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Erfahrungsbericht Allensbach

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gelegentlicher Besucher (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Montag, 21. Januar 2008 - 23:42 Uhr:   

Ich wurde heute vom Institut für Demoskopie Allensbach zur anstehenden Landtagswahl befragt und möchte für evtl. Interessierte den Ablauf schildern und ein paar Anmerkungen loswerden:

1. Ich wurde nicht am Telefon sondern persönlich befragt.
2. Der mir unbekannte Interviewer hat mich an einem öffentlichen aber politisch neutralen Ort angetroffen und anscheinend nach Geschlecht und ungefährem Alter ausgesucht. Er hat direkt in der Ansprache den Namen Allensbach verwendet. Nach seinem Erscheinungsbild lag der Verdacht er wolle mir etwas verkaufen oder mich zu seiner Religion bekehren hinreichend fern. Ich denke, dass man nach dieser Methode tatsächlich einen weitgehend repräsentativen Bevölkerungsquerschnitt erreichen kann.
3. Der Interviewer hat weder meinen Namen noch sonst irgendwelche identifizierenden Details erfragt. Es kann also von außen kaum überprüft werden, ob er nicht einen Teil der Fragebögen ohne Befragung ausfüllt. Nicht, dass ich das dem konkreten Interviewer vorwerfen will, aber angesichts des Aufwandes halte ich das im Allgemeinen doch für eine ernstzunehmende Gefahr.
4. Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, ob ich mich an die Reihenfolge der Fragen ganz richtig erinnere und den genauen Wortlaut weiß ich auch nicht mehr. Der Inhalt dürfte aber etwa richtig sein.
5.Das Alter und ob ich in diesem Bundesland geboren wurde hat der Interviewer ganz am Anfang erfragt und das Geschlecht nach Augenschein angekreuzt. (Erst) später hat er nach weiteren demografischen Daten gefragt (s.u.). Die Form der Altersfrage war "Wie jung sind sie?" und nicht etwa "Wie alt sind sie?" oder "In welchem Jahr sind sie geboren?"
6. Ob die wirtschaftliche Lage in Deutschland meiner Ansicht nach in den nächsten 6 Monaten eher besser oder schlechter würde und die gleiche Frage zum Land und meiner persönlichen Lage.(Antwortmöglichkeiten jeweils besser, schlechter und gleich/keine Angabe).
7. Ob das Land sich wirtschaftlich besser oder schlechter entwickelt habe als der Rest Deutschlands (gleiche Antwortmöglichkeiten).
8. Fragen nach der eingeschätzten Problemlösungskompetenz jeweils von Bundes- und Landesregierung, die genaue Formulierung weiß ich nicht mehr, Antwortmöglichkeiten mindestend gut, schlecht, keine Angabe, vielleicht gab es auch "eher gut" und "eher schlecht".
9. Ob die kommende Landagswahl für die weitere Entwicklung des Landes besonders wichtig sei?
10.Ob ich mir prinzipiell vorstellen könne die Linke zu wählen?
11. Ob ich Bekannte hätte, die mit der Linken sympathisieren?
12. In jeweils einer Liste voraussichtlich stärker und voraussichtlich schwächer werdende Parteien einkreisen. Diese beiden Fragen sind die einzigen, zu denen mir der Interviewer den Fragebogen rüber geschoben hat, ansonsten hat er immer mündlich gefragt. Aufgeführte Parteien: CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke.
13. Ob ich an der Landtagswahl teilnehmen würde.
14. Auf die Antwort ja: Ob ich mir sicher sei?
15. Ob meine Wahlentscheidung schon fest stehe? (Optionen lediglich ja, nein, keine Antwort, keine Option "fast sicher". Jetzt weiß ich warum angeblich immer so viele unentschieden sind. Ich bin's auch.)
16. Der Interviewer reichte mir einen Stapel mit Papierkärtchen mit möglichen politischen Sorgen und eine vierspaltige Tabelle zur Häufigkeit mit der ich mir diese Sorgen mache. Ich sollte die Karten in die passenden Spalten legen, über auf dem Kopf stehende (also für den Interviewer lesbare) Kartennmmern hat der Interwiewer mitnotiert, welche Karten ich wohin gelegt habe. Es waren hauptsächlich wirtschaftliche Sorgen, z.B, steigende Beiträge zu verschiedenen Sozialversicherungen und Preissteigerungen verschiedener Energieträger.
