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Prognosemodell zur Bundestagswahl

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c07
Veröffentlicht am Sonntag, 28. Juli 2002 - 15:26 Uhr:   

Es gibt ein Prognosemodell für Bundestagswahlen, das 2 Monate vor der Wahl, also jetzt, eine Vorhersage für den Zweitstimmenanteil der Regierungsparteien trifft.

Die Prognose ist 45,87%, was ungefähr auf einen Gleichstand zwischen SPD/Grüne und Union/FDP hinauslaufen dürfte.

In das Modell fließen 3 Komponenten ein:
  • Mittleres Ergebnis der Regierungsparteien bei den letzten 3 Wahlen (43,27% im aktuellen Fall),
  • Anzahl der Amtsperioden,
  • Beliebtheit des Bundeskanzlers 2 Monate vor der Wahl (wobei die Forschungsgruppe Wahlen die Referenz ist).

Vor ein paar Wochen hat die Uni Mannheim schon eine Pressemitteilung herausgegeben. Mit der damaligen Popularität von Schröder hätten sich noch 47,98% für Rot-Grün ergeben.

Mit den Umfragedaten von den anderen Instituten würden sich derzeit nach Infratest 45,84%, nach Emnid 47,51% und nach Forsa 45,29% ergeben.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 02. August 2002 - 12:27 Uhr:   

Jetzt habe ich mir mal den kompletten Text angetan.
Und kann als Fazit nur sagen: Was ein dümmlicher Humbug.

Ein gutes Beispiel dafür, wie Wissenschaftler manchmal vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen. Oder ein Beispiel, wie Sozialwissenschaftler mathematische Verfahren einsetzen, ohne deren Grenzen wirklich zu verstehen.
Denn die Einzelpunkte und Berechnungen sind nicht falsch - nur die Kombination ist daneben.

Es gibt schlicht zu wenig Testergebnisse (Bundestagswahlen) bei sich zu stark verändernden Rahmenbedingungen (mehr Parteien, Sondereinfluß deutsche Einheit), als daß dieses Verfahren auch nur halbwegs zuverlässig geeicht werden könnte. Deswegen ist auch die "Beweisführung" über angeblich gut vorhergesagte Ergebnisse unbrauchbar.

Daß der Parameter "Stärke der Hauptregierungspartei" ziemlich wichtig ist, ist offensichtlich.
Auch die Popularität des Bundeskanzlers ist nicht ohne Einfluß - aber nur begrenzt in Rechnungen einbeziehbar.
Der Nebenparameter "Anzahl der Amtsperioden" ist dann völlige Banane, da gibt es viel zu wenig Eingangswerte. Mit ziemlicher Sicherheit könnte man hier auch die Mondphasen oder den Dollarkurs verwenden und fände eine Formel, die Sieg oder Niederlage der vergangenen Wahlen "prophezeit".
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c07
Veröffentlicht am Freitag, 02. August 2002 - 18:42 Uhr:   

Zumindest einer der beiden "Sozialwissenschaftler" ist u.a. Diplom-Mathematiker (beim anderen weiß ich es nicht). Aber das Modell beruht ja nicht nur auf den Daten zu den 14 Wahlperioden, sondern auch auf generellen Erkenntnissen. Insbesondere der Parameter "Anzahl der Amtsperioden" gründet sich nicht auf die statistischen Daten der BRD, sondern wird wegen allgemeinen Forschungsergebnissen vorausgesetzt, und es wird lediglich überprüft, ob und in welchem Ausmaß er auch hier signifikant ist.

Allerdings stimm ich dir zu, dass es fraglich ist, ob das Modell stabil genug ist, die sich verändernden Rahmenbedingungen zu überstehn. Um das zu überprüfen, müsste man die Daten zeitlich in verschiedene Abschnitte einteilen und die einzelnen resultierenden Modelle vergleichen. Dafür ist die Datengrundlage aber wirklich zu dünn.

Insbesondere bildet das Modell die alte BRD ab, wird aber auf die jetzige angewendet. Die Verfasser benennen das damit verbundene Risiko ausdrücklich, relativieren es aber wegen dem vergleichsweise geringen Anteil der neuen Länder. Dabei ist offensichtlich nicht nur das Wahlverhalten der Ostdeutschen ganz gravierend anders als das der Westdeutschen, sondern beeinflusst auch das im Westen (mindestens durch das Auftreten der PDS).

