BWahlG: Analyse der Untersuchung des BMI

[Systemfehler]

Auf Anordnung des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 3. Juli 2008, bis zum 30. Juni 2011 das negative Stimmgewicht im Bundeswahlgesetz zu beseitigen, haben die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP am 28. Juni 2011 einen Entwurf für ein Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (BWahlG) eingebracht (BT-Drs. 17/6290), der am 30. Juni zum ersten Mal im Plenum beraten wurde. Nach einer Anhörung am 5. September 2011 im Innenausschuss legten die Koalitionsfraktionen am späten Abend des 20. Septembers einen neu formulierten Absatz 2a in § 6 BWahlG – neu –, der im Innenausschuss mit Mehrheit der Koalition als Beschlussempfehlung für das Plenum (BT-Drs. 17/7069) angenommen wurde. Zu dieser Fassung des Koalitionsentwurfs hat das Bundesministerium des Innern Simulationsberechnungen auf Basis von Ergebnissen im Bereich der letzten beiden Bundestagswahlen vorgelegt (Ausschussdrucksache 17(4)344), die nach Auffassung des Innenministeriums eine „nahezu komplette Beseitigung“ des negativen Stimmgewichts zum Ergebnis hätten. Die Berechnungen und Ergebnisse analysieren wir im Folgenden.

Analyse der Untersuchung des Bundesinnenministeriums zum negativen Stimmgewicht

Zur Quantifizierung des negativen Stimmgewichts sind beliebig viele Methoden denkbar, von denen etliche ihre Berechtigung haben. Die Wahl hängt insbesondere davon ab, welchen Aspekt des negativen Stimmgewichts man herausstellen will bzw. was man genau für besonders schädlich daran hält. Eine genaue Quantifizierung erübrigt sich natürlich, wenn man negatives Stimmgewicht in jedem Fall für inakzeptabel hält.

Methodik

Die Methode, die das Bundesinnenministerium in seiner Untersuchung – Ausschussdrucksachen 17(4)331 und 17(4)344 – verwendet hat, ist vom Grundprinzip her geeignet, wenn auch nicht als einziger Maßstab. Sie betrachtet Wahlergebnisse, die ungefähr einer realen Bundestagswahl entsprechen, aber Abweichungen in einer gewissen Bandbreite haben, und untersucht sie jeweils auf das Vorkommen von negativem Stimmgewicht. Gezählt wird nur, ob überhaupt ein Fall aufgetreten ist, und bei wie vielen Landeslisten das der Fall war. Die Intensität (Zahl der Sitze oder Sitzanteile), Breite (Bereich der Stimmenzahlen) und Häufigkeit (erneutes Auftreten an anderer Stelle) bleibt dabei außer Acht. Wie der Beschreibung nicht zu entnehmen war, aber unsere Überprüfung gezeigt hat, sind auch nicht Fälle gezählt worden, bei denen eine Reduktion der Stimmenzahl zwar zu einem Sitzgewinn geführt hat, die Sitze aber die Ausgangszahl nicht überstiegen haben.

Zu bemängeln ist, dass nur ein kleiner Bereich der möglichen Stimmenzahlen einer Landesliste untersucht wird. Die Stimmenzahl wird maximal um ±20 ‍% variiert. Dass es weniger relevant sein soll, wenn eine Partei davon profitiert, wenn sie überhaupt keine Zweitstimmen bekommt, ist allerdings nicht einsichtig. Ganz im Gegenteil ist in so einem Fall klar, dass die Stimme jedes einzelnen Wählers tatsächlich ein negatives Gewicht gehabt hätte.

Das Bundesinnenministerium unterscheidet zwischen negativem Stimmgewicht bei tatsächlich erhaltenen Stimmen und solchem durch hypothetische zusätzliche Stimmen, und rechnet bei der Zählung der Fälle Listen doppelt, bei denen beide Formen auftreten. Das suggeriert relativ geringe Fallzahlen, da insbesondere bei der eingeschränkten Bandbreite und bei knapp nicht überhängenden Listen häufig nur in einer Richtung negatives Stimmgewicht nachweisbar ist. Wir geben zum Vergleich auch die Zahl der durchschnittlich tatsächlich betroffenen Landeslisten an, weichen aber ansonsten nicht von der Methodik des Bundesinnenministeriums ab.

