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Archiv bis 30. Juli 2015

Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Wahlen, Abstimmungen usw. im europäischen Ausland » Gemeinderatswahlen in Wien » Archiv bis 30. Juli 2015 « Zurück Weiter »

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Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Samstag, 15. Mai 2010 - 02:43 Uhr:   

ÖVP, FPÖ und Grüne haben sich notariell verpflichtet, nach der Gemeinderatswahl am 10. Oktober 2010 gemeinsam das Wahlrecht zu reformieren.

http://derstandard.at/1271375863972/Wahlrechtsreform-Oppositon-unterzeichnet-Notariatsakt

Dazu brauchen sie aber erstmal eine Mehrheit, die sie momentan selbst bei einem fairen Wahlrecht nicht hätten.

Das gegenwärtige Wahlrecht besteht aus der 18fachen Anwendung von (automatischem) D'Hondt (volle Droopquoten) in deutlich ungleich großen Wahlkreisen (3-10 Mandate), auf die die insgesamt 100 Mandate ebenfalls nach D'Hondt verteilt werden. 2005 sind in diesem "ersten Ermittlungsverfahren" tatsächlich 74 Sitze verteilt worden (SPÖ 49, ÖVP 12, FPÖ 6, Grüne 7).

Am zweiten Ermittlungsverfahren nehmen Parteien teil, die die Sperrklausel, bestehend aus 1-Sitz-Grundmandatsklausel und 5%-Hürde, überwunden haben. Im Prinzip soll dort die Ungleichbehandlung durch Vergabe von Sitzen auf Reststimmen wieder neutralisiert werden, aber nachdem für die Berechnung nicht die (globale) Harequote, sondern die (lokale) Droopquote zugrunde gelegt wird, sind die Sitze aus dem ersten Ermittlungsverfahren viel billiger. 2005 sind 74% der Sitze für 62,9% der Stimmen vergeben worden. Ein hoher Anteil an Stimmen für Parteien ohne Sitzchancen (2005 waren es 2,7%) kann dieses Verhältnis allerdings umdrehen, indem der Preis für die Restmandate dadurch faktisch sinkt.

Verteilt wird im zweiten Ermittlungsverfahren wiederum nach D'Hondt, was hier aber relativ unproblematisch ist, nachdem die Reststimmen normalerweise bei allen Parteien in der gleichen Größenordnung liegen. 2005 haben FPÖ und Grüne je 7, SPÖ und ÖVP je 6 Restmandate bekommen.

Insgesamt hat die SPÖ also 55 Sitze (bei 50,4% der berücksichtigten Stimmen), die ÖVP 18 (19,3%), FPÖ 13 (15,2%) und die Grünen 14 (15,0%). Nach Sainte-Laguë (und auch D'Hondt in der Oberverteilung) wär die Verteilung 51:19:15:15. Die Grünen haben ziemlich viel Glück gehabt (Droopquote mehrfach ganz knapp erreicht), könnten aber bei etwas besserem Abschneiden systematisch in den meisten Wahlkreisen relativ knapp über die Quote kommen und dadurch vom bisherigen Wahlsystem profitieren.

Mit der Reform soll offenbar kein wirklich vernünftiges Wahlrecht erreicht werden, sondern nur die Restsitzverteilung durch eine Oberverteilung (weiterhin nach D'Hondt) mit Anrechnung der Sitze aus dem ersten Ermittlungsverfahren ersetzt werden (analog zur Nationalratswahl).