Andererseits hat sich auch schon vor der Wiedervereinigung die politische Landschaft ziemlich grundlegend verändert, ohne dass damit das Modell unbrauchbar geworden ist. Vermutlich ist es im Prinzip langfristig gültig, aber die Feinverteilung der Einflüsse der einzelnen Parameter könnte sich durchaus schon mittelfristig signifikant ändern.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Freitag, 02. August 2002 - 21:32 Uhr:   

Das Modell ist ex post durch Data Mining entstanden, damit liegen natürlich die Vorhersagewerte der Vergangenheit ganz gut. Das schafft man aber z.T. auch mit für Wahlprognosen eher ungewöhnlichen Zahlen; z.B. der Jahres Rohstahlproduktion in Westdeutschland in Tonnen, die in Wahljahren dem Prozentwert der SPD entsprechen soll (Mierscheid-Gesetz).

Der erste richtige Test kommt am 22. September und mag interessant sein, da die Prognose nicht gleich der Erwartungen der Meinungsforscher ist.
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c07
Veröffentlicht am Freitag, 02. August 2002 - 22:47 Uhr:   

Vom Rohstahl-Beispiel grenzt sich das Modell explizit ab (Seite 486).

Die Rohstahlproduktion im alten Bundesgebiet im ersten Halbjahr 2002 war übrigens 19,15 Millionen Tonnen. Ich hab jetzt nicht überprüft, ob das 2. Halbjahr typischerweise stärker oder schwächer ist, aber tendenziell liegt die SPD damit deutlich oberhalb der aktuellen Umfragen.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Freitag, 02. August 2002 - 23:52 Uhr:   

Dieses unsinnige Prognosemodell erinnert mich an Chart-Analysen, deren Aussagekraft sich in etwa auf einer Stufe mit den der Prophezeiungen von Astrologen steht. Man kann Entwicklungen in der Vergangenheit ohne jeden Sinn und Verstand in die Zukunft fortschreiben.
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c07
Veröffentlicht am Samstag, 03. August 2002 - 03:18 Uhr:   

Im Prinzip ist die Aussage der Studie ganz einfach: Etwa 3/4 der Wählerschaft von Regierungsparteien bleibt längerfristig stabil, wobei aber der Trend abnehmend ist, indem pro Amtsperiode ungefähr 1,5 Prozentpunkte abbröckeln. Der Rest orientiert sich daran, ob sie die Regierung unabhängig von grundlegenden programmatischen Unterschieden im Verhältnis zu den Alternativen tatsächlich für erfolgreich hält, und diese Einschätzung lässt sich am Grad der Kanzlerunterstützung messen.

Das hat nichts mit Astrologie zu tun, sondern erscheint mir von der grundlegenden Aussage her selbst ohne irgendeine Datenbasis schon plausibel. Es stimmt sogar für Einparteiensysteme mit der Ausnahme, dass sich der abbröckelnde Effekt erst kumuliert beim Zusammenbruch manifestiert.

Das Modell quantifiziert nur die Einflüsse der einzelnen Faktoren für den konkreten Fall der BRD und muss dabei natürlich gewisse Unsicherheiten in Kauf nehmen. Es hat sich aber bisher gezeigt, dass diese Unsicherheiten eher kleiner als die von "Sonntagsfragen" sind, obwohl die ja nur eine Momentaufnahme sind und keine Prognoseaussage treffen. Übrigens ist ohne Weiteres ein Wahlergebnis denkbar, das innerhalb der Fehlerbereiche sowohl der Prognose als auch der gegenwärtigen Umfragen liegt.

So wie ich es versteh, stimmt auch der Vorwurf des nachträglichen Data Minings nur sehr beschränkt, weil bei den Vergleichen der hypothetischen Prognosen mit den tatsächlichen Wahlergebnissen der Vergangenheit die jeweilige Wahl selbst nicht in das angewendete Modell eingeflossen ist, und weil die Daten nur sehr wenig zur allgemeinen Modellbildung beigetragen haben. Von "Data Mining" kann man angesichts der sehr überschaubaren Datenmenge ohnehin nicht sprechen.

