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Michael Beyer
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| Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Januar 2014 - 15:26 Uhr: | |
Hallo ins Forum, im Vorfeld der Wahlen wird es immer schwieriger, die ausreichende Zahl von geeigneten Wahlhelfern zu rekrutieren. Insbesondere die kommunalen Bediensteten gehen oft mit schlechtem Beispiel voran und versuchen sich mit an den Haaren herbeigezogenen Gründen der Tätigkeit als Wahlhelfer zu entziehen. In NRW besteht für kommunale Bedienstete, die nicht in der Kommune wohnen, die Möglichkeit, sie aus ihrem Arbeits-/Dienstverhältnis heraus zur Übernahme einer Tätigkeit als Wahlhelfer zu verpflichten ... womit Sie nicht Inhaber einer ehrenamtlichen Tätigkeit für die Gemeinde i.S. von § 28 (1) Gemeindeordnung sind, weil sie ja nicht Einwohner der einberufenden Gemeinde sind. Wenn die Verpflichtung zum Wahlhelfer aus dem Arbeits-/Dienstverhältnis zur Gemeinde heraus erfolgt, wäre es für mich logisch, dass diese Tätigkeit auch aus den Regelungen zum Arbeits-/Dienstverhältnis heraus entschädigt wird. D.h. aus meiner Sicht erhält der so einberufene Wahlhelfer die zusätzlichen Arbeitsstunden bezahlt, ggfls. auch die tariflichen Zuschläge für z.B. Arbeit an Sonntagen. Auch müsste sich, wenn das Auszählen mal wieder bis in die Nacht hinein dauert, an den Arbeitseinsatz (und das Wort "Arbeit" ist hier mal wörtlich zu nehmen) die arbeitsschutzrechtliche Ruhezeit (nach § 5 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz 11 Stunden bis zum nächsten Arbeitsbeginn am Montag) anschließen. Richtig so oder gibt's andere Meinungen ? |
Ratinger Linke
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| Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Januar 2014 - 15:39 Uhr: | |
Real läuft es ja oft so ähnlich, indem diese Leute Freizeitausgleich plus das normale Erfrischungsgeld bekommen. Das Hauptproblem ist dann eher, dass die kommunalen Bediensteten, die auch Gemeindebürger sind, gegenüber normalen Gemeindebürgern grob bevorzugt werden. Das ist meines Erachtens nur tragbar, solang sonst niemand zwangsverpflichtet wird. |
Thomas Frings
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| Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Januar 2014 - 17:37 Uhr: | |
"NRW besteht für kommunale Bedienstete, die nicht in der Kommune wohnen, die Möglichkeit, sie aus ihrem Arbeits-/Dienstverhältnis heraus zur Übernahme einer Tätigkeit als Wahlhelfer zu verpflichten" Nein, diese Möglichkeit gibt es nicht. Es ist zwar Praxis, dass Gemeinden bevorzugt eigene Bedienstete als Wahlhelfer heranziehen, aber für sie gelten dieselben Regeln wie für andere Einwohner. Eine ausdrückliche Verpflichtung, eine Tätigkeit in einem Wahlvorstand oder Wahlausschuss übernehmen zu müssen, gibt es in NRW sowohl im Kommunal- als auch im Landeswahlgesetz nicht, im Gegensatz zum Bund und meines Wissens auch im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern. Verklausuliert gibt es diese Verpflichtung aber doch in § 2 Abs. 8 KWG (und entsprechend in § 12 LWG): Die Beisitzer in den Wahlausschüssen und Wahlvorständen sowie die Wahlvorsteher und ihre Stellvertreter üben eine ehrenamtliche Tätigkeit aus, auf die sinngemäß die allgemeinen Vorschriften des kommunalen Verfassungsrechts mit Ausnahme der Vorschriften über Ausschließungsgründe Anwendung finden. Die Gemeindeordnung sagt zur ehrenamtlichen Tätigkeit in § 28 Abs. 1 das: Der Einwohner ist zu einer nebenberuflichen vorübergehenden Tätigkeit für die Gemeinde verpflichtet (ehrenamtliche Tätigkeit). Eine entsprechende Verpflichtung gibt es auch in der Kreisordnung. Die Gemeinde kann also nur eigene Einwohner für Wahlvorstände zwangsrekrutieren, das aber sogar dann, wenn der Einwohner gar nicht wahlberechtigt ist. § 7 Abs. 3 der Kommunalwahlordnung sagt allerdings, dass nach Möglichkeit Wahlberechtigte aus der Gemeinde zu berufen sind. Nicht ganz so klar ist der Fall, wenn jemand zwar nicht in der Gemeinde, wohl aber im selben Kreis wohnt, weil ja die Kreistagswahl immer zusammen mit der der Wahl des Gemeinde- oder Stadtrats stattfindet. "Wenn die Verpflichtung zum Wahlhelfer aus dem Arbeits-/Dienstverhältnis zur Gemeinde heraus erfolgt, wäre es für mich logisch, dass diese Tätigkeit auch aus den Regelungen zum Arbeits-/Dienstverhältnis heraus entschädigt wird." Eine ehrenamtliche Tätigkeit ist per defininitionem keine Tätigkeit im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses. Vergütung in Form von Freizeitausgleich, wie das wohl viele Gemeinden handhaben, ist ein freiwilliges Entgegenkommen der Gemeinde. |