Gemeindewahlordnung:
http://www.wien.gv.at/recht/landesrecht-wien/rechtsvorschriften/html/v1000000.htm

Wiener Stadtverfassung (§§ 10 ff.):
http://www.wien.gv.at/recht/landesrecht-wien/rechtsvorschriften/html/v0010000.htm

Wahlkreise:
http://www.wien.gv.at/politik/wahlen/grbv/2005/kundmachung.html

Ergebnis 2005:
http://www.wien.gv.at/wahl/NET/GR051/GR051-109.htm
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Marco
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 15. Mai 2010 - 10:53 Uhr:   

Bei der Wahl davor hatte die SPÖ mit ca. 46 % 52 Sitze, die anderen im Gemeinderat vertretenden Parteien hatten ca. 49 %. Insofern wäre eine Reform des Wahlrechts auf jeden Fall sinnvoll.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 16. Mai 2010 - 10:27 Uhr:   

@Marco
Nicht so sinnvoll wäre eine Reform natürlich für die SPÖ. Die wird sie mit allen Mitteln verhindern wollen. Vor der Wahl 1996 überlegte die SPÖ sogar, das Wahlrecht noch günstiger für sie zu gestalten.

"SPÖ mit ca. 46 % 52 Sitze"
Es waren 46,9% für die SPÖ und 49,1% für FPÖ, ÖVP und Grüne.

Hier mal Übersicht seit 1978, seither gibt es die heutige Wahlkreiseinteilung (für Parteien über 1% jeweils Stimmenanteil und in Klammern die Sitzzahl):
1978: SPÖ 57,2 (62), ÖVP 33,8 (35), FPÖ 6,5 (3), KPÖ 1,8 (-)
1983: SPÖ 55,5 (61), ÖVP 34,8 (37), FPÖ 5,4 (2), ALW 2,5% (-), KPÖ 1,1 (-)
1987: SPÖ 54,9 (62), ÖVP 28,4 (30), FPÖ 9,7 (8), Grüne 4,4 (-), KPÖ 1,7 (-)
1991: SPÖ 47,8 (52), FPÖ 22,5 (23), ÖVP 18,1 (18), Grüne 9,1 (7), VGÖ 1,8 (-)
1996: SPÖ 39,2 (43), FPÖ 27,9 (29), ÖVP 15,3 (15), LiF 8,0 (6), Grüne 7,9 (7)
2001: SPÖ 46,9 (52), FPÖ 20,2 (21), ÖVP 16,4 (16), Grüne 12,5 (11), LiF 3,4 (-)
2006: SPÖ 49,1 (55), ÖVP 18,8 (18), FPÖ 14,8 (13), Grüne 14,6 (14), KPÖ 1,5 (-), BZÖ 1,2 (-)


@RL
"Mit der Reform soll offenbar kein wirklich vernünftiges Wahlrecht erreicht werden, sondern nur die Restsitzverteilung durch eine Oberverteilung (weiterhin nach D'Hondt) mit Anrechnung der Sitze aus dem ersten Ermittlungsverfahren ersetzt werden (analog zur Nationalratswahl)."
Was wäre denn daran nicht vernünftig. Es wäre zumindest vernünftiger als fast alle anderen österr. Wahlgesetze auf Landesebene.
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Ratinger Linke
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Sonntag, 16. Mai 2010 - 14:32 Uhr:   

Das war etwas übertrieben ausgedrückt. Tatsächlich wäre das Wahlsystem vernünftiger als viele deutsche. Ein Mangel wäre aber auf jeden Fall D'Hondt, und es ist erstaunlich, dass das gerade die Parteien, die davon ebenso benachteiligt sind, nicht ändern wollen.

Der wesentlichste Schwachpunkt ist die Wahlkreiseinteilung, die allerdings in der Stadtverfassung geregelt ist. Zum Einen ist hier D'Hondt schon deswegen besonders absurd, weil man da nichtmal einen Konzentrationsanreiz als Argument anführen kann; zum Anderen ist die Rundung bei diesem Wahlsystem sowieso völlig unnötig. Man könnte die Quote genauso mit dem Idealanspruch berechnen, da ohnehin keine feste Mandatszahl zugeteilt wird.

Ob man (wie momentan) die Einwohnerzahlen für die Quoten zugrunde legen will, ist Ansichtssache, aber jedenfalls sollten sie dann nicht potenziell derart veraltet sein (letzte Volkszählung).

