandate verteilt werden und explizit 598 als Gesamtsitzzahl angegeben sind, werden offensichtlich alle 299 Direktmandate zugewiesen - es handelt sich nicht um die Möglichkeit Nichtzuteilung.

Extrasitze: Da explizit 299 Zweitmandate zugeteilt werden (und diese per definitionem niemals einem Direktmandat entsprechen können), gibt es keine Extrasitze - es handelt sich nicht um die Möglichkeit Extrasitze.

Ausgleich: Da es keine Extrasitze gibt, gibt es auch keinen Ausgleich - es handelt sich nicht um die Möglichkeit Ausgleich.

Bleibt also die Kompensation.

Aus der Beschreibung im Eingangspost geht also bereits eindeutig hervor, dass es sich um ein Kompensations-Modell handelt.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 13. Juli 2011 - 18:18 Uhr:   

Der Fall, dass interner Überhang auftritt, war in der Beschreibung klar nicht vorgesehn. Dass "Zweitstimmen von überhängenden Landeslisten gar nicht in die Berechnung der Sitzverteilung einfließen" ist dann nämlich offensichtlich falsch. Entsprechend ist auch nicht klar, ob in dem Fall dann noch die Aufteilung mit 299:299 gilt.

Vom Sinn der Sache her (Vermeidung von negativem Stimmengewicht) kommen Nichtzuteilung und Kompensation infrage. Was davon sinnvoller ist, hängt davon ab, wie die Entscheidung für oder gegen eine Listenverbindung abläuft. Wenn alle Listen einer Listenverbindung zustimmen müssen, kann man kompensieren; ansonsten wird man eher die Nichtzuteilung nehmen müssen. Bundesparteien sind zumindest bisher bei der Wahl irrelevant (außer bei der Beteiligungsanzeige). Die genaue Vorgehensweise ist für das Konzept ziemlich relevant.
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Arno Nymus
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 13. Juli 2011 - 19:09 Uhr:   

Ratinger Linke schrieb
Dass "Zweitstimmen von überhängenden Landeslisten gar nicht in die Berechnung der Sitzverteilung einfließen" ist dann nämlich offensichtlich falsch.
Mit dem Satz hatte ich auch Probleme. Auf Nachfrage konkretisierte Holger81 oben bzgl. der Unterverteilung:
Da die erste "unbesetzte Höchstzahl" einer Überhangliste nie ein Mandat erhält, ist die Zahl ihrer Zweitstimmen de facto egal

Insofern haben Sie recht, dass man doch in die Folgeposts reinlesen musste, um den allerletzten Zweifel eines (kleinen) Widerspruchs auszuräumen. Dass es sich um Kompensation handelt, dürfte aber außer Zweifel stehen aufgrund der sehr deutlichen Sitzzahlangaben.
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Holger81
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 08. August 2011 - 13:52 Uhr:   

@Martin Fehndrich vom 10.7.: Ich sehe schon relativ deutliche Unterschiede zum Minimierungsverfahren. Bei dem werden die Überhangmandate nur für die Unterverteilung durch virtuelle Stimmen gedeckt, bei meinem Vorschlag hingegen (wenn man es mit virtuellen Stimmen beschreiben würde) schon in der Oberverteilung. Dadurch bekommen die nicht überhängenden Parteien beim Minimierungsverfahren überproportional viele Sitze im Vergleich zu den nicht-überhängenden Landeslisten der Überhangpartei(en)*, während die Sitze bei meinem Verfahren unter den nicht überhängenden Listen(verbindungen) exakt proportional verteilt werden.

Wenn man die Listentrennung erst nach der Wahl "algorithmisch" machen würde, könnte ich mir vorstellen, dass wieder negatives Stimmgewicht auftritt.

*(Natürlich bleibt die Überhangpartei als Ganze auch beim Minimierungsverfahren noch überproportional vertreten.)


@Ratinger Linke: Stimmt, ich hätte im von Ihnen zitierten Satz in meinem ersten Beitrag "Zweitstimmen von unverbundenen überhängenden Landeslisten" schreiben sollen. Ich hatte implizit angenommen, dass Überhanglisten immer unverbunden sind, was aber natürlich vom reinen Wahlsystem her nicht zwingend ist.
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Holger81
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 08. August 2011 - 14:11 Uhr:   

Nochmal @Ratinger Linke:
Gemeint war, dass etwaiger interner Überhang intern verrechnet wird, es sollen keine Direktmandate verfallen. (Also formal genau wie in der Oberverteilung.)