Wer einen wesentlichen Einfluss der im Modell genannten Faktoren, die ja mehr oder weniger stark für alle Demokratien belegt sind, auf die Entwicklung in der Zukunft abstreitet, muss konsequenterweise auch jegliche Konstanz von Stammwähleranteilen oder sonstigen Parteibindungen ablehnen.
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Martin Fehndrich
Veröffentlicht am Samstag, 03. August 2002 - 09:33 Uhr:   

Mit Data Mining meine ich ein Modell, daß nur mit Vergangenheitswerten überprüft bzw. an diese angepaßt wurde. Wenn es nicht passen würde, wäre das Modell kaum zu einer Prognose herangezogen worden.

Das Mierscheid-Gesetz ist unter diesem Aspekt schon glaubwürdiger, da kein Parameter angepaßt wurde. Dafür weicht es z.T. weiter von der Realität ab und läßt sich für eine Prognose kaum benutzen, da ein Großteil der Daten erst nach der Wahl anfallen.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Samstag, 03. August 2002 - 16:06 Uhr:   

Die These, dass 75% der Wähler einer Regierungspartei diese auch langfristig unterstützen, ist schon sehr gewagt. Als allgemeines Modell ist das noch zweifelhafter als für den konkreten Fall Bundesrepublik. In den Niederlanden und in Norwegen (um nur aktuelle Beispiele zu nennen)hat die größte Regierungspartei bei der letzten Wahl erheblich mehr als ein Viertel ihrer Wähler verloren.
Abgesehen davon ist Wählerschaft der größten Parteien ja nicht gleichermaßen stabil. In Deutschland sind Unionswähler ihrer Partei wesentlich treuer als SPD-Wähler.
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c07
Veröffentlicht am Samstag, 03. August 2002 - 17:53 Uhr:   

Die 3/4 beziehen sich auf das Mittel der 3 letzten Wahlen. Die Aussage, dass 75% der Wähler bei einer Wahl stabil bleiben, ist etwas anderes. Und Wechselwähler zwischen Koalitionspartnern sind für das Modell auch stabil.

Außerdem sagt es nicht aus, dass die 3/4 der Wähler zwangsläufig dieselben bleiben. Auch Wähler, für die eine Partei erstmals wählbar wird, weil sie sich in den letzten Wahlen auf einem höheren Niveau etabliert hat, sind darin enthalten. Insbesondere werden darin auch Wähler enthalten sein, die ihr Wahlverhalten von den vorausgehenden Generationen geerbt haben. Immerhin sterben zwischen 2 Wahlen normalerweise wesentlich mehr Wähler, als im Modell von der langfristigen Basis ausscheiden. Dabei muss die Vererbung nicht direkt von den Gestorbenen zu den Erstwählern gehn. Manche Parteien haben eine ziemlich konstante Verteilung der Wähler auf die Altersgruppen. So kann die Feststellung, dass Jungwähler oft Splitterparteien, später aber dann doch eher die etablierten Parteien wählen, durchaus als Konstante in das Modell einfließen.

Dass in den meisten anderen Ländern der Anteil der langfristigen Basis geringer ausfällt, würd ich auf jeden Fall erwarten. Wir haben hier vergleichsweise sehr wenig Bewegung zwischen den Parteien.

Dass die SPD relativ wenig Stammwähler hat, kann zwar ein Indiz dafür sein, dass das Modell zu stark vereinfacht, aber in der Vergangenheit war die SPD als Regierungspartei sogar eher stärker von ihren Vorergebnissen abhängig als die Union (dafür gibt es aber nur 4 Fälle, weil das Modell die SPD in der großen Koalition nicht als Regierungspartei wertet (was allerdings ein Beispiel für die von Martin kritisierte nachträgliche Anpassung ist)). Die Stammwähler der SPD könnten gerade deshalb so wenige sein, weil sie so lang keine Regierungspartei mehr war (oder umgekehrt; der Kausalzusammenhang spielt hier keine Rolle).
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 05. August 2002 - 15:28 Uhr:   

@c07:
> Zumindest einer der beiden "Sozialwissenschaftler" ist u.a.
> Diplom-Mathematiker ...
Das ist mir als Mathematiker besonders peinlich ;-)

Letztlich sind die Mängel des Modells hier ausreichend beschrieben worden.

Es ist ja auch gar nicht zu bestreiten, daß wesentliche Effekte wie Stammwählerverhalten etc. natürlich eine Rolle spielen. Es ist halt nicht so, daß die Mehrheit der Wähler sich vor jeder Wahl völlig neu orientiert.
Aber damit erschlägt man halt nur den trivialen Teil der Vorhersage.