Simulation

Die Methode, nach der die zufälligen Wahlergebnisse erzeugt werden, ist so gut beschrieben, dass sie sich exakt nachvollziehen lässt. Es werden mehrere Gleichverteilungen so miteinander verzahnt, dass sie insgesamt keine Gleichverteilung in einem bestimmten Bereich mehr ergeben. Für den Zweck ist diese relativ simple Methode aber ausreichend.

Nicht wirklich zufällig ist allerdings die Verteilung der Direktmandate. Dabei wird fälschlicherweise unterstellt, dass die Änderungen bei den gewonnenen Wahlkreisen proportional zu den Veränderungen bei den Erststimmen wären. Wenn das stimmen würde, wäre das relative Mehrheitswahlrecht in Einerwahlkreisen ein proportionales Wahlsystem. Tatsächlich reichen in etlichen Bundesländern schon wenige Erststimmen, um einen großen Teil der Wahlkreise zu kippen. Nachdem in der Simulation maximal um die 20 ‍% der Direktmandate gegenüber dem zugrundeliegenden Wahlergebnis gewonnen oder verloren werden können, bleibt deren Verteilung in vielen Ländern ganz oder fast konstant. Z. ‍B. haben die Grünen so keine Chance, ihr Direktmandat zu verlieren oder ein weiteres zu gewinnen.

Die Zahl der Wähler wird in der Simulation vergleichsweise stark variiert. Zur Bandbreite von ±20 ‍% bei den berücksichtigten Zweitstimmen kommen auch noch die sonstigen Parteien und ungültigen Stimmen, die bis 23 ‍% der Wähler ausmachen können. Die resultierende Wahlbeteiligung ist teils oberhalb von 100 ‍%. Nachdem das Bundesinnenministerium keine Berechnung der ungültigen Stimmen angibt, haben wir sie bei unserer Reproduktion der Simulation konstant gelassen (in ihrer absoluten Zahl), um daraus die Sperrklausel berechnen zu können. Praktisch kommt diese aber bei den gegebenen Basiswahlergebnissen und der Bandbreite der Variation höchstens in Extremfällen zur Anwendung. Dass keine sonstige Partei die Sperrhürde überwindet, wird ohnehin vorausgesetzt. In ganz wenigen Fällen errechnet sich so eine negative Stimmenzahl der sonstigen Parteien, was aber ohne Belang ist, da diese eh nicht berücksichtigt werden, außer beim Koalitionsentwurf, aber da nur in der Summe mit den ungültigen Stimmen.

Fehlberechnung beim Koalitionsentwurf

Das Bundesinnenministerium unterstellt in seiner Berechnung, dass sich die Zahl der Wähler nicht verändern würde, wenn eine Partei mehr oder weniger Zweitstimmen bekommt. Tatsächlich wird beim negativen Stimmgewicht zumeist eine Ceteris-paribus-Bedingung vorausgesetzt, dass sich also sonst nichts ändert. Genau genommen muss sich aber irgendwas sonst ändern, weil die Menge der Wahlberechtigten beschränkt ist. Infrage kommen die ungültigen Stimmen und die Nichtwähler.

Bisher war der Unterschied zwischen beiden Möglichkeiten praktisch nicht relevant, aber beim Koalitionsentwurf wird diese Frage entscheidend. Für die Nichtwähler spricht, dass sich für die meisten Wähler eher die Frage stellt, ob sie zur Wahl gehen oder nicht, und weniger, ob sie ungültig wählen oder gültig. Dagegen spricht, dass mit Wählern in der Regel auch Erststimmen entfallen und negatives Stimmgewicht häufig (aber nicht immer) unveränderte Mehrheitsverhältnisse in den Wahlkreisen voraussetzt. Bei gegebenem Splittingverhalten kann es sogar vorkommen, dass zwangsläufig Direktmandate kippen, wenn genügend Wähler wegfallen.

In den meisten Fällen ist es allerdings selbst bei der geringen Bandbreite des Bundesinnenministeriums schlicht unmöglich, dass die hypothetischen zusätzlichen Stimmen alle von Wählern stammen, die real absichtlich ungültig gewählt haben. Die Berechnung des Bundesinnenministeriums setzt voraus, dass die Zahl der ungültigen Zweitstimmen negativ wird, was mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat.