Daher würde ich die Entscheidung für/gegen eine Listenverbindung entweder die Bundespartei treffen lassen (die kann doch ruhig wenigstens einen weiteren kleinen Einfluss auf die Bundestagswahl haben), oder fordern, dass alle Landeslisten einer Listenverbindung zustimmen müssen. Ich sehe da kein größeres Problem mit der "Bundespartei"-Variante - man könnte diese Entscheidung ja z.B. gleich bei der Beteiligungsanzeige abfragen.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 09. August 2011 - 07:38 Uhr:   

Es geht auch so dynamisch ohne negatives Stimmengewicht: Man fängt mit lauter unverbundenen Landeslisten an. Jede bekommt die Zahl der zugehörigen Direktmandate als Startdivisor (bei normaler Divisorreihe 0.5, 1.5, ...). Wenn die entsprechende Höchstzahl dran ist, gibts keinen Sitz, sondern die Liste wird in die Listenverbindung eingegliedert. Unterverteilen muss man dann mit interner Kompensation, weil es sonst (in seltenen Fällen) sein könnte, dass eine andere Liste einen mitgebrachten Sitz absorbiert. Der Gesamtanspruch der Vereinigung kann sich aber an dem Punkt nicht ändern.

Bei Parteien, bei denen vorhersehbar Überhang auftritt, gibts keine Beteiligungsanzeige. Außerdem ist die so weit vor der Wahl, dass die Überhangabschätzung schwierig ist. Dass die Bundespartei über die Listenverbindung entscheidet, ist höchstens dann haltbar, wenn es eine Alles-oder-nichts-Entscheidung ist.

Einzelne Listen von oben gegen deren Willen auszusondern, geht sicher nicht, und bei interner Kompensation ist die Aussonderung für die betroffenen Listen nicht vorteilhaft. Es ist ja praktisch eine Deklaration, dass jede Stimme für diese Liste voraussichtlich völlig wertlos sein wird (womit der Überhang u.U. nur eine selbsterfüllende Prophezeihung wird, abgesehn von den finanziellen Folgen). Insofern ist das Modell für die Überhangparteien lang nicht so attraktiv, wie es auf den ersten Blick scheint, außer sie legen sich eine abhängige Zweitstimmenpartei zu.
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Holger81
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 09. August 2011 - 21:58 Uhr:   

Könnten Sie dieses "dynamische Verfahren" etwas genauer beschreiben? Wenn man Landeslisten ohne Direktmandate einen Anfangsdivisor von 0,5 gibt, würden ja Listen mit einem Sitzanspruch < 0,5 (z.B. FDP in Bremen) gar nicht in die Verbindung aufgenommen, also ihre Stimmen verfallen. Und soll jeder auf eine (entstehende) Listenverbindung entfallende Sitz sofort unterverteilt werden oder soll dies erst geschehen, wenn die Oberverteilung abgeschlossen ist?

>Bei Parteien, bei denen vorhersehbar Überhang auftritt, gibts keine Beteiligungsanzeige. Außerdem ist die so weit vor der Wahl, dass die Überhangabschätzung schwierig ist. Dass die Bundespartei über die Listenverbindung entscheidet, ist höchstens dann haltbar, wenn es eine Alles-oder-nichts-Entscheidung ist.

Müssen im Bundestag vertretene Parteien gar keine Beteiligungsanzeige stellen? Es könnte doch vereinzelt sein, dass sie gar nicht antreten wollen (z.B. bei einer Parteienfusion).
Wenn man die Bundespartei entscheiden lässt, würde ich ihnen in der Tat nur die Wahl zwischen "alle Landeslisten verbunden" und "alle getrennt" geben, keine Mischung davon.

>Einzelne Listen von oben gegen deren Willen auszusondern, geht sicher nicht, und bei interner Kompensation ist die Aussonderung für die betroffenen Listen nicht vorteilhaft. Es ist ja praktisch eine Deklaration, dass jede Stimme für diese Liste voraussichtlich völlig wertlos sein wird (womit der Überhang u.U. nur eine selbsterfüllende Prophezeihung wird, abgesehn von den finanziellen Folgen).