17. Der Interviewer reichte mir eine nummeriere Liste mit Parteien. Ich sollte ihm die Nummer der Partei nennen, die ich voraussichtlich wählen würde. Keine Erklärung für diese Umständlichkeit, als Anonymisierung taugt sie nichts, da der Interviewer die Liste offensichtlich auswendig kannte. Angebotene Parteien: CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke, NPD.
18. Der Interviewer wies von sich aus darauf hin, dass ich diese Partei weiter oben als voraussichtlichen Absteiger eingeordnet hatte, war aber mit dem Hinweis ich hätte auch noch nie eine Wahl gewonnen zufrieden.
19. Bei der Landtagswahl gäbe es Erst- und Zweitstimme. Ob ich das wüsste?
20. Ob ich beide Stimmen der gleichen Partei geben wolle? Für die Antwort ich würde die Erststimme vermutlich ungültig abgeben war keine Antwortmöglichkeit vorgesehen, der Interviewer kürzte nach kurzem Überlegen "Nein" an.
21. Mit der gleichen Liste, welche Partei meine Zweitstimme bekäme?
22. Der Interviewer meinte, ich hätte zu beiden Stimmen gleich geantwortet und schlug vor die Antwort zu Punkt 20 auf ja zu ändern. Der Fragebogen setzt offenbar voraus, dass man auf die Frage nach 'der' Stimme mit der Erststimme antwortet. Er hat mir den Fragebogen gezeigt, die Fragen stehen da so, wie er sie vorgelesen hat. Nach kurzer Überlegung habe ich ihn lieber die Antwort zu Punkt 17 auf die Erststimme korrigieren lassen, die jemand mit meinen Präferenzen nach allgemeinem Schulwissen abgeben sollte.
23. Ich sollte Kärtchen mit Parteinahmen (CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke) von oben nach unten nach Sympathie antworten. Der Interviewer stellte richtigerweise fest, dass sich die Reihung nicht mir meiner Landeswahlabsicht deckt. Auf die Antwort es gäbe da eine Land-/Bundproblematik legte er mir nahe, die Karten landespolitisch neu anzuordenen. Das habe ich getan, womit sich der Widerspruch zwischen Anordnung und Wahlabsicht natürlich aufgelöst hat.
24. Ob ich härtere Gesetze im allgemeinen Strafrecht für erforderlich hielte?
25. Ob ich härtere Gesetze im Jugendstrafrecht für erforderlich hielte?
26. Zu einer schriftlich vorgelegten PR-Selbstbeschreibung eines namentlich nicht genannten Unternehmens (Ich würde allerdings einiges darauf setzen, dass es sich um Siemens handelt) wie sympatisch mir dieses Unternehmen auf einer Skala von 1 bis 10 erscheine.
27. Wie sehr ich das Unternehmen nach der gleichen Skala einem Freund als Arbeitgeber empfehlen würde?
28. Aus einer nummerierten Liste mit Kennzeichen ("schöne Landschaften", "Hochtechnologieunternehmen",...) welche Nummern ich mit diesem Bundesland verbände?
29. Ob ich hier am glücklichsten sei oder auch in einem anderen Bundesland gleich glücklich oder glücklicher sein könnte?
30. Weitere demographische Daten: höchster Bildungsabschluss (als Nummer aus einer nummerierten Liste), Beruf, Berufsstand, Familienstand, ob ich mit anderen zusammenwohne, Konfession.
31. Für die letzte Land- und Bundestagswahl jeweils ob ich teilgenommen habe, ob ich Erst- und Zweitstimme gleich abgegeben habe und (nach nummerierter Liste, allerdings mit der damaligen Lage entsprechender Auswahl) für wen. Keine analogen Fragen zu Europa- oder Kommunalwahlen.
32. Zum Abschluss überreichte mir der Interviewer einen Allensbach-Werbezettel, wesentliche Inhalte: Bei der Demoskopie muss man einen repräsentativen Gesamtquerschnitt befragen, man nimmt "im Allgemeinen 2000 Bundesbürger", Umfragen sind sozialwissenschaftlich besonders wertvoll, die Anonymität ist gewährleistet, wenn man mehr wissen will, soll man das Buch von Noelle/Petersen kaufen und Allensbach hat auch eine Homepage.
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AeD (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Montag, 21. Januar 2008 - 23:53 Uhr:   

