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SaaleMAX
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| Veröffentlicht am Dienstag, 27. Juli 2010 - 20:43 Uhr: | |
Ja interessant ist dies schon. Vor allem weil scharenweise irritierte Unionswähler ins Lager der Nichtwähler abwandern. Aus marktwirtschaftlicher Sicht besteht wohl eine rel. große Nachfrage für etwas, was bisher leider keine Partei anbieten kann. Auf längere Sicht bin ich mir aber sehr Sicher das eine solche Partei kommen wird um dieses Wählerpotential wieder zu aktivieren, welches unter Merkel völlig vernachlässigt wird.Diese Wählerschaft ist momentan quasi "heimatlos". |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 28. Juli 2010 - 01:13 Uhr: | |
Das ist doch alles völliger Schwachsinn. Erstens hat die Union derzeit keine groben Probleme, sondern befindet sich auf dem Stand der letzten Wahlen. Zweitens sind es ja gerade die "christlich geprägten Wertkonservativen", die die Union richtung stärkerem sozialen Profil treiben (im Prinzip schon immer, aber neuerdings erfolgreicher als insbesondere vor ein paar Jahren). Eine (größere) Partei wie sie Schöppner offenbar als angebliche Reinkarnation einer ehemaligen Union vorschwebt, hat es in der BRD nie gegeben; am ehesten würden vielleicht noch die Freien Wähler passen. Drittens sind 20% auf die Frage "Können Sie sich vorstellen, eine bürgerlich-konservative Partei rechts von der CDU zu wählen" wirklich armselig. Zum Vergleich die Fragen der FGW "Können Sie sich vorstellen, die ... zu wählen" aus dem Bundestagswahlkampf 2005 (und außerhalb vom Wahlkampf kann man sich wohl viel leichter vorstellen, andere als die präferierte Parteien zu wählen): Insgesamt sind ungefähr 12'500 Wahlberechtigte (plus die Überrepräsentation des Ostens) befragt worden, so dass man die Antworten auch im Detail anschauen kann. Zuerst die Werte der einzelnen Umfragen. Die erste Zahl ist der Anteil der Wähler, die die Partei tatsächlich wählen wollen, in Prozent von allen Leuten mit konkreter potenzieller Wahlabsicht (also das, was als "politische Stimmung" veröffentlicht wird). Die zweite Zahl beinhaltet auch die, die sich zusätzlich vorstellen können, die jeweilige Partei zu wählen, bezogen auf alle, die potenziell wählen wollen (also exklusiv Nichtwähler, aber mit Unentschiedenen und Antwortverweigerern bei der Sonntagsfrage). Die dritte Zahl sind entsprechend die, die mit "nein" geantwortet haben; was auf 100% fehlt sind Unentschiedene und Antwortverweigerer.
C?U ja nein SPD ja nein Grn ja nein FDP ja nein Lnk ja nein KW23: 47.1 58.0 40.2 26.6 40.4 58.1 8.7 28.4 69.9 7.0 30.3 67.6 5.0 15.3 83.3 KW25: 45.4 53.9 43.9 24.6 42.0 56.1 10.5 31.6 67.1 5.6 29.6 68.2 10.8 18.1 79.5 KW27: 47.2 57.9 40.4 25.1 42.9 55.4 9.5 28.4 69.9 6.8 31.8 65.4 8.7 16.6 80.6 KW29: 44.3 54.6 43.4 24.5 45.1 53.1 11.0 29.0 68.9 6.4 28.0 69.6 12.4 19.2 78.1 KW31: 40.4 52.1 45.1 31.1 45.7 51.4 9.0 29.0 68.9 7.4 28.0 68.3 9.5 17.5 80.2 KW32: 41.2 53.6 44.5 30.8 46.2 51.9 9.5 29.6 69.0 7.7 30.2 67.5 8.8 16.2 82.0 KW33: 44.0 52.9 45.3 28.3 44.6 53.8 9.2 28.7 69.9 7.7 29.0 68.8 8.0 15.2 82.9 KW34: 44.2 54.3 43.0 30.4 48.3 49.0 8.5 30.1 67.4 6.7 29.5 66.5 7.4 14.7 81.9 KW35: 42.5 52.2 44.6 34.5 50.3 47.2 6.5 27.9 69.3 6.6 29.9 67.2 8.0 14.8 82.9 KW36: 39.8 50.2 47.0 38.0 53.0 44.6 7.3 26.8 71.3 6.0 29.2 67.9 7.4 15.8 81.6 ====: 43.6 53.9 43.8 29.4 46.0 51.9 8.9 28.9 69.2 6.8 29.5 67.7 8.6 16.3 81.3 WASG (nur in Kalenderwoche 23 abgefragt) 2.8, ja 19.3, nein 67.5
