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Bobo Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 29. Mai 2013 - 21:51 Uhr: | |
Umfragen und Umfrageergebnisse sind ein Teil der politischen Kommunikation. Es werden ja nicht nur Parteipräferenzen erfragt, sondern etwa auch Meinungen zur aktuellen Tagespolitik (etwa beim "Deutschlandtrend"). Sie beeinflussen nicht nur das Wählerverhalten, sondern auch zu einem nicht unerheblichen Teil das Verhalten der Parteien (bzw. diesbzgl. Handlungsträger). Auch wenn der eine oder andere Politiker Umfrageergebnisse herunterspielen will, so schauen die Partei- bzw. Wahlkampfstrategen doch sehr genau hin. Umfrageskeptiker schrieb: > In Niedersachsen ist das FDP-Ergebnis um 98% von der veröffentlichten > Umfrage abgewichen. Ich halte Instuitute, die nicht in der Lage sind, > Abweichungen in dieser Größenordnung zu vermeiden für nicht seriös. Die Seriösität misst sich daran, ob und welche wissenschaftliche Standards eingehalten und offen gelegt werden. Man hat es in der Regel mit relativ kleinen Stichproben zu tun, und Ausreißer kann es immer 'mal geben. Die Leute müssen einfach begreifen, dass Umfrageergebnisse immer mit etwas Vorsicht zu genießen sind; sie sind kein Orakel. > Und die Institute müssen sich - wenn sie direkt vor einer Wahl ein > Umfrageergebnis veröffentlichen - daran festhalten lassen, dass dieses > in der Öffentlichkeit als Prognose angesehen wird und ihre > Erhebnungsmethoden darauf einstellen. Nein. Seriöse Institute müssen nur nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Standards vorgehen. Wenn das wesentliche zur Erhebung offen gelegt wird, dann sagen die Ergebnisse nur das aus, was sich aus dem jeweiligen mathematisch statistischen Modell ergibt. MfG Bobo. |

Umfrageskeptiker Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 29. Mai 2013 - 21:59 Uhr: | |
@ Bobo: "Nein. Seriöse Institute müssen nur nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Standards vorgehen. Wenn das wesentliche zur Erhebung offen gelegt wird, dann sagen die Ergebnisse nur das aus, was sich aus dem jeweiligen mathematisch statistischen Modell ergibt." Nein, ist der Standard nicht in der Lage, auch nur annähernd richtige Ergebnisse für alle Parteien vorherzusagen, ist er ungeeignet und wer ungeeignete Standards verwendet ist nicht seriös. Hat er keinen geeigneten Standard, dann soll er sich aus dem Gewerbe verabschieden. Das Publikum erwartet von den veröffentlichten Umfragedaten, dass sie zumindest Annähernd dem Ergebnis entsprechen. Diese Erwartung muss von denen, der entsprechende Umfragedaten veröffentlicht auch befriedigt werden, ansonsten entspricht seine Arbeit nicht den Qualitätsmaßstäben, die an sie angelegt werden müssen. In einer Marktwirtschaft wie der Bundesrepublik hat sich das Angebot nach der Nachfrage zu richten. |

Jan W.
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| Veröffentlicht am Mittwoch, 29. Mai 2013 - 22:55 Uhr: | |
@Umfrageskeptiker Auf welche Erhebungsmethode soll man denn umstellen? Die Kristallkugel ist ja noch nicht serienreif. Wie wenn nicht so ( http://www.wahlprognosen-info.de/img/keineprognose.png ) soll man denn noch der Publikumsdummheit bei der letzten Sonntagsfrage begegnen? Wer eine Weissagung will, soll ins entsprechende Zelt auf dem Jahrmarkt gehen - und sich nicht darüber beschweren, dass eine Abbildung der politischen Stimmung im Erhebungszeitraum keine Prognose ist. |

Björn
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| Veröffentlicht am Mittwoch, 29. Mai 2013 - 23:41 Uhr: | |
"Das Publikum erwartet von den veröffentlichten Umfragedaten, dass sie zumindest Annähernd dem Ergebnis entsprechen." Wie schon mal angeführt, das Ergebnis der Niedersachsenwahl ist jedenfalls in der Hinsicht richtig gewesen, indem die Umfragen, die beiden Lager CDU/FDP und SPD/Grüne ziemlich exakt beurteilt haben. Dass der Austausch innerhalb von CDU und FDP so groß war, ist halt ein Fehler, der maßgeblich aus der Diskussion um die Zweitstimmenkampagne herrührte und der in der Tat unterschätzt worden ist. Aber vom Gesamtbild her war es schon recht genau. |

