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Archiv bis 04. November 2013

Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Alternative für Deutschland » Archiv bis 04. November 2013 « Zurück Weiter »

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Ralf Arnemann
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Veröffentlicht am Dienstag, 29. Oktober 2013 - 17:48 Uhr:   

Doppelpost gelöscht

(Beitrag nachträglich am 29., Oktober. 2013 von rar editiert)
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Ralf Arnemann
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Veröffentlicht am Dienstag, 29. Oktober 2013 - 18:06 Uhr:   

Doppelpost gelöscht

(Beitrag nachträglich am 29., Oktober. 2013 von rar editiert)
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 29. Oktober 2013 - 18:10 Uhr:   

Doppelpost gelöscht

(Beitrag nachträglich am 29., Oktober. 2013 von rar editiert)
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nevermore
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 29. Oktober 2013 - 18:30 Uhr:   

Herr Arnemann,
jetzt verstehe ich Sie nicht mehr. Zwei Beiträge weiter oben bezeichneten Sie die Aussage, es sei nicht primär eine Staatsschuldenkrise, sondern eine Zahlungsbilanzkrise, als "abenteuerlich". In diesem neuen Beitrag nun finde ich Ihre Argumentation ziemlich widersprüchlich. Einerseits sagen Sie, es gäbe keinen Ökonomen-Konsens, weiter hinten im Beitrag ist die Frage dann gar nicht mehr so wichtig und schließlich schreiben Sie sogar, es habe nie jemand behauptet, es handle sich um eine reine Staatschuldenkrise. Natürlich hat das jemand behauptet, nämlich die Bundesregierung. Nicht zuletzt die Bundesregierung war lange Zeit völlig auf die Staatsverschuldung fixiert, und vertritt das auch jetzt noch in der Öffentlichkeit.

Dass es keinen einzigen Ökonomen gibt, der in der Krise eine Staatschuldenkrise sieht, habe ich nirgendwo geschrieben. Dennis Snower ist beispielsweise einer von denen (zumindest war er es bis zu dem FAZ-Streitgespräch mit Herrn Lucke, in dem er dann zugab, dass die Analyse Luckes richtig ist). Ich sagte, die überwiegende Mehrheit sieht die Krise primär als Zahlungsbilanzkrise und nicht als Banken- oder Staatschuldenkrise, und es bestehe darüber weitgehende Einigkeit. Zumindest ist das heute so, vor zwei Jahren mag das noch anders gewesen sein. Das heißt nicht, dass es keine anderen Meinungen gibt, sondern dass sie in der Minderheit sind. Nennen Sie mir doch ein paar unabhängige Wissenschaftler, die heute noch die Auffassung vertreten, dass es in erster Linie eine Staatschuldenkrise ist.

Was nun diese verschiedenen Krisen angeht. Es sind eben nicht verschiedene Krisen, wenn mit verschieden gemeint ist, dass die Krisen voneinander unabhängig sind. Die Krise wurde in Griechenland durch die Staatsverschuldung und in Spanien und Irland durch die Bankenkrise ausgelöst. Ausgelöst in dem Sinn, dass die unterliegenden Probleme manifest geworden sind. Sie schreiben, die Länder hätten eben so wirtschaften müssen, wie die Nicht-Krisenländer (ob die Schuldverteilung tatsächlich so einseitig ist, darüber wird auch trefflich gestritten), aber Sie gehen nicht darauf ein, warum die Länder so gewirtschaftet haben, wie sie es nunmal haben. Dass sie so gewirtschaftet haben, ist nicht auf irgendwelche moralischen Schlechtigkeiten zurückzuführen (wenn man mal von der Korruptionsproblematik absieht), sondern diese Länder bzw. die dortigen Akteure haben sich anreizkompatibel verhalten. Die falschen Anreize sind direkt auf die Einführung des Euro zurückzuführen, wegen der in Südeuropa die Zinsen auf deutsches Niveau gesunken sind. Hierdurch wurde in Spanien der Bauboom und in Griechenland die exzessive Staatsverschuldung herbeigeführt. Bei asynchronen Konjunkturzyklen führt eine durch die Währungsunion erzwungene einheitliche Geldpolitik zu einer monetären Fehlsteuerung, die in den Boomländern die Preis- und Lohnentwicklung noch anheizt und in Ländern in der Rezession diese noch verfestigt und verschärft. Für ausführliche Erläuterungen der Mechanismen und die zugehörigen Zahlen und Charts verweise ich Sie auf die von mir verlinkte Literatur, insbesondere die Artikel von Herrn Elbers und den ersten von Herrn Scharpf. Diesen Publikationen ist auch zu entnehmen, wie die Staatsverschuldung vor der Finanzkrise 2007-8 aussah. Im Fall Spaniens z.B. kann keine Rede davon sein, dass die Staatsverschuldung ein Problem gewesen ist. Die Staatsverschuldung ist erst mit dem Platzen der Immobilienblase und der damit verbundenen Bankenrettungen nebst Rezession explodiert. Sowohl für die Immobilienblase als auch für die Schärfe der Rezession ist maßgeblich die monetäre Fehlsteuerung durch die einheitliche Geldpolitik verantwortlich. Es ist wenig sinnvoll, wenn ich dies alles hier reproduziere, zumal ich die zugehörigen Graphiken nicht hinzufügen kann.

Natürlich lag auf der Lohnhöhe nicht der Hauptfocus der Troika, die Lohnhöhe zu beeinflussen ist auch schwierig in einer Gesellschaft mit Tarifautonomie. Zudem ist es klar, dass man sich, wenn der Staatsbankrott unmittebar bevorsteht, sich erst einmal auf die Sanierung des Haushalts konzentriert. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass dieses Problem die Wurzel des Übels ist, oder dass dem IMF nicht klar ist, dass die Krise ohne interne oder externe Abwertung nicht lösbar ist. Das wäre, als würde man argumentieren, dass Fieber die eigentliche Ursache einer Erkrankung ist, und wenn man nur das Fieber wegbekäme, wäre auch die Krankheit weg.