Wir geben bei unseren Berechnungen zwei alternative Möglichkeiten an: Bei der ersten erfolgt der Stimmenaustausch komplett mit den Nichtwählern und kann folglich die Sitzverteilung zwischen den Ländern ändern. Die zweite trägt dem Umstand Rechnung, dass abgehende Wähler bei den Erststimmenmehrheiten problematisch sein könnten, während zusätzliche ungültige Zweitstimmen (bei unveränderter Erststimme) zumindest theoretisch problemlos möglich sind. Andererseits müssen zusätzliche Zweitstimmen größtenteils von den Nichtwählern kommen. Es handelt sich also um eine Kombination der beiden anderen Methoden: Abgehende Stimmen werden als ungültig verbucht; zusätzliche verändern hingegen die Zahl der Wähler.

Unsere Simulation

In unserer Simulation („A“) haben wir zunächst wie das Bundesinnenministerium je 1000 Wahlergebnisse auf Basis der Bundestagswahlen von 2005 und 2009 erzeugt und analog untersucht. Allerdings haben wir mangels Rechenkapazitäten bei der Suche nach negativem Stimmgewicht immer gleich um 10 Stimmen erhöht bzw. erniedrigt. Es kann sein, dass uns dadurch einzelne Fälle von eng begrenztem negativem Stimmgewicht entgangen sind. Den Koalitionsentwurf (in der ursprünglichen und endgültigen Fassung) haben wir zusätzlich zur untauglichen Methode des Bundesinnenministeriums auch nach den beiden beschriebenen anderen Methoden untersucht (bei den restlichen Wahlsystemen spielt der Unterschied keine Rolle). Zum Vergleich haben wir auch das alte Bundestagswahlsystem mit der Sitzzuteilung nach Hare/Niemeyer untersucht.

Später haben wir noch eine zweite Simulation („B“) mit ebenfalls je 1000 Wahlergebnissen und einer Schrittweite von 8 Stimmen durchgeführt. Dabei haben wir auch nach dem gegenteiligen Effekt gesucht, nämlich dass die Stimmen innerhalb der vom Bundesinnenministerium gegebenen Bandbreite einen positiven Effekt haben. Hierbei haben wir zum Vergleich auch die Verteilung nach dem Gesetzentwurf der Grünen (bezüglich der Sitzzahlen für die Parteien eine reine Oberverteilung) mituntersucht.

Neben dem negativen Stimmgewicht bezogen auf absolute Sitzzahlen (ungeachtet der Gesamtsitzzahl) haben wir analog das Vorkommen von relativem negativem Stimmgewicht untersucht, das sich auf die Sitzanteile (relativ zur jeweiligen Gesamtsitzzahl) bezieht. Außerdem geben wir das Vorkommen nur für die Überhanglisten und für die nicht überhängenden Listen getrennt an (Wahrscheinlichkeiten dafür, dass das jeweilige Stimmgewicht bei mindestens einer dieser Listen auftritt, können wir leider nicht angeben, da wir die dazu nötigen Daten bei der Simulation nicht festgehalten hatten).

Der Vergleich beider Simulationen zeigt auch, dass die Streuung bei der relativ geringen Fallzahl noch erheblich ist und insbesondere die Nachkommastellen mit Vorsicht zu genießen sind.

Ergebnisse

Die meisten Überschriften in den Tabellen enthalten Hinweise zur genaueren Interpretation, die als Tooltip sichtbar werden, wenn man mit dem Mauszeiger drüberfährt.

Wahlsystem Wahrscheinlichkeit insgesamt in Prozent Betroffene Landeslisten (von 80) Fälle nach Zählung des BMI (von 160)
2009 2005 2009 2005 2009 2005
BMI A B BMI A B A B A B BMI A B BMI A B
2009 (Sainte-Laguë) 100,099,899,9100,099,9100,07,237,217,597,648,808,598,439,739,789,87
2005 (Hare/Niemeyer) 99,999,9100,0100,09,269,469,219,5210,7410,7811,4211,79
Entwurf der Grünen 0,00,00,000,00,000,0
Entwurf der SPD 61,259,963,279,178,879,14,815,116,916,985,765,535,797,237,747,87
Entwurf der
Koalition
BMI-Methode 91,590,390,898,298,298,33,753,783,983,763,813,753,783,833,983,76
Nichtwähler 99,899,9100,0100,09,729,339,439,3010,6810,2910,9010,74
ungült. / NW 98,398,499,999,76,726,416,436,396,956,656,876,77
Beschluss-
empfehlung
BMI-Methode 1,41,51,50,90,71,30,050,060,030,050,060,050,060,020,030,05
Nichtwähler 97,897,199,099,06,826,628,258,157,297,099,098,90
ungült. / NW 79,376,284,985,03,583,334,184,223,583,334,184,22

