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B.Schuett
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| Veröffentlicht am Mittwoch, 02. Oktober 2013 - 01:12 Uhr: | |
"Neuwahlen hätten zu einem Sieg von Schwarz-gelb mit einem Kanzler Koch führen können." Nicht sehr wahrscheinlich, denke ich. Anfang 2006 begann eine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt (2/2005: 12,6 %, 2/2006: 12,2 %), die Kanzler Schröder in einem anstehenden Wahlkampf geholfen hätte. Selbst die Union bestreitet heute nicht, dass diese Trendwende u. a. eine Folge der Arbeitsmarktreformen Schröders war. Koch indes hat den CDU-Parteispendenskandal nie richtig überwinden können (auch nicht in Hessen) und wäre kein erfolgsversprechenderer Kandidat als Merkel und zuvor Stoiber gewesen. |
Ralf Arnemann
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| Veröffentlicht am Montag, 07. Oktober 2013 - 12:01 Uhr: | |
@Thomas Frings: Deine Beispiele mit knapper Bundestagsmehrheit betrafen Koalitionen, die intern unstrittig waren (rot/grün bzw. schwarz/gelb). Rot/rot/grün wäre dagegen heftigst umstritten, diverse MdBs (insbesondere bei der SPD) müßten dazu ihre persönliche Glaubwürdigkeit in die Tonne treten, das wäre eine Hochrisikoaktion. Wenn RRG eine ordentliche Mehrheit hätte (so ab 15-20 Sitze), dann wären die Koalitionsverhandlungen dazu wohl schon im Gange. Aber mit so knapper Mehrheit kann Gabriel das nicht riskieren. Außerdem wäre es politisch schwer zu begründen, daß die Wahlverlierer gegen die gesellschaftliche Mehrheit regieren wollen. Das sind natürlich "weiche" Argumente, aber ganz wichtig, wenn man ein zentrales Wahlversprechen brechen will. Ypsilanti oder Kraft konnten sich darauf berufen, daß es bei den Wahlen einen Trend in Richtung links gegeben hatte und RRG daher irgendwie die Umsetzung des Wählerwillens wäre. Und es ja nicht angehen könne, klare Wahlerverlierer wie Koch oder Rüttgers im Amt zu lassen. Das ginge jetzt im Bund überhaupt nicht. |
Thomas Frings
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| Veröffentlicht am Montag, 07. Oktober 2013 - 17:23 Uhr: | |
"Deine Beispiele mit knapper Bundestagsmehrheit betrafen Koalitionen, die intern unstrittig waren (rot/grün bzw. schwarz/gelb). Rot/rot/grün wäre dagegen heftigst umstritten, diverse MdBs (insbesondere bei der SPD) müßten dazu ihre persönliche Glaubwürdigkeit in die Tonne treten, das wäre eine Hochrisikoaktion." Es ging ganz klar um eine Kanzlerwahl OHNE dass zuvor eine Koalition vereinbart worden wäre. Ohne vorherige Kanzlerwahl (bzw. den Versuch, einen zu wählen) kann es ja keine Neuwahl geben. Eine Kanzlerwahl ohne Koalition birgt für Merkel das Risiko, dass die Linkspartei einen SPD-Kandidaten mitwählt und dieser die absolute Mehrheit bekommt. Wenn die Hürde Kanzlerwahl bereits genommen ist, wäre 9 Sitze Mehrheit ausreichend. Dass Rot-Rot-Grün deutlich keine Mehrheit der Wähler bekommen hat, ist zwar richtig, würde die Linksparteien aber nicht groß kümmern. |
Ingo Zachos
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| Veröffentlicht am Montag, 07. Oktober 2013 - 18:04 Uhr: | |