Wenn Sie aber nunmehr anerkennen, dass die Lohnkostenproblematik und die Wettbewerbsprobleme zentral sind, dann sind wir doch gar nicht so weit auseinander. Wo ist denn dann meine Aussage "abenteuerlich"? Dann müssten Sie aber doch auch konstatieren, dass ohne entweder interne oder externe Abwertung die Krise nicht lösbar ist. Dann bleibt nur die Frage, ob eine interne Abwertung in der erforderlichen Größenordnung machbar sowie politisch und sozial durchsetzbar ist. Das ist, wie ich bereits vorher schon geschrieben habe, der eigentlich strittige Punkt - wenn sie nicht durchsetzbar ist, dann ist die einzig verbleibende Möglichkeit, die Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen, die externe Abwertung. Denn den Kapitalstock in kurzer Zeit soweit zu erhöhen, dass die Produktivität im erforderlichen Maße steigt, ist finanziell vollkommen illusionär.

Es hat nirgendwo jemand behauptet, mit einer Abwertung alleine seien alle Probleme gelöst. Es gibt keine einfachen oder kostengünstigen Lösungen aus der Krise. Die AfD und andere Ökonomen plädieren nicht für eine Abwertung, weil sie glauben, dass damit morgen alles in Butter ist, sondern weil sie glauben, dass eine interne Abwertung im erforderlichen Maß nicht realisierbar ist. Die AfD und andere Ökonomen haben auch immer die Auffassung vertreten, dass es ohne einen Schuldenschnitt nicht geht.

(Beitrag nachträglich am 29., Oktober. 2013 von nevermore editiert)
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nevermore
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 29. Oktober 2013 - 18:57 Uhr:   

Herr Frings,
was den Punkt Anmaßung und mangelnde Sachlichkeit - von Freundlichkeit will ich gar nicht reden - angeht, sollten Sie sich mal an die eigene Nase fassen. Nicht nur hier und nicht nur mir gegenüber ist mir wiederholt unangenehm aufgefallen, dass Sie völlig unprovoziert andere Teilnehmer mit abfälligen und überheblichen Äußerungen versuchen zu erniedrigen. Vielleicht merken Sie das nicht einmal selbst, aber "sachlich" und "unanmaßend" ist das nicht. Verglichen mit der Art und Weise, wie Sie austeilen, reagieren Sie ziemlich empfindlich, wenn es ans Einstecken geht.

Dass Sie die Frage nach Ihren Erkenntnissen, die mir entgangen sind, unkommentiert lassen, verwundert mich nicht und genügt als Antwort völlig.

Nun zu diesem Teil.

Sie setzen hier indirekt Leistungs- und Handelsbilanz gleich und das ist natürlich falsch. Ein Land kann z. B. ein dauerhaftes Handelsbilanzdefizit und zugleich eine ausgeglichene Leistungsbilanz haben.
Stören Sie sich jetzt an dem Wort "Außenhandelsdimension"? Vielleicht hätte ich an dieser Stelle tatsächlich besser "Außenwirtschaftsdimension" schreiben sollen. Ich habe nicht ausschließlich und auch nicht in erster Linie Griechenland im Blick gehabt, wo die Dienstleistungsbilanz eine beträchtliche Rolle spielt, sondern die anderen Krisenländer, wo die Handelsbilanz der bedeutsamere Teil ist. Letztlich sind das Spitzfindigkeiten, denn aus dem Ruder laufende Lohnstückkosten helfen beiden Bilanzen nicht.

Und wie schon gesagt: die griechische Industrie war immer schwach und das hohe Außenhandelsdefizit ist nicht erst durch den Euro entstanden. Auch Spanien und Portugal hatten schon vor dem Euro dauerhaft eine deutlich negative Handelsbilanz, während Italien noch vergangenes Jahr eine positive Handelsbilanz hatte.
Gehen Sie bitte mal auf die Webseite des IMF und rufen Sie dort die Leistungsbilanzdaten der Jahre 1990 bis 2012 für die Euroländer ab. Sowohl in Griechenland als auch in Spanien und Italien und Portugal sind die Leistungsbilanzen seit der Einführung fast durchgängig defizitär und die Defizite sind immer weiter in teils exorbitantem Maße angestiegen. Auch in Italien war die Leistungsbilanz auch 2012 noch defizitär. Das ist eine direkte Folge des immer stärkeren Auseinanderlaufens der Lohnstückkosten, das durch die monetäre Fehlsteuerung aufgrund der einheitlichen Geldpolitik befeuert worden ist. Dass die Defizite 2011-12 etwas zurückgingen, ist dem rezessionsbedingten Rückgang der Importe geschuldet. Für die zugehörigen Charts, auch zu den Lohnstückkosten, verweise ich wieder auf die in meinem Beitrag an Herrn Arnemann von gestern Abend verlinkten Artikel, insb. die von Herrn Elbers und Herrn Scharpf.

Es gibt keine Gesetzmäßigkeit, dass eine eigene Währung mit flexiblem Wechselkurs dazu führen würde, dass sich Handelsbilanzsalden langfristig ausgleichen. Das lässt sich nicht einmal hinsichtlich der Leistungsbilanzsalden feststellen, da sind USA ein gutes Beispiel.
Natürlich gibt es diese Gesetzmäßigkeit nicht. Es wird auch nicht behauptet, dass durch die Abwertung alleine alle Probleme gelöst sind, sondern nur, dass eine interne oder externe Abwertung unumgänglich ist, um überhaupt die Voraussetzungen für eine Krisenbewältigung zu schaffen, und die externe Abwertung die verträglichere Lösung ist.

(Beitrag nachträglich am 29., Oktober. 2013 von nevermore editiert)
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 29. Oktober 2013 - 21:53 Uhr:   

@Nevermore

Zu den persönlichen Anwürfen: Gelächter!


"Sowohl in Griechenland als auch in Spanien und Italien und Portugal sind die Leistungsbilanzen seit der Einführung fast durchgängig defizitär und die Defizite sind immer weiter in teils exorbitantem Maße angestiegen. Auch in Italien war die Leistungsbilanz auch 2012 noch defizitär."
Das ist zwar richtig (wenn auch das "immer weiter…angestiegen" nicht so ganz), war aber u. a. auch in den USA, GB, Polen und der Türkei der Fall, alles Nicht-Euro-Länder. Weder ist der Euro die Ursache der Probleme besagter Euroländer, wenn auch der Euro sicher den Reformdruck verschärft, noch taugt ein monokausaler Erklärungsansatz, schon gar nicht bei doch recht verschiedenen Ländern.


