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 Ratinger Linke Registriertes Mitglied |
Allensbach vor der Bundestagswahl 1957; kann man inzwischen verifizieren (wobei die Frage interpretationsfähig ist): "Wenn Sie einfach Ihrer Vermutung nachgehen: Glauben Sie, dass die Menschen in 50 Jahren andere Sterne oder den Mond besuchen können?"
Befragt worden sind Leute ab 16; die nicht Wahlberechtigten sind also wohl hauptsächlich 16–20 Jahre alt. Die Zahlen sind wohl von der letzten Umfrage vor der Wahl. Was sie damals veröffentlicht haben, weiß ich nicht, aber es soll recht gut gewesen sein. Siehe auch hier. | ||
| Hanseat Unregistrierter Gast |
Kann man daraus schließen, dass FDP-Anhänger und Jugendliche am Fortschrittsgläubigsten waren, während Christdemokraten und Sozialdemokraten dem Durchschnitt entsprachen? Finde ich jedenfalls jeweils nicht sonderlich überraschend. | ||
| Arno Nymus Registriertes Mitglied |
Den Zahlen nach scheinen ja die "Nicht wahlber." die "Fortschrittsgläubigsten" gewesen zu sein. Ob das ein gutes Licht auf den Staat wirft, ist durchaus eine relevante Frage. | ||
| Hanseat Unregistrierter Gast |
Naja, dass junge Leute sich von der Zukunft eher Neuerungen erwarten als ältere Menschen, dürfte nicht ungewöhnlich sein. Und bei den Nichtwahlberechtigten dürfte der größte Anteil aus Altersgründen nicht wahlberechtigt gewesen sein, da der Ausländeranteil an der Bevölkerung damals noch sehr gering war. | ||
| Ratinger Linke Registriertes Mitglied |
Wahnsinnig überraschend ist der Unterschied nach Parteipräferenz sicher nicht (wobei die FDP damals eigentlich noch kein so klar progressives Profil gehabt hat). Ist eher ein Bonus, um beim Thema zu bleiben; interessant sind eher die Durchschnittswerte. Die Umfrage war vom 3. bis 9. September 1957, 1 Monat vor dem relativ überraschenden Sputnik-Start. Raketen waren im kalten Krieg ein Thema, aber direkte Raumfahrt noch Zukunft. Leider haben sie in der Nachwahlbefragung vom 6. bis 14. November die Frage nicht nochmal gestellt (kurz davor war auch der erste Hund in einer Erdumlaufbahn). Aber etliche andere Fragen zum Thema. In der Nachwahlbefragung ist weder eine Sonntagsfrage noch eine Recallfrage gestellt worden, sondern nur diese: "Können Sie mir sagen, welche Partei Ihren Ansichten am nächsten steht?" "Übrigens, in dem zweiten Erdsatelliten ist ja auch ein lebender Hund, und darüber gibt es zwei Ansichten: Die einen sagen, das ist Tierquälerei, und die anderen meinen, für den wissenschaftlichen Fortschritt muss man so etwas in Kauf nehmen. Welcher Ansicht stimmen Sie zu? 1. Ist Tierquälerei 2. In Kauf nehmen 3. Unentschieden"
"Was meinen Sie, welches Land hat ganz allgemein heute den größeren technischen Vorsprung – Amerika oder Russland? 1. Amerika 2. Rußland 3. Unentschieden 4. Weiß nicht"
"Natürlich kann niemand in die Zukunft sehen – aber was glauben Sie, wie die Welt in 50 Jahren aussieht: Wer wird dann mächtiger sein: Amerika oder Russland? 1. Amerika 2. Rußland 3. Beide gleich 4. Unmöglich zu sagen"
"Manche Leute sagen, es geschieht den Amerikanern mal ganz recht, dass ihnen die Russen mit den Raketen zuvorgekommen sind. Finden Sie das auch, oder finden Sie das nicht? 1. Finde ich auch 2. Finde ich nicht 3. Unentschieden"
Wo glauben Sie, ist auf lange Sicht der technische Fortschritt größer: in einer Demokratie oder in einer Diktatur? [In den A'-Bogen war die Diktatur vor der Demokratie genannt, jedoch wurde mit den gleichen Symbolen wie in den A-Bogen verschlüsselt] 1. Demokratie 2. Diktatur 3. Unentschieden 4. Weiß nicht"
"Manche Leute sagen, die Russen haben ihren Raketen-Erfolg nur erreicht, weil so viele deutsche Forscher nach dem Krieg nach Russland geholt wurden. Andere Leute sagen, die deutschen Forscher haben vielleicht mitgeholfen, aber die Russen wären auch von ganz alleine heute soweit. Was meinen Sie? [In den B'-Bogen lautete der Anfang der Frage: Viele Leute sagen ...] 1. Deutsche Forscher entscheidend 2. Russen auch alleine 3. Andere Antworten (Stimmt beides. Sie haben immer schon eine Tradition gehabt, aber andererseits haben sie auch die Kenntnisse der Deutschen genutzt, als sie sie hatten. – Teils, teils, der Russe hat gute Wissenschaftler, welche vom Staat großzügig gefördert werden. – Teils, teils, Grundlagen von deutschen Forschern – Alleine hätten es weder die Deutschen noch die Russen geschafft. Anteil gleich – Alle beide beteiligt - Nur durch planvolle Zusammenarbeit Deutscher und Russen möglich gewesen – In der Wissenschaft muss man immer zusammen forschen und einer vom anderen wissen, wie weit er ist) 4. Unentschieden, weiß nicht"
