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Archiv bis 08. November 2013

Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Alternative für Deutschland » Archiv bis 08. November 2013 « Zurück Weiter »

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Good Entity
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 04. November 2013 - 21:49 Uhr:   

Die AfD hat trotz ihres Wahlerfolges bei keinem der Umfrageinstitute mehr als 6 %, genauer gesagt, hat sie überall 5 %, nur bei Allensbach 5,5 % und bei GMS in der Umfrage 5,7 %, in der Projektion 6 %. Trotz des Wegfalls der "Die kommen doch sowieso nicht rein" Argumente steigt offenbar die Bereitschaft der Wähler nicht, sie zu wählen.

Und ich bezweifle nach wie vor ganz erheblich, dass die potentiellen Wähler sich für die Argumente interessieren, die hier im Thread diskutiert werden. Die Wähler haben sie gewählt, weil sie "irgendwie gegen den Euro" oder vielleicht auch "gegen die EU" ist, nicht aufgrund der volkswirtschaftlichen Betrachtungen von nevermore, Thomas Frings und anderen, die darüberhinaus sich auch noch gegenseitig widersprechen, obwohl sie möglicherweise alle AfD gewählt haben.

Ich sehe auch nicht, wie eine im Bundestag befindliche AfD irgendetwas gegen die CDU durchdrücken könnte, ob das nun steuerpolitisch ist oder sonst etwas. Dazu müsste es Verhandlungsspielraum für irgendetwas geben. Wenn die AfD in eine Regierung will, muss aber absolut zwingend irgendetwas mit dem Euro passieren, denn der Wähler der AfD erwartet das. Und ein bisschen aus dem Euro raus geht nicht. Ein bisschen kein Geld an den ESM kann man niemand erläutern, der raus aus der EU will. Also egal was: Der Absturz der AfD nach einer Regierungsbeteiligung ohne EU-Knaller wäre in der gleichen Größenordnung wie der der FDP jetzt, die Fallhöhe vielleicht geringer.

Wenn das also nicht geht, warum sollte der taktische Wähler sie dann wählen? Die den FDP Wählern unterstellte Motivation würde bei der AfD also komplett fehlen, also bleiben die taktischen Wähler zu Hause, gehen zur CDU oder wählen doch wieder Ralf Arnemann.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 04. November 2013 - 22:32 Uhr:   

@Good Entity,

vielleicht sind auch die Umfragen bessert geworden. Sie waren jedenfalls bei dieser Bundestagswahl sehr exakt. 5,5% oder 6% sind jedenfalls mehr als 4,7%, usw. Umgekehrt ist die FDP um 1-2% abgesackt. Es geht bei der Wahl der AfD auch nicht unbedingt darum, dass sie taktisch an die Regierung kommt (da wäre eine Stimme an die FDP rationaler), sondern, dass sie die Politik beeinflusst (was der FDP trotz 14,6% kaum gelungen ist). Dafür muss eine Partei nicht unbedingt an die Regierung. Die Erfolge der Linkspartei ab 2005 haben dazu geführt, dass sich die SPD schrittweise von der Agenda 2010 distanziert hat und sozialpolitisch wieder linkere Positionen vertritt. Umgekehrt könnten Wahlerfolge der AfD bei der CDU zu einem Umdenken führen.

Bei einem anderen Thema haben auch Protestwahlen zu einem Umdenken geführt. Als Anfang der 90er-Jahre es zu einem massiven Asylantenzustrom nach Deutschland kam und die Republikaner bei zahlreichen Landtagswahlen Wahlerfolge verbuchen konnten, hat die CDU und schließlich auch die SPD reagiert und durch eine Grundgesetzänderung ermöglicht, diesen Flüchtlingszustrom einzudämmen. Daraufhin gingen die Wahlergebnisse der Republikaner wieder zurück.

Nun möchte ich nicht die AfD mit den Repbulikanern vergleichen.
Aber in einem Punkt besteht doch eine Vergleichbarkeit. Den Wählern der AfD geht es um eine Unzufriedenheit mit der Europapolitik um die Sorge vor einer Schuldenvergemeinschaftung. Wenn die CDU dies wirklich ernsthaft aufgreifen sollte und bei der Gestaltung der Europapolitik nicht noch weitere Schuldenvergemeinschaftungen betreibt, könnte der Zuspruch für die AfD auch wieder abnehmen. Nur ist das nicht ganz so einfach, weil dies voraussetzen würden, dass die Staaten in Südeuropa ihre Haushalte in den Griff bekommen - was nur gelingen wird, wenn auch die wirtschaftliche Entwicklung dort positiv verläuft. Das ist eine andere Situation als das Asylthema, dass man national durchaus in den Griff kriegen konnte.
Der Druck auf die Bundesregierung wird enorm sein, auf der ein oder anderen Art einer Schuldenvergemeinschaftung zuzustimmen. Innenpolitischer Druck von einer Partei, die als einzige konsequent gegen eine Schuldenvergemeinschaftung ist, kann da durchaus positiv wirken. Jedenfalls ist die Wahrscheinlichkeit, dass die CDU auf diese Stimmung reagiert größer, als wenn es keine derartige Partei gibt.

Die FDP hat jedenfalls trotz eines gigantischen Wahlerfolgs 2009 so gut wie nichts bewirkt - sondern ist in den vier Jahren zu einem vollkommen profillosen Merheitsbeschaffer geworden. Selbst als Korrektiv war sie nicht mehr erkennbar. Und das ist zu wenig für eine Partei.
Die AfD hat diese Fehler noch nicht gemacht. Wieso sollte sie sie wiederholen? Wieso sollten die Wähler ihr keine Chance geben?
Die Erfolgsaussichten der AfD hängen nicht nur von ihr selbst, sondern auch von der Europapolitik der nächsten Jahre ab. Und da spricht durchaus einiges dafür, dass es genug Profilierungsmöglichkeiten für die AfD geben wird (die es in den letzten Wochen nach der Bundestagswahl nicht gab). Das die Umfrageergebnisse für die AfD dennoch leicht anstiegen ist für sie ein positives Zeichen. Das die für die FDP absackten zeigt hingegen, dass es weiterhin eine nicht unerhebliche Zahl von taktischen Wählern der FDP gab. Denn wieso sonst sollten die Werte fallen. Die FDP hat seit der Wahl nichts großartiges falsch machen können.....
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Good Entity
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 06. November 2013 - 17:07 Uhr:   

@ Marc

Die AfD liegt bei INSA zum Beispiel jetzt schlechter als bei den Umfragen vor der Bundestagswahl und kommt im Mittel der 7 Umfrageinstitute auf 5,07 % - das ist deutlich schlechter als die Umfragen der FDP vor der Wahl und wenn man das umdeutet wäre die AfD bei einer Bundestagswahl auch derzeit draußen.

Ich bezweifle, dass die vergleichsweise geringen Erfolge der Linkspartei zu einem Umschwenken der SPD geführt haben. Die Linkspartei.PDS hatte in den Umfragen 2005 schon 12 % und hat diese Zahlen seitdem nicht steigern können. Der Ausstieg von Gerhard Schröder (und weiterer Entscheidungsträger seit 2005) hat andere Stimmen innerhalb der SPD stärker werden lassen.