Hier wird aber viel Unsinn gepostet. 1. Auch eine große Koalition hätte mit 29.417.661 Stimmen von 61.946.900 Wahlberechtigten keine absolute Mehrheit, sondern nur 47,5 Prozent. Hochgerechnet auf die Wohnbevölkerung ist es sogar noch viel weniger.... Legitimiert ist aber jede(r) gewählte Kanzler, denn es gilt nun mal die Verfassung und das derzeitige Wahlrecht. 2. Warten wir die Gespräche ab. Zu mehr als 99 Prozent gehe ich von einer großen Koalition als Ergebnis aus, denn Neuwahlen kann sich die SPD nicht leisten. Oder aber es müsste jemand in der SPD wie weiland Wowereit in Berlin den Mut haben, sich zum Kanzler wählen zu lassen mit den Stimmen der Linken. Die Gefahr besteht nicht, weil es die SPD nicht will. Ob es die Grünen wollen ist ebenfalls stark unsicher. 3. Die Urabstimmung der SPD und die Sondierungen der CDU/CSU mit den Grünen sind Säbelrasseln, mehr nicht. Einfach, um nicht so hilf- und alternativlos zu wirken oder etwas zu pokern. Aber für die SPD ist die Ablehnung der Koalition kein gewinnträchtiges Blatt, und für die CDU/CSU eine Koalition mit den Grünen reiner Bluff, der ihnen schnell um die Ohren fliegen wird. Tatsächlich aber sind CDU/CSU und SPD aber wie 2005 in der Verantwortung, und da kommen sie nicht raus. Wat mut dat mut! |
Thomas Frings
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| Veröffentlicht am Montag, 07. Oktober 2013 - 19:46 Uhr: | |
"Warten wir die Gespräche ab. Zu mehr als 99 Prozent gehe ich von einer großen Koalition als Ergebnis aus, denn Neuwahlen kann sich die SPD nicht leisten." Zwar ist eine große Koalition in der Tat sehr wahrscheinlich, aber die SPD kann es sich durchaus leisten, nicht in eine große Koalition zu gehen. Im Gegenteil ist die Gefahr für die SPD groß, wie bei der letzten großen Koaltion wieder einzubrechen. Eine schnelle Neuwahl und erst recht Schwarz-Grün würde sehr wahrscheinlich zu einem erheblich besseren SPD-Ergebnis führen als nach vier Jahren große Koalition. Aber vor allem Gabriel will unbedingt wieder Minister sein. Schwarz-Grün will die Union natürlich nicht. Es gibt für Merkel kein nachvollziehbares Argument dafür. "Oder aber es müsste jemand in der SPD wie weiland Wowereit in Berlin den Mut haben, sich zum Kanzler wählen zu lassen mit den Stimmen der Linken. Die Gefahr besteht nicht, weil es die SPD nicht will. Ob es die Grünen wollen ist ebenfalls stark unsicher." Bei neun Stimmen Mehrheit sich als Linksfrontkanzler zur Wahl zu stellen, wäre nicht mutig, sondern Kamikaze. Die Grünen würden bei sicherer Mehrheit garantiert mitmachen. Sie wollten 2008 in Hessen mitmachen, ohne dass das intern irgendwelchen Widerstand ausgelöst hätte, und Wowereit wurde bei seiner ersten Wahl zum Regierenden Bürgermeister von SPD, PDS und Grünen gewählt. Sie haben außerdem 1994-1998 in Sachsen-Anhalt mitgemacht und mit der Minderheitsregierung in NRW hatten die Grünen auch kein Problem. |
PNK Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Montag, 07. Oktober 2013 - 20:55 Uhr: | |
"Aber vor allem Gabriel will unbedingt wieder Minister sein." Woran kann man diese Aussage denn festmachen? Habe ich ehrlich gesagt bei Ihm nicht rausgehört... |
Björn
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| Veröffentlicht am Montag, 07. Oktober 2013 - 21:51 Uhr: | |
Mittlerweile lassen sich die "Linksfront"-Gegner immer mehr Gründe einfallen, warum ihre Voraussagen im Bund bisher nie zugetroffen haben. Ich finde es langsam etwas armselig und lächerlich. Wenn es 15 Stimmen mehr wären, würde man immer noch sagen, viel zu wenig, wenn SPD es nicht macht. Wenn RRG 40 Stimmen mehr hätten und die SPD würde es nicht machen, käme dann das gleiche Argument. Wenn die SPD gar nicht mehr auf die linken Stimmen angewiesen wäre, dann gibt es ja eh eine rotgrüne Mehrheit, also wieder nix mit RRG. Lustig ist ja immer, dass sehr kurios argumentiert wird: Es wäre Kamikaze, wenn SPD bei 9 Stimmen mehr auf die Linken angewiesen wäre. Das ist sie immer, sonst bräuchte sie das Bündnis gar nicht eingehen, ergo ist das ein mehr als dummes und in sich nicht mal schlüssiges Argument, dass lediglich von einigen Leuten wie Brüderle, Herrn Frings & Co. ständig hochgehalten wird, um ihren ideologischen Ansichten zu frönen. Tja, und wenn das dann nicht eintritt, lässt man sich tausend Gründe einfallen, warum das nicht so gekommen ist. Es darf halt nicht so sein, dass es auch nur anders ist als sie denken...passt schließlich nicht in das schlichte selbstgezimmerte Weltbild. |