Nein, es wäre nur eine "Deklaration", dass eine (beliebig geringe) Möglichkeit für Überhang bei dieser oder einer anderen Landesliste besteht - das Trennen hat ja keinen systematischen Nachteil für eine Landesliste (einer großen Partei). Oder die Landesliste hofft einfach auf Rundungsglück - das könnte z.B. in Bremen planbar sein. Z.B. würde die CDU wohl "sicherheitshalber" alle ihre Landeslisten trennen, nicht nur die, bei denen sie sicher Überhang erwartet. Praktisch würde sich an der Motivation, mit der Zweitstimme CDU zu wählen, im Vergleich zum jetzigen System also nichts ändern.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 09. August 2011 - 23:02 Uhr:   

Landeslisten ohne Direktmandate hätten einen Startdivisor von exakt 0; die erste Höchstzahl ist also unendlich und solche Landeslisten würden damit von vornherein zusammengefasst. Der erste für die Sitzzuteilung relevante Divisor für die gesamte Listenverbindung wär dann 0,5.

Für die Befreiung von der Beteiligungsanzeige reichen auch schon 5 Abgeordnete in einem Landtag. Dass Parteien, die ihre Beteiligung angezeigt haben und auch als Parteien anerkannt worden sind, tatsächlich keine Landesliste einreichen, kommt regelmäßig vor (2009 bei der DVD). Die Beteiligungsanzeige verpflichtet zu nichts, sondern löst nur die Feststellung der Parteieigenschaft aus.

Eine explizite Trennung zumindest von einzelnen Landeslisten der CDU wär jedenfalls für die FDP eine ziemlich brauchbare Argumentationshilfe, dass die CDU dort Überhang erwartet und ihre Stimmen damit wertlos sind. An der Theorie ändert das nichts, aber an der praktischen Relevanz potenziell schon.
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Holger81
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 31. August 2011 - 14:25 Uhr:   

>"Landeslisten ohne Direktmandate hätten einen Startdivisor von exakt 0; die erste Höchstzahl ist also unendlich und solche Landeslisten würden damit von vornherein zusammengefasst. Der erste für die Sitzzuteilung relevante Divisor für die gesamte Listenverbindung wär dann 0,5."
Stimmt, so funktioniert es, wenn Landeslisten verbunden werden, sobald ihre Direktmandate voll durch Zweitstimmen gedeckt sind. Es gäbe auch kein negatives Stimmgewicht. Allerdings würden dann Listen, die knapp nicht überhängen (Zweitstimmenanspruch bis zu 0,5 Sitze kleiner als Direktmandatsanzahl), "fälschlich" nicht verbunden, was zu systematischen Rundungsvorteilen für die entsprechende Bundespartei führt. (Das könnte man aber durch eine leichte Erhöhung des Zweitmandatsanteils ausgleichen...) Mit diesem "automatischen Verbinden" könnte ich mich daher auch gut anfreunden.

>"Für die Befreiung von der Beteiligungsanzeige reichen auch schon 5 Abgeordnete in einem Landtag. [...] Die Beteiligungsanzeige verpflichtet zu nichts, sondern löst nur die Feststellung der Parteieigenschaft aus."
Okay, dann würde ich folgendes Verfahren vorschlagen: Die Landeslisten einer Partei sind automatisch verbunden, es sei denn, die Bundespartei erklärt bis zu einer gewissen Frist vor der Wahl, dass sie nicht verbunden sein sollen.

>"Eine explizite Trennung zumindest von einzelnen Landeslisten der CDU wär jedenfalls für die FDP eine ziemlich brauchbare Argumentationshilfe, dass die CDU dort Überhang erwartet und ihre Stimmen damit wertlos sind. An der Theorie ändert das nichts, aber an der praktischen Relevanz potenziell schon."
Das sehe ich weiterhin anders, siehe meinen letzten Beitrag. Eine Aussage a la "Mit 0,1% Wahrscheinlichkeit ist Ihre Zweitstimme wertlos" (z.B. für die CDU in NRW) wird wohl kaum zu nennenswertem taktischem Stimmensplitting führen, wenn selbst fast sichere Wertlosigkeit (wie CDU B-W in 2009) das nicht tut. Und die Wahrscheinlichkeit für Überhang ändert sich ja nicht dadurch, dass die CDU (sehr implizit) bestätigt, dass sie größer als Null ist.
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Martin Fehndrich
Moderator
Veröffentlicht am Donnerstag, 01. September 2011 - 19:55 Uhr:   

@Holger81, @Ratinger Linke
Wenn man die externe Kompensation nur intern wirken läßt, also für jede Partei getrennt berechnet, ist man schon ziemlich nah an der Minimierung dran. Der Unterschied ist, daß man noch mehr Überhang beläßt und an der Grenze der Überhangentstehung Überhangmandate quasi aus dem Nichts erzeugt.

