Themen Themen Profil Profil Hilfe/Anleitungen Hilfe Teilnehmerliste Teilnehmerliste [Wahlrecht.de Startseite]
Suche Letzte 1|3|7 Tage Suche Suche Verzeichnis Verzeichnis  

Verfassungswidrige Verfassung jetzt a...

Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Verfassungswidrige Verfassung jetzt auch in NRW (Sperrklause 2.5%) « Zurück Weiter »

Autor Beitrag
 Link zu diesem Beitrag

Danny
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 11. Juni 2016 - 22:46 Uhr:   

http://www.welt.de/regionales/nrw/article156122295/NRW-Landtag-beschliesst-2-5-Prozent-Huerde.html

Die Vertretungskörperschaft für Parteien in NRW ("Landtag") hat zur Bekämpfung des politischen Wettbewerbs beschlossen, dass Klein- und Nischenanbieter von unter 2,5% Marktanteil nichtmehr an der Kommunalverwaltung teilnehmen dürfen.

Die Regelung dürfte verfassungswidrig sein, da die Notwendigkeit kommunaler Sperrklauseln bisher nicht überzeugend dargelegt wurde, v.a. nicht bei Direktwahl des Bürgermeisters.

Das antizipierend hat die SPD das Gesetz in die Landesverfassung geschrieben.

Ich schätze man erhofft sich damit das Landesverfassungsgericht, was historisch strenge Massstäbe für Sperrklauseln angelegt hat, umgehen zu können. Aber ganz klar ist das wohl nicht, denn bei einer Klage würde das Landesgericht wohl dann wohl die vorige Rechtslage, also die alte Verfassung, als Prüfungsmassstab für das Änderungsgesetz nehmen; zumindest würde ich das erwarten.

Das könnte dann so einen ähnlichen Konflikt wie in Polen geben, wo auch strittig ist, ob das Verfassungsgericht die neue Rechtslage schon beachten muss oder nicht. Ich frag mich allerdings, was man sich überhaupt davon verspricht, weil damit verhindert man höchstens den Marktzutritt von Bürgerinitiativen, die eigentlich eh nie bestimmende Wahlanteile erreichen; die AFD dürfte wohl ohnehin leicht über die Hürde kommen.
 Link zu diesem Beitrag

Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 11. Juni 2016 - 23:12 Uhr:   

 Link zu diesem Beitrag

A
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Sonntag, 12. Juni 2016 - 08:22 Uhr:   

In Berlin war die Sperrklausel für Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen vom Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden. Das Abgeordnetenhaus hat daraufhin die Sperrklausel für die Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen in die Verfassung geschrieben. Die Sperrklausel wurde daraufhin (bei ansonsten völlig unveränderter Rechtslage) vom Verfassungsgericht für verfassungsgemäß erklärt.

Dasselbe Szenario scheint sich jetzt in Nordrhein-Westfalen zu wiederholen.

Die übrigen Länder werden vermutlich folgen. Dasselbe gilt für die Europawahlen.
 Link zu diesem Beitrag

Danny
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 12. Juni 2016 - 09:06 Uhr:   

Dann hat RL wohl Recht. Obwohl es mich wundert, dass die LandesVerfG nicht auch selbst inhaltlich prüfen, weil es ist ja ein Landesgesetz.

Fragt sich dann ob sich das ganze auf Bundesbene wiederholen wird, denn das BVerfG wird das wohl kassieren, worauf man dann in der Bundesregierung auf die Idee kommen könnte, das ins Grundgesetz zu schreiben.

An der Stelle wird das BVerfG dann aber wohl irgendeine inhaltliche Prüfung an der alten Verfassung vornehmen müssen oder zumindest die neue auf inhaltliche Konsistenz hin untersuchen.
Irgendwie hab ich noch die wohl zu idealistische Vorstellung, dass die Verfassung allgemeine Grundsätze enthalten sollte und keine tagespolitischen Gesetze..
 Link zu diesem Beitrag

Martial00120
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 12. Juni 2016 - 09:19 Uhr:   

Also hier gibt es unterschiedliche Auffassungen von Verfassungsgerichten. Bayern sagt, es gibt verfassungswidriges Verfassungsrecht und Berlin sagt nein.
 Link zu diesem Beitrag

Interessierter
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Sonntag, 12. Juni 2016 - 09:29 Uhr:   

Danny:
"Ich frag mich allerdings, was man sich überhaupt davon verspricht, weil damit verhindert man höchstens den Marktzutritt von Bürgerinitiativen, die eigentlich eh nie bestimmende Wahlanteile erreichen; die AFD dürfte wohl ohnehin leicht über die Hürde kommen."
In dem ein oder anderen Kommunalparlament in NRW gibt es doch sicherlich Rechtsparteien in kleiner Sitzeanzahl, die den Altparteien den Spiegel vorhalten. Sie haben halt bei Debatten auch immer Rederecht und das dürfte die Parteienkartelle stören.
 Link zu diesem Beitrag

Danny
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 12. Juni 2016 - 09:54 Uhr:   

Interessierter: Gut, aber anderswo (BT, Landtage) löst man solche Probleme per Geschäftsordnung. Wär natürlich vorstellbar, dass Kommunalparlamente da durch höheres Recht gebunden sind, aber es erscheint mir einfacher das zu ändern, als so einen Verfassungskonflikt zu provozieren.

Eigentlich würde es sogar schon ausreichen die Sitzanzahl etwas zu verringern, um eine natürliche Sperrklausel in der Höhe zu erhalten.