@gelegentlicher Besucher
Vielen Dank für die detaillierte Darstellung der face-to-face-Befragung bei Allensbach. Die Umfrageergebnisse werden dann wahrscheinlich vor der Wahl (am Mittwoch?) veröffentlicht oder gar nicht.
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zigzag
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Januar 2008 - 00:48 Uhr:   

@gelegentlicher Besucher
Vielen Dank

Wurde auch der Auftraggeber und/oder ein Datum der möglicherweisen Veröffentlichung genannt und handelt es sich um Hessen oder Niedersachsen?
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Duru (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Januar 2008 - 08:06 Uhr:   

Kamen die Fragen zu den Linken vor den Fragen zur Wahlentscheidung?
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AeD (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Januar 2008 - 08:12 Uhr:   

Zu 17.: Die Liste soll die Situation am Wahltag nachstellen, in der der Wähler ja auch mit seinem Stimmzettel in der Wahlkabine steht. Die Fragen 10 und 11 zur Partei Die Linke könnten das Ergebnis aber leicht verfälschen.
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Ulrich (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Januar 2008 - 08:22 Uhr:   

@gelegentlicher Besucher:

"Der mir unbekannte Interviewer hat mich an einem öffentlichen aber politisch neutralen Ort angetroffen"

Was heißt das konkret -- Fußgängerzone? Supermarkt? Café?
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gelegentlicher Besucher (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Januar 2008 - 15:04 Uhr:   

Bei genauerer Überlegung habe ich noch ein paar Fragen vergesssen:
9b. Ob mir Wolfgang Jüttner, der Spitzenkandidat der SPD bekannt sei.
11b. Ob es mir wichtig sei, dass die von mir gewählte Partei im Landtag vertreten ist.
11c. Ob es mir wichtig sei, dass die von mir gewählte Partei an der Regierung teilnimmt.
23b. Aus einer nummerierten Auswahlliste (14 oder 15 Optionen, war also wohl alles dabei) welche Regierungskoalition ich mir für das Land wünsche.
23c. Wer meiner Ansicht nach die Wahl gewinnen würde. Antwortoptionen nur CDU, SPD.
29b. Ob ich mich allgemein für Politik interessiere?(Ja, Etwas, Nein, keine Angabe)
29c. Ob ich mich für die Landespolitik interessiere?

Zu den Rückfragen:
@zigzag:
Da es sich aus einer nachgetragenen Frage sowieso ergibt: Niedersachsen.
Auftraggeber und Veröffentlichungstermin wurden nicht genannt.
@Ulrich
kein Kommentar.
@Duru
Ich bin mir ehrlich gesagt nicht ganz sicher. Vielleicht waren die Linke-Fragen auch zwischen 22 und 23. Die Jüttner-Frage war aber auf jeden Fall vorher. Für die Linke-Fragen tippe ich aber auch eher auf die angegebene Stelle, weil ich mich erinnere mich gewundert zu haben, dass keine analogen Fragen zu anderen Parteien kamen. Falls die Linke-Fragen vor der Wahlentscheidung waren, waren aber auf jeden Fall noch Fragen dazwischen
@AeD
Eine ähnliche Liste gab es aber auch zur Frage nach dem höchsten erreichten Bildungsabschluss, der in der Wahlkabine ja nicht erfragt wird. Bei Koalitionen und Landeseigenschaften sehe ich den Sinn schon eher, da wäre sonst einfach zu viel vorzulesen.