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Wähler aus taktischen Gründen die Linke wählen, nur um irgendwelche Schwenkbewegungen anderer Parteien zu unterstützen. Genausowenig klappt das bei einer als nicht regierungsfähig unterstellten AfD, wenn man denn das tatsächlich rein taktisch motivierte Wählen wirklich annehmen will.

Taktisches Wählen macht nur Sinn, um die eigene Stimme "besser" verwerten zu können, also innerhalb einer bevorzugten Parteiengruppe derjenigen Partei zu geben, bei der die Stimme besonders nützlich oder jedenfalls zielführender als bei anderen Parteien scheint. Ein Beispiel ist das Überspringen der 5 % Hürde oder eines anderen Kriteriums. Ferner mögen potentielle Piratenwähler die Grünen gewählt haben, um wenigstens dieser Zweitpräferenz zu nutzen, oder FDP-Anhänger die CDU, damit Angela Merkel auf jeden Fall auch in einer Großen Koalition die Kanzlerin ist.

"Die AfD hat diese Fehler noch nicht gemacht. Wieso sollte sie sie wiederholen? Wieso sollten die Wähler ihr keine Chance geben?" - Die Freien Wähler haben in diesem Sinne auch noch keine Fehler gemacht. Trotzdem gibt ihnen der Wähler keine Chance.

"Die FDP hat seit der Wahl nichts großartiges falsch machen können....." - Doch natürlich hat sie seit der Stimmabgabe am Wahltag etwas falsch gemacht - sie ist nämlich am Wahlabend aus dem Bundestag geflogen, und das hat ihren Wählern überhaupt nicht gefallen. Noch "falscher" geht wohl kaum.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 06. November 2013 - 18:15 Uhr:   

@Good Entity,

sie greifen das einzige Institut heraus, dass zu einen solchen Wert kommt. Bei allen anderen sieht es anders aus. Im Übrigen liegt bei allen die AfD über den Werten der FDP.

Die SPD ist nach dem Abgang Schröders nach links geschwenkt, weil die Linkspartei ihr dort zunehmend Konkurrenz gemacht hat. 2005 erzielte sie 8,5 % und 2009 sogar über 10%. Darauf hat die SPD reagiert - und schwupps ist die Linkspartei 2013 wieder kleiner geworden - und nahezu aus allen Landtagen in westdeutscher Flächenländer verschwunden.

Statt den Kampf um die Mitte - wie noch 1998 im Bundestagswahlkampf - betreibt die SPD nun zunehmend nur noch den Kampf um linke Stimmen. Warum wohl, wenn nicht um die Linkspartei klein zu halten? Natürlich hat dies einen Linksschwenk der SPD bewirkt. Und zwar aus zwei Gründen. Erstens um Wähler wiederzugewinnen, die ansonsten nach links abwandern. Und zweitens um weitere Mitgliederverluste in Richtung Linkspartei zu verhindern und die Einheit der Partei wiederherzustellen.


Umgekehrt hat der Erfolg der Republikaner in den 90er-Jahren dazu geführt, dass die CDU und die übrigen Parteien das Thema Asylmissbrauch bzw. ungesteuerte Flüchtlingszustrom behandelt haben. Ohne diese Wahlerfolge wäre es wohl dazu nicht gekommen.

Dabei geht es auch nicht um taktisches Wählen im eigentlichen Sinne - so wie es häufig im Fall der FDP der Fall ist, die als Mehrheitsbeschaffer der Union benötigt wird, sondern um issue-voting. Der Wähler möchte mit der Wahl einer bestimmten Partei signalisieren, dass er der Auffassung ist, dass ein für ihn zentrales Problem nicht durch die übrigen Parteien adäquat behandelt wird.

Sofern das Problem von den anderen Parteien aus Sicht des Wählers adäquat behandelt wird, kehrt er wieder zu seiner ursprünglich präferierten Partei zurück. Wenn nicht kommt es zu einer dauerhaften Neuorientierung.
Dies zu verhindern war der Grund, dass die SPD insgesamt spätestens ab 2009 einen Linksschwenk vollzog (der ihr als Regierungspartei gar nicht möglich gewesen wäre), um die Linkspartei in Westdeutschland wieder klein zu machen. Denn ein Teil der SPD-affinen Wähler war die Partei zu "mittig" geworden und zu wenig auf Umverteilungskurs (sog. soziale Gerechtigkeit), was ja traditionell ein Kernthema der SPD ist.

Issue-Voting spielte auch für den Hype der Grünen 2011 eine große Rolle. In der Bevölkerung gibt es nunmal eine große Gegnerschaft gegen die Kernenergie, die durch das Fukushima-Ereignis ins völlig Irrationale gesteigert wurde. Seit dieses Thema abgeräumt ist, ist der Hype der Grünen vorbei. Denn mit den übrigen Positionen der Grünen können über 90% der Bevölkerung eben nichts anfangen.

Die Wahlerfolge der Republikaner endeten im Wesentlichen nach der Grundgesetzänderung 1993 und den in der Folgezeit eingeleiteten Maßnahmen zur Eindämmung des Asylmissbrauchs und für die innere Sicherheit. Viele dieser Wähler kehrten daraufhin zur Union zurück.

Der Wahlerfolg der AfD 2013 könnte einmalig sein, sofern tatsächlich nicht der Weg in eine Schuldenunion und Haftungsgemeinschaft auf europäischer Ebene gegangen wird. Aber glauben Sie wirklich, dass es nicht darauf hinauslaufen wird?

Zur FDP. In der Tat sind die Anhänger und Wähler der FDP enttäuscht davon, dass die FDP an der 5%-Hürde gescheitert ist. Das gilt umso mehr für die Koalitionswähler, die die FDP aus taktischen Gründen gewählt haben, um eine bürgerliche Koalition zu sichern um einen weiteren Linksruck in der deutschen Politik zu verhindern. Nur warum bricht die FDP dann weiter ein? Vielleicht weil doch vielen Wählern der FDP eine absolute Mehrheit der Union lieber wäre, als die Unterstützung einer APO-FDP ohne Funktion.

Umgekehrt sind die Werte für die AfD seit der Wahl gestiegen, nicht gefallen. Dies zeigt, dass ihre Thema weiter gefragt ist und nachgefragt wird. Ob die AfD weiter Erfolg haben wird, wird sehr stark davon abhängen, wie in Europa die Entwicklung in den nächsten Jahren verläuft.
Anders als bei der FDP (siehe dazu meinen Beitrag im FDP-Thread).
Die Aussichten für sie sind recht gut. Denn die Krisen in Europa sind strukturell tiefgreifend und werden uns noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, beschäftigen.

P.S. Die Freien Wähler haben auf Bundesebene überhaupt kein Programm. Sie stehen für noch weniger als die Piraten und haben daher auch noch weniger Stimmen erhalten. Sie bedürfen auf Bundesebene keiner Erwähnung, da sie hier völlig bedeutungslos sind.
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Good Entity
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 07. November 2013 - 00:39 Uhr:   

@Marc:

Ich schrieb zum Thema "Taktische Wähler" und ob genau diese die AfD wählen.