B.Schuett
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| Veröffentlicht am Montag, 07. Oktober 2013 - 22:19 Uhr: | |
Die SPD sollte endlich damit aufhören, die Linkspartei in die Ecke zu stellen und mit ihr genau so umgehen wie mit CDU, CSU, FDP und Grünen, d. h. nichts vorweg ausschliessen, sondern alles von Koalitionsverhandlungen abhängig machen. Dann würde das Gemutmaße aufhören. Versprechungen machen nur angreifbar. |
Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Montag, 07. Oktober 2013 - 22:52 Uhr: | |
@Björn Wollen Sie jetzt nachweisen, dass u. a. ich Unrecht habe, oder dass Logik und Lesen nicht Ihre Stärken sind? "Mittlerweile lassen sich die "Linksfront"-Gegner immer mehr Gründe einfallen, warum ihre Voraussagen im Bund bisher nie zugetroffen haben." Ich habe hier schon vor der Wahl geschrieben, dass es bei knapper rot-rot-grüner Mehrheit keine Linksfront geben wird. Das ist nachprüfbar. "Es wäre Kamikaze, wenn SPD bei 9 Stimmen mehr auf die Linken angewiesen wäre. Das ist sie immer, sonst bräuchte sie das Bündnis gar nicht eingehen, ergo ist das ein mehr als dummes und in sich nicht mal schlüssiges Argument, dass lediglich von einigen Leuten wie Brüderle, Herrn Frings & Co. ständig hochgehalten wird, um ihren ideologischen Ansichten zu frönen. Tja, und wenn das dann nicht eintritt, lässt man sich tausend Gründe einfallen, warum das nicht so gekommen ist. Es darf halt nicht so sein, dass es auch nur anders ist als sie denken...passt schließlich nicht in das schlichte selbstgezimmerte Weltbild." Das Risiko ist doch nicht die Linkspartei an sich, sondern mögliche Abweichler, gerade auch in der SPD. Natürlich will die SPD die Ypsilanti-Nummer nicht wiederholen. |
Good Entity Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Montag, 07. Oktober 2013 - 23:00 Uhr: | |
Die Linke hat im Moment doch ein eigenes Problem, auch wenn das in der Berichterstattung kaum vorkommt. Sie hat bei der Bundestagswahl nicht nur die drei sehr imageträchtigen Wahlkreise mit den ehemaligen Bezirkshauptstädten Magdeburg und Halle in Sachsen-Anhalt und Cottbus verloren, was ein bisschen erwartet worden war, sondern auch komplett ihre Hochburgen in den Wahlkreisen um Eisenhüttenstadt, Schwedt, Frankfurt Oder. election.de hatte in seiner (umstrittenen, ich weiß) Prognose noch in den Tagen vor der Wahl fast alle brandenburgischen Wahlkreise bei der Linken gesehen: Sie hat stattdessen restlos alle verloren und ist in Cottbus sogar bis auf den dritten Platz zurückgefallen. Natürlich sind die wichtigeren Kandidaten auf der Landesliste abgesichert, aber es ist vor allem auch Reputation, was da verloren geht. Außerhalb von Berlin Ost kann man nirgendwo mehr behaupten, man sei der meistgewählte Vertreter der Bevölkerung. Und es rollt auch einiges an Köpfen und bei Verlusten auch bei den Zweitstimmen von überall rund um 7 bis 8 % punkten, die man zumindest in dieser Höhe nicht erwartet hatte, gibt es schon einiges an Schuldzuweisungen, was aufgearbeitet werden muss. Es stellt sich schon sehr die Frage, ob man in der Situation nicht lieber erstmal aufräumt (wie die Grünen nach der noch größeren Pleite bei dieser Wahl) und herausfindet, wo man nun hin will. Im Westen blieben die Verluste eher in Grenzen, aber da war ja auch nicht so viel zu verlieren. Ich könnte nicht einmal abschätzen, ob in der Linken durch diese deutliche Niederlage jetzt die Befürworter oder die Gegner einer stärkeren Zusammenarbeit mit SPD und Grünen gestärkt worden sind. Es müsste doch nun parteiintern erst einmal geklärt werden, mit welchem Kurs man nun die verlorenen Wähler zurückgewinnen will. |