Die Wahlkreise sind für ein Quotensystem viel zu ungleich groß. Die nominellen 3er-Wahlkreise bekommen faktisch teils nur 1 Sitz und sind deshalb krass benachteiligt. Bei derartiger Ungleichbehandlung kann man sich die Wahlkreise gleich ganz sparen. Nachdem ohnehin schon einige Bezirke zu relativ großen Wahlkreisen zusammengelegt sind, könnte man das problemlos auch bei den restlichen deutlich zu kleinen machen.

Alternativ könnte man die Quote für die kleineren Wahlkreise günstiger machen, indem man z.B. durch Idealanspruch plus 3 teilt (und das Resultat prozentual erhöht, um Überhang unwahrscheinlich zu halten). Wie gerecht das ist, hängt aber von der Zahl der relevanten Parteien ab.

Die dritte Möglichkeit wären feste Sitzzahlen für die Wahlkreise, wobei man dann aber nur z.B. 75 von 100 Sitze in den Wahlkreisen vergeben dürfte, wenn man die Stadtlisten beibehalten will, womit die kleinsten Wahlkreise wohl nur noch 2 Sitze hätten, was auch nicht sinnvoll ist.

Dann gibt es noch das übliche österreichische Vorzugsstimmensystem, das praktisch völlig untauglich ist. Selbst das Argument, dass das nur für Extremfälle gedacht sein könnte, zieht nicht besonders, weil man nicht davon ausgehn kann, dass entsprechende Bewerber überhaupt auf die Liste kommen. Deshalb ist der Aufwand im Verhältnis zum Ergebnis unverhältnismäßig bzw. eine Verarschung der Wähler.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Januar 2011 - 14:01 Uhr:   

Während FPÖ und ÖVP das vereinbarte Wahlsystem schnell beschließen wollten, verhandeln SPÖ und Grüne seit gestern über Vorschläge zu einer weitergehenden Reform.

http://www.wienerzeitung.at/default.aspx?tabID=3858&alias=wzo&cob=537430

Im Artikel sind aber wohl mehrere Vorschläge vermischt worden. 60 Stimmen klingen nach Übernahme des bayrischen Kommunalwahlsystems (die größeren Bezirksvertretungen haben 60 Sitze), das man beim Gemeinderat prinzipiell auf Wahlkreisebene anwenden könnte. Als Alternative könnte vielleicht etwas wie das Hamburger Wahlsystem gemeint sein. Die Grünen scheinen noch keine konkreten Vorstellungen zu haben, wollen aber auf jeden Fall mehr Personalisierung (im Gegensatz zum Bund, wo sie um die Quote fürchten).

Das Wahlrecht der Länder ist übrigens teilweise in der Bundesverfassung geregelt, so dass der Spielraum beschränkt ist. Insbesondere sind Wahlkreise vorgeschrieben, was vermutlich heißt, dass es mehr als einer sein muss. Einerwahlkreise stehn zwar nicht direkt im Widerspruch zum Wortlaut, aber die Verfasser sind ersichtlich vom üblichen österreichischen System ausgegangen.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 18. Januar 2011 - 22:52 Uhr:   

Kann mir vorstellen, dass das in Wien bloß Taktik der SPÖ ist um vom Vorteil der SPÖ im bisherigen Wahlrecht abzulenken und dann die Debatte langsam einschafen zu lassen.

"Insbesondere sind Wahlkreise vorgeschrieben, was vermutlich heißt, dass es mehr als einer sein muss."
Zumindest wurde das in der Vergangenheit nicht so ausgelegt. Bis in die 70er Jahren gab es in Kärnten und im Burgenland nur einen Wahlkreis.