Wenn man prognostiziert, daß FDP und PDS nicht zusammen und alleine die nächste Regierung stellen, liegt man auch ziemlich sicher.

Die spannenden Frage der nächsten Regierungsbildung hängt halt an wenigen Prozent Wählerwanderung - und genau das ist diese Prognose nicht viel besser als Mierscheid.
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c07
Veröffentlicht am Montag, 05. August 2002 - 23:26 Uhr:   

Natürlich wird diese Prognose häufig nicht genau genug sein, um die Mehrheitsverhältnisse relativ sicher vorherzusagen (so auch diesmal), und sie teilt ja auch nur in Regierung und Opposition auf. Aber für glaubwürdiger als Umfragen, die als Prognosen missbraucht werden, halt ich sie trotzdem, obwohl ein Teil der Ungenauigkeiten von Umfragen über die Kanzlerunterstützung auch eingeht.

Übrigens sollte bei der Kanzlerunterstützung genau genommen das Mittel der Politbarometer-Werte zwischen 1 und 2 Monate vor der Wahl eingehn. Die 45,9% für die Regierung sind also noch nicht ganz die endgültige Prognose.
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PCM
Veröffentlicht am Dienstag, 17. September 2002 - 15:32 Uhr:   

Leute, rechnet doch mal weiter mit dem Modell:
STIM = -6,55 + 0,76 x (PAR) + 0,39 x (KAN) - 1,50 x (AMT)
STIM: erwarteter Anteil der amtierenden Regierungsparteien
PAR: Langfristiger Wählerrückhalt der Regierungsparteien (Mittel der Stimmenanteile in den letzten drei Bundestagswahlen)= 43,3
KAN: Kanzlerunterstützung (unter Ausschluss von Unentschlossenen)
AMT: Amtsperiode der Regierung (Anzahl)= 1
Aktuell (letzte Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen vor der Bundestagswahl, 13.9.) steht es zwischen Schröder und Stoiber 59% zu 35%.Damit KAN = 62,766. Deshalb: 62,766 x 0,39 + 24,858 = 49,337. Aktuell also 49,3 statt der 47,9 Anfang Juli.
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Lares Glimmerdiek
Veröffentlicht am Dienstag, 17. September 2002 - 18:45 Uhr:   

Mit Verlaub, aber dieses Modell zeigt die schwächen naiver quantitativer Methoden in den Sozialwissenschaften deutlich auf. Und das hat nichts damit zutun, wie gut sich die Modelleure mit Mathematik auskennen. Die Wirklichkeit lässt sich eben auch nicht ansatzweise auf ein paar Faktoren reduzieren. Wen es interessiert, hier ein tatsächlich ernstgemeinter Ansatz, den Erfolg rechtspopulistischer Parteien in Westeuropa allein mithilfe der Faktoren Ausländeranteil, Arbeitslosigkeit und Wirtschaftswachstum zu erklären, und das in einer ernstzunehmenden wissenschaftlichen Zeitung:

Pia Knigge, 1998: The ecological correlates of right-wing extremism in Western Europe, in: European Journal of Political Research, Bd. 34, S. 249-279.

Da rechnet man dann solange rum, bis die einzelnen Koeffizienten "stimmen", mit wissenschaftlicher Erkenntnis hat das m.E. nichts zu tun.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Mittwoch, 18. September 2002 - 10:49 Uhr:   

Vollkommen richtig. Interessant in diesem Zusammenhang ist ja auch, dass Rechtspopulisten oder Rechtsradikale oft da gut abschneiden, wo es wenige Ausländer gibt, siehe Kärnten ,Sachsen-Anhalt (1998), Dänemark, Norwegen. Da könnte man dann eine negative Korrelation reininterpretieren. Aber es gibt ja auch Gegenbeispiele, z.B. den Erfolg von Schill in Hamburg.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 18. September 2002 - 12:12 Uhr:   

> Aber es gibt ja auch Gegenbeispiele, z.B. den Erfolg von Schill in
> Hamburg.
Rechtspopulist ist eben nicht gleich Rechtspopulist.

Wenn Reps oder andere Rechtsaußen-Parteien die Ausländerfrage hochspielen, dann meist unter dem Arbeitsmarktaspekt oder der Behauptung, der Staat würde für Asylanten zu viel Geld ausgeben.
Das zeigt Wirkung bei Wählern in Gegenden, die unter Arbeitslosigkeit und staatlichem Geldmangel leiden, z. B. Sachsen-Anhalt. Da müssen vor Ort gar nicht viele Ausländer leben.