Wer 2011 nach Fukushima für die Grünen gestimmt oder in Umfragen so genantwortet hat, wollte auch die Grünen wählen. Da ist nix mit Taktik. Wer jetzt die AfD gewählt hat, der wollte auch genau das. Also auch keine taktischen Wähler. Und ich sehe auch nach Deinen Argumenten keinen Grund, warum ein Wähler, der bisher aus taktischen Gründen nicht seine Erstpräferenz gewählt hat, nun zukünftig ausgerechnet die AfD ins Auge fassen könnte.

Also: ein CDUaffiner Wähler, der in der Vergangenheit der ihm auch noch sympathischen FDP über die 5 % geholfen hat, um eine schwarzgelbe Koalition zu ermöglichen - hat der irgendeinen Anlass, aus taktischen Gründen nun die AfD zu wählen? Ich seh keinen. Entweder wählt er die AfD, weil er genau das will, oder die CDU, weil er gerade nicht AfD-Positionen will, oder womöglich doch wieder FDP, wenn die wieder gegen 5 % gehen sollten.

Was die FDP macht, ist in diesem Zusammenhang ansonsten belanglos. Die AfD wird wie erläutert die taktischen Wähler nicht bekommen, und dass Ralf Arnemann zur AfD überläuft, sehe ich schon erst recht nicht.

Es ist auch nicht wichtig für die Fragestellung, welche zukünftige Entwicklung ausgerechnet ich für den ESM oder die EU überhaupt sehe. Wie schon oben erwähnt, wird sich imho die Mehrheit der Wähler nicht in dem Maße für diese Thematik interessieren, wie es hier erörtert wird.

Die Werte der AfD sind gegenüber dem Wahlergebnis nicht gestiegen, das war doch der Effekt, der mich so erstaunt hatte und zum ersten Post bewog. Wie schon oben erwähnt, sind es im Schnitt der 7 Institute jetzt 5 %, also genau die gerundeten 5 % von der Bundestagswahl selbst. Nur die Promillestellen sind anders, und nicht einmal diese sonderlich bemerkenswert.

Die Piraten haben möglicherweise "mehr Programm" als die AfD. Das nützt ihnen allerdings nichts, denn das Programm gefällt nur noch 2 % der Wähler, nachdem diese etwas länger darüber nachgedacht haben.

Ich teile unverändert nicht Deine Auffassung, dass es ein gezielter Plan der SPD ist, durch einen Linksschwenk die Linke an die Wand zu drücken.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 07. November 2013 - 02:00 Uhr:   

@Good Entity,

vor der Bundestagswahl sahen die meisten Institute bei 4%. 5% ist mehr als 4%. Die FDP ist hingegen bei den Rohdaten bei der Forschungsgruppe Wahlen bei 1%.

Eine Verschärfung der Schuldenkrise hätte auch in Deutschland unmittelbar innenpolitische Auswirkungen. Wenn aufgrund der Schuldenkrise weitere Schuldenschnitte kommen und daher der deutschen Staat erstmals endgültig Verluste einfahren wird, hat das unmittelbar Auswirkungen auf den deutschen Bundeshaushalt. In der Folge dürfte die Debatte um Steuererhöhungen wieder aufflammen.

Während früher enttäuschte Unionswähler zur FDP wanderten (durchaus nicht nur taktisch, sondern auch inhaltlich begründet), so könnte sie in dem Fall Wähler Richtung AfD verlieren, wegen der Unzufriedenheit in einem konkreten Thema. Das würde aber nicht heißen, dass diese Wähler für die Union dauerhaft verloren sein müssen - ebensowenig wie die Wanderwähler zur FDP von 2009 für die Union dauerhaft verloren waren.
Der Begriff taktische Wahl ist in diesem Zusammenhang vielleicht von mir unglücklich gewählt. Es ging dabei schon um eine inhaltliche Entscheidung in Bezug auf ein bestimmtes Thema - eben das issue-voting. Issue-voting kann dazu führen, dass trotz einer bestehenden Parteipräferenz einmal eine andere Partei gewählt wird. Das ist im Grunde genommen keine taktische Wahl, auch wenn der Wähler möglicherweise hofft, dass das Wahlergebnis neben einer Änderung der Politik auch zu einer Änderung der Position der übrigen Parteien - insbesondere der von ihm jenseits des konkreten überlagenderden Themas präfererierten Partei - führt. Kommt es dazu, neigt er dazu wieder zu dieser zurückzukehren - ebenso wenn die Issue-Präferenz-Partei total versagt. Anderenfalls hat die "Issue-Partei" durchaus Chancen den Neuwähler dauerhaft zu gewinnen und an sich zu binden.


Also: ein CDUaffiner Wähler, der in der Vergangenheit der ihm auch noch sympathischen FDP über die 5 % geholfen hat, um eine schwarzgelbe Koalition zu ermöglichen - hat der irgendeinen Anlass, aus taktischen Gründen nun die AfD zu wählen?

Ich habe ja gesagt, dass der Begriff taktische Wahl missverständlich war. Ich habe schon in meinem letzten Beitrag von issue-voting gesprochen.
Darüber hinaus gibt es Wahlen, bei denen taktische Erwägungen kaum eine Rolle spielen: Z.B. Kommunalwahlen und die Europawahl.
So hat der CDU-affine Wähler, der in der Vergangenheit auch schon mal die ihm auch noch sympathische FDP mit der Zweitstimme gewählt hat, aber die Europapolitik - insbesondere die drohende Vergemeinschaftung von Staatsschulden ablehnt - durchaus einen recht hohen Anreiz bei der Europawahl seine Stimme der AfD zu geben. Denn damit setzt er ein Signal.


Die FDP ist nicht in einer Verfassung in der sie auch nur in der Nähe der 5% kommen kann. Selbst wenn sie in 1-2 Jahren wieder mal bei 5% in den Umfragen liegen sollte wird sich ein taktischer Wähler nach dem erstmaligen Scheitern der FDP auf Bundesebene fragen, ob er riskieren möchte, dass seine Zweitstimme (und damit die entscheidende Stimme) unter den Tisch fällt.
Bis 2013 war dies bezüglich der FPD eine als unwahrscheinlich empfundene Gefahr. Die übergroße Merheit sowohl der Unions- wie der FDP-Wähler rechnete ja mit einem Einzug der FDP - und das gilt erst recht für die taktischen Wähler, da ansonsten eine taktische Stimmabgabe ja keinen Sinn macht. Das wird künftig anders sein.

Zudem müsste auch noch eine Aussicht auf eine schwarz-gelbe Machtperspektive bestehen. Die ist 2017 fraglich, da mit der AfD eine konservative Konkurrenz sich etablieren könnte, so dass ohnehin schwarz-gelbe Mehrheiten ausscheiden. Und wie bereits ausgeführt dürfte eine FDP-Wahl bei einer Bundestagswahl subjektiv als deutlich riskanter empfunden werden als bisher, nachdem das "eherne Gesetz", die FDP schafft doch irgendwie die 5% am 22. September 2013 umgestoßen wurde.
Je nachdem wie sehr er die Performance der Union in der Großen Koalition beurteilt wird er dann doch lieber sicher gehen wollen und sein Kreuz bei der Union machen. Gegebenenfalls in der Erwartung, dass eine starke Union dann in einer Koalition mit den Grünen - auf die dann wohl die Merkel-CDU abzielen würde - nicht allzu viele Konzessionen macht.