Burgenland
http://alex.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?apm=0&aid=lgb&datum=19450004&seite=00000051&zoom=2

Kärnten
http://alex.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?apm=0&aid=lgk&datum=19740004&zoom=2&seite=00000171&x=9&y=8
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 09. August 2012 - 19:27 Uhr:   

Tatsächlich schaut es jetzt danach aus, als ob eher das Gegenteil gemacht wird. Die SPÖ beharrt so stur auf der Verzerrung zu ihren Gunsten wie die Union hier. Und den Grünen reicht es offenbar, wenn stattdessen bei den noch Kleineren gestrichen wird, damit für sie auch noch was rausspringt.

http://diepresse.com/home/panorama/wien/1276988/Wahlversprechen_Gruene-relativieren?_vl_backlink=/home/panorama/wien/index.do

http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/478674_Wahlrechtsreform-Bald-5-Prozent-Huerde-in-Bezirken.html<
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 12. August 2012 - 12:49 Uhr:   

"Und den Grünen reicht es offenbar, wenn stattdessen bei den noch Kleineren gestrichen wird, damit für sie auch noch was rausspringt."
Das würde aber nur für die Bezirke gelten und dürfte auch dort wegen d'Hondt und der traditionell übersichtlichen österr. Parteienlandschaft den Grünen nur marginal mehr Sitze bringen.
2010 ging die Bevorzugung der SPÖ übrigens vor allem auf Kosten der Grünen: bei proportionaler Verteilung und 5%-Hürde hätten die SPÖ drei Sitze weniger, die ÖVP einen und die Grünen zwei Sitze mehr gehabt (d'Hondt und Sainte-Lague haben hier daselbe Ergebnis).

Ebenfalls eine eine praktische Nullnummer könnte der geplante stärkere Einfluss der Wähler aufs Personal sein. Selbst wenn man die Vorzugsstimmenhürden um die Hälfte oder zwei Drittel senkt, wird wahrscheinlich kein Kandidat in ihre Nähe kommen, der nicht sowieso sicher gewählt ist.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 12. August 2012 - 19:04 Uhr:   

Wenn die effektive Sitzzahl vergrößert wird (hier durch Ausschluss von ganz kleinen Listen), verringert sich die Benachteiligung kleiner Listen durch D'Hondt. Das ist also tendenziell für die Grünen sogar besser als für die SPÖ. Wobei es natürlich nur um ein paar einzelne Sitze geht und der reale Effekt hauptsächlich zufällig sein wird. Da wird die Auswirkung auf das Wählerverhalten noch relevanter sein, aber da würd ich auch eher einen Vorteil für die Grünen vermuten. Schaut natürlich gleich anders aus, wenn sie selber an der Sperrklausel scheitern, was in einzelnen Bezirken durchaus möglich ist.

2010 hat Van der Bellen (Grüne) auf aussichtslosem Listenplatz ein Mandat durch Vorzugsstimmen erzielt, aber nicht angenommen. Demnächst will er das Mandat aber doch annehmen (in Österreich können generell auch Leute nachrücken, die ihr Mandat zuvor abgelehnt oder aufgegeben haben).
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 12. August 2012 - 20:22 Uhr:   

"2010 hat Van der Bellen (Grüne) auf aussichtslosem Listenplatz ein Mandat durch Vorzugsstimmen erzielt, aber nicht angenommen."
Der hat sich aber absichtlich nach hinten setzen lassen. Bei den Wahlkreislisten war das bei weiten beste Ergebnis, das tatsächlich erreicht wurde, 43% der Wahlzahl (Strache in Favoriten). Nur österreichweit sehr bekannte Politiker (Häupl, Van der Bellen und Strache) haben es auf den Stadtwahlvorschlägen geschafft.