Noch einige wertende Kommentare von mir:
I. DieFragen zur Linken sind eine positive Überraschung, denn sie deuten darauf hin, dass Allensbach beim "Gewichten" empirische Anhaltspunkte hat. Wenn man aus den Antworten einigermaßen zuverlässig die bedingte Wahrscheinlichkeit abschätzen kann, dass ich als Linke-Wähler gelogen hätte (und es kann ja gut sein, dass Allensbach zu dieser Frage interne Studien durchgeführt hat), dann kann man nach dem Bayesschen Gesetz und der angegebenen Linke-Häufigkeit auf die tatsächliche Linke-Häufigkeit zurückrechnen.
II. Ähnlich für 9, 13-15, 29b&c: Diese Fragen dienen wohl dazu, die Wahrscheinlichkeit meiner Wahlteilnahme abzuschätzen. In den USA sind vergleichbare Fragen seit Jahrzehnten üblich, als Thomas Frings hier 2005 (Thread:Befragungsmethoden) von seiner Forsa-Befragung berichtete, war ich ziemlich entsetzt, dass es solche Fragen nicht gab. Ich weiß nicht, ob Allensbach das einfach besser handhabt oder ob diese Methodik in den dazwischenliegenden Jahren in Deutschland "angekommen" ist.
III. Die Unterscheidung zwischen Erst- und Zweitstimmme ist so wie sie jetzt gehandhabt ist schlimmer als keine Unterscheidung. Lösung wäre meiner Ansicht nach eine Frage 20b, welche Stimme ich oben gemeint hätte und dann in 21 eine Frage nach der anderen Stimme. Dann könnte man auch messen, welcher Anteil der Befragten das Schulwissen zum Unterschied der Stimmen kapiert hat.
IV. Es gibt sehr offenen Fragen mit sehr engen Antwortoptionen. Die Fragen 24 und 25 kann eigentlich kein vernünftiger Mensch mit ja oder nein beantworten und Nr. 23 ist ohne ausdrückliche Angabe der politischen Ebene eher sinnlos.
V. Dass der Interviewer mich mehrfach auf vermeintliche Inkonsistenzen hingewiesen hat betrachte ich mit gemischten Gefühlen. Einerseits hat es im konkreten Fall wohl zu Ergebnissen geführt, die näher an den vom Fragebogenkonstrukteur gemeinten sind. Andererseit nehme ich an, dass sich viele Befragte dadurch in konsistente aber nicht reale Meinungen drängen lassen. Insbesondere sein Nachhaken bei Nr. 18 (das sich ja nicht auf eine tatsächliche Inkonsistenz bezieht) hätte wohl viele dazu gebracht sich umzuentscheiden. In der Wahlkabine hat Allensbach aber keinen Mitarbeiter.
VI. Das Problem, dass der Interviewer Fragebogen fälschen könnte, scheint mir ziemlich bedutend zu sein. Es ragt sich, ob Allensbach statistische Verfahren hat um gefälschte und echte Fragebögen zu unterscheiden (Ist im Bereich des Möglichen, für Multiple-Choice-Tests gibt es sowas) und/oder Faustformel für das Verhältnis des Nennwertes der Befragtenzahl zum tatsächlichen Wert hat.
VII. Die Formulierung "Wie jung sind sie?" ist eher lächerlich als nett.
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Tim Spier
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Januar 2008 - 15:09 Uhr:   

Vielen Dank für die interessante Schilderung, Allensbach ist wohl das letzte der großen Umfrageinstitute, das sich noch auf Face-to-Face-Befragung einlässt. Das Verfahren ist in jedem Fall teurer, aber vielleicht wirklich besser, was man ja hier diskutieren könnte. Zwei Anmerkungen:

Zu 3: "Der Interviewer hat weder meinen Namen noch sonst irgendwelche identifizierenden Details erfragt. Es kann also von außen kaum überprüft werden, ob er nicht einen Teil der Fragebögen ohne Befragung ausfüllt. Nicht, dass ich das dem konkreten Interviewer vorwerfen will, aber angesichts des Aufwandes halte ich das im Allgemeinen doch für eine ernstzunehmende Gefahr. "

Das sollte er auch nicht fragen, da ansonsten die Anonymität der Umfrage nicht mehr gegeben ist. Das sind ja durchaus höchstpersönliche Informationen, die dort abgefragt werden.