Schill hat seinen Wahlerfolg aber dem Thema Kriminalität zu verdanken (und den krassen Versäumnissen des rot/grünen Vorgängersenats). Das Thema Ausländer war in seinem Wahlkampf kaum präsent (erst in seiner Bundestagsrede).

Daß das Prognosemodell solche Aspekte überhaupt nicht berücksichtigt (berücksichtigen kann), ist ein weiterer Grund für seine Unbrauchbarkeit.
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PCM
Veröffentlicht am Donnerstag, 19. September 2002 - 12:21 Uhr:   

Wie geht denn das? Will man hier mit dem Bad (Rechtspopulismus) das Kind (die Legitimität von Prognoseverfahren) ausschütten? Liebe Leute, lest doch bitte mal nach, was ihr am 28.7. (bei c07) an Links verpasst bekommen habt! Es wird einfach spannend. - Im übrigen ist es ja keine Beleidigung, berechenbar zu sein. Unberechenbar ist nur, wer keinen Charakter hat.
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Tim Spier alias Lares Glimmerdiek
Veröffentlicht am Donnerstag, 19. September 2002 - 18:09 Uhr:   

Vielleicht hast Du mich falsch verstanden, PCM, aber das, was ich am Beispiel der Berechnung des Erfolgs von Rechtspopulisten mithilfe solcher multivariater Regressionsanalysen kritisiert habe, gilt auch für das von CO7 erwähnte Vorhersagemodell. Die Leute wählen eben nicht nur aufgrund dieser drei Faktoren. Sicher spielt es eine Rolle, wie lange eine Partei schon regiert und ob der Bundeskanzler beliebt ist. Viele Leute wählen aber tatsächlich noch aufgrund inhaltlicher Belange eine bestimmte Partei ;-)

Diese Art von Modellen spiegeln eine mathematische Präzision bei der Vorhersage von Wahlergebnissen vor, die auch nicht ansatzweise gerechtfertigt ist. Das einzige, was diese Formel mit Sicherheit aussagt, ist, dass sie für die in sie eingeflossenen Daten vergangener Zeitperioden stimmt. Einfach gesagt: Man hat so lange gerechnet, bis eine Formel herauskommt, bei dem die zugrundegelegten Daten stimmen. Die Regressions-Koeffizienten korrelieren dann zwar mit diesen Daten, dass heisst aber noch lange nicht, dass sie kausal für das Ergebnis, nämlich den Wahlausgang sind. Und schon gar nicht kann diese Formel für die Zukunft verallgemeinert werden.

Schau Dir mal an, was für komplizierte Modelle die Wahlforschung seit den Studien von Lazarsfeld et al. (in den 60ern glaube ich) entwickelt hat. Da spielt die Parteienprädisposition, die Kandidaten, die Themen (Issues), usw., vielleicht auch das Wetter eine Rolle, aber nicht nur die drei oben genannten Faktoren. Und für jedes Wahlsystem müsste man eigentlich ein ganz anderes Modell aufstellen.
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Tim Spier
Veröffentlicht am Donnerstag, 19. September 2002 - 18:21 Uhr:   

Um nochmal deutlich zu machen, wie solche Formeln entstehen: Man suche sich drei Faktoren, für die irgendwelche messbaren Daten für die Vergangenheit bestehen, tippe diese Daten in ein Statistik-Programm (SPSS oder so) ein und drücke auf den Knopf Regressionsanalyse und schwups, da haben wir die Formel.

Und die Formel ist sofort eine andere, wenn Du andere Faktoren mit den entsprechenden Daten zugrunde legst. Wie schon gesagt, das sog. "Mierscheid-Gesetz" mit dem Rohstahl als Berechnungsgrundlage hat bisher deutlich genauer das Wahlergebnis der SPD vorausgesagt, als jedes Umfrageinstitut. Und wenn die Recherchen der Frankfurter Rundschau von vor ein paar Tagen stimmen, dann könnte das diesmal auch wieder hinkommen. Trotzdem hat die Frage, warum die Leute SPD wählen nur sehr, sehr wenig mit der Rohstahl-Produktion zu tun. Ich bin fast versucht, zu sagen, gar nicht, aber wer weiß?

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