Aufgeschlüsselt nach Parteien und Bundesländern (jeweils "ja" und "nein"; die Fallzahlen für Familie, PBC (zu der ich die CM geschlagen hab) und DVU sind minimal und die Angaben daher wenig aussagekräftig; WASG, Graue und Reps sind auch zu wenig; "KA" sind Unentschiedene und Antwortverweigerer bei der Sonntagsfrage):
C?U SPD Grn FDP Lnk WASG C?U: - - 14.5 84.8 10.8 88.8 39.8 59.0 4.1 95.2 10.9 79.3 SPD: 18.8 80.3 - - 42.3 57.0 11.4 87.7 11.9 87.2 18.2 69.5 Grn: 11.2 88.2 62.5 36.4 - - 9.7 89.7 13.1 85.6 18.6 68.8 FDP: 60.0 39.2 16.5 82.8 13.6 86.2 - - 6.8 92.8 10.8 73.7 Lnk: 9.1 90.3 28.9 70.4 20.6 79.1 14.9 84.5 - - 48.2 39.9 WASG: 15.2 84.8 23.9 76.1 27.3 70.7 16.5 82.2 43.1 56.9 - - NPD: 20.1 79.4 8.0 92.0 4.1 95.9 13.1 86.9 34.2 65.8 25.0 45.2 Rep: 28.8 71.2 23.6 76.4 0.0 99.9 26.5 73.5 15.7 77.8 0.0 99.9 DVU: 11.0 89.0 11.0 89.0 20.5 79.5 68.0 32.0 82.5 17.5 0.0 0.0 Grau: 30.6 69.4 22.5 77.5 16.9 83.1 15.7 80.9 21.9 76.8 36.6 33.4 PBC: 36.1 63.9 14.5 85.5 24.6 75.4 0.0 99.9 6.9 93.1 0.0 0.0 Fam: 33.7 64.3 37.9 59.5 43.9 56.1 32.4 67.6 17.5 81.5 53.5 18.8 And: 16.2 80.4 27.8 71.0 23.0 75.8 23.7 70.0 10.3 85.8 9.5 67.6 KA: 44.0 42.8 48.6 40.0 26.8 62.7 25.7 61.0 17.5 70.8 31.3 38.0 C?U SPD Grn FDP Lnk WASG SH: 52.8 45.2 47.8 49.9 27.1 71.8 31.4 67.3 10.0 88.5 13.8 67.3 MV: 46.2 50.2 46.5 50.8 23.0 74.3 24.7 71.9 33.5 61.9 30.1 55.7 HH: 46.2 50.1 49.6 46.8 35.2 62.0 17.4 77.1 11.6 85.6 8.9 86.9 NI: 55.8 42.4 50.4 48.2 31.6 66.8 29.0 68.8 10.2 88.4 17.2 71.6 HB: 35.1 61.2 53.1 42.4 43.6 52.8 26.2 69.3 23.2 73.2 23.9 46.5 BB: 38.2 58.9 49.3 48.6 23.5 73.4 23.5 73.3 37.9 59.1 26.8 51.4 ST: 42.2 55.8 47.6 50.2 21.2 75.6 24.8 70.8 38.1 58.4 30.2 42.3 BEO: 28.4 68.6 49.2 47.4 37.7 59.0 14.9 82.2 35.9 60.5 32.8 53.4 BEW: 44.0 54.0 52.4 47.3 42.9 56.4 27.6 70.5 15.3 82.9 20.8 77.5 NW: 55.2 43.2 49.2 49.1 28.9 69.7 29.7 68.3 11.9 86.0 19.1 72.3 SN: 46.9 50.1 41.1 55.9 22.4 75.0 26.0 69.1 34.1 62.5 26.4 61.6 HE: 56.3 41.9 43.8 54.4 31.8 66.7 30.6 68.1 13.9 84.6 17.5 70.4 TH: 43.7 53.1 45.2 52.1 21.2 76.6 27.0 69.3 40.1 56.9 30.8 48.5 RP: 60.5 36.9 42.1 56.4 24.9 73.6 36.1 60.9 10.4 87.6 4.6 69.6 BY: 64.1 32.9 38.5 58.9 27.4 70.3 31.6 65.2 10.2 86.8 19.3 69.6 BW: 57.4 40.2 46.5 51.0 33.7 64.4 34.3 62.4 9.3 88.4 14.3 72.5 SL: 45.9 52.6 42.3 55.2 21.6 77.3 24.1 74.2 26.6 71.5 39.5 39.8
Im Wahlkampf sind diese Werte normal; zu anderen Zeiten würde ich ein derart geringes Vorstellungsvermögen, eine andere Partei zu wählen, als bedenklich einstufen. |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 28. Juli 2010 - 02:13 Uhr: | |
Bei den Fallzahlen der Parteienaufschlüsselung hab ich mich etwas vertan. Bei der DVU sind es nur 8 real Befragte und die Werte damit völlig unbrauchbar. Ungewichtete Fallzahlen für alle Parteien: Union 5299, SPD 3906, Linke 1740, Grüne 1161, FDP 851, NPD 72, WASG 60, Graue 43, Reps 32, Familie 23, PBC 16 (+ CM 5), ÖDP 14, BüSo* 12, PSG* 12, DVU 8, Frauen* 6, Tier* 1, MLPD* 0, Pro DM* 0, Andere 78, KA 2478. Nach den Parteien mit * ist nur im September gefragt worden, nach ÖDP und CM im September nicht