Zu 17: "Der Interviewer reichte mir eine nummeriere Liste mit Parteien. Ich sollte ihm die Nummer der Partei nennen, die ich voraussichtlich wählen würde. Keine Erklärung für diese Umständlichkeit, als Anonymisierung taugt sie nichts, da der Interviewer die Liste offensichtlich auswendig kannte. Angebotene Parteien: CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke, NPD."

Das stimmt zwar, ist aber trotzdem ein Versuch, dem "wahren" Wahlverhalten auf die Schliche zu kommen. Insbesondere eine Wahlabsicht der NPD wird sonst systematisch unterschätzt, während üblicherweise die Grünen überschätzt werden. Zumindest bei der BTW 2005 scheint auch die Linke unterschätzt worden zu sein.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 22. Januar 2008 - 15:40 Uhr:   

Vielen Dank erst einmal für diesen ausführlichen und interessanten Bericht.
Was mich wundert: Es fehlt die angeblich übliche Frage, was man beim letzten Mal gewählt hat (das soll ja fürs Kalibrieren als auch für die Wählerwanderungen wichtig sein).

Grundsätzlich kann ich mir vorstellen, daß man mit diesem ausführlichen Verfahren, wenn es auch von zuverlässigen und geschulten Interviewern durchgeführt wird, gute Ergebnisse erzielen kann.
Eine Fehlermarge von einigen Prozent wird immer noch bleiben.

Damit sind die üblichen "Prognosen", Partei X würde Y% bekommen, weitgehend sinnfrei.

Wesentlich interessanter sind dagegen Analysen, wie denn die Wählermotivation bei den verschiedenen Parteien läuft und welche Themen und Präferenzen sich im Vergleich zu Vorstudien ergeben.
Dazu müßte man natürlich die ausführliche Auswertung haben, eben nicht nur die nackten Prozentbehauptungen.
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Ulrich (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. Januar 2008 - 00:43 Uhr:   

@gelegentlicher Besucher:

@Ulrich
kein Kommentar.


Schade. Die Frage war auch nicht irgendwie inquisitorisch oder unfreundlich gemeint -- mich hätte nur einfach mal interessiert, wo man mit diesen Allensbach-Mitarbeitern rechnen kann.
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Jürgen (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. Januar 2008 - 12:21 Uhr:   

Zwei Anmerkungen zur Allensbach-Befragung:

1
Fußgängerzonen-Befragungen sind niemals repräsentativ. Der Interviewer wählt seinen Interviewpartner mehr oder weniger subjektiv aus.

Für repräsentative Face-to-Face-Befragungen es schon lange geeignetere Verfahren, die auf einer tatsächlichen Zufallsauswahl beruhen(z.B. Kombination Random-Route mit Schweden-Schlüssel=Frage nach der Person im Haushalt, die über 18 Jahre alt ist und zuletzt Geburtstag hatte)...

2
Zur Kontrolle der durchgeführten Interviews werden von den Interviewern bei seriösen Face-to-Face-Befragungen sehr wohl Adresslisten erstellt. Diese Listen werden bei der Rücklaufkontrolle der Fragebögen von der Feldleitung der Institute - in der Regel per telefonischer Nachfrage - stichprobenartig überprüft. Hiermit soll z.B. festgestellt werden, ob der laut Straßenbegehungsvorschrift richtige Haushalt ausgewählt wurde, ob der Schwedenschlüssel korrekt angewendet wurde und ob der Interviewer tatsächlich die Befragung mit der angegebenen Person durchgeführt hat, was gefragt wurde und wie lange das Interview gedauert hat.

Anschließend werden die Adresslisten vernichtet, damit ist dann auch der Datenschutzbeauftragte zufrieden.

Schade, dass der Allensbach-Interviewer diese Mindeststandards nicht eingehalten hat. Und dies dürfte kein Einzelfall sein.

