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12.05.2014
Am 10. April 2014 fand in Berlin die Fachkonferenz Demokratie und Demoskopie – Wechselverhältnis und Einflussfaktoren statt. Sie wurde von der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Kooperation mit dem Bereich „Empirische Politikforschung“ des Instituts für Politikwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz veranstaltet.
Die Tagung eröffnete der Vorsitzende der FES, Kurt Beck. Nach einem Eröffnungspanel mit Thorsten Faas (Uni Mainz) und Carsten Reinemann (LMU München) folgten fünf parallele Fachforen. Abschließend gab es nach einem Impulsvortrag der SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi eine Diskussionsrunde mit ihr, Jörg Schönenborn (WDR) und Yvonne Schroth (Forschungsgruppe Wahlen).
Die Veranstaltung wurde per Livestream auf sagwas.net, dem Debattenportal der FES übertragen, die Aufzeichnungen finden sich im YouTube-Channel der FES. Die zum Teil von den Referenten vorbereiteten Thesenpapiere und Präsentationen haben wir – soweit verfügbar – mit freundlicher Genehmigung der Autoren weiter unten dokumentiert.
Eine Ursache für das Scheitern der FDP an der Fünfprozenthürde bei der Bundestagswahl 2013 sehen die Referenten des Eröffnungspanels in der Demoskopie bzw. in den veröffentlichten Umfragen vor der Wahl, die mögliche FDP-Wähler in falsche Sicherheit gewogen hätten. Den großen Hebel auf das Wahlverhalten erhält die Demoskopie dabei durch die Fünfprozenthürde. Wohl das künftige Lehrbuchbeispiel ist dabei die Landtagswahl in Niedersachsen 2013, bei der die FDP in den Umfragen vor der Wahl bei 4 bis 5 Prozent gesehen wurde, am Wahltag aber 9,9 Prozent erreichte.
Die wahlergebnisverändernden Auswirkungen der Demoskopie wurden auf die Sperrklausel als Hauptursache zurückgeführt, womit implizite Kritik am grundsätzlichen Konzept von derartigen Zugangshürden zum Ausdruck kommt. Demgegenüber brachte Kurt Beck auch einen rechtfertigenden Aspekt für eine Sperrklausel zur Sprache ("stabiles Gemeinwesen" – Aufzeichung ab 01:29:25).Mehrfach angesprochen wurde auf der Tagung auch die Transparenz von Umfragen. Richard Hilmer (Geschäftsführer von Infratest dimap) verwies u. a. auf die nach den Forderungskatalogen der nationalen bzw. internationalen Fach- und Berufsverbände (ADM / BVM / ESOMAR / WAPOR) bestehenden Veröffentlichungspflichten – vom Zeitpunkt und dem Verfahren der Erhebung bis zum Wortlaut und der Abfolge der Fragen usw. – die im Gegensatz zu Deutschland in anderen Ländern deutlich ernster genommen und von den deutschen Instituten unterschiedlich gehandhabt werden. Hilmer bat die Wissenschaft darum, die Transparenzforderungen auch an die Institute zu stellen (siehe die Aufzeichnung). Als kleine Anmerkung von uns: In bestimmtem Maße sind diese Transparenzanforderungen in Deutschland auch für die Presse als sehr häufiger Auftraggeber von Umfragen (wie Wahlumfragen) schon länger als Richtlinie im Pressekodex vorgegeben.
Als Referent in einem der fünf Fachforen konnte ich naturgemäß nur dieses besuchen: Im Fachforum 5 „Wer darf was? Rechtliche Fragen zur Demoskopie in der Demokratie“ erkennt Thomas Vesting (Uni Frankfurt) in seinem Thesenpapier eine Art Recht auf einen Überraschungseffekt bei Wahlen und sieht Argumente für ein Veröffentlichungsverbot von Umfragen vor einer Wahl, das auch vor dem Bundesverfassungsgericht standhalten würde. Ich hielt das Prinzip Transparenz hoch, das aus der Perspektive der Wähler und den Wahlgrundsätzen folgt. Argumente für ein Veröffentlichungsverbot müssen auf diesen Prinzipien beruhen.
Das Thema der veröffentlichten Meinungsumfragen kurz vor der Wahl – das ZDF hat erstmals eine Umfrage (der FGW) drei Tage vor der Wahl veröffentlicht – war dabei in den meisten Veranstaltungen und in der Abschlussdiskussion Thema.