Gurkenkönig Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Dienstag, 08. Oktober 2013 - 09:25 Uhr: | |
Will die Linke denn die Verlorenen zurück? Die wird sich eher um neue Wählerschichten kümmern als dem Wanderpöbel nachzuweinen, der nun erstmal bei AfD liegt. Viele der alten Wähler sind ja auch ganz einfach tot. Wenn die CDU 10% + macht im Schnitt, hat das mit dem Tun und Nicht-Tun der Linken wenig zu tun. |
Good Entity Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Dienstag, 08. Oktober 2013 - 17:06 Uhr: | |
"Viele der alten Wähler sind ja auch ganz einfach tot." - Ja natürlich. Jede Partei verliert von einer Bundestagswahl zur nächsten etwa ein Fünfzehntel ihrer Wähler durch altersbedingtes oder auch vorzeitiges Versterben. Aufgrund der aktuellen Form der Alterspyramide sind es sogar einige mehr, also vielleicht ein Zwölftel oder gar ein Zehntel. In den "Wählerwanderungen" am Wahlabend wird diese ziemlich gigantische Wählerbewegung in den Tod stets schamhaft verschwiegen, um die Zuschauer nicht zu vergraulen. Es sind round about jedesmal 3 bis 4 000 000. Es trifft ja auch jede Partei, etwas weniger die Grünen und Piraten, etwas mehr die Linke, CDU/CSU und SPD. Für die Linke im Osten sind das dann bei jeder Bundestagswahl also etwa 2 Prozentpunkte ihrer Wähler, die noch Pimpfe im Dritten Reich waren und in der DDR dann die Jungen Pioniere aufgebaut haben. Später dann Ausbildung am Maschinengewehr im Dienst bei der Friedensarbeit der Nationalen Volksarmee, der dritte Fünfjahresplan, die Aufbauarbeit der Werktätigen am Atomkraftwerk in Niedergörne an der Elbe, die Ehrung als Held der Arbeit und die Teilnahme am XVIII Parteitag der SED. Dann Fortsetzung dieses Kampfes nach 1990 mit der PDS und später der Linken. Wähler 2009 und nicht mehr 2013. Diese Wähler muss die Linke genauso ersetzen durch 2 Prozentpunkte Jungwähler, wie andere Parteien. Das hat offenbar nicht geklappt. Und "Wanderpöbel"? Kann mir nicht vorstellen, dass Gregor Gysi 2009 ein Drittel bis ein Viertel der Wähler seiner Linken als Wanderpöbel eingestuft hätte und gerne losgeworden ist. Und welche neuen Wählerschichten sollen die verstorbenen ehemaligen Werktätigen und den Wanderpöbel ersetzen und wie kommt man da ran? Und wenn die CDU auch auf Kosten der Linken über 10 % gewinnt, muss sie entweder genial sein oder die Linke und die weitere Konkurrenz muss durch "Tun und Nichttun" sehr viel falsch gemacht haben. Auch darüber wird die Linke nach einer solchen Pleite und dem Verlust von drei Viertel ihrer Direktmandate eine Klärung herbeiführen müssen. |
Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Dienstag, 08. Oktober 2013 - 17:32 Uhr: | |