"dass eine interne oder externe Abwertung unumgänglich ist, um überhaupt die Voraussetzungen für eine Krisenbewältigung zu schaffen, und die externe Abwertung die verträglichere Lösung ist."
Eine Währung nur einzuführen, um sie zu entwerten, also die Besitzer dieser Währung teilweise zu enteignen, ist von Grund auf sozialistisch. Die Bürger wissen sich durch eine Parallelwährungen zu wehren. Im Sozialismus aufgewachsene Menschen kennen das. Der Euro bliebe inoffiziell selbstverständlich als Währung erhalten. Wer nur die Neo-Drachmen besäße, wäre arm dran. Außerdem ist das völlig unrealistisch, weil kein Land den Euro freiwillig verlassen wird. Aus deutscher Sicht kann es dagegen auf lange Sicht durchaus eine Überlegung wert sein, die sozialistisch-bürokratisch durchseuchte EU zu sprengen (ein Austritt Deutschlands wäre das Ende der EU insgesamt) und durch etwas ganz Neues zu ersetzten und dabei nebenbei einige parasitäre Mitglieder loszuwerden. Das wäre natürlich ein ganz großes Projekt, das weit über das Währungsthema hinausginge.
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nevermore
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 29. Oktober 2013 - 23:05 Uhr:   

Herr Frings,

> Zu den persönlichen Anwürfen: Gelächter!

Es überrascht mich auch nicht, dass Sie zu einer kritischen Selbstreflexion nicht willens oder nicht fähig sind.

> Das ist zwar richtig (wenn auch das "immer weiter…angestiegen" nicht so ganz)

Natürlich sind sie im Trend immer weiter angestiegen. Das ist für jeden in der Datenbank nachprüfbar (die Sie anscheinend nicht konsultiert haben).

> war aber u. a. auch in den USA, GB, Polen und der Türkei der Fall, alles Nicht-Euro-Länder. Weder ist der Euro die Ursache der Probleme besagter Euroländer, wenn auch der Euro sicher den Reformdruck verschärft, noch taugt ein monokausaler Erklärungsansatz, schon gar nicht bei doch recht verschiedenen Ländern.

Selbstverständlich ist dieser Strukturbruch ab dem Zeitpunkt der Euro-Einführung in den von Ihnen genannten Ländern so NICHT aufzufinden. Und selbstverständlich hat die einheitliche Geldpolitik die Probleme verursacht und verschärft, aus den nunmehr hinlänglich erläuterten Gründen. Das ist Basic Macroeconomics, kennt jeder Student im vierten Semester.

> Eine Währung nur einzuführen, um sie zu entwerten, also die Besitzer dieser Währung teilweise zu enteignen, ist von Grund auf sozialistisch.

Von Grund auf sozialistisch war die Entscheidung, diese Währung überhaupt erst einzuführen.

> Die Bürger wissen sich durch eine Parallelwährungen zu wehren. Im Sozialismus aufgewachsene Menschen kennen das. Der Euro bliebe inoffiziell selbstverständlich als Währung erhalten. Wer nur die Neo-Drachmen besäße, wäre arm dran. Außerdem ist das völlig unrealistisch, weil kein Land den Euro freiwillig verlassen wird.

So ganz informiert sind Sie über die von der AfD vorgeschlagenen Ausstiegszenarien doch nicht. Der beinhaltet nämlich explizit einen Übergang über Parallelwährungen und auch die Frage "freiwilliger Austritt" wurde schon ausführlich thematisiert.

> Aus deutscher Sicht kann es dagegen auf lange Sicht durchaus eine Überlegung wert sein, die sozialistisch-bürokratisch durchseuchte EU zu sprengen (ein Austritt Deutschlands wäre das Ende der EU insgesamt) und durch etwas ganz Neues zu ersetzten und dabei nebenbei einige parasitäre Mitglieder loszuwerden. Das wäre natürlich ein ganz großes Projekt, das weit über das Währungsthema hinausginge.

Ja, das ist aber nicht Ziel der AfD. Aber auch für solche Pläne gibt es Parteien, die das vertreten. Sie finden diese Parteien - da kennen Sie sich besser aus als ich, denke ich - etwas weiter rechts außen, im Spektrum der Pro-Gruppen, Republikanern, "die Rechte", und wie sie alle heißen, und natürlich der NPD. Freilich krebsen die in Deutschland bei 0,x Prozent herum, weil kein vernünftiger Mensch das befürwortet. Weswegen man ja versucht, sich bei der AfD ins gemachte Nest zu setzen, was freilich nicht gelingen wird.
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Björn
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 30. Oktober 2013 - 11:37 Uhr:   

"Von Grund auf sozialistisch war die Entscheidung, diese Währung überhaupt erst einzuführen."

Darf ich nachfragen, wie genau Sie das begründen und worin das Sozialistische konkret besteht, nur damit ich konkret diesen Satz nachvollziehen kann.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 30. Oktober 2013 - 18:43 Uhr:   

"> Das ist zwar richtig (wenn auch das "immer weiter…angestiegen" nicht so ganz)

Natürlich sind sie im Trend immer weiter angestiegen. Das ist für jeden in der Datenbank nachprüfbar (die Sie anscheinend nicht konsultiert haben)."
SIE haben sich offensichtlich keine Zahlen angesehen. Wenn doch, dann lügen Sie hier.


"Selbstverständlich ist dieser Strukturbruch ab dem Zeitpunkt der Euro-Einführung in den von Ihnen genannten Ländern so NICHT aufzufinden."
Das ist zumindest für die Türkei eindeutig falsch und in allen vier genannten Euroländern gab es eine negative Trendwende in der Leistungsbilanz schon vor der Euro-Einführung.