Umfrageskeptiker Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 29. Mai 2013 - 23:55 Uhr: | |
@Björn: Es geht nicht um das Lager, es geht um die einzelne Partei, denn es stehen auf dem Wahlzettel Parteien und keine "Lager"! Und damit ist das Gesamtbild eben nicht abgebildet. |

Jan W.
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| Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Mai 2013 - 00:02 Uhr: | |
Lagerinterne Verschiebungen sind für das letztendliche Ergebnis ("wer regiert mit wem") in der Regel irrelevant. |

Thomas Frings
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| Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Mai 2013 - 15:04 Uhr: | |
"Lagerinterne Verschiebungen sind für das letztendliche Ergebnis ("wer regiert mit wem") in der Regel irrelevant." Eben nicht. Hätte die FDP 2005 einen Prozentpunkt mehr geholt bei der BTW auf Kosten Union, wäre Schröder Kanzler geblieben und Merkel wäre erledigt gewesen. Das hätte zwar nicht unbedingt zu einer anderen Koalition geführt, wäre aber keineswegs irrelevant gewesen. 1987, 1999 und 2008 hätte in Hessen eine geringfügig andere Stimmenverteilung zwischen CDU und FDP einiges ändern können. 1987 und 1999 hätte das zum Patt bzw. zu einer rot-grünen Mehrheit führen können, 2008 dazu, dass die CDU nicht stärkste Partei geworden wäre, so dass die SPD vielleicht nicht das Risiko eingegangen wäre, es mit der Linkspartei zu versuchen. 1987 und 2008 hätte auch eine leicht andere Verteilung zwischen SPD und Grünen das Ergebnis wesentlich ändern können. 1995 wäre die SPD in Bremen in der Opposition gelandet, wenn die Stimmen zwischen CDU und FDP besser verteilt gewesen wären. Die Beispiele ließen sich fortsetzen. |

Jan W.
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| Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Mai 2013 - 15:50 Uhr: | |
@TF Danke für Ihre Aufzählung von Ausnahmen, die die Regel bei Standardkonstellationen nicht außer Kraft setzen. Standardkonstellation heißt hier: schwarz-gelb gegen rot-grün (inkl. gegenseitiger Koalitionsaussagen) mit einem "Kontinuum möglicher Ergebnisse", dass sich im Bereich schwarz-gelb - Patt/Lagerübergreifendes - rot/grün bewegt. Ausdrücklich nicht erfasst sind hier Rundungsdefekte und -effekte. Ebensowenig die letzten Wahlen in Berlin und im Saarland, als schwarz-gelb entweder komplett illusorisch war (BE) oder gar nicht angestrebt wurde (SL). In Hessen 08 war die Ausgangssituation zunächst erstmal eindeutig: die Umfragen deuteten korrekterweise auf Kopf-an-Kopf zwischen schwarz-gelb und Patt/Lagerübergreifendes. Frau Y hat dann nur lagerübergreifend in eine andere Richtung interpretiert. Ostwahlen mit 3 Volksparteien und solche mit Einmalparteien (Schill, Statt, usw.) folgen genauso anderen Regeln, wie solche mit einem Absolute-Mehrheit-Szenario. Ist Schwarz-Gelb realistisch entsteht daraus in der Regel eine Art "5%-Lebensversicherung" für die FDP, ähnlich kann sich ein schwacher CDU-Spitzenkandidat (z.B. Röttgen) auswirken. Ohne eine Koalitionschance oder lagerinterne Proteststimmen wird der Kampf für die FDP in der Regel extrem hart. |

Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Mai 2013 - 22:11 Uhr: | |
"Danke für Ihre Aufzählung von Ausnahmen, die die Regel bei Standardkonstellationen nicht außer Kraft setzen. Standardkonstellation heißt hier: schwarz-gelb gegen rot-grün (inkl. gegenseitiger Koalitionsaussagen)" Es gibt ja auch noch die Kommunisten, die wahrscheinlich nicht aus dem Bundestag fliegen werden. Beispiele kann man für jede Bundestagswahl finden. 1994: Union +2, FDP -2 -> keine schwarz-gelbe Mehrheit 1998: SPD +1,8, Grüne -1,8 -> keine rot-grüne Mehrheit 2002 SPD +3,6, Grüne -3,6 ->keine rot-grüne Mehrheit SPD oder Grüne -1,1, PDS +1,1 -> keine rot-grüne Mehrheit Eine Direktmandat mehr für die PDS und weniger für die SPD -> keine rot-grüne Mehrheit 2005: SPD +3,2, Grüne -3,2 -> schwarz-gelbe Mehrheit SPD +1, Grüne oder Linkspartei -1 -> Merkel wäre nicht Kanzlerin geworden SPD oder Grüne +3,8, Linkspartei -3,8 -> rot-grüne Mehrheit 2009 Union +9,6, FDP -9,6 -> keine schwarz-gelbe Mehrheit "Ist Schwarz-Gelb realistisch entsteht daraus in der Regel eine Art "5%-Lebensversicherung" für die FDP, ähnlich kann sich ein schwacher CDU-Spitzenkandidat (z.B. Röttgen) auswirken. Ohne eine Koalitionschance oder lagerinterne Proteststimmen wird der Kampf für die FDP in der Regel extrem hart." Mir fallen auch ein paar Gegenbeispiele ein, wo die FDP entweder bei Abwesenheit von beidem reinkam oder bei Anwesenheit von beidem draußen blieb. Wenn ich mich auf eindeutige Fälle seit 1982 beschränke, fallen mir spontan ein: Hamburg 2004, 2008 Europa 2004 Saarland 2004 Berlin 2006 Bremen 2007 Mecklenburg-Vorpommern 2006 Baden-Württemberg 1984 Hessen 1982 NRW 1990 Es ist auch nicht so selten gewesen, dass Union und FDP gleichzeitig gewonnen oder verloren haben, z. B. bei den Bundestagswahlen 1994, 1998 und 2002. Außerdem kann man nicht gleichzeitig behaupten, lagerinterne Verschiebungen seien egal und die FDP käme nur durch koalitionstaktisches Wählen rein, ohne sich selbst zu widersprechen. |

Bobo Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Freitag, 31. Mai 2013 - 19:34 Uhr: | |
@Umfrageskeptiker Umfrageinstitute sind Dienstleister für einen Auftraggeber und müssen allenfalls dessen Erwartungen erfüllen. (Wenn Sie schon von Marktwirtschaft reden.) Der springende Punkt ist aber, dass etwa die Umfrageergebnisse von intratest-dimap kurz vor der Niedersachsenwahl tatsächlich das Stimmungsbild abgebildet haben könnten. Dass es dann für den einen oder anderen doch größere Abweichungen am Wahltag gab, lässt nicht den Schluss zu, dass die Umfrageergebnisse im Erhebungszeitraum nicht eine angemessene (im Rahmen von Toleranzgrenzen) Stimmungslage lieferten. Dass sich offenbar viele CDU-Anhänger kurzfristig doch noch dazu entschlossen haben, ihre Stimme der FDP zu geben - und zwar in einem relativ großen Umfang -, ist sicher eine Situation, die als Erfahrungswert in zukünftige Modelle mit einfließen könnte. Dennoch, solche Umfrageergebnisse sind keine Prognosen (was von Laien leider oft nicht auseinander gehalten wird). Jan W. hat hier eine entsprechende Grafik noch einmal verlinkt. Ich möchte seinen Beitrag noch um ein Interview mit Herrn J. Schönenborn ("Deutschlandtrend", ARD) ergänzen: http://www.drehscheibe.org/interview-mit-joerg-schoenenborn.html MfG Bobo. |