Absolutes negatives und positives Stimmgewicht

Wahlsystem Negatives Stimmgewicht Positives Stimmgewicht Aufteilung der Landeslisten in 4 Kategorien
irgendwo Listen (%) irgendwo Listen (%) nur negativ nur positiv beides keines
2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005
2009 (Sainte-Laguë) 99,9100,09,09,6100,0100,077,876,53,73,572,570,45,36,118,520,1
2005 (Hare/Niemeyer) 99,9100,011,811,9100,0100,078,776,73,63,370,468,18,28,617,720,1
Entwurf der Grünen 0,00,00,00,0100,0100,083,080,00,00,083,080,00,00,017,020,0
Entwurf der SPD 63,279,16,48,7100,0100,086,081,71,81,681,574,64,57,112,116,6
Entwurf der
Koalition
BMI-Methode 90,898,34,74,7100,0100,078,076,71,31,074,573,03,53,720,722,3
Nichtwähler 99,9100,011,711,6100,0100,078,576,73,93,670,868,77,88,017,619,7
ungült. / NW 98,499,78,08,0100,0100,078,977,22,62,373,571,65,45,618,520,4
Beschluss-
empfehlung
BMI-Methode 1,51,30,10,1100,0100,074,672,30,00,074,572,20,10,125,427,7
Nichtwähler 97,199,08,310,2100,0100,075,973,53,84,471,367,84,55,720,422,0
ungült. / NW 76,285,04,25,3100,0100,075,973,52,22,873,871,02,02,522,023,7

Relatives negatives und positives Stimmgewicht

Wahlsystem Negatives Stimmgewicht Positives Stimmgewicht Aufteilung der Landeslisten in 4 Kategorien
irgendwo Listen (%) irgendwo Listen (%) nur negativ nur positiv beides keines
2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005
2009 (Sainte-Laguë) 99,7100,09,09,4100,0100,083,179,90,90,975,171,38,08,516,019,2
2005 (Hare/Niemeyer) 99,9100,014,114,5100,0100,083,780,31,21,170,866,912,913,415,218,6
Entwurf der Grünen 0,00,00,00,0100,0100,083,080,00,00,083,080,00,00,017,020,0
Entwurf der SPD 49,360,94,26,6100,0100,090,486,10,10,186,379,64,16,59,513,8
Entwurf der
Koalition
BMI-Methode 90,998,28,68,7100,0100,087,084,91,10,779,576,97,58,011,914,4
Nichtwähler 100,0100,025,224,1100,0100,088,986,72,12,165,864,623,022,09,011,2
ungült. / NW 99,8100,016,616,4100,0100,088,186,01,61,473,071,015,115,010,312,6
Beschluss-
empfehlung
BMI-Methode 1,51,40,10,1100,0100,085,882,90,00,085,882,90,10,114,117,1
Nichtwähler 100,0100,018,718,9100,0100,087,885,01,51,970,768,017,217,010,713,1
ungült. / NW 97,197,29,49,6100,0100,087,084,20,81,078,375,68,68,612,314,8

Absolutes negatives und positives Stimmgewicht bei Überhanglisten

Wahlsystem Negatives Stimmgewicht Positives Stimmgewicht Aufteilung der Landeslisten in 4 Kategorien
Listen (%) Listen (%) nur negativ nur positiv beides keines
2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005
„Überhanglisten“ sind hier Landeslisten, bei denen nach dem bisherigen Wahlsystem (mit Sitzverteilung nach Sainte-Laguë) mindestens 1 Überhangmandat aufgetreten ist. 2009 waren das bei der CDU die Listen in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und im Saarland sowie die Landesliste der CSU. 2005 waren es bei der SPD die Listen in Hamburg, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und im Saarland sowie bei der CDU die Listen in Sachsen und Baden-Württemberg.
2009 (Sainte-Laguë) 58,386,849,357,526,335,217,35,832,051,624,47,3
2005 (Hare/Niemeyer) 63,786,755,558,724,633,516,45,539,253,219,97,8
Entwurf der Grünen 0,00,096,194,00,00,096,194,00,00,03,96,0
Entwurf der SPD 36,948,770,081,515,814,449,047,221,134,314,24,0
Entwurf der
Koalition
BMI-Methode 31,148,046,956,26,610,322,418,524,537,746,533,5
Nichtwähler 52,472,547,848,925,633,021,09,526,739,426,618,1
ungült. / NW 41,860,950,854,416,922,625,916,124,838,332,323,1
Beschluss-
empfehlung
BMI-Methode 0,00,017,213,70,00,017,213,70,00,082,886,3
Nichtwähler 33,948,523,717,429,440,519,19,44,68,046,942,1
ungült. / NW 17,927,523,817,417,325,723,115,60,61,959,056,9