mehr (keine Wahlteilnahme). Die PSG hat in der Frage den falschen Namen "Partei für soziale Gerechtigkeit" gehabt. Die restlichen Parteien sind nicht namentlich zur Wahl gestellt worden. Von KW 34 bis 36 ist nicht die Sonntagsfrage gestellt worden, sondern nach der Wahlabsicht bei der konkreten Wahl gefragt worden; außerdem ist da die Absicht, überhaupt zur Wahl zu gehn, detaillierter abgefragt worden und insbesondere sind auch Leute, die "wahrscheinlich nicht zur Wahl gehen" nach ihren Parteipräferenzen befragt worden und im Ergebnis enthalten. Die Daten aus der letzten Umfrage vor der Wahl (KW 37) gibts immer noch nicht. |

Hausgast Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 28. Juli 2010 - 10:45 Uhr: | |
"Besonders beunruhigend findet Schöppner: „Ausgerechnet die treuesten Unions-Wähler strömen derzeit in Scharen zu den Nichtwählern: Christlich geprägte Wertkonservative, die Wirtschaft mit Werten verbinden wollen, aber auf immer mehr ‚Sozialdemokratisierung‘ in der eigenen Partei treffen. Bereits die Vorstellung, sich für SPD oder Grüne zu entscheiden, ist für sie ein Graus. Stattdessen werden sie politisch heimatlos.“ Das ist Nonsens. Die Wähler laufen nicht in Scharen zu den NICHTWÄHLERN, sondern gehen in die "Warteschleife". Ihre Parteipräferenz ist aktuell UNENTSCHIEDEN bzw. UNSICHER. Ob sie 2013 an der Bundestagswahl teilnehmen, wissen sie noch gar nicht. Und Schöppner weiß dies schon zweimal nicht. |

Wahlticker
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Mittwoch, 28. Juli 2010 - 12:22 Uhr: | |
@Ratinger Linke sehr interessant, haben Sie noch mehr derartige Listen, eventuell auch aktuellere? Wäre für Material dieser Art sehr dankbar Meine E-Mail-Adresse: admin (a) wahlticker.de Es gibt eine neue Forsa-Umfrage: CDU auf zehnjahrestief, erstmals wieder unter 30%, jetzt 29%. Allerdings ist es halt "nur" Forsa, die haben ja immer das Glück die besonders krassen Zahlen zu bekommen... wie immer man das bewerten mag. |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Mittwoch, 28. Juli 2010 - 13:56 Uhr: | |
Die alten Rohdaten vom Politbarometer sind ziemlich frei bei der GESIS erhältlich (Anmeldung mit Angabe eines wissenschaftlichen Verwendungszwecks nötig; keine kommerzielle Verwertung). Seit Neuestem ist 2008 im Katalog, aber die Daten sind erst bis 2007 öffentlich zugänglich. Wahlstudien gibts frühestens nach Ende der jeweiligen Wahlperiode. Alte Daten anderer Institute gibts grundsätzlich auch, werden aber restriktiver gehandhabt (teils mit Veröffentlichungsverbot extrahierter Daten). Der Katalog ist durchsuchbar; von dort bekommt man teils die Codebücher mit den Fragen und Antwortmöglichkeiten (die ungewichteten und kumulierten Daten daraus sind weitgehend nutzlos; beim Politbarometer sind teils nur die monatlichen Hauptumfragen drin). Die freien Daten kann man (nach Anmeldung) auch online analysieren; beim Politbarometer scheitert das aber überwiegend daran, dass Ost und West getrennte Datensätze sind, die man erst zusammenfassen muss. Dazu muss man die Tabellen doppelt erstellen und mit dem "Gesamtgewicht" (und nur dem) absolute gewichtete Zahlen erzeugen, die Tabellen exportieren und die beiden Zahlen jeweils lokal addieren und gegebenenfalls Prozentwerte daraus errechnen. Oder man lädt sich gleich die gewünschten Rohdaten runter und bearbeitet alles lokal mit einem Statistikprogramm. Im SAS-Format lassen sich die Daten auch leicht direkt per Skript analysieren. |