Jan W.
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Freitag, 31. Mai 2013 - 21:57 Uhr: | |
@TF Spätestens Ihr 2009er Beispiel zeigt, wie sehr die Beispiele an den Haaren herbeigezogen sind. Die Wähler eines Lagers sorgen für den Juniorpartner, wenn ein Sieg möglich scheint. Ihre Gegenbeispiele für die FDP-Lebensversicherung sind überwiegend ein Panoptikum der Nicht-Standardlagerwahlkampf-Szenarien, die ich explizit ausgeschlossen hatte: hier ging es um absolute Mehrheiten, sozialliberale Koalitionen, geplatzte Koalitionen mit Einmal-Parteien, die Besonderheiten von Ost-Wahlen, und so weiter ... Übrigens heißt "harter Kampf" auch nicht, dass ich für entsprechende Fälle ein sicheres Scheitern der FDP an der 5%-Hürde vorhersage. Lagerinterne Verschiebungen sind insofern egal, als am Ende bei einem Umfragestand von SG > RG +(sonstige über 5%) die schwarz-gelben Wähler auf jeden Fall durch koalitionspragmatisches Wählen dafür sorgen, dass alle schwarz-gelben Stimmen im Parlament vertreten sein werden. Daher ist bei Umfragen irrelevant, ob schwarz-gelb bei 41+4 oder bei 39+6 steht - das schiebt sich am Wahltag zurecht. Teil des koalitionspragmatischen Spielchens ist es, dass die FDP in den letzten Tagen mit Störern auf den Wahlplakaten (gleicher Pinkton wie bei den Grünen) besonders um Zweitstimmen wirbt und die Union darauf antwortet, dass sie keine Stimme zu verschenken hat. Das Spielchen funktioniert nur dann nicht, wenn entweder die Union die FDP explizit fallen lässt oder offiziell wie in Niedersachsen mitspielt: dann stürzt die FDP entweder ins Nichts oder geht durch die Decke, weil sie "überliehen" wird. @Bobo Danke für den interessanten Link - da wird auch klar, was die ARD und Infratest dimap von falschen Versprechungen wie in der HAZ (vom Umfrageskeptiker erwähnt) hält. |

nowhereman
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| Veröffentlicht am Sonntag, 02. Juni 2013 - 08:44 Uhr: | |
@ Jan W. Schwacher Kandidat ist immer aus einer retroperspektivischen Betrachtung zu sehen und außerdem subjektiv. Kohl war 1998 sicher nicht schwach, aber vielleicht zu lang im Amt. Ich denke, Mappus galt auch nicht als schwach, hat aber etwa bei S21 falsche Weichen gestellt. Y. war nicht sehr stark, konnte aber Koch in Schwierigkeiten bringen, ok. geschäftsführend blieb er im Amt, weil Hahn es so wollte. Hier wird oft eine Legende gestrickt. Y. glaubte wirklich am Wahlabend, die FDP würde das Lager wechseln, die Linken kamen erst ein paar Tage später ins Spiel. Es gab auch mal die Reps( ja es gab sie), die haben in BW in den 90-er Jahren sehr überraschende Erfolge erzielt, wobei Teufel (CDU), Döring(FDP) und Spöri (SPD) das Beste waren, was die Parteien bieten konnten und die Grünen damals noch keinen Übervater wollten. Die Ergebnisse waren wenig erfreulich, sieht man von den Grünen ab. Von besonderen Ostverhältnissen wie in Sachsen, wo es RG so gar nicht gibt oder Bayern, wo die CSU wohl trotz Affairen 2013 die Mehrheit bekommt, möchte ich erst gar nicht sprechen. Kann aber auch sein, dass sie so viele Ausnahmen in dem Modell zulassen, das zumindest ich kein Modell mehr erkennen kann... In Ihren Überlegungen fehlen auch die Nichtwähler, die einen recht bunten (kaum sauber darstellbaren) Haufen bilden und zahlenmäßig eher ansteigen. Medial rüsten diese immer mehr auf, früher hatten die schlechtere Karten bei ARD/ZDF. In Talkshows vor 2009 waren Schauspieler oder Journalisten dieser Spezies häufig zu sehen und sie werden wieder kommen und vielen aus dem Herzen sprechen... |

Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Sonntag, 02. Juni 2013 - 13:37 Uhr: | |
@Jan W. "Ihre Gegenbeispiele für die FDP-Lebensversicherung sind überwiegend ein Panoptikum der Nicht-Standardlagerwahlkampf-Szenarien, die ich explizit ausgeschlossen hatte: hier ging es um absolute Mehrheiten, sozialliberale Koalitionen, geplatzte Koalitionen mit Einmal-Parteien, die Besonderheiten von Ost-Wahlen, und so weiter ..." Bei so vielen Ausschlüssen bleiben nicht viele "Standardlagerwahlkämpfe" übrig. Wahlen, mit klarer Schwarz/Gelb-gegen-Rot/Grün-Frontstellung mit realistischer Chance auf eine Mehrheit für beide Lager, bei Abwesenheit von Chancen auf eine absolute Mehrheit und sonstiger relevanter Parteien, wobei es keine Proteststimmung gibt und kein Spitzenkandidat seiner Partei mit Dummheiten Probleme bereitet, sind klar die Ausnahme. In Bayern, Berlin, Bremen, dem Saarland und dem Osten ab es diese Konstellation sogar zweifellos noch nie. Die FDP kam auch in "Nicht-Standardlagerwahlkampf-Szenarien" oft rein, aber 2011 fehlte in BW nicht viel zum Rausflug aus dem Landtag, obwohl sie dort immer im Landtag war und es zum ersten Mal überhaupt einen ergebnisoffenen Lagerwahlkampf gab. Gerade bei einer offenen Wahl mit relativ viel taktischem Wahlverhalten bieten Umfragen keine verlässliche Grundlage für taktisches Wahlverhalten. Ein pragmatischer niedersächsischer CDU-Wähler konnte ja auch CDU wählen und sich darauf verlassen, dass genug andere FDP wählen werden. Wenn Umfragen wirklich für viele Wähler Entscheidungshilfe sind, muss der Wähler nicht nur das Umfragergebnis selbst beachten (und darauf vertrauen, dass es zuverlässig ist), sondern auch die Reaktionen der anderen Wähler auf die Umfrage richtig einschätzen. Einer Partei, die unter 5% landen könnte, können ja auch die Wähler gerade deswegen davonlaufen, auch das kam öfter vor, auch bei der FDP. |

Jan W.
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Sonntag, 02. Juni 2013 - 16:27 Uhr: | |
Lieber Thomas Frings, ich habe das in einem Umfeld geäußert, in dem es um die Frage der Genauigkeit der Niedersachsen-Umfragen ging - und infolge dessen auch um die Aussichten für die kommende Bundestagswahl. Genau das sind diese Standardkonstellationen ... und die gibt es auch bei sehr vielen Landtagswahlen. Unterm Strich habe ich festgestellt: koalitionspragmatisch wird gewählt, wenn koalitionspragmatisches Wählen Sinn macht. Keinen Sinn macht eine Stimme für die FDP für einen Unionsanhänger, wenn er seiner Partei dadurch die absolute Mehrheit kaputt macht. Sinn macht es für Unionsanhänger, wenn er dadurch seiner Partei die Führung einer lagerreinen Regierung statt einer lagerübergreifenden Regierung oder dem Oppositionsstatus erspart. Für die Niedersachsen-Wahl kann man rückblickend sagen: alle CDU-Wähler haben CDU gewählt - so würde ich jedenfalls den Ausdruck "CDU-Wähler" definieren. Es ist ja eben so, wenn sich ALLE darauf verlassen, der Koalitionspartner wird schon irgendwie reingewählt, dann kann das schiefgehen. Und da sich die Wähler nur schwer gegenseitig einschätzen können, kann es eben auch dazu kommen, dass eine Partei "überliehen" wird. Der freie Fall wird aber erst dann für die FDP wahrscheinlich, wenn es bei einer Wahl kein schwarz-gelbes Lager gibt (AKK's Pro-Große-Koalition-Wahlkampf, extreme Übermacht linker Parteien in BE und HB und mancherorts im Osten). |

Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Montag, 03. Juni 2013 - 19:39 Uhr: | |
@Jan W. Dass einige Wähler koalitionstaktisch wählen, hat hier doch keiner bestritten. Allerdings ist das nicht immer der Fall und dann auch nicht unbedingt sinnvoll, wie z. B. bei der Bundestagswahl 1983. Allerdings kann es doch sinnvoll sein, die absolute Mehrheit der präferierten Partei bewusst zu verhindern, wenn eine andere Partei ein Korrektiv sein soll. |

Jan W.
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Montag, 03. Juni 2013 - 23:07 Uhr: | |
Würden Sie denn die Wahl 1983 als besonders repräsentativ sehen? Die FDP hatte gerade das Lager gewechselt, die Grünen waren erstmals in nennenswerter Größe dabei, aber rot-grün noch kein Lager ... Teilweise ist bei Ihnen die Lust am Widersprechen größer als die Treffsicherheit der Gegenbeispiele. Wer durch seine Stimmabgabe gezielt die Alleinherrschaft durch die Seniorpartnerschaft in einer Koalition ersetzt, ist aber ggf. Anhänger des Koalitionspartners - oder präferiert vor allem die Koalition. |