Relatives negatives und positives Stimmgewicht bei Überhanglisten

Wahlsystem Negatives Stimmgewicht Positives Stimmgewicht Aufteilung der Landeslisten in 4 Kategorien
Listen (%) Listen (%) nur negativ nur positiv beides keines
2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005
„Überhanglisten“ sind hier Landeslisten, bei denen nach dem bisherigen Wahlsystem (mit Sitzverteilung nach Sainte-Laguë) mindestens 1 Überhangmandat aufgetreten ist. 2009 waren das bei der CDU die Listen in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und im Saarland sowie die Landesliste der CSU. 2005 waren es bei der SPD die Listen in Hamburg, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und im Saarland sowie bei der CDU die Listen in Sachsen und Baden-Württemberg.
2009 (Sainte-Laguë) 57,986,395,191,72,56,939,712,455,479,32,41,4
2005 (Hare/Niemeyer) 64,086,695,693,12,55,534,112,161,581,11,91,3
Entwurf der Grünen 0,00,096,194,00,00,096,194,00,00,03,96,0
Entwurf der SPD 11,222,2100,099,70,00,288,877,711,222,00,00,1
Entwurf der
Koalition
BMI-Methode 30,647,091,892,21,72,263,047,528,944,86,45,5
Nichtwähler 58,575,793,292,13,45,738,022,155,170,03,52,2
ungült. / NW 44,862,892,992,72,64,150,734,042,258,74,53,2
Beschluss-
empfehlung
BMI-Methode 0,00,089,388,80,00,089,388,80,00,010,711,2
Nichtwähler 41,954,591,489,53,25,952,740,838,748,75,44,6
ungült. / NW 22,031,890,689,71,93,370,561,220,128,57,57,0

Absolutes negatives und positives Stimmgewicht bei überhangfreien Listen

Wahlsystem Negatives Stimmgewicht Positives Stimmgewicht Aufteilung der Landeslisten in 4 Kategorien
Listen (%) Listen (%) nur negativ nur positiv beides keines
2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005
„Überhangfreie Listen“ sind hier Landeslisten, die entweder kein Direktmandat haben oder bei denen nach dem bisherigen Wahlsystem (mit Sitzverteilung nach Sainte-Laguë) mindestens 1 Listenmandat angefallen ist. Neben den Überhanglisten sind damit 2009 bei der CDU die Liste in Hessen und bei der SPD die Listen in Bremen und Brandenburg ausgeschlossen; 2005 bei der SPD die Listen in Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Thüringen.
2009 (Sainte-Laguë) 1,41,781,478,50,20,280,377,01,11,518,421,3
2005 (Hare/Niemeyer) 3,94,181,778,50,40,278,274,63,53,917,921,3
Entwurf der Grünen 0,00,081,678,80,00,081,678,80,00,018,421,2
Entwurf der SPD 2,64,587,981,80,20,285,577,62,44,312,017,9
Entwurf der
Koalition
BMI-Methode 0,70,782,179,00,20,181,678,40,50,717,720,9
Nichtwähler 5,65,882,679,60,70,877,774,64,95,016,719,7
ungült. / NW 3,03,182,679,60,40,480,076,92,72,717,020,0
Beschluss-
empfehlung
BMI-Methode 0,10,181,578,30,00,081,578,20,10,118,521,7
Nichtwähler 5,06,582,079,10,71,077,773,64,35,517,319,9
ungült. / NW 2,53,282,179,10,30,679,976,52,12,617,620,3