Jetzt ist mir endgültig klar, was Allensbach für ein merkwürdiger Laden ist.
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gelegentlicher Besucher (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. Januar 2008 - 14:27 Uhr:   

@Ralf Arnemann
Doch, das ist in meiner Aufzählung Nr. 31.

@Ulrich
Schon in Ordnung, ich fühle mich auch nicht beleidigt. Es ist nur so, dass zu viele solche Details meinen Realnamen mit gängigen Suchmaschienen ermittelbar machen könnten (und nicht nur wie jetzt für langjährige Forumsteilnehmer leicht erratbar). Nebenbei bemerkt ist die unter meinem Pseudonym verlinkte Email-Addresse funktionsfähig.

@Jürgen
Inzwischen habe ich mir sozusagen aus gegebenem Anlass das im oben erwähnten Werbezettel empfohlenen Buch (Die Allensbachgründerin ist die Hauptautorin) durchgelesen. Darin steht auch zu genau diesen Fragen etwas.

Der Interviewer hat schon nach Geschlecht und Alter (sowie implizit nach seinem Wohnort) vorgegebene Quoten, innerhalb derer er allerdings tatsächlich frei auswählt. Wo er die Befragten dann auftreibt (Haustür, Bekannte, öffentliche Orte) bleibt ihm überlassen.

Zur Auswahl:
Die Autoren (und damit Allensbach) kennen die von Ihnen vorgeschlagene Verfahrensklasse durchaus, sie sprechen von Random-Verfahren und bevorzugen in der Regel das Qutenverfahren. Die Argumente sind etwa folgende:

-Wenn man die zu Befragenden in der Zentrale auswählt, verweigern zu viele Leute das Interview, so dass auch eine Random-Stichprobe nicht wirklich zufällig und daher auch nicht wirklich repräsentativ ist. Das halte ich auch für plausibel, an der Haustür lasse ich auch keine fremden Leute rein. Die Gefahr eines "Interviewers" der am Ende doch etwas verkaufen will (und dann eben schlimmstenfalls ein paar Minuten meines Lebens verschwendet hat) ist doch deutlich geringer als die Gefahr, die ein hereingelassener Fremder darstellen kann.
-Wenn man bei Random-Verfahren dem Interviewer die Endauslosung überlässt, "ergibt" sie überproportional oft für den Interviewer bequeme Resultate (z.B. das Haus anlaufen in dem gerade jemand da ist).
-Bei Auswahlverfahren wie dem Schwedenschlüssel behauptet die zunächst angetroffene Person überproportional oft die gesuchte Person zu sein.
-Allensbach hat für verschiedene nichtquotierte Merkmale in Quotenstichproben die nach der amtlichen Statistik zu erwartenden Verteilungen gefunden, für Randomstichproben war das nicht der Fall.

Wenn das alles stimmt, dann kann man mit Quten wohl tatsächlich eine zufälligere Stichprobe finden als mit dem Zufall. Andererseits dient das Buch natürlich auch der Werbung für Allensbach (das Naserümpfen über andere Institute ist z.T. schon sehr dick aufgetragen), so dass man diese Erfahrungswerte evtl. ihrer Quelle wegen bezweifeln könnte. Endgültig entscheiden kann ich das nach meinem Wissensstand nicht.

Zur Kontrolle:
Ein Interviewer macht wohl pro Umfrage nur etwa 5 Interviews. Meine Hauptsoge, er könnte z.B. 20 Interviews machen und wenn die Richtung klar ist den Rest fälschen ist damit wohl unbegründet. Einen Fälscher könnte man damit wohl an wiederholt stark vom Rest abweichenden Ergebnissen erkennen. Es gibt noch andere Erfahrungswerte, z.B. soll es verdächtig sein, wenn ein Interviewer nie Probleme hat seine Quote zu erfüllen. Andererseits sind die Fälschererkennungsmethoden in dem Buch sehr knapp behandelt, die Frage ist, ob es Geschäftsgeheimnisse sind oder ob es einfach nicht viele Möglichkeiten gibt. Außerdem kommen mir die jährlich 3% der Interviewer, die Allensbach nach eigenen Angaben beim Fälschen ertappt, einfach zu wenig vor.
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Ulrich (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Mittwoch, 23. Januar 2008 - 17:58 Uhr:   

@gelegentlicher Besucher:

Schon in Ordnung, ich fühle mich auch nicht beleidigt. Es ist nur so, dass zu viele solche Details meinen Realnamen mit gängigen Suchmaschienen ermittelbar machen könnten (und nicht nur wie jetzt für langjährige Forumsteilnehmer leicht erratbar).