Interessierter Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Donnerstag, 29. Juli 2010 - 13:51 Uhr: | |
@SaaleMAX "Vor allem weil scharenweise irritierte Unionswähler ins Lager der Nichtwähler abwandern." Glaubt man diesen Trend (die diversen Argumente dagegen kann man ja hier nachlesen), dann widerfährt der CDU momentan dasselbe, was der SPD unter Schröder passiert ist. Ein "Mitte-Kandidat" verprellt einige Wähler mit seiner Regierungspolitik. Kann passieren, aber bis 2013 kann sich vieles schon relativieren oder umkehren und solange wird der Bundestag wohl zusammengetreten bleiben. "Auf längere Sicht bin ich mir aber sehr Sicher das eine solche Partei kommen wird um dieses Wählerpotential wieder zu aktivieren, welches unter Merkel völlig vernachlässigt wird.Diese Wählerschaft ist momentan quasi "heimatlos"." Erging der SPD auch so, die Folgen sind bekannt. Interessant aber: Nach dem Neulich hier auf Wahlrecht.de veröffentlichen Umfragen scheint die CDU sich realtiv auf SPD-Niveau stabilisieren zu können, aber immernoch einige Prozentpunkte nach oben - so steht einer 3. Kanzlerschaft Merkels im Prinzip immernoch nichts im Weg. |

Martin Dauser
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Donnerstag, 29. Juli 2010 - 14:21 Uhr: | |
"Glaubt man diesen Trend (die diversen Argumente dagegen kann man ja hier nachlesen), dann widerfährt der CDU momentan dasselbe, was der SPD unter Schröder passiert ist. Ein "Mitte-Kandidat" verprellt einige Wähler mit seiner Regierungspolitik" Wobei in beiden Fällen (SPD und Union) aber auch gilt, dass der "Mitte-Kandidat" die Partei bzw das von der Partei angeführte Lager überhaupt erst mehrheitsfähig gemacht hat. |

Korinthenk. Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Donnerstag, 29. Juli 2010 - 16:17 Uhr: | |
@ Martin Dauser: Das ist nur teilweise richtig. Sicher gewann Schröder 1998 auch etliche Wähler für die SPD, die vorher nicht SPD gewählt hatten. Es trat 1998 aber explizit ein Tandem an. Und Lafontaine wollen wir nicht vergessen. Mit seinem Sturz Scharpings 1995 und der auch im Bundesrat durchgehaltenen Oppositionslinie band er eben auch die traditionellen SPD-Wähler, die sich eine klassisch-sozialdemokratische Politik mit grünen Anteilen erhofft hatten. Ohne diese Klientel wäre der Wahlsieg von 1998 nicht zustande gekommen. Die Entwicklung der SPD nach dem März 1999 zeigt dies ja deutlich. Schröder alleine wäre 1998 gar nicht erst Bundeskanzler geworden. |

Fragender Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Donnerstag, 29. Juli 2010 - 17:24 Uhr: | |
@ Korinthenkacker Naja, die SPD hat mit den Grünen auch die Bundestagswahl 2002 gewonnen, als Lafontaine nicht mehr an Bord war und die PDS ist 2002 (im Gegensatz zu 1998) an der 5%-Hürde gescheitert. Ich kann da bei den Wahlergebnissen (Umfragen mißtraue ich eher. Ergebnisse sind das einzig valide Momentum) keinen Verlust an "Traditionswählern" sehen. Die Verluste gingen doch eher in Richtung CDU/CSU (trotz Stoiber) und FDP, die beide besser als 1998 abgeschnitten haben. |

Ingo Zachos
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Donnerstag, 29. Juli 2010 - 18:00 Uhr: | |