Relatives negatives und positives Stimmgewicht bei überhangfreien Listen

Wahlsystem Negatives Stimmgewicht Positives Stimmgewicht Aufteilung der Landeslisten in 4 Kategorien
Listen (%) Listen (%) nur negativ nur positiv beides keines
2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005 2009 2005
„Überhangfreie Listen“ sind hier Landeslisten, die entweder kein Direktmandat haben oder bei denen nach dem bisherigen Wahlsystem (mit Sitzverteilung nach Sainte-Laguë) mindestens 1 Listenmandat angefallen ist. Neben den Überhanglisten sind damit 2009 bei der CDU die Liste in Hessen und bei der SPD die Listen in Bremen und Brandenburg ausgeschlossen; 2005 bei der SPD die Listen in Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Thüringen.
2009 (Sainte-Laguë) 1,31,681,978,90,10,080,677,31,21,618,021,1
2005 (Hare/Niemeyer) 6,47,082,479,10,40,476,472,56,06,617,220,5
Entwurf der Grünen 0,00,081,678,80,00,081,678,80,00,018,421,2
Entwurf der SPD 3,24,889,384,60,10,186,179,83,24,810,715,4
Entwurf der
Koalition
BMI-Methode 5,35,486,684,40,80,682,179,64,54,812,615,0
Nichtwähler 20,219,288,586,31,71,770,068,718,617,59,812,0
ungült. / NW 12,512,287,785,51,21,276,374,411,411,111,213,4
Beschluss-
empfehlung
BMI-Methode 0,10,185,582,70,00,085,482,70,10,114,517,3
Nichtwähler 15,715,487,484,71,31,473,070,814,413,911,313,9
ungült. / NW 7,87,586,583,90,60,779,377,17,26,812,815,3

Detailergebnisse

Wir stellen auch Detailergebnisse und den Programmcode zur Verfügung. Enthalten sind die zufällig generierten Basiswahlergebnisse der zweiten (ausführlicheren) Simulation als einfache Textdatei. Angegeben sind die prozentualen Anteile der Parteien auf Landesebene und bundesweit sowie die gewonnen Direktmandate. In den Detailergebnissen der Simulation sind die Fallzahlen für die einzelnen Landeslisten in diversen Kategorien aufgeführt. Zu beachten ist bei der Interpretation, dass bei Landeslisten mit absolut kleinen Zweitstimmenzahlen (kleine Parteien und/oder kleine Länder) wegen der beschränkten Bandbreite typischerweise weder negatives noch positives Stimmgewicht nachweisbar ist, auch wenn es tatsächlich auftritt.

Die erste Zahl in den Datensätzen ist die Anzahl der Fälle, in denen bei irgendeiner der Landeslisten das jeweilige Kriterium erfüllt war, die zweite gibt die Zahl der betroffenen Landeslisten an (summiert über alle simulierten Wahlergebnisse), die dritte ist die Summe der betroffenen Landeslisten, wenn man Fälle bei reduzierter und bei erhöhter Zweitstimmenzahl separat wertet. Für jede Kategorie ist auch die entsprechende einzelne Zählung enthalten; statt der dritten Zahl steht dabei minus (weniger Zweitstimmen) oder plus (mehr Zweitstimmen). Danach folgt absolut für Stimmgewicht in absoluten Sitzzahlen, relativ für solches in relativen Sitzanteilen oder abs+rel für Fälle, bei denen entweder absolutes oder relatives Stimmgewicht aufgetreten ist.

Danach wird unterschieden zwischen negativ für negatives Stimmgewicht, positiv für positives Stimmgewicht, pos+neg für Fälle, bei denen entweder positives oder negatives Stimmgewicht aufgetreten ist, nur neg (ausschließlich negatives Stimmgewicht) nur pos (ausschließlich positives Stimmgewicht) und keines (kein Stimmgewicht nachweisbar). Bei den letzten drei ist zu beachten, dass sie sekundär aus den anderen berechnet worden sind. Insbesondere bei keines sind deshalb manche Bedeutungen invertiert: Die erste Zahl bedeutet hier die Zahl der Fälle, in denen bei keiner Landesliste Stimmgewicht nachweisbar war. Ebenso bedeutet hier abs+rel, dass weder absolutes noch relatives Stimmgewicht nachweisbar war. Die letzten vier Kategorien summieren sich stets zur Gesamtzahl (1000 bei den einzelnen Landeslisten). Für intuitivere Angaben hätten wir die jeweiligen Fälle bereits bei der Simulation zählen müssen; das war aber erst eine spätere Idee.