Ratinger Linke
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| Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Januar 2014 - 18:36 Uhr: | |
Naja, die GO sagt bloß, dass Einwohner zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit verpflichtet sind. Das heißt ja nicht unbedingt, dass sonst niemand dazu verpflichtet werden kann. Das KWahlG kann man schon so lesen, dass die genannten Bediensteten damit genauso verpflichtet werden. Dann ist eher die Frage, ob sie wie Einwohner aus wichtigem Grund ablehnen können (ist wohl im "sinngemäß" drin). Nebenbei bemerkt halt ich es für bedenklich, dass Ausländer zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit (zumindest soweit sie wie hier hoheitlichen Charakter hat) verpflichtet werden können, solang ein Ausländerwahlrecht nicht für verfassungsgemäß gehalten wird. |
Ratinger Linke
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| Veröffentlicht am Donnerstag, 30. Januar 2014 - 19:07 Uhr: | |
Hier eine Gerichtsentscheidung dazu, die aber nicht besonders konsistent ist und wo es um einen Einwohner gegangen ist. Unterschiede zwischen Einwohner, Bürger und Staatsbürger scheint das Gericht nicht zu sehn (war da aber auch egal). Ob "Einwohner" in § 28 Abs. 1 GO hier letztlich relevant ist, geht draus nicht klar hervor. Sonst find ich nichts dazu. |
Michael Beyer
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| Veröffentlicht am Freitag, 31. Januar 2014 - 08:21 Uhr: | |
Moin, um das Ganze noch einmal klar abzugrenzen: die Frage, ob man einen Gemeindebediensten, der nicht in der Gemeinde wohnt, zum Wahlhelfer verpflichten kann, ist für mich unstrittig. Der einschlägige Kommentar von Frank Bätge führt zu § 2 KWahlG NRW hierzu aus: "Für Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung, die nicht in der Gemeinde wahlberechtigt sind und daher auch nicht nach § 28 Abs. 1 GO (NRW) als Einwohner zur Wahlhelfertätigkeit herangezogen werden können, kann der Bürgermeister eine dienstrechtliche Verpflichtung zur Übernahme der Aufgabe aussprechen." Grundlage ist hier wohl das besondere dienstliche Interesse des Dienstherrn an einer geordneten Durchführung der Wahl. Mir geht es aber mehr um die Frage der Entschädigung eines solchermaßen zum Wahlhelfer einberufenen Bediensteten ... wenn ich ihn aus dem Dienstverhältnis heraus verpflichte, ist es für mich logisch, ihn auch aus dem Dienstrecht heraus zu entschädigen. Ob man ihm dann zusätzlich auch das Erfrischungsgeld zahlt, ist eine weitere Frage ... . |
Norddeutscher Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Freitag, 31. Januar 2014 - 11:17 Uhr: | |
@Michael Beyer: "Insbesondere die kommunalen Bediensteten gehen oft mit schlechtem Beispiel voran und versuchen sich mit an den Haaren herbeigezogenen Gründen der Tätigkeit als Wahlhelfer zu entziehen." Das hätte ich doch gerne mal mit validen Quellen belegt. |
Ratinger Linke
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| Veröffentlicht am Freitag, 31. Januar 2014 - 11:51 Uhr: | |
Für total abwegig halt ich die Ansicht von @Thomas Frings allerdings auch nicht. Gerade weil nicht klar ist, welchen Charakter die Tätigkeit von Nichteinwohnern hätte, könnte man draus schließen, dass das implizit ausgeschlossen ist, zumal wie gesagt auch verfassungsrechtlich bedenkliche Fälle dabei sind. Der Kommentar ist zumindest insoweit falsch, als auch Einwohner nicht wahlberechtigt sein können (auch Fälle mit Zweitwohnung). Wenn man allerdings davon ausgeht, dass Nichteinwohner verpflichtet werden können, halt ich es für unzweifelhaft, dass das dann auch eine ehrenamtliche Tätigkeit ist. Das schließt nicht notwendigerweise aus, dass es gleichzeitig eine dienstliche Tätigkeit (mit unklaren Prioritäten) ist, aber insoweit besteht dann jedenfalls kein Unterschied zwischen Einwohnern und Nichteinwohnern. Generell gibts in NRW noch das Problem, dass das Ehrenamt nicht in der Verfassung steht, aber das hat die Rechtsprechung vermutlich schon irgendwie rausgesogen. Dass es nur in den Kommunalverfassungen steht, könnte dafür sprechen, dass doch nur Einwohner dafür infrage kommen. Ist also alles durchaus nicht eindeutig. Und unabhängig von der rechtlichen ist die politische Bewertung (auf die ich mich in meiner ersten Antwort bezogen hab). |
Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Freitag, 31. Januar 2014 - 16:58 Uhr: | |
Für Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung, die nicht in der Gemeinde wahlberechtigt sind und daher auch nicht nach § 28 Abs. 1 GO (NRW) als Einwohner zur Wahlhelfertätigkeit herangezogen werden können, kann der Bürgermeister eine dienstrechtliche Verpflichtung zur Übernahme der Aufgabe aussprechen. Für Beamte gibt es eine Pflicht, auf Veranlassung des Dienstherren eine Nebentätigkeit im öffentlich Dienst zu übernehmen (§ 48 Landesbeamtengesetz). Die Vergütung einer solchen Tätigkeit ist übrigens nach der Nebentätigkeitsverordnung in der Regel verboten. Ob ein Wahlvorstand überhaupt zum öffentlichen Dienst gehört, sei dahingestellt, die Gemeinde kann es sich ohnehin viel einfacher machen und sich auf das Europawahlgesetz (bzw. das Bundeswahlgesetz, dass hier entsprechend Anwendung findet) berufen, denn für die gleichzeitig stattfindende Europawahl kann grundsätzlich jeder Wahlberechtigte als Wahlhelfer verpflichtet werden. Das gilt allerdings nicht für eine eventuelle Stichwahl. Ganz klar ist jedenfalls, dass es für die ehrenamtliche Tätigkeit kein Recht auf Vergütung gibt, egal ob vom Dienstherrn veranlasst oder nicht. Das ergibt ja schon aus dem Wort und auch unmissverständlich aus der Gemeindeordnung. Es gibt nur Anspruch auf Erstattung von Auslagen und Verdienstausfall (§ 33 GO), wobei Letzteres wohl praktisch kaum anfallen kann. Eine ehrenamtliche Tätigkeit ist niemals eine dienstliche Tätigkeit. |
Ratinger Linke
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| Veröffentlicht am Freitag, 31. Januar 2014 - 17:16 Uhr: | |
Bei gemeinsamen Wahlvorständen müssen selbstverständlich die Voraussetzungen für alle Wahlen gegeben sein. Das steht auch explizit in § 86 Abs. 3 KWahlO. Ein Ehrenamt ist für Beamte ausdrücklich keine Nebentätigkeit. Eine ehrenamtliche Tätigkeit (die in NRW vom Ehrenamt unterschieden wird) dann erstrecht nicht. |
PeterNRW Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Montag, 28. April 2014 - 14:18 Uhr: | |
@Michael Beyer: "Insbesondere die kommunalen Bediensteten gehen oft mit schlechtem Beispiel voran und versuchen sich mit an den Haaren herbeigezogenen Gründen der Tätigkeit als Wahlhelfer zu entziehen." Das hätte ich doch gerne mal mit validen Quellen belegt. __________________________________________ Beamter Großstadt Schließung öffentlicher Einrichtungen Hundelobby größer als die Sorge um/für Kinder Kein Urlaubs-/Weihnachtsgeld Durch Stellenvakanzen immer höherer Burnout-Ausfall bei vielen Mitarbeitern Wahltag: 10 Std. "Entschädigung" bei einem 15-Std. Wahltag. Und dann soll man sich freuen, verpflichtet zu werden???? |
SaaleMAX
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| Veröffentlicht am Montag, 28. April 2014 - 19:38 Uhr: | |
@ Peter..aber was machen wir wenn sich nicht genug ehrenamtliche "Bürger" als Wahlhelfer finden lassen? hmmm...vielleicht , mit Verlaub gesagt, verpflichten wir usnere Hartz4 Empfänger für den Dienst am Gemeinwohl??? Ich weiß es nicht..aber zum Glück sind Wahlen ja nicht an allen Sonntagen, und viele Beamte haben trotz flächendeckendem Burnout und überdurchschnittlichem Krankenstand im Vergleich zur freien Wirtschaft ??...noch einen relativ "guten Job"... Die Kritik und die Fragestellung ist berechtigt aber in diesen sauren Apfel muß halt der eine oder andere AMTLER mal reinbeißen, sei es drum. Es gibt schlimmeres..und soviel ich weiß gibt es auch einige Gemeinden, die mit der Rekrutierung von Wahlhelfern überhaupt keine Probleme haben, weil sie ihnen ihr Engagement wohlwollend auch Geldwert überdurchschnittlich versüßen!!! |
Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Montag, 28. April 2014 - 20:26 Uhr: | |
Wehleidiges Genöhle. Auf 15 Stunden kommt man nur, wenn man wirklich permanent anwesend ist. Üblicherweise wird aber im Schichtdienst gearbeitet und man hat ein paar Stunden frei. Wesentlich mehr als 10 Stunden werden es tatsächlich nicht sein, wenn überhaupt. Die Gemeinde muss überhaupt keinen Freizeitausgleich gewähren. Alle nicht bei der Gemeinde beschäftigten Wahlhelfer kriegen auch keinen. Ob der hohe Krankenstand im öffentlichen Dienst auf besonders anstrengende Arbeit oder die sehr hohe Arbeitsplatzsicherheit zurückzuführen ist, lasse ich hier mal offen. |
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