Aber du hast Recht; in Essen würden folgende Sitze rausfliegen:
- NPD 1 Sitz
- PRO NRW 2 Sitze
- Die PARTEI 1 Sitz
- PIRATEN 2 Sitze

Die AFD und FDP würden ihre 3 Sitze behalten; die FDP allerdings nur knapp (Gesamtsitzzahl ist 90).
 Link zu diesem Beitrag

Martin Fehndrich
Moderator
Veröffentlicht am Sonntag, 12. Juni 2016 - 10:27 Uhr:   

Das Grundgesetz Art 28 Absatz 1 Satz 2 sagt was zu den Wahlgrundsätzen in Kommunalvertretungen, also Gemeinderäten. Nichts zu Bezirksversammlungen der Stadtstaaten.

Der Argumentationsansatz ist im Prinzip, daß man das Begründungserfordernis, das die ganzen Verfassungsgerichte bisher gesehen haben, dadurch senken kann, daß man es in die Landesverfassung schreibt.
Der Ansatz birgt natürlich das Potential eine Verfassung zu verschandeln. Das ist jetzt durchaus schon passiert. Neben den Gemeinderäten stehen jetzt auch Sperrklauseln für Bezirksvertretungen, deren faktische Hürde schon über der 2,5%-Hürde liegt, und für das Ruhrparlament in der Verfassung. Damit hat man quasi den Status Quo dieser bisher einfachgesetzlichen Gremien in der Verfassung festgeschrieben.
 Link zu diesem Beitrag

Danny
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 12. Juni 2016 - 10:31 Uhr:   

Hab noch einen informativen Artikel dazu gefunden: http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/landtag-nrw-sperrklausel-2-5-prozent-huerde-kommunalwahlen-verfassungsklage-angekuendigt/

Auszug:
Der Verein "Mehr Demokratie" teilt dagegen die Auffassung der Piraten. Nirgendwo in NRW könne ein Rat mangels Mehrheit nicht mehr beschließen, argumentierte Landesgeschäftsführer Alexander Trennheuser. Nun sei die Landesverfassung verfassungswidrig. Indem die Änderung direkt in die Verfassung aufgneommen wird, wird die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs in Münster umgangen, so Hotstegs. Denn dieser werde wohl kaum verfassungswidriges Verfassungsrecht anhand der Verfassung feststellen. Auch schreibe man den Richtern in Münster nicht die Rolle zu, die Landesverfassung am Grundgesetz scheitern zu lassen.

Also imho ist die bayrische Lösung die richtige, denn die Auslegung der Landesverfassung ist Sache der Landesgerichte.
Man müsste nichtmal das Änderungsgesetz kassieren; das wär vllt etwas übergriffig; aber man könnte einfach feststellen, dass der Teil der LV nicht anwendbar ist, weil er (aktuell) in Konflikt mit anderen Bestimmungen der LV steht (Allgemeinheit der Wahl). Für NRW könnte man aber zugegeben darüber streiten, ob die Landesverfassung die "Allgemeinheit der Wahl" überhaupt (eventuell indirekt) enthält. Dass solche internen Sachen dann auf Bundesebene entschieden werden müssen fänd ich als Landesjurist dennoch etwas peinlich.


Lustiger Abschluss:
Sollte es aber nach Karlsruhe gehen, ist nicht klar, ob die Sperrklausel in der Landesverfassung eine Prüfung anhand von Art. 28 Grundgesetz überstehen würde. In einer Expertenanhörung im Düsseldorfer Landtag im Januar sprachen die meisten der Juristen von "bleibenden Restzweifeln".

Bei so tollen Ausdrucksweisen bereue ich immer wieder nicht Jura studiert zu haben. :-)
 Link zu diesem Beitrag

Danny
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 12. Juni 2016 - 10:39 Uhr:   

Martin Fehndrich: Hast du einen Link?
Im Gesetzblatt ist es noch nicht… zumindest noch nicht im Internet eingepflegt.

Der logische Zusammenhang zw. Bezirks- und Kommunalvertretung erschliesst sich mir da nicht ganz. Selbst wenn man Bezirke einrichtet gibt es ja trotzdem noch Gemeinderäte die gesetzmässig zu besetzen sind. Die kommunale Selbstbestimmung auf diesem Umweg, quasi durch Umbenennung, begrenzen zu wollen erscheint mir eher nicht aussichtsreich.
 Link zu diesem Beitrag

Martin Fehndrich
Moderator
Veröffentlicht am Sonntag, 12. Juni 2016 - 13:16 Uhr:   

Tagesordnung https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/GB_I/I.1/Tagesordnungen/WP16/100/PT16-116.jsp und Drucksachen 16/9795 und 16/12134.
 Link zu diesem Beitrag

Steiner
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 16. Juni 2016 - 14:50 Uhr:   

Kann man denn nicht Teile der Verfassung für verfassungswidrig erklären lassen?

Ich dachte so an die Grundrechte und das internationale Recht.
 Link zu diesem Beitrag

Normanne
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Freitag, 17. Juni 2016 - 08:27 Uhr:   

Nein.
Mehr zu sagen lohnt in dieser Frage nicht. Da reicht Schulwissen.

Beitrag verfassen
Beitrag:
Fett Kursiv Unterstrichen Erstelle Link Clipart einfügen

Benutzername: Hinweis:
Dies ist ein geschützter Bereich, in dem ausschliesslich registrierte Benutzer Beiträge veröffentlichen können.
Kennwort:
Optionen: HTML-Code anzeigen
URLs innerhalb des Beitrags aktivieren
Auswahl:

Admin Admin Logout Logout   Vorige Seite Vorige Seite Nächste Seite Nächste Seite