Sollte die Union ihn zu sehr verärgern könnte er aber auch aus Protest AfD wählen. Letzteres wäre allerdings keine taktische Wahl, sondern eine inhaltliche.

Ich teile unverändert nicht Deine Auffassung, dass es ein gezielter Plan der SPD ist, durch einen Linksschwenk die Linke an die Wand zu drücken.

Wieso macht die SPD denn sonst einen Linksschwenk?
Das die SPD beabsichtigt die Linkspartei jedenfalls in Westdeutschland an die Wand zu drücken wird seit Jahren von führenden Sozialdemokraten offen ausgesprochen. Daher bemüht sich die SPD natürlich das Thema "soziale Gerechtigkeit", also Umverteilung, wieder stärker aufzugreifen. Das war ja auch der Hauptgund für ihre Verluste in Richtung Linkspartei bei der Bundestagswahl 2005 und dafür, dass einige ehemalige SPD-Wähler und Ex-Mitglieder bei Landtagswahlen Linkspartei gewählt haben. Natürlich wollte und will die SPD diese wiedergewinnen und zumindest in Westdeutschland wieder strategisch die Möglichkeit zu rot-grünen Mehrheiten zu eröffnen. In NRW ist ihr das über einen Umweg, in Niedersachsen 2013 direkt gelungen.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 07. November 2013 - 02:32 Uhr:   

@Good Entity:
"Ich bezweifle, dass die vergleichsweise geringen Erfolge der Linkspartei zu einem Umschwenken der SPD geführt haben."

Direkt vielleicht nicht, aber die Existenz der Linken als relevante politische Kraft hat zweifellos die Meinungsbildung beeinflusst (und umgekehrt), und dem kann sich heute auch die Union nicht entziehn. Mit den Republikanern war das durchaus ähnlich.

Damit das klappt, müssen aber die Voraussetzungen stimmen, und dazu gehört vorallem eine große Portion Unzufriedenheit, die momentan fehlt. Eine reine Nische kann den Rest nicht weit bewegen; das müssen schon Positionen sein, die bis über die Mitte hinaus deutliche Relevanz haben.

Klar ist jedenfalls, dass die Union nicht an einer "bürgerlichen Mehrheit" interessiert ist und insbesondere nicht daran, dass sie von einer halluzinierten rechten FDP/AfD-Allianz an der Durchsetzung ihrer Ziele gehindert wird, sondern primär an der eigenen Macht. Das geht der SPD im Prinzip nicht anders, aber momentan hat die Union die deutlich besseren Karten und in der Folge das "bürgerliche Lager" die schlechteren.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 07. November 2013 - 13:25 Uhr:   

@Ratinger Linke,

hinsichtlich des Einfluses der Erfolge der Linkspartei in Westdeutschland ab 2005 auf die inhaltliche Entwicklung der SPD stimmen wir überein.
Für die Sozialdemokratisierung der Union gibt es aber andere Gründe. Zwischen Linkspartei und Union gibt es in Westdeutschland keinerlei Überschneidungen. Die westdeutsche Linkspartei sprach und spricht primär die Ex-Wähler linker Splittergruppen sowie sehr stark links ausgerichtete Ex-Wähler von SPD oder Grünen an, die für die Union unerreichbar sind, egal wie stark sie sich sozialdemokratisiert.

Hinsichtlich des Protestpotentials stimmen wir nicht überein. Das eine Partei, die erst sechs Monate vor einer Bundestagswahl gegründet wird aus dem Stand 4,7% der Stimmen erzielt zeigt, dass es offensichtlich ein erhebliches Protestpotential gibt. Dieses Wahlergebnis ist z.B. höher, als die Wahlergebnisse die die Republikaner jemals auf Bundesebene erreicht haben. Derzeit war für die AfD das Protestpotenzial noch knapp nicht ausreichend. Aber das kann sich ändern, wenn weitere Schuldenschnitte erfolgen sollten und in der Folge die Debatte über eine europäische Transferunion wieder aufgegriffen wird. Eurobonds - wie von Rot-Grün gefordert - werden laut Umfragen von 79% der Bevölkerung abgelehnt. Das wäre durchaus ein Thema aus der Mitte der Gesellschaft.

Das die Union - oder genauer, die gegenwärtige Unionsführung - nicht sonderlich an bürgerlichen Merheiten interessiert ist, hat ihr Verhalten am Ende des Bundestagswahlkampfs gezeigt.
Welche inhaltlichen Ziele sie verfolgt, jenseits des Ziels des Machterhalt, ist hingegen kaum erkennbar. Oder haben Sie da weitere Erkenntnisse, die Sie mit uns teilen möchten?

Wenn die Union darauf abzielt oder es jedenfalls billigend in Kauf nimmt, die einzige bürgerliche Kraft zu sein, dann gibt es für sie jedenfalls nur zwei Machtoptionen:
1. Absolute Mehrheit
2. Koaltion mit einer der linken Parteien (SPD oder Grüne).

Die fast erschrockene Reaktion der Bundeskanzlerin darauf, dass sie die absolute Mehrheit erzielen könnte zeigt, dass sie selbst offensichtlich keine absolute Merheit anstrebt. Also bleibt nur die zweite Variante. Nur besteht dann natürlich auch eine rechnerische Merheit für ein Linksbündnis. Sollte sich also dauerhaft das gegenwärtige Vierparteiensystem (Union, SPD, Grüne, Linke) auf Bundesebene etablieren, so ist das eine für die Union äußerst ungünstige Ausgangslage. Denn die SPD hat außer Rot-Rot-Grün keine Option mehr um absehbar wieder einen Bundeskanzler zu stellen. Durch die Schwächung der Westlinken haben die sog. pragmatischen Kräfte in der Linkspartei ein stärkeres Gewicht bekommen. Zudem fallen viele bisherige ideologische Hürden (etwa Nato-Einsatz in Afghanistan) künftig weg. Die Grünen wiederum waren ja stets offen für ein solches Linksbündnis. Auch kann sie viele ihrer gesellschaftspolitischen Positionen nur in einem solchen Linksbündnis durchsetzen, so dass sie - wenn und soweit die Möglichkeit hierzu durch die SPD eröffnet wird - von dieser Möglichkeit Gebrauch machen dürfte. Umgekehrt dürfte die SPD schon aus Gründen des Machterhalts auf ein Linksbündnis abzielen, da anderenfalls die Grünen sie künftig als Juniorpartner der Union ablösen könnten.