Man sollte die externe Kompensation äquivalent auch so beschreiben können, daß man die Stimmen einer Landesliste auf Bundesdivisor x Direktmandate aufstockt.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 03. September 2011 - 19:30 Uhr:   

@Holger81:
"Allerdings würden dann Listen, die knapp nicht überhängen (Zweitstimmenanspruch bis zu 0,5 Sitze kleiner als Direktmandatsanzahl), "fälschlich" nicht verbunden, was zu systematischen Rundungsvorteilen für die entsprechende Bundespartei führt."

Listen, deren Direktmandate durch den Anspruch laut Zuteilungsdivisor noch nicht voll gedeckt sind, verhalten sich aber wie überhängende Listen, deshalb muss man sie so lang separat halten. Gegenüber den Vorteilen durch den ganzzahligen Überhang ist das ohnehin vernachlässigbar.

Wenn man will, kann man das Eingliedern um 0,5 nach hinten verschieben, aber dann heißt es wieder, die FDP in Bremen hätte dadurch einen Rundungsnachteil. Man kann auch 0,25 nehmen oder eine Sonderregel für den 0-Sitz-Fall einführen oder die Grenze irgendwie von der Zahl der Direktmandate abhängig machen (z.B. analog zu Hill/Huntington), aber gegenüber der Verzerrung durch den Überhang ist das alles belanglos.

Konkret für 2009 gerechnet würden die CDU in Hessen und die SPD in Bremen noch richtig überhängen; die SPD Brandenburg wär die einzige Liste, die noch nicht eingegliedert ist, aber nur noch Nullüberhang hat (5 Sitze bei einem Anspruch laut Enddivisor von 4,83). Der nicht ganzzahlige Gesamtüberhang bezüglich Enddivisor ist 32,49 (CDU 26,02, CSU 5,72, SPD 0,75). Gesamtsitze CDU 190, SPD 139, FDP 88, Linke 72, Grüne 64, CSU 45. Die zuletzt eingegliederte Landesliste ist die Linke Sachsen-Anhalt, aber schon nach dem 565. Sitz.


Man kann das Verfahren auch trickreich so abändern, dass sich gegenüber dem momentanen Wahlsystem fast gar nichts ändert, indem man bei Überhang mehr Listensitze verteilt. Um bei der Ermittlung der nötigen Sitzzahl kein negatives Stimmengewicht zu erzeugen, braucht man eine Berechnungsgrundlage, in die keine Stimmen an überhängende Listen einfließen können. Dafür kann man einfach die Erststimmen statt der Zweitstimmen nehmen.

Man verteilt dann nach dem selben Verfahren Listensitze, bloß nicht nur 299, sondern so lang, wie die Höchstzahl mindestens so groß wie der Divisor (Gesamtzahl der Erststimmen aller zuteilungsberechtigten Parteien geteilt durch 598) ist. 2009 wären so etliche Sitze weniger als real verteilt worden, weil die Erststimmen vorallem wegen den Piraten deutlich mehr waren als die Zweitstimmen. Gesamtsitze: CDU 192 (-2), SPD 143 (-3), FDP 90 (-3), Linke 73 (-3), Grüne 66 (-2), CSU 45 (±0; zusammen 609).

Für überhängende Parteien ist das immer noch leicht vorteilhafter als das momentane Wahlsystem, weil die teilweise interne Kompensation, die es bis jetzt faktisch gibt, entfällt. Außerdem profitieren sie durch die geringere Gesamtsitzzahl. Damit, dass die Erststimmen der berücksichtigten Parteien mehr sind als deren Zweitstimmen, wird man auf absehbare Zeit immer rechnen müssen. Wenn man will, kann man dafür aber einen Korrekturfaktor festlegen (vor der Wahl geschätzt, sonst gibts wieder negatives Stimmengewicht).

Wenn man der Argumentation im Koalitionsentwurf folgt, könnte man den Divisor auch aus der Gesamtzahl der abgegebenen Stimmzettel berechnen. Es gibt mehrere andere Möglichkeiten, die eigentlich gewünschte bundesweite Harequote, aus der sich die ungefähre Zahl der im Status quo verteilten Listensitze ergibt, abzuschätzen. Man könnte z.B. die überhangunkritischen Zweitstimmen in NRW nehmen.


