Vor 650 Jahren: Karl IV. besiegelte Regelungen zur Königswahl
Verkündung des ersten Teils der Goldenen Bulle, des Grundgesetzes des Reiches
Nach langwierigen Verhandlungen einigte sich vor 650 Jahren König Karl IV. mit den Kurfürsten unter Beteiligung der deutschen Reichsstände auf ein Grundgesetz für das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Der Name Goldene Bulle für dieses Gesetzeswerk – wegen der goldenen Siegelkapsel – bürgerte sich erst ab etwa 1400 ein, Karl IV. selbst bezeichnete es ursprünglich als „unser keiserliches rechtbuch“. Verkündet wurde die ersten 23 Artikel am 10. Januar 1356 auf dem Nürnberger Reichstag.
Diese Artikel regelten vor allem die Wahl des Königs, aber auch die Rechte und Pflichten der Kurfürsten, benannten dabei explizit die Kurfürsten und ihre Fürstentümer sowie bestimmten die Erbfolge der weltlichen Kurfürsten. Die Stellung der Kurfürsten gegenüber dem König wurde dadurch gefestigt.
Zur Königswahl wurde u. a. festgelegt:
- Wahlberechtigt sind die sieben Kurfürsten – u. a. Kap. I (8–12) und IV (2).
- Die Königswahl ist formell unabhängig von der Zustimmung des Papstes. Der Papst wird im Vertragtext nicht erwähnt.
- Die Wahl muß nicht mehr einstimmig erfolgen, sondern nur mit Mehrheit – Kap. II (3).
- Bis zur erfolgreichen Wahl eines Königs dürfen die Wähler Frankfurt nicht mehr verlassen – Kap. II (3).
- Wenn nach 30 Tagen noch kein erfolgreiche Wahl erfolgte, dürfen die Kurfüsten nur noch Wasser und Brot zu sich nehmen – Kap. II (3).
- Als Ort der Wahl wird Frankfurt am Main festgelegt – Kap. I (15).
- Es ist die Aufgabe des Erzbischofs von Mainz, alle Kurfürsten per Brief zur Wahl zu laden – Kap. I (15).
- Es gilt eine dreimonatige Frist nach Einladung, um zur Wahl in Frankfurt zu erscheinen – Kap. I (16).
- Der Erzbischof von Mainz übernimmt die Leitung der Wahl, befragt die anderen Kurfürsten in einer festgelegten Reihenfolge und gibt als letzter seine Stimme ab – Kap. IV (2).
- Ein Kurfürst kann sich durch einen Bevollmächtigen bei der Wahl vertreten lassen – Kap I (1, 18) – Die Form und den Text des Vollmachtsfomular beschreibt Kap XIX.
- Die Selbstwahl ist zulässig – Kap. II (5).
Die Kurfürsten und Reihenfolge bei der Stimmabgabe
- Erzbischof von Trier
- Erzbischof von Köln
- König von Böhmen
- Pfalzgraf bei Rhein
- Herzog von Sachsen
- Markgraf von Brandenburg
- Erzbischof von Mainz
Die Reihenfolge der Stimmabgabe ergab sich aus Kap. IV (2).
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