Die Aussichten der Union eine absolute Mehrheit zu erzielen sind und bleiben ungünstig. Mit ihrer Sozialdemokratisierung spricht sie zwar Mitte-Links-Wähler an, entfremdet sich aber zusehens von Konserverativen und Wirtschaftsliberalen. Auch die bürgerliche Wählerschaft ist mittlerweile so heterogen geworden, dass eine Partei allein diese nicht mehr ansprechen kann.
Die drei Parteien im linken Lager können hingegen unterschiedliche Wählergruppen ansprechen und - gerade wenn sie sich auch unterschiedlich positionieren - zusammen mehr Stimmen erzielen als die Union. Wie es dabei allerdings nicht geht, hat die Bundestagswhahl 2013 gezeigt. Ein Überbietungswettbewerb von SPD, Grünen und Linkspartei um Steuererhöhungen hat das linke Lager geschwächt. Insbesondere die Grünen haben hier einen taktischen Fehler gemacht. Das hat die Union gestärkt, deren Wahlergebnis 2013 auch auf Fehler sowohl von SPD und Grünen bei der Wahlkampfführung (Fokussierung auf das Steuerthema) entstanden ist.

Ich sehe daher im Fall der dauerhaften Etablierung eines Vierparteiensystems mit drei linken und einer bürgerlichen Partei überhaupt keine guten Karten für die Union, sondern im Gegenteil äußerst schlechte Karten für die Union und sehr gute für die SPD.
Ich persönlich glaube allerdings nicht, dass wir dauerhaft ein solches Vierparteiensystem haben werden. Meiner Einschätzung nach, wird es im nächsten Bundestag mindestens fünf Fraktionen geben.

(Beitrag nachträglich am 07., November. 2013 von Marc editiert)
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 07. November 2013 - 15:30 Uhr:   

Ab 2021 hat das klassische bürgerliche Lager eh kaum noch eine Chance auf Mehrheiten, wenn nicht die Sperrklausel nachhilft oder sich das Wahlverhalten ganz grundlegend ändert. Eine Partei, die Wähler anspricht, die überwiegend schon vor Jahrzehnten gestorben sind, hilft der Union da wenig. Wenn sie ohne SPD und Grüne auskommen will, braucht sie schon was Zukunftsfähigeres als Ersatz (könnte die AfD grundsätzlich schon sein, aber dazu müsste sie eher die Piraten absorbieren).

Übrigens ist inzwischen die repräsentative Wahlstatistik in Sachsen raus. Da ist das Stimmensplitting der AfD-Wähler relativ interessant, weil die AfD in Sachsen keine Direktkandidaten gehabt hat. Ergebnis ist CDU 28, Linke 21, NPD 14, SPD 11, FDP 3, Grüne 3, keine 3, Sonstige 18 (das müssen überwiegend Piraten und ansonsten hauptsächlich Freie Wähler sein).

Bei den Jungwählern (bis unter 25) sind 31% der gültigen Zweitstimmen nicht berücksichtigt worden. Wenn sich das längerfristig auf dem Niveau stabilisiert und folglich die Wahlbeteiligung noch weiter sinkt (momentan knapp 61%), kann sich der Machtverlust der älteren Generationen natürlich noch verzögern.

In der Grafik im PDF steht übrigens, dass die Grünen neuerdings primär zugunsten der Linken splitten, aber den Tabellen nach ist das wohl ein Fehler. Die Daten gibts grundsätzlich auch als Tabellenkalkulation, aber dafür braucht man ihren blöden Shop.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 07. November 2013 - 16:36 Uhr:   

Woraus ziehen Sie die Schlussfolgerung, dass ab 2021 das "klassisch bürgerliche Lager" (womit sie wohl Union und FDP meinen?) keine Chance auf Mehrheiten mehr habe? Wenn die FDP eingehen sollte hat in der Tat das klassisch bürgerliche Lager keine Chance mehr auf Mehrheiten.
Die Frage ist dann allerdings, ob eine neue bürgerliche Partei entsteht und die Bildung neuer Mitte-Rechts-Mehrheiten ermöglicht.
Der Einfluss der älteren Wählerschichten wird im übrigen aufgrund der demographischen Entwicklung weiter zunehmen. An sich keine schlechte Ausgangslage für die Union, da ältere Wähler zu konservativeren Positionen neigen. Bei den Jung- und Erstwählern schnitt die Union eigentlich nie gut ab.

Viel Absorbitionspotenzial sehe ich im Übrigen bei den Piraten nicht. Was die AfD hiervon absorbieren konnte, dürfte sie 2013 schon absorbiert haben. Die verblieben knapp 2% Piraten-Wähler dürften weit überwiegend Rot-Grünen Positionen + Netzpolitik zuneigen. Bei den Piratenwählern von 2013 dürften eher die Grünen Chancen haben, diese zu absorbieren, als die AfD. Wobei wahrscheinlich ein Teil der Wähler 2017 erneut die Piraten wählt, da eine Selbstauflösung der Partei bis dahin eher unwahrscheinlich ist und sie schon ein paar Stammwähler hat.

Hinsichtlich Sachsen entspricht das Splittingverhalten den Daten, die uns bereits die Wahlanalysen nach der Wahl gebracht haben. Demnach hat die AfD primär von der Union, der FDP und in Ostdeutschland von den Linken gewonnen. Teilweise auch von SPD und Grünen. Das sie auch von rechtsradikalen Parteien Stimmen abzog ist ebenso wenig überraschend.

Interessenant dürfte sein, wie das zu erwartende NPD-Verbot die künftigen Wahlen beeinflussen wird. Zwar ist nicht damit zu rechnen, dass dieses vor den Landtagswahlen 2014 in Ostdeutschland erfolgen wird, aber höchstwahrscheinlich vor der Bundestagswahl 2017. Es wäre sicherlich ein Fehler, wenn die AfD sich auf diese Gruppe konzentrieren würde. Primär dürfte ihr Ziel sein Wähler von Union - und in Ostdeutschland auch der Linkspartei - abzuziehen. Aber ein Teil dieser Wählerstimmen dürfte der AfD so oder so zufallen...

P.S. Bei den Werten der Grünen sehe ich nicht, dass diese primär zugunsten der Linkspartei splitten, sondern wie zu erwarten zugunsten der SPD. Vielleicht können Sie noch die Seitenzahl nennen, auf dem Sie das zu sehen meinen? Mit 14% ist das Splitting zugunsten der Linkspartei allerdings auch nicht unbeachtlich.

Interessant ist in der Tat der hohe Anteil der Sonstigen Parteien bei der Jung- und Erstwählern. Zwar bezieht sich diese Statistik nur auf Sachsen und natürlich sind die ostdeutschen Besonderheiten zu berücksichtigen. Zu bemerken ist allerdings schon, dass die Linkspartei bei dieser Gruppe unterdurschnittliche Werte aufweist, die SPD aber immerhin durschnittliche. Die Grünen sind in dieser Gruppe zwar stärker als im Durchschnitt, allerdings haben auch sie in dieser Altersgruppe im Vergleich zur letzten Bundestagswahl die höchsten Verluste zu erzielen.