"Und die Wahrscheinlichkeit für Überhang ändert sich ja nicht dadurch, dass die CDU (sehr implizit) bestätigt, dass sie größer als Null ist."

Doch, das gehört in die Kategorie der selbsterfüllenden Prophezeihungen. Wenn hinreichend viele taktisch handelnde Wähler davon überzeugt sind, dass es Überhang geben könnte, dann wird es auch welchen geben. Das Bundestagswahlsystem ist labil und beruht vorallem darauf, dass die Wähler und Parteien überwiegend systemkonform statt rational handeln (außerdem wirken auch noch die Sperrklausel und ein paar Bestimmungen im Wahlgesetz stabilisierend). In weniger zivilisierten Ländern kippen solche Systeme regelmäßig zu praktisch reinen Grabensystemen. Das ist der stabile Zustand. Es gibt keinen Grund, Union oder SPD mit der Zweitstimme zu wählen, wenn es eine hinreichend ähnliche andere Partei gibt, und umgekehrt.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 03. September 2011 - 22:24 Uhr:   

@Ratinger Linke:
"Für überhängende Parteien ist das immer noch leicht vorteilhafter als das momentane Wahlsystem, weil die teilweise interne Kompensation, die es bis jetzt faktisch gibt, entfällt."

Das war Schwachsinn. Dann müsste es ja systematisches wirkliches negatives Stimmengewicht geben, das es in der Regel nicht gibt. Tatsächlich schadet es Überhangparteien eher (in geringem Umfang), wenn die Stimmen der überhängenden Listen wie hier nicht mehr mitzählen.

Wenn man mit der echten bundesweiten Harequote 2009 rechnet, bekommen CDU und SPD je 1 Sitz mehr als real, was aber auch der normalen Oberverteilung mit der Harequote entspricht (die beiden Sitze sind erst der Anpassung des Zuteilungsdivisors auf die Gesamtsitzzahl 598 zum Opfer gefallen; das Wahlergebnis 2009 war insofern ziemlich extrem). Die SPD profitiert aber auch davon, dass sie bei dieser Rechnung in Bremen (echt) überhängt. Einiges hängt von Rundungszufällen ab.
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Holger81
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Freitag, 07. Oktober 2011 - 21:22 Uhr:   

@Martin Fehndrich:
"Wenn man die externe Kompensation nur intern wirken läßt, also für jede Partei getrennt berechnet, ist man schon ziemlich nah an der Minimierung dran. Der Unterschied ist, daß man noch mehr Überhang beläßt und an der Grenze der Überhangentstehung Überhangmandate quasi aus dem Nichts erzeugt.
Wie meinen Sie das? Bei welchem Verfahren erzeugte man "Überhangmandate aus dem Nichts"? (Es stimmt wohl, dass mein Vorschlag bei gleicher Gesamtsitzzahl mehr Überhang erhält als das Minimierungsverfahren. Dafür ist es halt deutlich einfacher durchzuführen und m.E. auch "intuitiver" als die Minimierung.)

"Man sollte die externe Kompensation äquivalent auch so beschreiben können, daß man die Stimmen einer Landesliste auf Bundesdivisor x Direktmandate aufstockt."
Das denke ich nicht. Durch ein solches Aufstocken kann es nämlich in Einzelfällen passieren, dass eine überhängende Landesliste durch diese Zusatzstimmen bei der parteiinternen Verteilung auch noch ein Listenmandat erhält, wenn Bundes- und Parteidivisor zu stark voneinander abweichen (ähnlich wie ich im "Reform"-Thread beschrieben hatte, dass das Minimierungsverfahren nicht immer äquivalent zu einem solchen Stimmenaufstocken ist).

@Ratinger Linke:
"Listen, deren Direktmandate durch den Anspruch laut Zuteilungsdivisor noch nicht voll gedeckt sind, verhalten sich aber wie überhängende Listen, deshalb muss man sie so lang separat halten. Gegenüber den Vorteilen durch den ganzzahligen Überhang ist das ohnehin vernachlässigbar."
Das stimmt wohl.