@Thomas Frings: > Zwar ist eine große Koalition in > der Tat sehr wahrscheinlich, aber > die SPD kann es sich durchaus leisten, > nicht in eine große Koalition zu gehen. Es wäre sehr schwer für die SPD, sich einer großen Koalition zu verweigern - auch wenn die Risiken groß sind. Sie müßte dazu den Nachweis führen, daß die Zusammenarbeit mit der Union für sie viel unzumutbarer wäre als für die Grünen. Ich wüßte nicht, wie sie das begründen könnte. Und wenn sie diese Begründung nicht schafft, dann landet der schwarze Peter für Neuwahlen bei ihr. Und sie ginge in diese Neuwahlen ohne Spitzenkandidaten und ohne echte Machtoption. > Eine schnelle Neuwahl und erst recht > Schwarz-Grün würde sehr wahrscheinlich > zu einem erheblich besseren SPD-Ergebnis > führen als nach vier Jahren große Koalition. Schwarz-Grün wäre natürlich prima für die SPD (wie umgekehrt Schwarz-Rot prima für die Grünen wäre). Aber eine schnelle Neuwahl wäre für die SPD ein Desaster. > Schwarz-Grün will die Union natürlich nicht. Warum nicht? Inhaltlich paßt sehr viel, die Journaille wäre begeistert. Und die Grünen wollen weniger vom Kuchen als die SPD. > Bei neun Stimmen Mehrheit sich als > Linksfrontkanzler zur Wahl zu stellen, > wäre nicht mutig, sondern Kamikaze. Richtig. Linksfront geht nur mit deutlicher Mehrheit (und einem vorzeigbaren Zugewinn in Wahlen). |
Werner Fischer
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| Veröffentlicht am Dienstag, 08. Oktober 2013 - 19:51 Uhr: | |
Wenn die SPD keine Regierungsbeteiligung anstrebt, braucht sie ein klares Oppositionsprofil. Glaubhaft begründen könnte sie einen Verzicht m. E. mit ihrem demokratischen Selbstverständnis und der nötigen Kontrolle der Regierung durch das Parlament. Eine Opposition, die nur über ca. 20% der Mandate verfügt, ist schwach und kann im Bundestag kaum etwas bewirken - die Regierungskoalition könnte so nach Belieben schalten und walten. Das erinnert z.B. an Zeiten, in denen Stoiber in Bayern eine 2/3-CSU-Mehrheit im Landtag hatte - in Bayern gibt es allerdings mit einer funktionierenden direkten Demokratie noch eine demokratische Kontrollinstanz, die auf Bundesebene völlig fehlt - das kann der Bundesrat kaum ausgleichen, zumal hier immer eine CXU/SPD-Mehrheit droht. |
Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Dienstag, 08. Oktober 2013 - 20:22 Uhr: | |
"Es wäre sehr schwer für die SPD, sich einer großen Koalition zu verweigern - auch wenn die Risiken groß sind. Sie müßte dazu den Nachweis führen, daß die Zusammenarbeit mit der Union für sie viel unzumutbarer wäre als für die Grünen. Ich wüßte nicht, wie sie das begründen könnte." Die SPD muss die Gespräche ja nicht abbrechen und es ist wohl nicht mit Sicherheit anzunehmen, dass die SPD sich so dämlich anstellt, dass sie als Alleinschuldige dasteht. "Und sie ginge in diese Neuwahlen ohne Spitzenkandidaten und ohne echte Machtoption." Jemanden zu finden, der es nicht schlechter macht als Steinbrück, ist sicher möglich. Ganz ohne Machtoption würde die SPD auch nur sein, wenn allgemein von einer sicheren absoluten schwarzen oder schwarz-gelben Mehrheit ausgegangen würde. Das ist nicht so wahrscheinlich. "> Schwarz-Grün will die Union natürlich nicht. Warum nicht? Inhaltlich paßt sehr viel, die Journaille wäre begeistert. Und die Grünen wollen weniger vom Kuchen als die SPD." 1. Die Grünen wollen eben nicht weniger, zumindest inhaltlich nicht. Die sind linker als die SPD. Mit der SPD wird sich die Union inhaltlich leichter einig. Die Grünen werden natürlich weniger Ministerposten fordern. Das ist aber vor allem für schwarze Ministeraspiranten ein Vorteil, weniger für Merkel und Seehofer. Dagegen kann die große Koalition für Merkel praktisch sein, um nervige Minister elegant abzuservieren. 2. Die SPD ist Konkurrent um Platz 1, die Grünen nicht. Momentan ist der Abstand zwar ungewöhnlich groß, aber das kann in vier Jahren wieder ganz anders aussehen und die Wahrscheinlichkeit ist bei Schwarz-Grün besonders groß. Bei einer großen Koalition ist es dagegen unwahrscheinlich, dass die SPD beim nächsten Mal die Union überholt oder ihr gefährlich nahe kommt. 3. Die von der SPD geführten oder mitregierten Länder haben 54 Stimmen im Bundesrat (mit Hessen wären es 59). Mit der SPD muss sich die Union sowieso bei allem einigen, wo der Bundesrat zustimmen muss. |
Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Mittwoch, 09. Oktober 2013 - 10:37 Uhr: | |
@Werner Fischer: > Glaubhaft begründen könnte sie einen > Verzicht m. E. mit ihrem demokratischen > Selbstverständnis und der nötigen Kontrolle > der Regierung durch das Parlament. Theoretisch klingt das zwar gut - aber praktisch würde sich die SPD mit so einer abgehobenen Argumentation lächerlich machen. Denn dann hätte sie ja auch 2005 nicht in die GroKo gehen dürfen, und müßte ihre diversen GroKos in den Ländern aufgeben. |
Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Mittwoch, 09. Oktober 2013 - 10:49 Uhr: | |
@Thomas Frings: > Die SPD muss die Gespräche ja nicht > abbrechen und es ist wohl nicht mit > Sicherheit anzunehmen, dass die SPD > sich so dämlich anstellt, dass sie > als Alleinschuldige dasteht. Mal abgesehen davon, daß man der aktuellen SPD bei "taktische Dämlichkeit" ziemlich viel zutrauen muß: Es ist nicht einfach, einen Gesprächsabbruch durch die Union zu erreichen, ohne sich offensichtlich durch sichtbar überzogene Forderungen ins Unrecht zu setzen. Im Zweifelsfall sagt Merkel ziemlich viel zu, Papier ist ja geduldig. Wie die FDP schmerzlich lernen mußte, bedeuten Zuständnisse Merkels noch lange nicht, daß sie sich hinterher auch dran halten wird. > Jemanden zu finden, der es nicht > schlechter macht als Steinbrück, Natürlich. Aber es ist kaum möglich so schnell die notwendige Illusion zu inszenieren, das wäre ein aussichtsreicher und von der Partei gewollter Kandidat. > Ganz ohne Machtoption würde die SPD > auch nur sein, wenn allgemein von einer > sicheren absoluten schwarzen oder > schwarz-gelben Mehrheit ausgegangen würde. Eine hohe Wahrscheinlichkeit für so eine Mehrheit ist schon da. Und vor allem: Man kann davon ausgehen, daß die rot/grüne Option keinesfalls eine Mehrheit findet. Die Optionen Linksfront und GroKo könnte die SPD aber auch ohne Neuwahlen haben - sie kann dem Publikum also keine Begründung liefern, warum man neu wählen müßte. > 1. Die Grünen wollen eben nicht > weniger, zumindest inhaltlich nicht. > Die sind linker als die SPD. Die sind linker, richtig. Aber ihre Forderungen konzentrieren sich auf gewisse Spielwiesen, die die Union leicht zugestehen kann. Solange die Milliarden für die Solarlobby und die "Bio"-Industrie fließen, stören die Grünen nicht weiter bei den übrigen Politikfeldern. > Dagegen kann die große Koalition > für Merkel praktisch sein, um nervige > Minister elegant abzuservieren. Im Prinzip ja, aber bisher hatte ich nie den Eindruck, daß Merkel mit dem Abservieren Probleme hatte. > 2. Die SPD ist Konkurrent um Platz 1 > die Grünen nicht. Richtig. > Bei einer großen Koalition ist es > dagegen unwahrscheinlich, dass die > SPD beim nächsten Mal die Union überholt > oder ihr gefährlich nahe kommt. Das ist völlig offen. Beim letzten Mal hat die GroKo der SPD geschadet, beim vorletzten Mal hat es ihr genützt, die Erfahrungen aus den Ländern sind gemischt. > 3. Die von der SPD geführten oder > mitregierten Länder haben 54 Stimmen > im Bundesrat (mit Hessen wären es 59). Richtig. Und? Das klingt ja so, als wolle Merkel irgendwelche eigenen Positionen durchsetzen. Davon war in ihrer ganzen Regierungszeit nie etwas zu spüren. Die fehlende Bundesratsmehrheit hat sie bei schwarz/gelb nicht gestört, war eher eine willkommene Ausrede, um Ideen des Koalitionspartners kaputt zu kriegen. |
Marc K.