In absoluten Zahlen hat die CDU aber auch verloren. Also kann sie kaum Wähler von der SPD bekommen haben. Diese sind, wie auch einige CDU-Waähler in die Enthaltung gegangen. Bitte denke nicht an die Anteile, sondern an die Wählerstimmen. Insgesamt sinkt tendenziell die Wahlbeteiligung. Ich denke, das wird auch so bleiben. Es stimmt, das ging bisher stärker zu Lasten der SPD, die zudem diesen Trend bisher nicht stoppen konnte. Die CDU und vor allem die CSU hat dieser Trend aber auch erreicht. Die CSU hat zudem auch an FW verloren. Auch die FDP hat seit der BT-Wahl 2009 ein Fluchtproblem. Nur die Grünen haben bisher wenig Flucht in die Enthaltung erlebt. Ihre Anhänger sind gleich zu Linken oder SPD gewandert. Ich denke, das liegt daran, das die Grünen den stärksten Anteil an "Bildungsbürgern" hat, die sich informieren und auf jeden Fall zur Wahl gehen. (Früher eher FDP Domäne) Daher werden die Grünen vorerst gewinnen. Bei den Linken gibt es im Osten auch schon Flucht in die Enthaltung. Sie leiden also nur lokal. Außerdem gibt es gute Chancen für nicht-radikale Alternativen wie die Freien Wähler, Piraten etc. Mal sehen, ob der Trend zur Enthaltung weiter geht. |

Silencio Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Donnerstag, 29. Juli 2010 - 20:37 Uhr: | |
"Es trat 1998 aber explizit ein Tandem an. Und Lafontaine wollen wir nicht vergessen. Mit seinem Sturz Scharpings 1995 und der auch im Bundesrat durchgehaltenen Oppositionslinie band er eben auch die traditionellen SPD-Wähler, die sich eine klassisch-sozialdemokratische Politik mit grünen Anteilen erhofft hatten. Ohne diese Klientel wäre der Wahlsieg von 1998 nicht zustande gekommen. Die Entwicklung der SPD nach dem März 1999 zeigt dies ja deutlich. Schröder alleine wäre 1998 gar nicht erst Bundeskanzler geworden." Dem würde ich so nicht recht zustimmen. 1998 hätte die CDU unter Kohl garantiert nicht die klassische Klientel der SPD-Wähler bekommen. Da war die Person Lafontaine wirklich eher nebensächlich. Es gab die Grundstimmung bei vielen Wählern, dass 16 Jahre Kohl genug sind und dass ein Wechsel notwendig ist. Kohl hatten viele einfach satt. Ich glaube, die SPD hätte fast jeden beliebigen aufstellen können - der wäre gewählt worden. |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Donnerstag, 29. Juli 2010 - 22:22 Uhr: | |
Alle Parteien verlieren von Wahl zu Wahl ganz massiv Wähler. Insbesondere hat die FDP im Schnitt der letzten 3 Wahlen jeweils die Hälfte ihrer Wähler verloren, obwohl sie sich im gleichen Zeitraum nach absoluten Stimmen insgesamt mehr als verdoppelt hat. Der Wähleraustausch ist ziemlich groß, selbst wenn sich im Saldo wenig verändert. Die Union verliert insbesondere auch stark an die Gestorbenen, ist aber ansonsten am stabilsten (abgesehn von den Nichtwählern):
Verluste C?U SPD Grn FDP Lnk And NW 1998-2002 27 33 41 59 52 75 37 2002-2005 31 38 47 49 32 58 30 2005-2009 36 53 44 43 38 49 25
Wählerwanderungen im Saldo für Union und SPD (in Millionen):