Ich glaube, wir haben uns da missverstanden. Ich wollte ja gar nicht deinen Wohnort oder irgendeine andere konkrete Ortsangabe wissen, sondern einfach nur die ganz allgemeine Art des Ortes, an dem du auf den Allensbach-Befrager gestoßen bist. Sprich: Fußgängerzone, Arbeitsplatz, Bushaltestelle, Supermarkt, oder was auch immer. Das ist doch völlig unverfänglich, weil sich per Suchmaschine ja denkbar schlecht ermitteln lässt, ob du z.B. am Tag X in einer der tausenden Fußgängerzonen Niedersachsens gewesen bist. ;-)
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Ulrich (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 24. Januar 2008 - 11:57 Uhr:   

Mich wundert, dass bis dato nichts in den Nachrichten über diese Allensbach-Umfrage zu finden ist. Ich hätte eigentlich spätestens heute mit einer Veröffentlichung gerechnet, da es ja eher verpönt ist, erst zwei oder gar nur einen Tag vor der Wahl nochmal Umfrageergebnisse zu veröffentlichen.

Kann es vielleicht sein, dass die Umfrage nur internen Zwecken für eine bestimmte Partei (womöglich die CDU) gedient hat? Wobei dazu nicht passen würde, dass diese Frage zu (vermutlich) Siemens gestellt wurde.
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Good Entity (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 24. Januar 2008 - 15:20 Uhr:   

Wobei dazu nicht passen würde, dass diese Frage zu (vermutlich) Siemens gestellt wurde. -

@Ulrich: Doch, das stört nicht. Die Auswertung der "Siemens" - Fragen bekommt der Auftraggeber der Wahlumfrage genauswenig wie umgekehrt Siemens die Auswertung der Wahlumfrage. Die werden nur aus Kostengründen vom Umfrageinstitut zusammen durchgeführt; außerdem ermöglichen sie weitere Rückschlüsse auf die Zuverlässigkeit der abgefragten Ergebnisse. Ich hatte auch schon Fragen nach der Bekanntheit bestimmter Würstchen und der Präferenz bestimmter Yoghurtsorten dabei.

@gelegentlicher Besucher: Zumindest der Fragesteller von Allensbach weiß nach diesem Bericht jetzt ganz genau, wer Du bist... Nur das mit Jüttner war vielleicht geflunkert, denn die Frage betraf eigentlich die Bekanntheit von Frau Ypsilanti. Guter Trick zur Wahrung Deiner Anonymität !
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gelegentlicher Besucher (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Freitag, 25. Januar 2008 - 15:01 Uhr:   

Ich war beim ersten Überfliegen des Buches etwas zu schnell, daher dazu noch zwei Korrekturen:
-Ca. 3% der Interviewer werden nach Allensbachangaben nicht im Jahr sondern im Monat beim Fälschen erwischt. Das klingt nicht mehr zu niedrig, ist aber aus anderem Grund interessant: Zusammen mit den ebenfalls angegebenen ca. 30% Ausscheidern pro Jahr würde das bedeuten, dass Fälschen der einzige bedeutende Ausscheidegrund ist. Anscheinend fangen die, die demnächtst kündigen würden, praktisch immer an zu fälschen.
-Außer Alter und Geschlecht können noch andere demographische Merkmale quotiert sen, z.B. der Berufsstand.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 25. Januar 2008 - 15:26 Uhr:   

> das ist in meiner Aufzählung Nr. 31.
Ups, das hatte ich übersehen.

> Andererseits sind die Fälschererkennungsmethoden
> in dem Buch sehr knapp behandelt, ...
Na ja, die wollen potentiellen Fälschern unter ihren Mitarbeitern natürlich keine Warnungen geben.

