Nachwahl

[Wahlrechtslexikon]

Definition

Unter Nachwahl kann man zwei verschiedene Dinge verstehen:

  1. Wahl als Ersatz der Hauptwahl (nach § 43 Bundeswahlgesetz) und
  2. Ersatzwahl für einen Abgeordneten, der aus dem Parlament ausgeschieden ist.
  3. Und dann gibt es noch eine Wiederholungswahl, die nach einer durch ein Wahlprüfungsverfahren ungültigen Wahl angewiesen werden kann.

Verwirrenderweise nennt das Bundeswahlgesetz nur den ersten Sachverhalt Nachwahlen und den zweiten Ersatzwahlen, wogegen das Wahlgesetz zum ersten Deutschen Bundestag die Ersatzwahlen Nachwahlen nannte.

1. Wahl als Ersatz der Hauptwahl

Bei einer Bundestagswahl findet eine Nachwahl (als Ersatz der Hauptwahl) statt, wenn

Tod eines Wahlkreisbewerbers

Andere Gründe (Naturkatastrophe, höhere Gewalt)

(Vgl. § 43 BWahlG und § 82 BWO)

Im Gegensatz dazu können beispielsweise bei den bayerischen Landtagswahlen Stimmen für einen verstorbenen Bewerber abgegeben werden. Nach dessen eventueller Wahl wird der erste Listennachfolger auf dem betreffenden Wahlkreisvorschlag einberufen, so als wäre der Tod des Bewerbers erst nach der Wahl eingetreten.

Bisherige Nachwahlen

Bei der Bundestagswahl 2005 gab es eine, in den Medien vielbeachtete Nachwahl im Wahlkreis 160 (Dresden I) zwei Wochen nach dem Tag der Hauptwahl.

Bei der vorhergehenden Wahl zum 15. Deutschen Bundestag 2002 wurden infolge des Todes jeweils eines Wahlkreisbewerbers von der CDU bzw. der PDS Nachwahlen im Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen und Passau – allerdings noch am Tag der Hauptwahl – durchgeführt.

Ebenfalls in zwei Wahlkreisen musste bei der Bundestagswahl 1965 nach dem Tag der Hauptwahl nachgewählt werden. Im Wahlkreis 236 (Schweinfurt) wurde 14 Tage nach der Hauptwahl der CSU-Bewerber Max Schulze-Vorberg mit 60,8 % der gültigen Erststimmen gewählt, nachdem zwei Tage vor der Wahl der Wahlkreisbewerber der Deutschen Friedensunion, Prof. Dr. Dr. Ernst Meier, gestorben war. Im Wahlkreis 135 (Obertaunuskreis), wo der Kandidat der Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher vor dem Wahltag Selbstmord verübte, ging es spannender zu: Der nicht auf der Landesliste abgesicherte CDU-Kandidat Walther Leisler Kiep benötigte das Direktmandat, das bei der Wahl 1961 noch von der SPD gewonnen wurde. Die FDP brauchte hingegen ein gutes Zweitstimmenergebnis, um nicht bundesweit einen Sitz zu verlieren, und forderte die Wähler zum Stimmensplitting auf. Die Rechnung ging auf: Die FDP gewann 8,2 % mehr Zweit- als Erststimmen, während Kiep die meisten Erststimmen gewann, obwohl die SPD nach Zweitstimmen vorne lag.

Der Tod des SPD-Kandidaten führte bei der Bundestagswahl 1961 zu einer Nachwahl im Wahlkreis 151 (Cochem). Es gewann der CDU-Kandidat Paul Gibbert.

Die letzte Nachwahl bei einer Bundestagswahl im letzten Jahrtausend fand am 1. Februar 1987 in einem Wahlbezirk im hessischen Walldorf-Mörfelden statt. Sie wurde erforderlich, nachdem am eigentlichen Wahltag acht schwarzgekleidete Personen in den Wahlraum stürmten und einen Molotowcocktail in die Wahlurne warfen, so dass nahezu sämtliche Wahlzettel verbrannten. Die Täter entkamen unerkannt.

2. Ersatzwahl wegen Ausscheidens eines Wahlkreisabgeordneten

In der ersten Wahlperiode 1949–53 des Deutschen Bundestages mussten Ersatz-Nachwahlen dann durchgeführt werden, wenn ein im Wahlkreis Direktgewählter während der Wahlperiode aus dem Deutschen Bundestag ausschied. Ersatzwahlen, also Wahlen nach dem Tod eines gewählten Abgeordneten, sind bei Bundestagswahlen nun nur noch bei direktgewählten Abgeordneten ohne Landesliste möglich.

3. Wiederholungswahl

Wird im Wahlprüfungsverfahren eine Wahl ganz oder teilweise für ungültig erklärt, so ist die Wahl nach Maßgabe der Entscheidung zu wiederholen.


von Martin Fehndrich und Wilko Zicht (16.08.2002, letzte Aktualisierung: 19.04.2006)