"Glauben Sie, dass es auf anderen Sternen auch Menschen oder denkende Lebewesen gibt, oder glauben Sie, dass wir die einzigen im Weltall sind? [Int.: Falls 'weiß nicht': Wissen kann das natürlich niemand, aber was vermuten Sie?] 1. Sind die Einzigen 2. Gibt noch Andere 3. Unmöglich zu sagen"
"Was halten Sie davon, dass die Menschen jetzt Raketen ins Weltall schicken können: Begrüßen Sie diesen Fortschritt der Technik, oder begrüßen Sie ihn nicht, oder würden Sie sagen, das Ganze ist Ihnen egal? 1. Begrüße es 2. Begrüße es nicht 3. Unentschieden 4. Egal"
"Es wird viel darüber gesprochen, ob die Atomkraft ein glückliches Zeitalter bringen wird oder die Vernichtung der ganzen Menschheit. Hier habe ich vier Ansichten dazu aufgeschrieben. Was kommt Ihrer eigenen Meinung am nächsten? [Int.: Listenvorlage] 1. Die Atomkraft wird sicherlich einmal der ganzen Menschheit Nutzen und Vorteil bringen 2. Die Atomkraft kann an sich der Menschheit sehr viel nutzen, aber nur dann, wenn wir lernen, vernünftig damit umzugehen 3. Wahrscheinlich wird die Atomkraft uns schaden, weil sehr zweifelhaft ist, ob wir lernen, sie vernünftig zu gebrauchen 4. Die Atomkraft führt so gut wie sicher zur Vernichtung, weil es eines Tages zum Atomkrieg kommen wird 5. Unentschieden"
Die einfachen Ergebnisse der Umfrage (ohne Aufschlüsselung in Subkategorien) sind übrigens auch ohne Registrierung zugänglich (ohne Gewichtung, die aber für diese Umfrage ohnehin nicht definiert ist). (Beitrag nachträglich am 19., Februar. 2013 von rli editiert) | ||
| Ingo Zachos Registriertes Mitglied |
Mir gefällt die Naivität der Fragen. "Glauben Sie, dass die Menschen in 50 Jahren andere Sterne oder den Mond besuchen können?" Offenbar haben die Fragenden keine Vorstellung, wie viel weiter die Sterne entfernt sind als der Mond. Selbst der nächste Planet ("Wandelstern") ist schon um eine erhebliche längere Reisezeit weiter weg. Hier zeigt sich eher in der Fragestellung, wie weit die Technik und Allgemeinbildung nun fortgeschritten ist. Das zeigt sich auch in den Antworten. So sind die Antworten auch zu deuten, wobei ich nicht sagen will, das einige Parteien klügere Wähler haben. Aber ein höherer Anteil an Besserverdienenden bedeutet oft einen höheren Anteil an Gebildeten, aber mitunter wird Bildung auch mit dem Geldbeutel der Eltern erworben. Und wie man sieht, war die Technikbegeisterung und das Zutrauen in die Technik doch nicht so groß, wie immer in der Rückschau auf die Wirtschaftswunderjahre angenommen wird. Ein gewisses Maß an Skepsis zeigt sich jedenfalls schon damals. | ||
| Jan W. Registriertes Mitglied |
Interessante Schätzchen ;) Hatten SPD-Anhänger eigentlich damals einen gewissen Moskau-Fetish? | ||
| Thomas Frings Registriertes Mitglied |
"Offenbar haben die Fragenden keine Vorstellung, wie viel weiter die Sterne entfernt sind als der Mond. Selbst der nächste Planet ("Wandelstern") ist schon um eine erhebliche längere Reisezeit weiter weg. Hier zeigt sich eher in der Fragestellung, wie weit die Technik und Allgemeinbildung nun fortgeschritten ist. Das zeigt sich auch in den Antworten." Das klingt mir zu überheblich, zumal es einen wesentlichen Punkt nicht trifft. Sterne sind ja quasi Sonnen und dass von einem Versuch, die Sonne zu besuchen, schon aus gesundheitlichen Gründen abzuraten ist, leuchtet wohl jedem ein. Interessant ist zunächt mal, dass die Parteipräferenzen derjenigen, die eine Partei nennen, sich so gut mit dem tatsächlichen Ergebnis decken, dass es schon verdächtig ist. Ansonsten erstaunen die Antworten mich weniger. Die USA wurden immer ein wenig zwiespältig gesehen und die Überschätzung der UdSSR und des Ostblocks insgesamt war bis 1989 Standard. Dass dies bei den Linken stärker ausgeprägt war und blieb, ist nicht verwunderlich. | ||
| Ratinger Linke Registriertes Mitglied |
"Sterne" wird in der englischen Doku mit planets übersetzt, und so war es wohl auch gemeint. Der Unterschied war damals eigentlich nur für Astronomen u.Ä. relevant. Meine Großeltern haben früher auch "Sterne" als Oberbegriff für alles annähernd Punktförmige am Himmel Sichtbare gebraucht, obwohl sie die (inzwischen wieder korrekten) 8 Planeten namentlich gekannt haben. |