Was das Ausscheiden betrifft: Genau gerechnet würden dann 36% pro Jahr wegen Fälschens rausfliegen, das wäre ja mehr als die 30%.
Ich halte diese Zahlen für zu hoch, da muß noch ein Fehler drinstecken.
Eine ehemalige Nachbarin von mir hat viele Jahre solche Umfragen gemacht, das ist wohl bei einem Institut wie Allensbach eine solide und langfristige Nebenbeschäftigung, für die werden sie auch zuverlässige Leute finden. Eine so hohe Fluktuation kann ich mir da nicht vorstellen.

Ansonsten eine Kleinigkeit:
> Bei genauerer Überlegung habe ich noch ein paar
> Fragen vergesssen:
> 9b. Ob mir Wolfgang Jüttner, der Spitzenkandidat
> der SPD bekannt sei.
Da mußte ich schon grinsen.
Das scheint wohl das zentrale Problem Jüttners zu sein, daß er von den Leuten so leicht vergessen wird ;-)
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gelegentlicher Besucher (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Mittwoch, 30. Januar 2008 - 00:17 Uhr:   

Im Buch (Noelle-Naumann, Elisabeth und Thomas Petersen: Alle, nicht jeder : Einführung in die Methoden der Demoskopie, Springer, 2000, ISBN: 3540-7498-5) steht zur Fluktuaton auf S.334

quote:

Unter 100 Bewerbern auf ein Inserat der zitierten Art (S.330) durchlaufen durchschnittlich 20 erfolgreich die Teststufen und werden - für eine durchschnittliche Dauer von knapp zwei Jahren - Mitglied der Intervievwer-Organisation.18
Nebenbei gesagt bedeutet das zugleich, daß bei einem Netz von 1600 bis 1800 Interviewern etwa 30 Prozent, also 500 bis 600, ausgewechselt werden.
[...]
18 Erfahrungswerte des Instituts für Demoskopie Allensbach.



und zu den Fälschern auf S. 368:

quote:

Auch bei einer laufend durch Tests überwachten und gesäuberten Interviewer-Organisation ist damit zu rechnen, daß monatlich drei Prozent der eingesetzten Interviewer der Versuchung erliegen, Fragebogen bei sich zu Hause am Schreibtisch oder Küchentisch auszufüllen.35 Nicht selten fingieren bereits Bewerber ihre ersten Probeinterviews, aber auch seit Jahren zuverlässig tätige Interviewer beginnen eines Tages zu fälschen.
[...]
35 Erfahrungswerte des Instituts für Demoskopie Allensbach.




Das sind aber natürlich beides gerundete Zahlen, 3% sind vielleicht nur 2,7% und ein Interviewer wird vielleicht auch in manchen Monaten nicht eingesetzt. Im Rahmen ihrer Genauigkeit halte ich die Zahlen also schon für miteinander vereinbar. Aber für andere Ausscheidegründe als Fälschungen bleibt da nicht mehr viel Raum.

Dass manche dieser Tätigkeit über Jahre nachgehen ist damit durchaus vereinbar, auch wenn monatlich 3% rausfliegen wären nach 5 Jahren noch sichtbare 16% übrig und wenn man ein verstärktes Rausfliegen gegen Anfang der Tätigkeit annimmt sind es noch mehr.
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wire-poll-thailand (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Dienstag, 20. Mai 2008 - 19:19 Uhr:   

Ich habe 2007 von Deutschland aus einen Wire-Poll in Thailand durchgeführt (n=250). Natürlich NICHT für Allensbach.

Wichtigstes Ergebnis: Die Thailänder lassen sich um 03:30 Uhr Ortszeit aus dem Bett klingeln. Um 04:00 Uhr hingegen sind sie bereits hellwach und die angewählten Festnetznummern sind weitgehend besetzt.

Ergo: Die Thailänder sind Frühaufsteher.

Schlußfolgerung: Die größere Dynamik bestimmter südostasiatischer Länder ist vielleicht gar nicht auf das niedrigere Einkommensniveau zurückzuführen, sondern auf das frühe Aufstehen.

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