C?U FDP SPD Grn Lnk NW Rest Summe 1990-1994 +0.52 -0.73 -0.15 -0.18 +0.15 -0.45 -0.84 1994-1998 +0.08 -1.35 +0.01 -0.09 +0.02 -0.86 -2.19 1998-2002 +0.02 +1.12 0.00 +0.05 +0.19 -0.21 +1.17 2002-2005 -1.12 +0.63 +0.14 -0.28 -0.64 -0.55 -1.82 2005-2009 -1.13 +0.87 -0.06 -0.04 -1.17 -0.56 -2.09 1994-2009 -2.15 +1.27 +0.09 -0.36 -1.60 -2.18 -4.93 SPD C?U FDP Grn Lnk NW Rest Summe 1990-1994 +0.73 +0.59 -0.28 -0.24 +0.49 +0.30 +1.60 1994-1998 +1.35 +0.22 +0.38 -0.08 +1.13 +0.04 +3.04 1998-2002 -1.12 -0.35 -0.49 +0.31 -0.12 -0.22 -1.99 2002-2005 -0.63 -0.12 -0.14 -0.97 -0.37 -0.10 -2.33 2005-2009 -0.87 -0.52 -0.86 -1.11 -2.13 -0.78 -6.27 1994-2009 -1.27 -0.77 -1.11 -1.85 -1.49 -1.06 -7.55
Alles nach Infratest dimap. Die Zahlen sind natürlich mindestens genauso falsch wie die von anderen Umfragen (weil die Recallfrage besonders kritisch ist und das Verhalten der Briefwähler kaum abgeschätzt werden kann; dafür ist aber die Stichprobe groß). Detaillierte Wählerwanderungen (nicht boß Salden) gibts online für 2002, 2005 und 2009. Teilweise weichen die Werte dabei aber von den Tabellen mit reinen Parteiensalden ab. |

Florian das Original Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Freitag, 30. Juli 2010 - 11:27 Uhr: | |
@ Ratinger Linke: Interessante Tabelle. Eine Verständnisfrage: Was ist hier "Rest"? Die "C?U" (lustige Abkürkung, übrigens) hätte nach dieser Tabelle von 1990 bis 2009 insgesamt 4,8 Mio. Stimmen an diesen "Rest" verloren und die SPD weitere 1,8 Mio. Stimmen. Das sind fast 15% der Wählerstimmen. Bei welchen "Rest"-Parteien sollen denn solche Stimmenmengen gelandet sein? |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Freitag, 30. Juli 2010 - 13:36 Uhr: | |
Der Rest ist vorallem der Saldo aus Gestorbenen und Erstwählern, wie sich auch aus den verlinkten ausführlicheren Tabellen ergibt (bei denen Zuzug/Fortzug wohl eher als Einbürgerung/Ausbürgerung zu lesen ist). Daneben eben sonstige Veränderungen beim aktiven Wahlrecht sowie der Austausch mit den kleineren Parteien. Tatsächlich dürften die Verluste von Union und SPD an die Gestorbenen aber überschätzt sein, weil die Verluste der Nichtwähler an die Gestorbenen viel zu klein sind (2002 14%, 2005 19% Anteil an den Gestorbenen). Tatsächlich wählen relativ viele Leute bei ihrer letzten Bundestagswahl nicht mehr, weil sie gar nicht mehr dazu in der Lage sind oder das Interesse verloren haben (oder zwischen Wählerverzeichniserstellung und Wahltag bereits gestorben sind). Solche Leute sind auch bei Umfragen kaum erreichbar (bei Exitpolls ohnehin nicht), und die Wahlstatistik löst das nicht auf. Mit zunehmender Demenzphase vor dem Tod werden die Verluste immer stärker über die Nichtwähler (und teils sonstige Wahlrechtsverluste) laufen. |

Ingo Zachos
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Freitag, 30. Juli 2010 - 14:01 Uhr: | |
Das ist interessant. Könnte also der derzeitige demographische Wandel zu einem stärkeren Wählerverlust duch Tod führen? Und wenn ich es richtig verstehe geht das vor allem zu Lasten der beiden Volksparteien C?U (geniale Abkürzung) und SPD. Dieser Effekt ist aber nicht durch die Politik der Parteien bedingt, sondern quasi unvermeidlich. Wie hoch ist er in etwa? Also wie viel Prozentpunkte (im Schnitt) verlieren C?U und FDP dadurch? Für einen Statistiker bestimmt ein gutes Thema für eine Doktorarbeit, und auch wichtig für die beiden Volksparteien. Betrifft es im Osten auch die dortige dritte Volkspartei die Linken? |

Republikaner Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Freitag, 30. Juli 2010 - 15:43 Uhr: | |