"Man kann das Verfahren auch trickreich so abändern, dass sich gegenüber dem momentanen Wahlsystem fast gar nichts ändert, indem man bei Überhang mehr Listensitze verteilt. Um bei der Ermittlung der nötigen Sitzzahl kein negatives Stimmengewicht zu erzeugen, braucht man eine Berechnungsgrundlage, in die keine Stimmen an überhängende Listen einfließen können. Dafür kann man einfach die Erststimmen statt der Zweitstimmen nehmen."
In der Tat, sehr trickreich. Prinzipiell spricht wohl nichts dagegen, allerdings verkompliziert es das Wahlrecht halt noch etwas.

"Wenn hinreichend viele taktisch handelnde Wähler davon überzeugt sind, dass es Überhang geben könnte, dann wird es auch welchen geben. Das Bundestagswahlsystem ist labil und beruht vorallem darauf, dass die Wähler und Parteien überwiegend systemkonform statt rational handeln (außerdem wirken auch noch die Sperrklausel und ein paar Bestimmungen im Wahlgesetz stabilisierend). In weniger zivilisierten Ländern kippen solche Systeme regelmäßig zu praktisch reinen Grabensystemen. Das ist der stabile Zustand. Es gibt keinen Grund, Union oder SPD mit der Zweitstimme zu wählen, wenn es eine hinreichend ähnliche andere Partei gibt, und umgekehrt."
Sicher, das gilt aber alles genau so für das bisherige Wahlrecht, wo es trotzdem praktisch keine taktischen Wähler in diesem Sinne gab. Wir sollten hier wohl "agree to disagree"...
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Martin Fehndrich
Moderator
Veröffentlicht am Freitag, 07. Oktober 2011 - 22:22 Uhr:   

@Holger81
Wenn man beim 2009er Ergebnis die SPD Bremen ausgliedert, erhält die Restliste nur einen Sitz weniger, bei weiterhin zwei Sitzen für die SPD Bremen, also in Summe einen mehr.

Die Aufstockung gilt nur für die Oberverteilung. Unterverteilen würde ich gerade wegen solcher Effekte ohne Aufstockungsstimmen und mit interner Kompensation für dann möglicherweise neu auftretenden Überhang.

"agree to disagree"
Hier seh ich den Dissens zu RL nicht. Erstaunlicherweise handeln "die Wähler und Parteien überwiegend systemkonform statt rational", aber das kann man für die Zukunft nicht als sicher voraussetzen.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 08. Oktober 2011 - 01:40 Uhr:   

@Holger81:

In Baden-Württemberg würd ich schon davon ausgehn, dass ein Teil des Überhangs von Wählern verursacht worden ist, die damit gezielt ihr Gewicht erhöht haben, wenngleich wohl überwiegend originäre FDP-Wähler. Die Wahlkreisergebnisse sprechen jedenfalls stark dafür: In den absolut sicheren Wahlkreisen der CDU ist die Splittingneigung der FDP-Wähler durchwegs gering, während sie in den Wahlkreisen, wo der CDU-Bewerber aus eigener Kraft nicht sicher gewählt ist, meist wesentlich höher ist.

Das spricht schon stark dafür, dass ein nennenswerter Teil der FDP-Wähler genau weiß, was er tut, und gezielt Überhang erzeugt. Andererseits ist der geringe Zweitstimmenvorteil der FDP in den Hochburgen der CDU ein Indiz dafür, dass die CDU-Wähler im Schnitt ziemlich blöd sind.

Dass die Leute mittlerweile (wo es nicht mehr stimmt) gelernt haben, dass die Zweitstimme die entscheidende Stimme ist, kann sich aber auch leicht wieder ändern, wenn die Parteien nachhelfen. SPD und Grüne wären bei den momentanen Umfragewerten grundsätzlich in der Lage, massenhaft Überhang zu erzeugen, wenn insbesondere die Kreisverbände diszipliniert genug für ein gezieltes Vorgehn wären (was sie nicht sind, weshalb das praktisch vorerst tatsächlich nur sehr beschränkt relevant sein wird).
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Holger81
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 08. Oktober 2011 - 21:12 Uhr:   