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| Veröffentlicht am Mittwoch, 09. Oktober 2013 - 22:59 Uhr: | |
@Ralf Arnemann, hinsichtlich Dämmlichkeit gibt es zwei Parteien die die SPD diesmal überboten haben: die Grünen und die FDP. Ich stimme Ihnen in einem Punkt zu: Die SPD hat durch Neuwahlen nichts zu gewinnen. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass das Wahlergebnis ähnlich ausfällt, ist sehr hoch. Im Gegenteil: Sie hat taktisch sogar einiges zu verlieren. Im neuen Bundestag wird es eine linke Mehrheit geben. Im Falle von Neuwahlen wäre diese weg, da mit einem Einzug der AfD zu rechnen ist. Es gibt aber auch eine weitere Partei, die von schnellen Neuwahlen Sorge haben muss: die FDP. Diese dürfte derzeit eher bei 3% landen - und damit noch schlechter als am 22.9.2013. Frau Merkel hat auch kein Interesse an Neuwahlen - da sonst die AfD in den Bundestag zöge und ihr Opposition von rechts gegenüberstünde. Im Vergleich zu der jetzigen Situation mit lediglich zwei linken Oppositionsparteien wäre das für Merkel ein Nachteil. Sie könnte nicht mehr so leicht die Sozialdemokratisierung der Union vorantreiben. Und vor allem könnte die AfD darauf hinweisen, dass es eine Alternative zur Steuererhöhungspolitik der Großen Koalition gibt. Die CDU würde so weit mehr unter Druck geraten als nun. Denn jetzt kann sie die Schuld an Steuererhöhungen allein auf die SPD schieben und darauf hinweisen, dass diese Koalition alternativlos ist. Das wäre im Fall eines Einzugs der AfD nicht der Fall. Die FDP muss aufpassen, dass sie nicht völlig marginalisiert wird. Ein Linksruck der FDP - um eine bessere Anschlussfähigkeit nach allen Seiten zu bekommen - wäre fatal. Denn das linke Spektrum ist schon besetzt. Anschlussfähigkeit ist für eine Partei nutzlos, wenn sie bei 2-3% liegt. Im Übrigen besteht auch kein Bedarf für eine rein linksliberale Partei - mit sozialdemokratischen Vorstellungen in der Wirtschafts- und Steuerpolitik. Dieses politische Spektrum ist wahrlich schon vollständig abgedeckt durch Grüne, SPD, Teilen der CDU und - unter den Sonstigen - den Piraten. |
Marc K.
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Mittwoch, 09. Oktober 2013 - 23:10 Uhr: | |
@Björn, ich finde es gut, dass der Bundespräsident die Parteien daran erinnert, dass es ihre Aufgabe ist dem Land zu dienen und sich nicht nur mit sich selbst zu beschäftigen. Am 22. Oktober ist die konstituierende Sitzung des neuen Bundestages. Ab diesem Zeitpunkt ist die gegenwärtige Bundesregierung nur noch geschäftsführend im Amt. Es ist die Aufgabe des neuen Bundestages eine Bundeskanzlerin zu wählen, so dass eine neue Bundesrgeierung gebildet werden kann. Dies nun über mehrere Monate zu verzögern besteht kein Anlass. Demokratietheoretisch ist es nicht unproblematisch dass eine Bundesregierung über Monate geschäftsführend im Amt ist. Denn deren Legitimation ergibt sich nicht mehr durch den Bundestag - und damit vom Volk - , da ihre Amtszeit abgelaufen ist. Ihre Legitimation ergibt sich allein aus der Verfassung - die dieses Konstrukt einer geschäftsführenden Regierung gewählt hat, um eine Situation zu vermeiden, in der das Land ohne Regierung dasteht. Geschäftsführende Regierungen sind kein wünschenswerter Zustand - und erst recht nicht, wenn sich dies über Monate hinzieht. Da zwischen den Parteien auf Bundesebene keine unüberwindbaren Gräben bestehen, besteht auch kein Grund für ein monatelanges Taktieren. Es ist jetzt vielmehr Zeit zu Potte zu kommen: Zeit für zügige Koalitionsverhandlungen und eine Regierungsbildung spätestens bis Dezember. |
Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Donnerstag, 10. Oktober 2013 - 18:41 Uhr: | |