"Und selbstverständlich hat die einheitliche Geldpolitik die Probleme verursacht und verschärft, aus den nunmehr hinlänglich erläuterten Gründen."
Die Wettbewerbsprobleme der Krisenländer verursacht eindeutig nicht, allenfalls ein wenig verschärft. Es gibt allerdings andere Probleme, wo tatsächlich der Euro bzw. seine angebliche Rettung ein Übel ist.


"Von Grund auf sozialistisch war die Entscheidung, diese Währung überhaupt erst einzuführen."
Da wurde eine staatliche Papiergeldwährung durch eine andere ersetzt. Die kann man aber natürlich als sozialistische Umverteilungsmaschinerie sehen und das wird sie erst recht, wenn eine Währung nur mit dem Zweck eingeführt wird, sie gleich masiv zu entwerten.


"Ja, das ist aber nicht Ziel der AfD. Aber auch für solche Pläne gibt es Parteien, die das vertreten. Sie finden diese Parteien - da kennen Sie sich besser aus als ich, denke ich - etwas weiter rechts außen, im Spektrum der Pro-Gruppen, Republikanern, "die Rechte", und wie sie alle heißen, und natürlich der NPD. Freilich krebsen die in Deutschland bei 0,x Prozent herum, weil kein vernünftiger Mensch das befürwortet. Weswegen man ja versucht, sich bei der AfD ins gemachte Nest zu setzen, was freilich nicht gelingen wird."
Die EU zu verlassen ist derzeit die einzig legale Möglichkeit, den Euro zu verlassen. Und nur wer keine Argumente hat, stellt mich in die rechtsextreme Ecke.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 31. Oktober 2013 - 18:21 Uhr:   

@nevermore:
> ... jetzt verstehe ich Sie nicht mehr.
Das war wohl mein Fehler - sehr übersichtlich strukturiert waren meine Ausführungen wohl nicht. Ich versuche es mal anders. Und zwar möchte ich zwischen Problem und Krise differenzieren.

Griechenland hat im wesentlichen zwei Probleme:
Einerseits die Staatsverschuldung und andererseits seine schlechte Wettbewerbsfähigkeit.
Beide Probleme sind nicht neu, die gab es auch vor der Euroeinführung. Mit der Euroeinführung haben sich gewisse Rahmenbedingungen geändert und dadurch haben sich beide Probleme verschärft: Wegen der niedrigen Zinsen hat die griechische Regierung die Neuverschuldung massiv hochgefahren und wegen des fehlenden Auswegs "Abwertung" haben die überzogenen Lohnerhöhungen der Wettbewerbsfähigkeit stärker geschadet als früher.
Es beiden Probleme beeinflussen sich gegenseitig (insbesondere würde mehr Wachstum die Staatseinnahmen erhöhen und damit die Schuldenlast erträglicher machen), aber es sind im wesentlichen zwei getrennte Probleme.

Das alles ist m. E. unstrittiger Konsens, nicht nur unter Ökonomen.

Die Krise dagegen wurde durch den drohenden Staatsbankrott im April 2010 ausgelöst, es ist eine Staatsschuldenkrise, die Gegenmaßnahmen betrafen in erster Linie auch die Schulden (Kreditzusagen durch die EU) und die Zahlungsfähigkeit des Staates (Sparauflagen).
Dies festzustellen heißt in keiner Weise abzuleugnen, daß die Wettbewerbs- bzw. Zahlungsbilanz-Schwierigkeiten nicht bestünden oder unwichtig wären. Man kann auch der Meinung sein, diese Probleme wären größer als die mit den Staatsschulden - aber sie haben eben nicht direkt die Krise ausgelöst.

Ich glaube auch, daß die Ökonomen bei dieser Analyse nicht wirklich auseinander sind. Und wenn die Bundesregierung tatsächlich in ihrer öffentlichen Kommentierung die Schulden in den Vordergrund rückt, so hat sie doch m.W. die anderen Probleme nie geleugnet.
So viel Dissens ist da also gar nicht.

Der kommt erst, wenn Beziehungen hergestellt werden. Z. B. mit der Behauptung, der Euro hätte die beiden Probleme verursacht.
Das ist für mich falsch. Der Euro hat die Regeln verändert. Das war aber bekannt und war (zumindestens formal) von allen akzeptiert worden.
Daß die Griechen ihr Verhalten nicht entsprechend angepaßt haben, ist aber nicht die Schuld des Euro.

Deren falsches Verhalten in Bezug auf die neuen Spielregeln hat die Probleme verschärft und zur Krise geführt.
Die Frage ist nun, ob man jetzt die Regeln ändert oder das Verhalten.

> Sie gehen nicht darauf ein,
> warum die Länder so gewirtschaftet
> haben, wie sie es nunmal haben.
Dafür gibt es viele Gründe. Die ich auch nicht unbedingt moralisch bewerten will - es bleibt aber der Fakt, daß dieses Verhalten die Probleme verursacht hat.
Und da lasse ich "Fehlanreize" nicht unbedingt gelten. Denn niedrige Zinsen sind keine Entschuldigung für Überschuldung.
Das wäre ja wie: "Mein Wirt ist schuld, daß ich Alkoholiker geworden bin - der hat die Getränkepreise gesenkt."

> die Lohnhöhe zu beeinflussen ist
> auch schwierig in einer Gesellschaft
> mit Tarifautonomie.
Jein. Gerade auch in einer Gesellschaft mit Tarifautonomie läßt sich die Lohnhöhe verändern. Aber eben nicht staatlich, sondern nur durch die Tarifparteien.
Eine Gesellschaft besteht eben nicht nur aus der Regierung, sondern da tragen noch viele andere Verantwortung - und sind ihr nicht gerecht geworden.

> Dann müssten Sie aber doch
> auch konstatieren, dass ohne
> entweder interne oder externe
> Abwertung die Krise nicht lösbar ist.
Bei der Wettbewerbsproblematik bin ich völlig bei Ihnen. Aber die Staatsschuldenproblematik löst man mit Abwertung überhaupt nicht, kann sie damit sogar verschärfen. Deswegen bin ich schon dafür, die beiden Aspekte trotz Abhängigkeiten getrennt zu analysieren.