"Wenn die effektive Sitzzahl vergrößert wird (hier durch Ausschluss von ganz kleinen Listen), verringert sich die Benachteiligung kleiner Listen durch D'Hondt."
D'Hondt hält aber jetzt schon die Splitterparteien meist draußen. 2010 wären mit 5%-Hürde nur 6 von insgesamt 1112 Sitzen in den Bezirksvertreungen anders besetzt worden und die Grünen hätten davon nur einen gekriegt.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 12. August 2012 - 22:01 Uhr:   

"Absichtlich" ist womöglich übertrieben. Van der Bellen hat es sich halt erst überlegt, wie die vorderen Listenplätze schon aufgestellt waren (das war gut ein halbes Jahr früher) und dann den vordersten der später besetzten Füllplätze bekommen. Mag natürlich sein, dass das von vornherein kalkuliert und nur Show war. Zweck der Sache könnte gewesen sein, gegenüber der SPÖ Druck zugunsten einer rot/grünen Koalition aufzubauen (in Österreich hat es zuvor noch nie eine gegeben; überwiegend aus Mangel an Gelegenheit, aber auch wegen Ablehnung seitens der SPÖ).

Vermutlich wollte Van der Bellen aber einfach in die Regierung; dass er das Mandat womöglich nicht annehmen würde, wenn es nicht zu rot/grün kommt, hat er schon vorher gesagt, und es war klar, dass er für die SPÖ verträglicher ist als Vassilakou. Und mit der eigentlich aussichtslosen Wahl durch Vorzugsstimmen hat er ein starkes Argument für sich gehabt. Die SPÖ hat es dann aber auch mit Vassilakou gemacht, und freiwillig hat sie wohl nicht verzichtet.

Ob das alles lang geplant war, ist allerdings eine andere Frage. Dass er jetzt doch in den Gemeinderat geht, spricht nicht für eine langfristig angelegte Strategie.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 06. August 2014 - 20:40 Uhr:   

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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 05. Februar 2015 - 18:55 Uhr:   

SPÖ und Grüne haben sich jetzt geeinigt. Wahlzahl soll jetzt Gesamtstimmenzahl/(Sitzzahl+0,6) statt wie bisher Droop-Quote sein.

Die hypothetische Auswirkung bei den letzten drei Wahlen:

2010
Sitze tatsächlich: SPÖ 49, FPÖ 27, ÖVP 13, Grüne 11
neues Wahlrecht: SPÖ 47, FPÖ 27, ÖVP 14, Grüne 12

2005
Sitze tatsächlich: SPÖ 55, FPÖ 13, ÖVP 18, Grüne 14
neues Wahlrecht: SPÖ 53, FPÖ 14, ÖVP 19, Grüne 14

2001
Sitze tatsächlich: SPÖ 52, FPÖ 21, ÖVP 16, Grüne 11
neues Wahlrecht: SPÖ 50, FPÖ 21, ÖVP 17, Grüne 12

Damit hat die SPÖ jetzt noch 1-2 Sitze Vorteil gegenüber gesamtstädtischem Proporz mit 5%-Hürde. Zur absoluten Mehrheit wird ihr das aber wohl kaum noch verhelfen können. In Umfragen liegt sie derzeit bei etwa 37/38%.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 06. Februar 2015 - 01:54 Uhr:   

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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 28. März 2015 - 14:45 Uhr:   

Neues vom Wiener Wahlrecht:

Nachdem die Verhandlungen von SPÖ und Grünen gescheitert sind, wollten die Grünen einem Gesetzentwurf von FPÖ und ÖVP zustimmen, der eine D'Hondt-Verteilung auf Landesebene vorsah. FPÖ, ÖVP und Grüne hatten 51 der 100 Sitze - bis gestern. Da lief der Grünen-Abgeordnete Akkiliç zur SPÖ über. Diese hatte damit die Hälfte der Sitze und konnte die Änderung verhindern. Der Grüne wurde offenbar mit einem sicheren Listenplatz überzeugt, denn er bei den Grünen nicht mehr bekommen hätte.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 26. Juli 2015 - 22:30 Uhr:   

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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 27. Juli 2015 - 21:24 Uhr:   

Natürlich wäre es ein gewaltiger Schock für die SPÖ, nicht mehr stärkste Partei in Wien zu sein. Das würde sowohl Häupl als auch Faymann das Amt kosten. Bei allen demokratischen Wahlen der letzten 100 Jahre waren die Sozen eindeutig stärkste Partei, bis in die 90er Jahre immer mit absoluter Mehrheit. Das Rathaus zu verlieren und damit die Futtertröge im öffentlichen Dienst und in den städtischen Betrieben zu verlieren, wäre für sie noch schlimmer, als das Kanzleramt zu verlieren.