In der zweiten Hälfte der 90er-Jahre galten gerade in Westdeutschland die Grünen als "In". Eine Position die sie im Grunde bis 2011 halten konnten - bis zum Höhepunkt des Hypes über Fukushima. Seitdem geht es allerdings bergab. Der Piraten-Hype war nur ein Strohfeuer.
Künftig dürfte es in der Tat interessant sein, inwieweit die AfD bei Erst- und Jungwählern wird punkten können. Und ob und inwieweit die Grünen wieder stärker Zuspruch aus dieser Wählergruppe bekommen.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 07. November 2013 - 17:24 Uhr:   

@Marc:
"Bei den Jung- und Erstwählern schnitt die Union eigentlich nie gut ab."

Wie schon weiter oben dargestellt, ist das falsch. Die jetzigen ganz alten Wähler haben schon 1957 und 1965 zu 50% die Union gewählt und 1961 nicht viel weniger. Bei den Jungwählern von 1983 hat die Union nichtmal 2013 ihr damaliges Ergebnis wieder erreichen können. Damals hat man das zwar für wenig gehalten, für heutige Verhältnisse war es aber viel.

Mit dem Aussterben der starken Vorkriegsjahrgänge wird die Union ziemlich zwangsläufig deutlich absacken. Der Bruch bei den Jahrgängen ab 1945 ist ganz massiv. Beim neuen Altenberg, der gegen 2030 kommt, spricht nichts dafür, dass der auch nur annähernd so stark die Union wählen wird. Das haben die bisher jedenfalls nicht öfter gemacht als in ihrer Jugend, und ganz jung sind die schon jetzt nicht mehr.

Das anomale Splittingverhalten der Grünen ist auf Seite 16. Für einen Fehler spricht auch, dass da die Reihenfolge der Parteien anders ist als sonst.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 07. November 2013 - 17:50 Uhr:   

@Ratinger Linke,

bei den Werten auf Seite 16 sind offensichtlich die Werte für Linke und SPD vertauscht. Das ist auch aus der einzelnen Aufschlüsselung der Werte (z.B. auf S. 38) erkennbar.

Hinsichtlich der Wahlergebnisse bei Senioren ist eine konservative Dominanz auch zukünftig zu erwarten. Interessant ist gerade aus der von Ihnen hier verlinkten Statistik zu ersehen, dass zwar in den nachfolgenden Altersgruppen die CDU schwächer, dafür aber die AfD stärker ist. Insgesamt dominieren aber auch in den nachfolgenden Altersgruppen konservative Positionen (jedenfalls in Sachsen). Einen Rückgang der Werte der CDU bei Senioren läßt sich darüber hinaus aus der Statistik nicht ersehen. Bei den über 60jährigen in Sachsen erzielte sie 2013 deutlich mehr als 2009 oder 2005. Die Vertreter der 68er-Generation (die es so auch nur in den alten Bundesländern gab) sind im übrigen heute schon Teil der Über60-Jährigen. Die nachfolgenden Generationen sind weit weniger links geprägt - sondern parteipolitisch und ideologisch weit ungebundener, was die Vorhersagen des Wahlverhaltens in 8 oder noch mehr Jahren - wie sie es sich ja zutrauen - aus meiner Sicht völlig unmöglich macht.


Ihr Vergleich mit den Wahlergebnis von 1983 ist in vielerlei Hinsicht fragwürdig. 1983 erzielte die Union 48,8% der Stimmen, 2013 41,5%. Das sie im Vergleich wahrscheinlich bei allen Altersgruppen schlechter abgeschnitten hat, ist nicht überraschend.
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Good Entity
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 07. November 2013 - 19:10 Uhr:   

@Marc

Dir sind offenbar einige Zahlenwerte durcheinandergeraten. Daher nochmals in Langtext:

Die AfD hat bei der Bundestagswahl 4,7 % bekommen, das sind also gerundet 5 %, nicht 4 %. Und sie bekommt bei den Umfragen jetzt im Schnitt 5,07 %, das sind gerundet immer noch 5 %. Und immer noch 5 % bedeuten, dass es der AfD nicht gelungen ist, seit den vom Bundeswahlleiter gemessenen Zahlen der Bundestagswahl mehr als wenige Promille zuzulegen.

Ich verstehe Dich ferner so, dass es Dir gerade entgegen der ersten Argumentation nicht um taktische Wähler im üblichen Sinne geht, sondern um Wähler, die spontan entgegen ihrer üblichen Präferenz etwas anderes wählen (on issue). Aha, ganz klar Fukushima, also Grüne, oder von mir aus auch Eurokrise also AfD. Es scheint mir allerdings ziemlich ausgeschlossen, dass bei der letzten Bundestagswahl irgendein Wähler aus einem solchen Grund die FDP gewählt haben könnte. Welches Ereignis hätte jemand antörnen sollen, ausgerechnet jetzt anders als sonst FDP zu wählen? Also kann die FDP solche Wähler jetzt oder in Zukunft nicht an die AfD verlieren, da es solche Wähler schlicht nicht gibt. Einem nackten Mann kann man kein Geld aus der Tasche ziehen.

Du bist viel zu sehr auf die FDP fixiert, die ist für die AfD komplett uninteressant. Wenn Honda in Deutschland Marktanteile gewinnen will, interessieren sie sich auch nicht für die Motivation möglicherweise unzufriedener Mitsubishifahrer, sondern für die Wünsche bisheriger Käufer von VW und Opel.

@Ratinger Linke:

"Direkt vielleicht nicht, aber die Existenz der Linken als relevante politische Kraft hat zweifellos die Meinungsbildung beeinflusst (und umgekehrt)". - So herum entspricht das auch meiner Meinung. Das gilt aber auch für die temporäre Existenz der Piraten als politische Kraft und hinsichtlich der Linken auch schon vor 2005.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 07. November 2013 - 19:39 Uhr:   

@Marc:

Im Westen hat die Union 2013 42.5% gehabt. Ob sie bei allen Altersgruppen schlechter als 1983 war, ist irrelevant (ob es stimmt, lässt sich mangels ausreichender Auflösung der Daten nicht sicher sagen). Bei den Kohorten war sie jedenfalls nicht überall schlechter als 1983. Unter denen, die sowohl 1983 als auch 2013 wahlberechtigt waren, war das Ergebnis der Union jeweils ähnlich, insgesamt eher 2013 besser, aber bei den Jüngeren (also grob 50-60) deutlich schlechter (was teilweise durch höhere Verluste an AfD, Grüne und Piraten sowie kleinere Gewinne von der FDP erklärbar ist).

1983 waren halt 49% ein außergewöhnlich gutes Ergebnis, 2013 waren es 42%, und 2043 werden es 35% sein, wenn sich nichts ändert (wobei schon vorausgesetzt ist, dass sich zumindest der negative Trend bei den Erstwählern nicht fortsetzt). Dass die Volatilität der Wähler höher geworden ist, ist prinzipiell schon richtig, aber bisher ist auch das eher zulasten der Union gegangen als zu ihren Gunsten.

Zumindest in Sachsen steht die CDU bei den Wählern im mittleren Alter schon relativ gut da, aber das absolute Niveau im Osten insgesamt wird trotzdem noch unter dem im Westen liegen.

Die AfD oder sonstwas bringt der Union machttechnisch langfristig nur dann was, wenn sie Wähler aus anderen Quellen abziehn kann. Das wird sie aber auf die Dauer nur mit allgemein etwas progressiveren Positionen schaffen. Richtig rechtsextrem würd eventuell auch helfen, aber das ist dann für die Union nicht so interessant.