@M.F.:
"Wenn man beim 2009er Ergebnis die SPD Bremen ausgliedert, erhält die Restliste nur einen Sitz weniger, bei weiterhin zwei Sitzen für die SPD Bremen, also in Summe einen mehr."
Das kann gut sein, aber das wäre ja dann ein ganz normaler Überhang für die SPD in Bremen durch mehr Direktmandate als (nicht gerundete) Zweitstimmen-Sitzansprüche, gepaart mit Rundungsglück für die Rest-SPD. Umgekehrt führt aber z.B. die Ausgliederung einer Landesliste mit 4 Direktmandaten und 3,3 Zweitstimmen-Idealansprüchen zu einem Sitzverlust der Restliste von durchschnittlich 0,3 Sitzen.
"Überhang aus dem Nichts" würde ich das daher nicht nennen, er entsteht genauso wie Überhang im bisherigen Wahlrecht auch, nur ohne (negatives oder positives) Stimmgewicht für die anderen Landeslisten.
Und wenn man bei meinem Vorschlag die Sollsitzzahl des Bundestages um mehr als die erwartete Anzahl Überhangmandate erhöhen würde (z.B. auf 630), gäbe es tendenziell auf jeden Fall weniger Überhangmandate und weniger systematische Proporzverzerrung zugunsten der großen Parteien als im bisherigen Wahlrecht.

Der Dissens zu R.L. besteht darin, dass seiner/ihrer Meinung nach der Wechsel vom bisherigen Wahlrecht zu meinem (Anfangs-)Vorschlag zu mehr taktischem Splitten als bisher führen würde, was ich bezweifele.

@R. L.:
Die Daten zu den BW-Wahlkreisen kannte ich nicht, das ist ja tatsächlich ein gewisses Indiz für taktisches Wählen. Wie groß ist denn der Splitting-Unterschied zwischen den "sicheren" und den "unsicheren" CDU-Wahlkreisen?
Interessanterweise hieße das aber ja (in Kombination mit den "blöden" CDU-Wählern), dass das Abspalten einer überhangträchtigen CDU-Landesliste für diese sogar positiv wirken würde (durch mehr (Direkt-)Mandate durch taktische FDP-Anhänger), und nicht negativ, wie Sie oben vermuteten.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 09. Oktober 2011 - 05:40 Uhr:   

Der empirische Befund spricht in der Tat eher dafür, dass die Vorhersage von Überhang für die potenziell überhängende CDU positiv ist. Das liegt aber am irrationalen Verhalten deren Wähler und muss nicht so bleiben. Bei rationalen Wählern wär es umgekehrt.

Korrelationen zwischen Sicherheit der Wahlkreise für oder gegen die Union und Anteil der Nichtsplitter bei der FDP (zum Vergleich Korrelation des prozentualen Zweitstimmenergebnis der FDP zum Anteil der Nichtsplitter):
 
Bremen +1.000 -1.000
Hamburg +0.877 -0.953
Baden-Württemberg +0.536 +0.321
Schleswig-Holstein +0.500 -0.154
Hessen +0.450 -0.527
Rheinland-Pfalz +0.396 +0.245
Sachsen +0.306 +0.309
Berlin +0.260 -0.235
Nordrhein-Westfalen +0.201 -0.319
Sachsen-Anhalt +0.194 +0.398
Bayern +0.137 +0.130
Thüringen +0.067 +0.082
Niedersachsen -0.171 +0.167
Saarland -0.314 -0.952
Mecklenburg-Vorpommern -0.420 -0.683
Brandenburg -0.474 -0.504

Die Abhängigkeit zur Überhangwahrscheinlichkeit (und nicht bloß der Relevanz der Erststimme an sich) ist offensichtlich; sogar in Sachsen haben sie es teilweise schon gelernt, obwohl die neuen Bundesländer generell noch Lernbedarf haben (wobei das Saarland wenig aussagekräftig ist, weil die Wahlkreise zu dicht beieinanderliegen). Bayern hat auch noch Lernbedarf; zwar sind da die meisten Wahlkreise sicher, aber von den knapperen haben nur die ganz knappen München-Nord und Nürnberg-Nord wirklich auffällig viele Splitter bei der FDP.

Wenn man einrechnet, dass ein größerer Vorsprung der CDU gegenüber 2005 absehbar war, werden die Korrelationen eher etwas schwächer. Um das wirklich realitätsnah abzubilden, müsste man aber die konkrete Situation in den einzelnen Wahlkreisen genauer berücksichtigen.