Wer nur (wie vielleicht die Bundesregierung) auf die Schulden schaut, aber die Wettbewerbsfähigkeit ignoriert, wird keine langfristig tragbare Lösung schaffen.
Wer aber umgekehrt (wie die AfD) nur die Abwertung und die Währungsfrage sieht, der scheitert auch - weil die Schuldenfrage offen bleibt.

> wenn sie (die innere Abwertung)
> nicht durchsetzbar ist, ...
Dieses "wenn" muß aber erst einmal ausdiskutiert werden. Bloß weil die übliche Gewerkschaft nicht gerne Lohnsenkungen zustimmt, ist das dennoch keine unmögliche Lösung in Krisenzeiten.

Interne und externe Abwertung haben sehr unterschiedliche Vor- und Nachteile, und es ist nicht gesagt, daß nur eine Variante machbar und empfehlenswert ist.

> Die AfD und andere Ökonomen
> haben auch immer die Auffassung
> vertreten, dass es ohne einen
> Schuldenschnitt nicht geht.
Es gab solche Äußerungen, aber von "immer" kann man nicht sprechen. Sondern da wurde im Wahlkampf-Populismus ganz schön rumgeeiert, weil Schuldenschnitt natürlich erhebliche Einbußen für Deutschland bedeuten würde.
Und das ging auch bei anderen Punkten so - es gab fast hysterische Empörung der AfDler nach der Zypernkrise wegen Maßnahmen wie Einfrieren der Konten und Teilstreichung von Guthaben.
Obwohl das natürlich genau die Maßnahmen sind, die auch bei jeder Nordeuro- oder Südeuro-Währungsumstellung unvermeidlich wären.

Die AfD hat immer versucht zu suggerieren, es gäbe eine Lösung, die weder die Deutschen noch die Griechen belastet. Und das ist natürlich völlig unmöglich.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 01. November 2013 - 10:53 Uhr:   

@Ralf Arnemann

"Das wäre ja wie: "Mein Wirt ist schuld, daß ich Alkoholiker geworden bin - der hat die Getränkepreise gesenkt.""
Das ist richtig. Allerdings ist die EU-Politik, dem Alkoholiker Griechenland dadurch zu "helfen", dass man ihm Alkohol zu Vorzugskonditionen bereitstellt, hirnrissig und zum Scheitern verurteilt. Die AfD ist derzeit die einzige nennenswerte Partei, die das kritisiert. Und besonders lockere Geldpolitik führt natürlich zu Fehlanreizen auch außerhalb der Krisenländer. In den USA war das eine Ursache der Immobilienblase und die kann jetzt durchaus auch in Deutschland entstehen, wenn auch Fehlverhalten der Notenbank Immoblienkäufer und ihre Kreditgeber nicht ihrer Verantwortung enthebt.


"Die AfD hat immer versucht zu suggerieren, es gäbe eine Lösung, die weder die Deutschen noch die Griechen belastet. Und das ist natürlich völlig unmöglich."
Das kann ich nicht erkennen. Es waren doch Merkel und die etablierten Parteien, die suggerieren, alles sei nicht so schlimm.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 01. November 2013 - 11:03 Uhr:   

@Thomas Frings:
> Allerdings ist die EU-Politik,
> dem Alkoholiker Griechenland
> dadurch zu "helfen", dass man ihm
> Alkohol zu Vorzugskonditionen bereitstellt,
> hirnrissig und zum Scheitern verurteilt.
Ganz so ist es ja nicht - es gibt ja gleichzeitig Auflagen. Es ist sozusagen die Wahl zwischen langsamer Entwöhnung oder kaltem Entzug.
Und obwohl ich das Troika-Vorgehen weitgehend wegen seiner Ineffizienz und der hohen Kosten ablehne - das "zum Scheitern verurteilt" ist wohl übertrieben, Griechenland hat durchaus substanzielle Fortschritte gemacht.

> Die AfD ist derzeit die
> einzige nennenswerte Partei,
> die das kritisiert.
Ablehnen ist immer leicht.
Aber funktionsfähige Lösungen aufzeigen ist schwer. Und da hat die AfD bisher völlig versagt - trotz des angeblich so geballten ökonomischen Sachverstands und dem Anspruch, eine "Alternative" zu sein.

Es ist ja leicht, die Fehlentwicklungen der Vergangenheit zu kritisieren. Aber die sind nun mal passiert, alle Entscheidungen heute müssen die Altlasten berücksichtigen.

> Es waren doch Merkel und die
> etablierten Parteien, die suggerieren,
> alles sei nicht so schlimm.
"Nicht so schlimm" haben sie nie gesagt, im Gegenteil ja immer die große drohende Katastrophe beschworen, falls es zum Bankrott käme.
Aber sie haben behauptet, sie hätte alles im Griff und gelöst - das war nun deutlich falsch.

Aber auch diese Fehler incl. ESM-Etablierung sind halt inzwischen Fakt und man muß damit umgehen.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Samstag, 02. November 2013 - 13:20 Uhr:   

"Ganz so ist es ja nicht - es gibt ja gleichzeitig Auflagen. Es ist sozusagen die Wahl zwischen langsamer Entwöhnung oder kaltem Entzug.
Und obwohl ich das Troika-Vorgehen weitgehend wegen seiner Ineffizienz und der hohen Kosten ablehne - das "zum Scheitern verurteilt" ist wohl übertrieben, Griechenland hat durchaus substanzielle Fortschritte gemacht."
Und was macht man, wenn die Auflagen nicht eingehalten werden? Man kann das Geld abdrehen, aber genau das soll ja um jeden Preis verhindert werden. Letztlich gibt es also gar kein Druckmittel und man wird die Realität immer so zurechtbiegen, dass die Griechen die nächste Tranche kriegen. Die Griechenlandhilfe ist nicht nur ineffizient, sondern kontraproduktiv. Ohne sie hätte sich in Griechenland weit mehr bewegen müssen.


"Aber funktionsfähige Lösungen aufzeigen ist schwer. Und da hat die AfD bisher völlig versagt - trotz des angeblich so geballten ökonomischen Sachverstands und dem Anspruch, eine "Alternative" zu sein."
Die AfD hat im Gegensatz zur FDP bisher nicht versagt, sie hatte gar keine Gelegenheit dazu. Patentlösungen gibt es nicht, auch die AfD hat nicht den Stein der Weisen. Aber der Anspruch, um eine Alternative zu sein, ist gar nicht hoch. Wer auch nur konsequent den Euro-Rettungsunsinn von Merkel ablehnt (da wird ja noch mehr kommen), den SPD, FDP und Grüne brav abgenickt haben bisher, ist hier bereits eine bessere Alternative.