@Good Entity:

Die Piraten haben sicher eine gewisse Wirkung auf die Meinungsbildung gehabt, aber für einen nachhaltigen Effekt war die Einwirkzeit bisher nicht lang genug. Die Linke (bzw. PDS) vor 2005 würd ich als ziemlich irrelevant einschätzen. Die sind da eigentlich bloß als Auslaufmodell rezipiert worden, das man weitgehend ignorieren kann.
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Marc
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Veröffentlicht am Donnerstag, 07. November 2013 - 20:02 Uhr:   

@Good Entity,

mir sind keine Werte durcheinandergeraten, sondern ich habe die Umfragewerte vor und nach den Wahlen verglichen. Und da ist eine Steigerung von 4% auf 5% für die AfD zu verzeichnen. Bei GMS wird die AfD bei 6% und bei Allensbach bei 5,5% taxiert. Das ist überall eine leichte Steigerung.
Gründe dafür, dass die AfD-Werte jetzt deutlich ansteigen sollten gibt es nicht. Weder wurde in den Koalitionsverhandlungen die Einführung von Eurobonds beschlossen - was die Union auf absehbare Zeit auch nicht tund wird - noch ist es in den letzten Wochen zu einer Verschärfung der Krise gekommen. Alles in allem hat sich die Lage nicht verändert. Auch die Umfragewerte für die übrigen Parteien haben sich kaum geändert - außer für die FDP, die überall außer bei Allensbach unter 5% liegt (4 bzw. sogar nur 3,5%). Bei den Rohdaten der FGW liegt die derzeit sogar nur bei 1%.
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Marc
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Veröffentlicht am Donnerstag, 07. November 2013 - 20:28 Uhr:   

@Ratinger Linke,

welche "progressiven" Positionen könnte bzw. sollte die AfD oder eine andere neue Partei denn besetzen um erfolgreich zu sein?

Gesellschaftspolitisch "progressive" Positionen haben bereits Grüne, SPD, FDP, Piraten und auch die Linkspartei besetzt. Mir scheint es in diesem Spektrum eigentlich kein Mangel an Angeboten zu geben.
Wirklich konservative Positionen besetzt die CDU allerdings immer weniger. In der Familienpolitik hat sie sich Rot-Grünen Positionen in vielen Punkten angepaßt. Insofern besteht da durchaus Potenzial für eine konservative Partei. Denkbar erscheint es mir, dass die AfD das Thema Bürgerbeteiligung aufgreift. In dem Punkt hat die CDU in der Tat Defizite. Dabei kann man auch mit konservativen Positionen Volksentscheide gewinnen. Ich verweise nur auf die Abstimmung in Hamburg zur Schulpolitik. Auch die Niederlage der Gegner von Stuttgart 21 zeigt dies.

Das die AFD eine nicht unerhebliche Zahl von Wählern bei der Linkspartei gewinnen konnte, zeigt im Übrigen, dass die Wählerschaft der Linkspartei gar nicht so "progressiv" ist. Auch in der Wählerschaft der SPD gibt es gesellschaftspolitisch weniger "progressive" Positionen. Und das sie diese abziehen kann zeigte gerade die Bundestagswahl 2013. Zusammen liegen Union und AfD deutlich vor Rot-Rot-Grün.

1983 waren halt 49% ein außergewöhnlich gutes Ergebnis, 2013 waren es 42%, und 2043 werden es 35% sein, wenn sich nichts ändert
Dass die Volatilität der Wähler höher geworden ist, ist prinzipiell schon richtig, aber bisher ist auch das eher zulasten der Union gegangen als zu ihren Gunsten.

In den letzten Jahren ist es eher zulasten der SPD gegangen.
Aber ich stimme ihnen insoweit zu, dass wahrscheinlich in Zukunft die beiden Volksparteien zusammen schwächer sein werden als 2013. Der langfristige Trend hält an. Zwar haben die beiden Großen diesmal fast 10% mehr Stimmenanteil gegenüber 2009, aber zusammen immer noch weniger Prozentpunkte als 2005 - zu Beginn der letzten Großen Koalition.
Die Gesellschaft wird immer fragmentierter und die Fähigkeit der Volksparteien Wähler dauerhaft zu binden schwächer.
Aber auch den kleineren Parteien fällt es schwer Wähler zu binden. Bei der Bundestagswahl 2013 haben sowohl Linke wie Grüne deutliche Stimmenverluste hinnehmen müssen (Linke rund -30%, Grüne -20%). Offensichtlich treffen auch diese beiden Parteien nicht mehr den Nerv der Zeit.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 07. November 2013 - 21:35 Uhr:   

@Marc:
"Gesellschaftspolitisch "progressive" Positionen haben bereits Grüne, SPD, FDP, Piraten und auch die Linkspartei besetzt."

Ja, bloß haben die dann halt in Zukunft ein Abo auf 60%. Wobei alles nichts hilft, wenn das Image nicht stimmt, wo natürlich auch die AfD ein Problem kriegen würde, wenn es nichtmal die Union, die aus meiner Sicht längst nicht mehr so an der Verwesung ist wie vor 20 Jahren, schafft.

Bei Grenzwählern zwischen Linker und AfD ist die Frage, ob die konservativ sind oder nicht eher die AfD insofern progressiv (und das natürlich nach Abzug des reinen Protestpotenzials, dem das ziemlich egal ist). Bisher ist die AfD ja in der Beziehung kaum eingegrenzt.
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Marc
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Veröffentlicht am Donnerstag, 07. November 2013 - 21:51 Uhr:   

@Good Entity,

zum issue-voting:


, sondern um Wähler, die spontan entgegen ihrer üblichen Präferenz etwas anderes wählen (on issue). Aha, ganz klar Fukushima, also Grüne, oder von mir aus auch Eurokrise also AfD. Es scheint mir allerdings ziemlich ausgeschlossen, dass bei der letzten Bundestagswahl irgendein Wähler aus einem solchen Grund die FDP gewählt haben könnte.

Nun, nicht wegen eines konkreten Themas, aber schon aus Protest gegen die zunehmende Sozialdemokratisierung der Union und übermäßige staatliche Eingriffe in den Wirtschaftskreislauf durch die Große Koalition. Das waren durchaus Themen bzw. Themenstellungen, die zur Abwanderung von Wählern von der Union zur FDP führten (etwa Thema Opel, u.a.). Das war ein nicht unerheblicher Grund für den FDP-Zuwachs 2009 - neben Flugsand der von der SPD kam.
Diese Wähler hätte die FDP mit einer soliden Regierungspolitik u.U. dauerhaft halten können. Aber mit ihrer Performance in der Regierung hat sie ja selbst Teile ihrer eigenen engen Anhänger vergrault - und damit erst recht diese Wählergruppe, die dann in Scharen zur Union zurückkehrte - und mit ihr auch weitere Wähler, die die FDP bereits 2005 hatte gewinnen können. Der Exodus war gewaltig. Über die Häfte der Wähler, die 2009 die FDP wählten sind zur Union gewandert. Warum sollten diese das nächste Mal FDP wählen? Der Vertrauensverlust, den die FDP eingefahren hat, sitzt ziemlich tief. Ähnlich wie die SPD heute im 20% Turm gefangen sitzt, wird auch die FDP für viele Jahre im Bereich 3-5% bundesweit verharren. Sie wird schon günstige Winde brauchen, die ihr genug Wechselwähler bringen, um 2017 wieder die 5%-Hürde zu knacken.
Eine weitere Debatte über die Zukunftsausichten der FDP bitte ich aber im Thread "Das Ende der FDP?" zu führen.