Umfrageskeptiker Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Dienstag, 04. Juni 2013 - 14:29 Uhr: | |
@ Jan W. Jede Wahl gleicher Ebene ist gleich repräsentativ, weil die das gleiche Ziel, nämlich die Wahl eines Parlaments hat. Insofern müssen auch alle wahlen einer Ebene miteinander vergleichbar sein. Lager gibt es wahlrechtlich (im Gegensatz z,.B. zu Italien) in Deutschland nicht. Jede Partei tritt für sich alleine an. |

Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Dienstag, 04. Juni 2013 - 18:19 Uhr: | |
"Würden Sie denn die Wahl 1983 als besonders repräsentativ sehen? Die FDP hatte gerade das Lager gewechselt, die Grünen waren erstmals in nennenswerter Größe dabei, aber rot-grün noch kein Lager ... Teilweise ist bei Ihnen die Lust am Widersprechen größer als die Treffsicherheit der Gegenbeispiele." Ich habe lieber Aussagen mit Substanz als Unterstellungen, aber jedem seinen Stil. Genau die fehlende Substanz ist hier das Problem. Wenn man eine allgemeine Aussage macht, um sie dann mit zig Randbedingungen zu versehen, dann bleibt kaum Substanz übrig. Wie viele "repräsentative" Bundestagswahlen mit "Standardlagerwahlkampf" gab es demnach bisher überhaupt? Allenfalls eine, nämlich 2002, wenn man großzügig darüber hinwegsieht, dass das Scheitern der PDS an der Sperrklausel im Vorfeld keineswegs als sicher angesehen werden konnte und dass die FDP damals gerade keinen Lagerwahlkampf machte, sondern ausdrücklich eine Unabhängigkeitsstrategie verfolgte. Offenbar stimmt hier mit dem Standard oder mit der Realität etwas nicht. |

Jan W.
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Mittwoch, 05. Juni 2013 - 15:44 Uhr: | |
@Umfrageskeptiker Die Frage, ob es im wahlrechtlichen Sinne Lager gibt oder nicht, ist hier vollkommen irrelevant! Es gibt genug Wähler, die koalitionsorientiert wählen und denen es absolut wurscht ist, ob die bevorzugte Koalition 40+10 oder 44+6 Prozent erhält, die aber auf jeden Fall verhindern wollen, dass die eigene Wunsch-Koalition mit 46+4 scheitert. Demoskopie will Wählerverhalten ergründen - und diese lagerinternen Bewegungen sind Teil davon. Wenn AKK im Saarland mehr oder weniger verkündet, sie wolle eine Große Koalition und wer mehr Stimmen hat, stellt den Ministerpräsidenten, dann ist das nunmal überhaupt nicht repräsentativ für Wahlkämpfe mit klaren Lagern. @TF 2002 war eher so ein Sich-Selbst-Großreden der FDP. Kritischer würde ich die echten FDP-Umschwenk-Jahre 69 und 83 sehen. 1969 war so ein seltsamer Fall, da war die Wahl eigentlich egal: da war nur klar, dass zwei Fraktionen wohl eine Regierung bilden - zu der Zeit konnte jeder mit jedem. 1983 kann man wohl quantitativ das Wegbrechen der Linksliberalen bei der FDP und umgekehrt "Leihstimmen" von der Union kaum voneinander abgrenzen. Vor 69 würde ich sagen: da gab es vor allem erst ein sehr breit gefächertes unübersichtliches Parteiensystem und nachher die Konstellation "Juniorpartner FDP will greisen CDU-Kanzler in Rente schicken" - das sind beides nicht unbedingt die Idealvorraussetzungen für "Leihstimmen". Wieviel Substanz meine Aussagen haben? Nun, ich sage etwas über Äpfel - und Sie werfen mir vor, dass ich Ihre Birnen-Vergleiche nicht ausreichend miteinbeziehe. |

CHeine Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 05. Juni 2013 - 20:20 Uhr: | |
Ganz so egal war die Wahl von 1969 wohl nicht. Es gab drei durchaus wahrscheinliche Szenarien, die auf die Regierungsbildung erhebliche Auswirkungen gehabt hätten: 1. Ein Einzug der NPD in den Bundestag 2. Ein Nichteinzug der FDP in den Bundestag 3. Die absolute Mandatsmehrheit der CDU/CSU (einige Prognosen sahen diese sogar bei Einzug von NPD und FDP in den Bundestag) Erst das Nichteintreten dieser drei Faktoren bei der Wahl ermöglichten das Spiel "Jeder kann eigentlich mit Jedem" |
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