"Aber auch diese Fehler incl. ESM-Etablierung sind halt inzwischen Fakt und man muß damit umgehen."
Weil das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, können wir also nichts mehr tun? Man kann davon ausgehen, dass die Parteien, die schon Kinder im Brunnen versenkt haben, das wieder tun werden (die FDP allerdings nicht, weil sie die Höchststrafe ereilt hat). Im ESM hat Deutschland Blockademöglichkeiten, die es nutzen kann oder eben nicht.
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Bernhard Nowak
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Sonntag, 03. November 2013 - 21:33 Uhr:   

"ie AfD hat immer versucht zu suggerieren, es gäbe eine Lösung, die weder die Deutschen noch die Griechen belastet. Und das ist natürlich völlig unmöglich."

Die Darstellung der Position der AfD ist meines Erachtens hier nicht korrekt. Die AfD plädiert für einen Schuldenschnitt. Dies ist richtig. Aber nicht, weil damit keinerlei Belastungen für Deutsche oder Griechen verbunden wären. Sondern weil sie - in Anlehnung an Prof. Sinn - sagen, dass ein Schuldenschnitt das "kleinere Übel" ist gegenüber der Fortführung der bisherigen Rettungspolitik, der die FDP - angeblich eine Partei der Marktwirtschaft - ja immer zugestimmt hat. Belogen haben uns Union und FDP: sie haben immer suggeriert: es gibt mit dem Euro keine Transferunion, jeder haftet nur für seine eigenen Schulden. Frank Schäffler hat dies ja in seiner Antwort an Genscher auch gut dargestellt. Man schaue sich das Wahlplakat der Union von 1999 zur Europawahl mal diesbezüglich an. Der Euro führt für die Nordländer zu einer Transferunion. Dies entspricht nicht den Maastrichter Vertragsbestimmungen. Diese sind einzuhalten. Darauf weist die AfD - meines Erachtens vollkommen zu recht - hin. Sie sagt nicht, dass ein Schuldenschnitt nichts koste. Sie sagt im Gegenteil, dass Deutschland ein Schuldenschnitt sehr teuer zu stehen kommt. Sie sagt aber, dass ein Schuldenschnitt billiger und damit das kleinere Übel ist gegenüber der Fortführung der Rettungsschirmpolitik.

Man kann die Position der AfD sehr wohl kritisieren, sollte sie aber korrekt darstellen.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 04. November 2013 - 14:54 Uhr:   

> Die AfD hat im Gegensatz zur FDP
> bisher nicht versagt, ...
Ich finde es schon immer wieder faszinierend, daß ausgerechnet die FDP der Haßgegner der AfD ist.
Wir diskutieren hier die AfD, ihre Zukunftsaussichten, ihre Stellung zur Krise und Ähnliches. Erfolg oder Mißerfolg der FDP haben damit überhaupt nichts zu tun, gehören in keiner Weise in diese Diskussion.
Und wenn vom ESM die Rede ist, dann wären ja wohl eher CDU/CSU, SPD und Grüne zu nennen, die voll dafür waren - und nicht so sehr die FDP, die halb dagegen war.
Aber wenns Spaß macht ...

> Patentlösungen gibt es nicht, ...
Es geht auch nicht um Patentlösungen, sondern um mindestens EINE Lösung, die anders wäre als die derzeitige Politik. Und zwar eine konkrete Lösung, die man auf Vor- und Nachteile hin diskutieren kann - nicht ein pauschales "alle Alternativen wären besser".

Und die AfD hat bisher darin versagt, eine solche alternative Lösung vorzulegen - obwohl das die mindeste Voraussetzung ist, um inhaltlich ernst genommen zu werden.

> Weil das Kind schon in den Brunnen
> gefallen ist, können wir also nichts
> mehr tun?
Überhaupt nicht.
Aber die ESM-Entscheidung ist nun mal vorbei. Danach noch eine Partei zu Gründen mit der Botschaft: "Wir wären dagegen gewesen" wäre ja wohl lächerlich.
Ernst zu nehmen ist nur, wenn auf Basis der existierenden Fakten (also eben incl. ESM) einen Weg aufweist, der mehr Chancen verspricht als der Merkels.
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 04. November 2013 - 16:41 Uhr:   

@Ralf Arnemann,

die FDP hat aber am Ende für den ESM und die übrige sog. Rettungspolitik gestimmt. Und AfD und FDP haben eine weitere Gemeinsamkeit. Sie konkurrieren um Wähler aus dem bürgerlichen Spektrum, miteinander und insbesondere mit der CDU.
Für bürgerliche CDU-Wähler gab es bisher für den Fall der Unzufriedenheit mit mit der Union nur eine Alternative: die FDP. Jetzt gibt es zwei: FDP und AfD. AfD und FDP stehen in unmittelbarer Konkurrenz um diese Wählergruppe.
Zudem bleibt abzuwarten, wie sich die AfD weiter entwickeln und ausrichten wird. Sie könnte durchaus zu einer nationalliberalen und rechtsliberalen Kraft werden - und damit sehr gefährlich für die FDP.
In der Europapolitik hat die AfD immerhin eine klare ablehnende Position zu den bisherigen Modell. Anders als die FDP. Der Vorsitzende der FDP-Gruppe im Europaparlament, Alexander Graf Lambsdorf, ist z.B. für die Vergemeinschaftung von Altschulden in einem Schuldentilgungsfonds.

Auf Grund dieser Konkurrenz haben Erfolg oder Mißerfolg der FDP für die AfD eine Bedeutung - wie umgekehrt Erfolg oder Mißerfolg der AfD für die FDP. Keine Partei wird so sehr taktisch gewählt wie die FDP. Nach Untersuchungen der KAS haben 46% der FDP-Wähler diese aus taktischen Gründne gewählt. Sollte die FDP keine Erfolgsaussichten haben, werden diese Wähler überlegen, welche Partei ihre Interessen am ehesten vertritt. Sofern die Union in der Koalition mit der SPD weiter sozialdemokratisiert, könnte die AfD weiteren Zulauf erhalten - und auch die Stimmen wirtschaftsliberaler Wähler, die ihre Stimme nicht mehr - wie 2013 - in die Bedeutungslosigkeit verschenken wollen, ansprechen.