Einzelne Werte für die interessanteren Bundesländer (Vorsprung des Unionskandidaten gegenüber dem Zweitplatzierten bzw. Rückstand gegenüber dem Gewinner 2005 in Prozent der gültigen Erststimmen; Abweichung der Erststimmen gegenüber den Zweitstimmen bei der FDP 2009 in Prozent; Zweitstimmenergebnis der FDP in Prozent der gültigen Zweitstimmen):
 
292 Biberach +34.02 -20.46 18.84
295 Zollernalb - Sigm. +29.10 -37.28 21.48
285 Rottweil - Tuttl. +25.87 -19.35 21.86
294 Ravensburg +24.91 -25.22 18.72
276 Odenwald - Tauber +23.95 -32.43 16.94
293 Bodensee +20.80 -32.52 20.25
286 Schwarzwald-Baar +20.45 -35.78 20.75
284 Offenburg +19.32 -37.90 17.95
280 Calw +18.95 -37.98 20.15
260 Böblingen +16.91 -37.79 20.87
267 Heilbronn +16.71 -37.60 19.21
289 Reutlingen +16.64 -36.66 20.06
291 Ulm +15.84 -36.35 18.04
270 Aalen - Heidenheim +15.68 -41.19 16.89
273 Rastatt +14.68 -44.29 17.81
268 Schwäbisch Hall +14.52 -30.85 18.90
269 Backnang - Schw.G. +14.13 -44.40 18.54
262 Nürtingen +14.07 -43.92 20.71
278 Bruchsal - Schw. +13.87 -40.72 19.18
272 Karlsruhe-Land +12.66 -39.68 19.12
279 Pforzheim +12.49 -18.39 19.72
287 Konstanz +12.22 -30.77 21.33
266 Neckar-Zaber +12.22 -28.75 20.57
265 Ludwigsburg +11.92 -35.61 19.58
263 Göppingen +11.89 -46.01 19.09
277 Rhein-Neckar +10.49 -31.91 18.45
288 Waldshut +9.24 -40.48 18.64
283 Emmendingen - Lahr +8.52 -40.05 16.53
264 Waiblingen +7.69 -41.15 20.71
261 Esslingen +7.62 -52.70 18.43
290 Tübingen +4.73 -43.55 17.06
271 Karlsruhe-Stadt +1.90 -51.96 17.40
258 Stuttgart I +0.59 -47.33 19.49
274 Heidelberg +0.33 -32.04 17.65
259 Stuttgart II -2.36 -39.58 17.27
282 Lörrach - Müllheim -3.88 -35.92 17.15
275 Mannheim -8.54 -40.79 15.03
281 Freiburg -10.68 -42.09 14.06

159 Sächsische Schweiz +21.09 -23.19 14.33
165 Erzgebirgskreis I +17.50 +8.02 14.06
162 Mittelsachsen +17.14 -28.87 13.93
156 Meißen +15.53 -38.15 14.55
164 Chemnitzer Umland +15.10 -16.95 12.92
157 Bautzen I +13.21 -15.33 13.76
158 Görlitz +12.73 -27.51 13.06
167 Vogtlandkreis +10.89 -24.45 12.50
152 Nordsachsen +10.40 -22.81 12.73
166 Zwickau +8.83 -24.74 12.14
161 Dresden II - B. II +8.68 -16.43 14.27
155 Leipzig-Land +5.25 -23.08 13.15
160 Dresden I +4.86 -27.98 13.24
163 Chemnitz -0.34 -29.40 12.75
153 Leipzig I -3.65 -28.50 12.84
154 Leipzig II -9.71 -38.14 11.89

22 Hamburg-Nord -3.81 -49.48 15.63
21 Hamburg-Eimsbüttel -11.38 -37.76 13.40
20 Hamburg-Altona -12.21 -38.24 13.17
23 Hamburg-Wandsbek -13.87 -43.47 13.60
24 Hamburg-Bergedorf -16.70 -35.80 11.84
19 Hamburg-Mitte -22.01 -32.91 11.57

2 Nordfriesland +8.06 -32.83 17.20
3 Steinburg +3.68 -27.01 17.54
7 Pinneberg +1.48 -40.58 16.56
8 Segeberg +1.23 -36.05 17.74
4 Rendsburg-Eckernf. +0.38 -38.93 15.95
10 Herzogtum Lauenburg +0.34 -35.72 17.23
1 Flensburg - Schl. -0.19 -36.78 15.20
9 Ostholstein -0.96 -36.58 17.62
6 Plön - Neumünster -4.54 -36.70 15.83
11 Lübeck -14.01 -22.58 14.15
5 Kiel -16.83 -36.38 13.38

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