Aber selbst wenn die FPÖ stärkste Partei wird, dürften sich die Roten an der Macht halten können. Eine absolute Mehrheit für Blau-Schwarz ist unwahrscheinlich und dass die ÖVP Strache zum Bürgermeister wählt, wäre auch dann fraglich. Der Verzicht auf eine Wahlrechtsänderung dürfte Blau-Schwarz per Saldo sogar eher nutzen, da es nur zwei Parteien sind, während auf der Gegenseite wahrscheinlich drei Parteien (wenn Neos reinkommmt). Sollte Neos unter 5% bleiben, ist ein Machrwchsel aber nicht undenkbar.


Schlecht für die SPÖ ist auch, dass die UETD (ein Ableger von Erdogans AKP) eventuell mit einer eigenen Türken-Liste zur Wahl antritt. Auch in Deutschland ist so eine Entwicklung denkbar. Die Linksparteien, die ja so gerne möglichst vielen Ausländern das Wahlrecht geben wollen, können sich damit schnell ins Knie schießen. Warum soll denn ein islamisch-konservativer Türke dauerhaft eine Partei wählen, die für Energiewende, Klimaschutz, Homoehe, "sexuelle Vielfalt" und ähnliches ist. Solche Themen sind dem doch entweder wurscht oder er ist sogar sehr dagegen. Wenn genug Wählerpotential z. B. für eine Türkenpartei da ist, wird es sie früher oder später auch geben.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 28. Juli 2015 - 13:08 Uhr:   

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Nikolaus
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Juli 2015 - 02:04 Uhr:   

1. "Inzwischen ist nicht mehr sicher, dass die SPÖ zusammen mit den Grünen eine Mehrheit kriegt, geschweigedenn allein. Es ist sogar nicht ganz ausgeschlossen, dass sie nicht stärkste Partei wird."
Stimmt. Insgesamt finde ich aber auch immer wieder erstaunlich, wie gering die Stichprobengrößen der letzten Wien-Umfragen waren (und bei vielen Österreich-Umfragen sind) - sie liegen meist bei 400, kaum mal bei über 500. Die bei Wahlrecht.de veröffentlichten Landtagswahlumfragen aus Deutschland basieren meistens auf mindestens 1000 Interviews.
Dementsprechend sind die Schwankungsbreiten für Wien ziemlich hoch. So ist es nicht nur möglich, dass die FPÖ stärkste Partei wird, sondern auch bei NEOS ist alles drin zwischen Verfehlen der Sperrklausel und Überholen der ÖVP inkl. Augenhöhe mit den Grünen.

2. RL: Danke für die Berechnungen, auch die hypothetischen Vergleiche mit den Sitzverteilungen bei veränderten Quoten!
Diese Berechnungen widerlegen allerdings die Behauptung am Schluß des verlinkten Kurier-Artikels:
"Das künstliche Kleinhalten der Kleinparteien kann der SPÖ doppelt auf den Kopf fallen, weil sie sich nämlich ihre potenziellen Koalitionspartner wegschießt. Nach der obigen Modellrechnung könnten die Grünen der SPÖ einen Koalitionspakt diktieren, weil Rot-Grün die einzig mögliche Zweier-Koalition wäre."
Berechnung mit Droop-Quote, wie sie nun auch bei der kommenden Wahl wieder gilt:
SPÖ 38 oder 39, FPÖ 33 oder 34, Grüne 13, ÖVP 10, NEOS 5.
Berechnung mit Wahlzahl = Gesamtstimmenzahl/(Sitzzahl+0,5):
SPÖ 36 oder 37, FPÖ 33 oder 34, Grüne 14, ÖVP 11, NEOS 5.
Fazit: Rot-Schwarz hat bei keiner der beiden Varianten eine Mehrheit. Das vom Kurier herbeigeredete "Wegschießen" eines potienziellen Koalitionspartners ÖVP hat also nicht primär etwas mit konkret diesem Wahlsystem zu tun, sondern stattdessen schlicht mit der Schwäche dieser beiden Parteien.
Rot-Grün hingegen hätte nur mit dem bisherigen Droop-System überhaupt eine Chance auf eine Mehrheit; mit 0,5 wäre das so gut wie ausgeschlossen. Mit anderen Worten: Nur ein Beibehalten des bisherigen Wahlsystems kann bewirken, dass sich die SPÖ ihre möglichen Koaltionspartner NICHT wegschießt.