Wenn die FDP sich nicht in den nächsten 2-3 Jahren grundlegend berappelt, wird sie bei der nächsten Bundestagswahl höchstens 2-3% erhalten. Der Rest wandert dann zur Union und/oder zur AfD.

Ein Scheitern der FDP würde den Aufstieg der AfD erleichtern.
Umgekehrt würde ein Scheitern der AfD für die FDP eine Regeneration erleichtern. Daher sehe ich auch einen sehr intensiven Wettbewerb zwischen diesen beiden Gruppierungen in den nächsten Jahren - zunächst mit Startvorteilen für die AfD für das Wahljahr 2014.
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Ralf Arnemann
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 04. November 2013 - 18:49 Uhr:   

@Marc:
> die FDP hat aber am Ende für
> den ESM und die übrige sog.
> Rettungspolitik gestimmt.
Das haben die Grünen auch. Komischerweise ist aber von denen hier nie die Rede.

> Sie konkurrieren um Wähler
> aus dem bürgerlichen Spektrum, ...
Was nun wiederum für die Diskussion über die "Krise" und die Lösungsvorschläge dazu nebensächlich ist. Es gibt keinen vernünftigen Grund, daß in einer Diskussion um die Euro-Ideen der AfD dauernd die FDP erwähnt wird.

Ansonsten bin ich skeptisch, ob es wirklich eine nennenswerte Schnittmenge zwischen FDP- und AfD-Wählern gibt. Einige davon gibt es natürlich, wie zwischen fast jedem Paar von Parteien. Es gibt z. B. regelmäßig Wählerwanderungen zwischen Linken und FDP - beiden Parteien ist das aber (zu Recht) völlig egal.
Es ist klar, daß die Protestwähler von 2009 (damals in erster Linie bei der FDP angedockt) dieses Jahr in erster Linie bei der AfD aufgeschlagen sind. Die sind aber so volatil, daß man sie nicht zu einer Schnittmenge zählen kann. Nächstes Mal werden sie wieder ganz woanders sein.

> Sie könnte durchaus zu einer
> nationalliberalen und rechtsliberalen
> Kraft werden
Könnte sie. Ist aber recht unwahrscheinlich und wäre auch taktisch unklug. Das liberale Spektrum hat ja kaum die FDP ernährt, die Hälfte davon wird einer neuen Partei erst recht nicht reichen. Im konservativen Spektrum ist dagegen viel mehr Platz.

Aber ok, WENN die AfD sich in eine rechtsliberale Partei, DANN wäre sie eine Konkurrenz zur FDP. Aber dann wäre der ESM gar nicht mehr so wichtig.

> hat die AfD immerhin eine
> klare ablehnende Position
Beim Ablehnen ist die AfD grundsätzlich immer sehr klar. Mir fehlt ja eher der konstruktive Teil ...

> Nach Untersuchungen der KAS
> haben 46% der FDP-Wähler diese
> aus taktischen Gründne gewählt.
Aus Sicht der Union war es schon 1948 nicht wirklich nötig, daß es neben ihr noch eine weitere bürgerliche Partei gibt. Von daher ist es eher verwunderlich, daß die KAS überhaupt auf einen Wert unter 100% kommt.

> Ein Scheitern der FDP würde
> den Aufstieg der AfD erleichtern.
Im Prinzip ja. Aber dazu müßte die zeitliche Sortierung passen, d.h. ein solches Scheitern müßte früh genug kommen.
Und das wird nicht der Fall sein, dazu müßte sich die FDP in den nächsten Monaten auflösen.

Ein mögliches Scheitern der FDP (so daß Mitglieder und Wähler sich neu orientieren) wäre aber frühestens nach den Landtagswahlen 2015, eigentlich erst mit der nächsten Bundestagswahl entschieden.

Die AfD muß ihre Konsolidierung aber schon 2014 schaffen. Die Rolle als hoffnungsfrohes Nachwuchstalent hält eine Partei unter den Rahmenbedingungen der deutschen Politik- und Medienlandschaft nicht zwei bis drei Jahre durch.
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Bernhard Nowak
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 04. November 2013 - 19:08 Uhr:   

Es gibt einen Grund, warum Union und FDP in erster Linie genannt werden, wenn es um den Aufstieg der AfD geht. SPD, Grüne - und auch die Linkspartei - haben sich immer für Eurobonds und damit für eine Vergemeinschaftung der Schulden ausgesprochen. Sie haben auch immer betont - ich habe Hans Eichel in Rödermark selber dazu gehört - dass die EU eine Transferunion sei. Es sei - so Eichel - der Fehler von Frau Merkel - und auch der FDP als damaliger Regierungspartei - dieses den Wählern nicht klar erklärt zu haben. Frau Merkel hat in ihren Wahlkampfreden immer gesagt, die Union lehne eine Vergemeinschaftung von Schulden ab. Aber der ESM und seine Rettungshilfen sind nichts anderes als eine Vergemeinschaftung von Schulden. Und wenn Draghi von der EZB de facto Staatsfinanzierung betreibt, ist Deutschland mit 27% daran beteiligt. Prof. Sinn hat ausgerechnet, dass die Verbindlichkeiten für Deutschland, wenn sie fällig werden, das Doppelte des Staatshaushaltes betreffen. Und auf diese Fakten macht die AfD aufmerksam.