Danach folgt die Angabe des Wahlsystems. Status quo ist das bisherige Wahlsystem, Reine Oberverteilung entspricht dem Gesetzentwurf der Grünen (wie genau eine reine Oberverteilung erzielt wird, spielt für die Berechnung keine Rolle), Koalition Änderung ist die Fassung des Koalitionsentwurfs nach dem Änderungsantrag wie in der Beschlussempfehlung, Wähler unverändert ist die BMI-Methode. Um auch noch den Gesetzentwurf der Linksfraktion zu integrieren, war die Zeit zu knapp.

In den folgenden Zeilen sind die Fallzahlen bei den einzelnen Landeslisten aufgeführt. Die erste Zahl ist jeweils die Summe aller Landeslisten der jeweiligen Partei. Sonstige Parteien haben grundsätzlich kein Stimmgewicht, könnten aber eines haben, wenn sie nah genug an der Sperrhürde waren. Um das zu beurteilen, fehlen aber die Grundlagen im Modell.

Der Programmcode ist eine einzelne C-Datei ohne spezifisches Build-Skript oder dergleichen. Entwickelt worden ist es unter Linux, wo es z.B. mit gcc --std=c99 -O2 -ffast-math -lrt bmi-studie-repro.c -obmi-studie-repro (eventuell erweitert um architekturspezifische Angaben) übersetzbar ist. U. ‍U. rentiert sich hier auch -O3. Einige Parameter lassen sich direkt in der Datei (ganz oben) setzen. PORTAB sollte portablen Code bewirken, wozu die automatische Initialisierung des Zufallszahlengenerators aus der aktuellen Uhrzeit weggelassen wird. Ohne explizite Angabe beim Programmaufruf wird dann immer mit 0 initialisiert, was bedeutet, dass stets die gleichen Ergebnisse produziert werden. Der Code sollte dann aber mit jedem C99-fähigen Compiler übersetzbar sein. Vorausgesetzt wird ein 64-Bit-Datentyp, aber das Programm sollte auch auf 32-bittigen Systemen laufen. Der Quelltext kann unter der GPLv3+-Lizenz weiterverwendet werden.

Der Programmaufruf erfolgt z.B. mit bmi-studie-repro 09 1000 10 77 > simulationsergebnis, womit das Wahlergebnis von 2009 zugrundegelegt wird (alternativ möglich ist 05 für 2005), 1000 Wahlergebnisse mit Schrittweite 10 analysiert werden und der Zufallszahlengenerator mit der Zahl 77 initialisiert wird. Die Angaben können von hinten weggelassen werden; dann werden Standardwerte verwendet (siehe oben im Quellcode). Die Ausgabe erfolgt in die angegebene Datei. Dabei wird standardmäßig ein Zwischenergebnis nach jeweils 100 Wahlergebnissen ausgegeben (was heißt, dass das endgültige Ergebnis schließlich am Ende der Datei zu finden ist). Für 1000 Wahlergebnisse bei Schrittweite 10 muss man auf einem üblichen PC mit etlichen Stunden Laufzeit rechnen.

Die Ergebnisse der ersten Simulationsreihe sind mit 1000 Wahlergebnissen, Schrittweite 10 und Initialisierung 77 (2009) bzw. 88 (2005) unter Verwendung des Zufallszahlengenerators aus Java (SIMPLE_RAND gesetzt, SIMPLE_RAND_32 nicht) erzeugt worden. Der Programmcode hat sich seitdem stark verändert, aber die verwendete Zufallszahlenfolge sollte gleich geblieben sein. Bei der zweiten Simulationsreihe waren es 1000 Wahlergebnisse, Schrittweite 8 und Initialisierung 333 (2009) bzw. 444 (2005) unter Verwendung des Tausworthe-Zufallszahlengenerators (SIMPLE_RAND nicht gesetzt). Der Zufallszahlengenerator spielt für die Performance keine wesentliche Rolle. Man kann also ohne Bedenken den besseren (Tausworthe) nehmen, obwohl auch die Qualität des Zufallszahlengenerators hier ziemlich egal ist (die Qualität wird viel stärker vom Modell begrenzt). Der Zufallszahlengenerator sollte immer mit unterschiedlichen Werten initialisiert werden, wenn man nicht beabsichtigt, ein vorheriges Ergebnis exakt zu reproduzieren.


von Andreas Schneider (28.09.2011, letzte Aktualisierung: 29.09.2011)