3. Mit der Behauptung, Rot-Grün sei die einzig möglche Zweierkoalition, stellt der Kurier seine arithmetische Unfähigkeit endgültig unter Beweis, denn Rot-Blau geht ja auch noch und hätte eine Zweidrittel-Mehrheit.
Es könnte tatsächlich dazu kommen, wenn der SPÖ andere Möglichkeiten verbaut sein sollten. Seit den jüngsten Geschehnissen im Burgenland gebe ich auf die Schwüre der SPÖ-Granden, dass es dazu nie kommen würde, keinen Pfifferling mehr.
Wie es auch immer kommen mag, so steht doch eins fest: Ab 34 Mandaten hat die FPÖ laut Wiener Stadtverfassung Anspruch auf einen der beiden Vizebürgermeister-Posten, wobei dieser dann nicht unbedingt amtsführender Stadtrat sein (also ein Fachressort leiten) muss.

4. Die ganze Geschichte um das Scheitern der Wahlrechtsreform ist frustrierend. Die SPÖ hat alle Veränderungsbestrebungen ausgesessen und mit dem Fraktionswechsel dann erst recht geblockt. Offensichtlicher kann man seine Machtversessenheit kaum zur Schau stellen.
Die Grünen stehen genauso als Umfaller da. Vor der Wahl sich gemeinsam mit ÖVP und FPÖ zu einer Wahlrechtsänderung verpflichten und dann als Mitglied der Koalition das Thema auf die lange Bank schieben und sich immer wieder hinhalten zu lassen - das ist Wählertäuschung und Bruch von Wahlversprechen. Aufrichtiger wäre es gewesen, einen Koaltitionsvertrag nur zu unterschreiben, in dem die Wahlrechtsänderung explizit festgeschrieben ist.

5. Das geltende Wahlrecht ist nicht nur im Hinblick auf die Parteien verzerrend, sondern auch hinsichtlich der regionalen Repräsentanz. Dass kleine Wahlkreise wie Währing eventuell überhaupt keine Wahlkreissitze bekommen, finde ich sehr ungerecht. Nun mag man zwar einwenden, dass dies in einem Stadtstaat wie Wien mit der Regionalisierung nicht so wichtig ist, aber ich frage mich trotzdem, warum man dann den ganzen Pallawatsch mit den Wahlkreisen inkl. Kandidatenaufstellungen etc. überhaupt noch vorschaltet.
Es gäbe Alternativen zur Bestimmung der Wahlkreismandate über die "Wahlzahlen". Zum Beispiel:
Oberzuteilung auf Stadtebene auf die Parteien, Unterzuteilung auf die jeweiligen Bezirkswahlvorschläge;
Ähnlich wie in Schweden: Festmandate in den Wahlkreisen (z.B. bisherige festgelegte Mandatszahl - 1), Zusatzmandate auf Stadtebene
oder (am charmantesten, wie ich finde):
Biproportionales Zuteilungsverfahren wie im Kanton Zürich.
Nach den Erfahrungen der letzten Jahre zum Wiener Wahlrecht jedoch wird es bis zu solch durchgreifenden Änderungen wohl noch mindestens eine Generation dauern...
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Juli 2015 - 04:33 Uhr:   

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