"Betrifft es im Osten auch die dortige dritte Volkspartei die Linken?" Wenn man vom Durchschnittsalter der Linkspartei-Mitglieder im Osten auf die Stammwählerschaft rückschließen darf, dann sollten die Verluste an die Verstorbenen dramatisch sein. |

Ratinger Linke Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Freitag, 30. Juli 2010 - 16:25 Uhr: | |
An Literatur über den demografischen Wandel dürfte es nicht mangeln, auch wenn dieser Aspekt zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung oft vergessen wird. Wahlergebnisse bei Jungwählern und Alten 2009:
C?U SPD Grn FDP Lnk And 60+ 42,4 27,3 5,0 12,2 10,4 2,7 18-25 26,0 18,2 15,4 15,3 10,3 14,7 alle 33,8 23,0 10,7 14,6 11,9 6,0
Dass die Union bei den Jungwählern unbeliebt ist, ist nicht neu, sondern war in den 70ern bei der CDU noch ausgeprägter. Bei der CSU war der Effekt lange Zeit weitaus geringer; erst 2009 ist sie da auf CDU-Niveau. Die Überrepräsentation bei den Alten hat sich 1987 schlagartig verdoppelt (indem die Union bei den Alten nicht verloren hat) und ist seither weitgehend konstant. Die SPD war vor dem Aufkommen der Grünen bei den Jungwählern sehr stark und danach durchschnittlich. 2009 hat sie sich bei den Jungwählern allerdings halbiert, wovon neben den Sonstigen (insbesondere wohl Piraten) erneut die Grünen profitiert haben (FDP und Linke weniger als insgesamt). Bei den Alten war die SPD bis 1972 mäßig unterrepräsentiert und seither (da 1976 keine Verluste bei den Alten) ziemlich durchschnittlich, wie sie seit 1983 überhaupt einen ziemlich ausgeglichenen Altersaufbau hat. Die Alten sind erst 2009 in der SPD deutlich überrepräsentiert. Die Grünen sind bei den Alten immer noch sehr schwach; früher war das aber noch viel ausgeprägter, so dass die demografischen Verluste praktisch null waren. Die Linke war 2009 im Osten wie im Westen in der Altersgruppe 45-60 am stärksten. Im Osten ist sie (im Gegensatz zum Westen) auch bei den Alten überrepräsentiert, aber weniger als die CDU und vorallem die SPD, die im Osten deutlich stärker überaltert ist als die CDU. Daten @Florian das Original: Oben war die letzte Zeile schon die Summe von 1994 (als Basis sinnvoller als 1990) bis 2009, so dass die Verluste an den Rest (insbesondere die Verstorbenen) nicht ganz so viele sind. |

SaaleMAX
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Freitag, 30. Juli 2010 - 21:06 Uhr: | |
Wenn man sich diese oben genannten Zahlen anschaut hat die Linkspartei als einzige durch die Bank die stabilsten Zahlen von JUNG bis Alt (prozentual gesehen) ! ------------------------------------- Die Bündnissgrünen sind besonders bei den unter 60 jährigen stark. ------------------------------------- Hingegen: Die etablierten Staatsparteien/ehemalige Volksparteien CDU und SPD glänzen in dieser Tabelle nur bei "über 60"Jahre. Generell denke ich wird sich der Trend verstärken zum "Vielparteienstaat" also 6 bis 7 Parteien im Parlament, ohne wirkliche "Volkspartei". Italien macht dieses Chaos ja seit Jahren eindrucksvoll vor....Ich denke auch das in naher Zukunft eine Zeit kommen wird, in der vorgezogene Neuwahlen zur Tagesordnung werden.Vieles wird nicht mehr wirklich kalkulierbar und über 3 jahre hinaus denkbar sein. ------------------------------------ Eine "Zeit der der unruhigen Hand" wird versuchen das Etablierte zu bewahren und zu verfestigen um neue Ideen zu verhindern. ---------------------------- Wirtschaftsminister Brüderle(F.D.P.) fordert ja heute schon ab jetzt Einwanderer,wenn möglich auch unter Tariflohn, gezielt zu ködern und anzuwerben um den deutschen Arbeitsmarkt austauschbar/flexibel (PRINZIP: Hire and Fire) zu halten, damit es nicht irgendwann einmal weniger Bewerber als Stellen , wegen der demographischen Entwicklung hierzulande gibt! |

Interessierter Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Freitag, 30. Juli 2010 - 23:09 Uhr: | |
@Martin Dauser "Wobei in beiden Fällen (SPD und Union) aber auch gilt, dass der "Mitte-Kandidat" die Partei bzw das von der Partei angeführte Lager überhaupt erst mehrheitsfähig gemacht hat." Das ist im Prinzip durchaus richtig, aber in der Praxis stimmt es dann nicht zwangsläufig. Man kann zwar davon ausgehen, wenn man im Lagermodell denkt, dass die erfolgsversprechendsten Kandidaten der Parteien im eignen Lager nicht zwangsläufig die Beliebtesten sein müssen (Helmut Schmidt war so z.B. ein eher konservativer Sozialdemokrat). Aber man darf nicht vergessen, dass es auch einer Mobilmachung im eigenen Lager bedarf (Jüngstens Beispiel dürfte uU Lafontain in Saarland sein...). Und da sind Kandidaten, die für ihr Lager untypische Politik betreiben, eben kontraproduktiv. Einmal kann man das vielleicht machen, aber dann muss man einen solchen Erfolg haben, dass hinterher keiner mehr so genau fragt. Ist bisher 2 mal nicht gelungen. Die FDP dagegen, die sich relativ "linientreu" verhalten hat, wurde bei der letzte Wahl belohnt und die heutigen Umfragen ändern an diesen Umstand nunmal nichts (und haben zudem andere Ursachen als oft angeführt...nur soviel, es macht für diese Partei keinen Sinn nach Wählern im sozialen Lager zu suchen). @Fragender "Naja, die SPD hat mit den Grünen auch die Bundestagswahl 2002 gewonnen, als Lafontaine nicht mehr an Bord war und die PDS ist 2002 (im Gegensatz zu 1998) an der 5%-Hürde gescheitert." Hier darf man allerdings 2 Faktoren nicht übersehen: Erstens hatte die Figur Schröders wohl tatsächlich eine Wirkung in breitere gesellschaftliche Kreise als die sowieso Anhänger des Rotgrünen Wahllagers. Und die Anhänger selbst wurden durch Stoiber erst recht mobilisiert ("Stopt Stoiber"-Kampangie. (Da standen auch viele PDS-Wähler hinter...)). Man könnte hier noch vielleicht ein wenig darüber spekulieren, dass einzelne Abgeordnete der SPD vielleicht linkere Positionen vertraten als ihr Kanzlerkandidat und die SPD deshalb auch Zuspruch bekam. Dann waren die Gründe für die Vertrauensfrage 05 schon 02 gelegt. Aber glaubwürdig ist das System nicht. Der Wahlkampf 02 war sogar ganz bedeutend auf die Person der beiden Kandidaten bezogen. Zweitens kommt hier noch das ausserordentliche Ereigniss hinzu, dass die Wahl grade zum Auftagt des Irak-Krieges durchgeführt wurde. Schröder konnte sich hier mit seiner Ablehnung einer deutschen Beteiligung zweifellos profilieren. Ein solches Thema hat ein konservativer deutscher Politiker mW bisher nicht bekommen. Die Elbflut dagegen konnten beide Kandidanten nutzen, die Regierung aber natürlich etwas mehr. |
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