@Ralf Arnemann Mal abgesehen davon, daß man der aktuellen SPD bei "taktische Dämlichkeit" ziemlich viel zutrauen muß: Es ist nicht einfach, einen Gesprächsabbruch durch die Union zu erreichen, ohne sich offensichtlich durch sichtbar überzogene Forderungen ins Unrecht zu setzen. Realistischerweise würden die Unionsanhänger der SPD die Schuld gegen und die SPD- und auch Grünen-Anhäger der Union, wenn sich nicht eine Seite dumm anstellt. Im Zweifelsfall sagt Merkel ziemlich viel zu, Papier ist ja geduldig. Wie die FDP schmerzlich lernen mußte, bedeuten Zuständnisse Merkels noch lange nicht, daß sie sich hinterher auch dran halten wird. Genau dieser Defätismus ist ein wesentlicher Grund, warum die FDP gescheitert ist. Die hinterhältige Merkel war einfach nicht nett zur FDP und deshalb konnte sie nichts machen – mir kommen die Tränen. Die FDP ist selbst schuld. Sie hatte z. B. mehr als ein halbes Jahr Zeit, beim Thema Steuern Druck zu machen, bevor die Mehrheit im Bundesrat flöten ging und hätte natürlich schon bei den Koalitionsverhandlungen konkrete Pläne durchsetzten können. Ohne Bundesrat wäre immer noch die Abschaffung des Solis möglich gewesen. Hätte die FDP die Zustimmung zum Betreuungsgeld von der Abschaffung des Solis abhängig gemacht oder einfach glaubwürdig mit einem Ausstieg aus der Regierung gedroht, sie hätte ihre Steuersenkung wahrscheinlich bekommen. Lange Zeit sah es ja nach einer deutlichen Linksmehrheit aus und da hätte Merkel nicht ohne weiteres eine Neuwahl riskiert. Wirklich Druck auf Merkel hätte die feige FDP natürlich nie gemacht. Wer - wie die FDP - eine Koalition um jeden Preis will, der hat kein Druckmittel und das ist für den Koalitionspartner erkennbar. Das ist ein eigener Fehler und nicht die Schuld des Koalitionspartners. Zumindest diesen Fehler wird die SPD nicht machen. Bei der FDP kam als weiterer wesentlicher und noch schlimmerer Fehler hinzu, dass sie nie den Willen hatte oder zumindest nie zeigte, ihr zentrales Wahlversprechen in die Tat umzusetzen. Das kann man erst recht nicht Merkel anlasten. >Jemanden zu finden, der es nicht > schlechter macht als Steinbrück, Natürlich. Aber es ist kaum möglich so schnell die notwendige Illusion zu inszenieren, das wäre ein aussichtsreicher und von der Partei gewollter Kandidat. Und vor allem: Man kann davon ausgehen, daß die rot/grüne Option keinesfalls eine Mehrheit findet. Beides wäre keine Verschlechterung gegenüber der letzten Wahl. Die Optionen Linksfront und GroKo könnte die SPD aber auch ohne Neuwahlen haben - sie kann dem Publikum also keine Begründung liefern, warum man neu wählen müßte. Die SPD müsste das nicht begründen, weil sie nicht darüber entscheidet, ob erneut gewählt wird. Der Bundespräsident entscheidet allein, u. U. auf Vorschlag des Bundeskanzlers. > 1. Die Grünen wollen eben nicht > weniger, zumindest inhaltlich nicht. > Die sind linker als die SPD. Die sind linker, richtig. Aber ihre Forderungen konzentrieren sich auf gewisse Spielwiesen, die die Union leicht zugestehen kann. Solange die Milliarden für die Solarlobby und die "Bio"-Industrie fließen, stören die Grünen nicht weiter bei den übrigen Politikfeldern. Das bezweifle ich. Gerade das Thema "Energiewende" wird ein wichtiges Thema der nächsten vier Jahre sein und hier könnte die Union nicht einfach die Grünen gewähren lassen. Gerade hier wäre es mit SPD einfacher, die z. B. nicht zu allen Kernkraftwerken auch noch alle Kohlekraftwerke abschalten will. > Dagegen kann die große Koalition > für Merkel praktisch sein, um nervige > Minister elegant abzuservieren. Im Prinzip ja, aber bisher hatte ich nie den Eindruck, daß Merkel mit dem Abservieren Probleme hatte. Guter Punkt. Abgeschossen hat sie aber vor allem schwache bzw. geschwächte Figuren, wie zuletzt Röttgen, an dessen (In-)Kompetenz sich durch die Wahlniederlage in NRW ja gar nichts geändert hatte. > 3. Die von der SPD geführten oder > mitregierten Länder haben 54 Stimmen > im Bundesrat (mit Hessen wären es 59). Richtig. Und? Das klingt ja so, als wolle Merkel irgendwelche eigenen Positionen durchsetzen. Davon war in ihrer ganzen Regierungszeit nie etwas zu spüren. Die fehlende Bundesratsmehrheit hat sie bei schwarz/gelb nicht gestört, war eher eine willkommene Ausrede, um Ideen des Koalitionspartners kaputt zu kriegen. Richtig ist zweifellos, dass Merkel nie durch Gestaltungswillen aufgefallen ist. Dennoch bleibt, dass sie die SPD sowieso für alles braucht, wo der Bundesrat zustimmen muss. Die FDP ist nicht am Bundesrat gescheitert, siehe oben. |
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