Hier soll es ja um die AfD gehen. Und die hat schon ein Thema gesetzt, wegem dem sie gewählt wurde. Ein Unbehagen in der Mitte der Bevölkerung wegen der drohenden Haftung für die Schulden der südeuropäischen Staaten. Und das ist - bedauerlicherweise - eine Themenstellung die uns noch lange begleiten wird. Auf die ein oder andere Weise werden wir uns damit auseinderzusetzen haben. Im günstigsten Fall - für die etablierten Parteien - wird die Schuldenkrise durch Weginflationieren gelöst (im Ergebnis zulasten der Sparer - die EZB könnte trotz steigender Inflation einfach die Zinssätze niedrig halten). Im Fall von Griechenland wird man aber wohl um einen weitere Umschuldung nicht herumkommen. Eine politisch geschickte Variante wäre die Schulden einfach in langfristige Anleihen (z.b. 50 Jahre) zu lächerlich niedrigen Zinssätzen umzuwandeln. Faktisch wäre das ein verschleierter Schuldenschnitt auf Raten, da durch die Inflation faktisch Null oder sogar negative Zinsen anfallen. Politisch wäre das nicht unklug. Allerdings kommt diese Variante nur in Betracht, falls Griechenland sich wirtschaftlich wieder stabilisiert, die griechische Politik tatsächlich beschlossene Reformen auch umsetzt und insgesamt die Staatsbürokratie massiv verschlankt. Es muss also alles so gut wie möglich laufen, auch und gerade die wirtschaftliche Entwicklung, die in Griechenland nach wie vor rückläufig ist.
Wahrscheinlich wird man über einen dritten Schuldenschnitt nicht herumkommen - und damit erstmal reale Verluste für den deutschen Bundeshaushalt hinnehmen müssen. Das wird natürlich zu einem innenpolitischen Thema in Deutschland werden und der AfD wieder Auftrieb geben.
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Marc
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Veröffentlicht am Freitag, 08. November 2013 - 13:29 Uhr:   

@Good Entity,

gestern habe ich noch davon gesprochen, dass die EZB wohl mit künstlich niedrig gehaltenen Zinsen die Staatsverschuldung weginflationieren dürfte - heute kommt dann auch schon die Bestätigung dieses Kurses.
Die EZB hat den Leitzins auf 0,25% gesenkt und weitere Zinssenkungen in Aussicht gestellt. Ferner hat sie verkündet, dass die Niedrigzinsperiode auf lange Zeit bestehen bleibe.
Die EZB folgt damit den "Vorgaben" der FED, die ja ebenfalls kürzlich verkündet hat die Niedrigzinsphase fortzusetzen und sogar ihr Anleihekaufprogramm unbeschränkt weiterführt.

Wir erleben sowohl in Amerika wie Europa durch die Zentralbanken die weitere Flutung der Märkte mit Liquidität, was letztlich zu höherer Inflation führen dürfte. Und natürlich zu spekulativen Blasen. So droht diese Entwicklung etwa auf dem deutschen Immobilienmarkt.

Der einheitliche Leitzins für die Eurozone ist problematisch.
Während es in Südeuropa in der Tat deflationäre Tendenzen gibt, ist in Deutschland die Inflationsrate stabil (im Oktober 1,2% nach 1,4% im Vormonat, was aber allein auf den Rückgang der Mineralölpreise zurückzuführen ist). Bezogen auf Deutschland gab und gibt es keinen Grund für Zinssenkungen. Vielmehr wäre zu erwägen, wann man vorsichtige Zinserhöhungen durchführt.
So wird aber nun die Niedrigzinsphase unbeschränkt fotgeführt. Die Sparer, die bereits jetzt faktisch ein negative Verzinsung erfahren, werden dies in noch verschärfter Form erleben. Im Ergebnis findet eine Umverteilung statt - zulasten der Sparer und zungunsten der Kreditnehmer.
Und letztlich dürfte dies zu einer langsamen Weginflationierung der Staatsschulden führen.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 08. November 2013 - 13:56 Uhr:   

@Ratinger Linke,

vor 20 Jahren - oder genauer vor 19 Jahren - hatte die Union ein fast identisches Ergebnis bei der Bundestagswahl erzielt. In so schlechter Verfassung war sie also auch damals nicht.
Der Begriff progressiv ist im übrigen sehr schwammig.
Große Teile der Bevölkerung haben strukturkonservative und sozialkonservative Positionen - die gerichtet sind auf der Bewahrung des Status quo und die Sicherung bestehender Besitzstände. Die vorsichtigen Sozialreformen am Ende der Kohl-Ära - die ich inhaltlich für richtig halte - haben Teile der Bevölkerung durchaus verunsichert, denen dann die Schröder-SPD, die auch sehr "mittig" auftrat, als Bewahrerin sozialer Sicherheit vertrauenswürdiger erschien. Die heutige CDU steht aber nicht mehr für eine Reform des Sozialstaats - für eine Beschränkung der Konstensteigerungen in der Sozialpolitik - sondern - seit von der Leyern - wieder für einen Ausbau des Sozialstaats.
Und bei gesellschaftspolitischen Fragen sehe ich außer beim Thema Homo-Ehe und doppelte Staatsbürgerschaft keine sonderlich konservative Positionierung der Union. Und ich bezweifle, dass diese Fragen für viele Wähler wahlentscheidend sind. Abgesehen davon, dass diese Fragen gesellschaftlich hoch umstritten sind und erhebliche Teile der Bevölkerung diese Dinge ablehnen.

Generell sehe ich konservative Positionen in der Parteienlandschaft eher unterrepräsentiert. So gibt es keine Partei, die etwa explizit gegen eine zunehmende Machtverlagerung nach Brüssel und gegen die Vereinigten Staaten von Europa plädiert, obwohl laut allen Umfragen eine Mehrheit der Bevölkerung gegen einen weiteren Machttransfer nach Brüssel ist.
Genau dazu wird es aber wohl in den nächsten Jahren kommen - insbesondere bei Fragen der Haushaltspolitik. Im Ergebnis erleben wir durch diese schleichende Kompetenzverlagerung eine schleichende Entdemokratisierung.
Das wird sicher zum Thema der nächsten Jahrzehnte werden, und das könnte eine neue Partei - wie die AfD - aufgreifen. Nur eben mit einem anderen Lösungsansatz als den von Grünen und Linken: nämlich mit einer Begrenzung der EU-Kompetenzen - anstelle der Umwandlung der EU in einem europäischen Superstaat, nach dem Modell eines förderalen, demokratischen Nationalstaats.

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