Union und FDP haben den Wähler immer insofern belogen, als sie suggeriert haben, sie seien gegen eine Transferunion und gegen eine Vergemeinschaftung von Schulden. Dies haben SPD, Grüne und Linkspartei nicht getan. Wenn Union und FDP daher ESM und Fiskalpakt zustimmen, steht dies im Gegensatz zu ihren früheren Erklärungen und Versprechungen. Die AfD lehnt als einzige Partei die geplante Bankenunion und auch eine Vergemeinschaftung von Schulden ab. Sie besteht auf der Einhaltung des No-Bail-Out-Prinzips, welches von der Troika aufgegeben wurde, was Frau Lagarde auch offen eingeräumt hat. Ob die Lösungen der AfD umsetzbar sind, ist noch nicht erwiesen, dies ist richtig. Aber Lösungen bietet sie in jedem Fall an: Verkleinerung der Währungsunion, sodass nur Staaten mit gleichstarker wirtschaftlicher Kraft und gleichartiger Wirtschafts- und Finanzpolitik dieser Währungsunion angehören (etwa die "Nordstaaten" Deutschland, Finnland, Österreich, Niederlande) und die anderen Länder austreten müssen. Aber selbst in einer solchen Währungsunion muss es die No-Bail-Out-Klausel geben. Wenn eine Regierung anders handelt, als sie es den Bürgern vorher verspricht, erhält sie die Quittung, v.a. eine Partei, die 2009 bei der Wiederholungswahl in Hessen plakatiert hat: "Wir halten Wort". Sie haben nicht Wort gehalten und sind dafür - m.E. zu recht - vom Wähler "maximal abgestraft" worden. Die AfD hat nichts versprochen, was sie nicht gehalten hat. Darin liegt der Unterschied. Ich kenne aus meinem persönlichen Umfeld zahlreiche Wähler, die 2009 FDP gewählt haben, 2013 AfD.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 04. November 2013 - 19:25 Uhr:   

"Und wenn vom ESM die Rede ist, dann wären ja wohl eher CDU/CSU, SPD und Grüne zu nennen, die voll dafür waren - und nicht so sehr die FDP, die halb dagegen war."
Das ist eine grobe Verdrehung der Tatsachen, um kein härteres Wort zu benutzen.
Von den 93 FDP-Abgeordneten stimmten 82 dafür, nur 10 dagegen (bei der Union 16, bei der SPD 8, bei den Grünen Ströbele), einer stimmte nicht ab. Beim Mitgliederentscheid waren 44,2% der Abstimmenden dagegen. Das war beachtlich, aber nicht die Hälfte und diese Minderheit machte nur 14% der FDP-Mitglieder aus.


Es geht auch nicht um Patentlösungen, sondern um mindestens EINE Lösung, die anders wäre als die derzeitige Politik. Und zwar eine konkrete Lösung, die man auf Vor- und Nachteile hin diskutieren kann - nicht ein pauschales "alle Alternativen wären besser".
Die Unterlassungsalternative ist bereits besser als die Politik Merkels.


"Aber die ESM-Entscheidung ist nun mal vorbei. Danach noch eine Partei zu Gründen mit der Botschaft: "Wir wären dagegen gewesen" wäre ja wohl lächerlich.
Ernst zu nehmen ist nur, wenn auf Basis der existierenden Fakten (also eben incl. ESM) einen Weg aufweist, der mehr Chancen verspricht als der Merkels."
Ob eine Partei ernst zu nehmen ist, entscheiden die Wähler. Und auch beim ESM ist noch nicht alles entschieden, u. a. ob und an wen er wieviel Geld gibt.


"> die FDP hat aber am Ende für
> den ESM und die übrige sog.
> Rettungspolitik gestimmt.
Das haben die Grünen auch. Komischerweise ist aber von denen hier nie die Rede."
Das ist nicht komisch. Wurden die Grünen jemals gewählt, weil man von ihnen erwartete, dass sie sich um die Interessen deutscher Steuerzahler kümmern???
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Marc
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 04. November 2013 - 19:50 Uhr:   

@Ralf Arnemann,

von ihrem nationalliberalen Flügel hat sich die FDP ab 1969 zu großen Teilen getrennt, von dem linksliberalen zu großen Teilen ab 1982. Das was übrig blieb war Wirtschaftsliberalismus - und allein dafür ist in der Tat wenig Platz. Die AfD könnte eine nationalliberale Strömung aufgegreifen, die derzeit zum Teil von Union und FDP abgedeckt wird, aber sicherlich konservativer ist als die Positionen der FDP - insbesondere in der Außen- und Europapolitik.
Ich stimme Ihnen insoweit zu, dass es für die AfD unklug wäre sich auf diese Wählergruppe zu beschränken. Sie sollte sich breit aufstellen. Sie könnte sowohl nationalliberale wie nationalkonservative Strömungen in der Gesellschaft ansprechen, die gegen eine zunehmende Kompetenzverlagerung nach Brüssel und gegen eine europäische Transferunion sind. In dieser Frage ist sie auch glaubwürdig, anders als die FDP.

Die Wahlverluste der FDP - 3/4 bei den Erststimmen und 2/3 bei den Zweitstimmmen - sprechen nicht gerade dafür, dass die FDP seltener als zuvor taktisch gewählt wurde, worauf Thomas Frings zurecht hingewiesen hat. Ich sehe für die FDP 2014 ein großes Risiko, dass sie an der 3%-Hürde bei der Europawahl scheitert und bei allen drei Landtagswahlen an der 5%-Hürde scheitert. Dann wird die Debatte um ein Ende der FDP Fahrt gewinnen. Wenn zudem die AfD den Einzug schaffen sollte, wird die Debatte über eine Rochade bei den Kleinparteien aufleben - und darüber, dass die AfD die FDP beerben könnte.
Die Entwicklung der FDP ist nicht das Thema dieses Threads - aber ich habe auch im FDP-Thread noch nichts darüber gelesen, wie sich die FDP selbst positionieren könnte, um wieder Profil und Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Nur auf Fehler anderer - nämlich der Union - zu hoffen reicht nicht. Denn mit der AfD gibt es eine Alternative für bürgerliche Wähler. Die FDP ist eben nicht mehr der einzige Konkurrent der Union.
Das Ergebnis der AfD bei der Bundestagswahl 2013 entstand hingegen aus eigener Kraft - anders als bei der FDP. Ich sehe daher schon, dass von AfD-Seite ein Interesse besteht, die FDP zu kannibalisieren. Umgekehrt dürfte auch die FDP dahingehend ein Interesse haben die AfD zu diskreditieren. Ich bedaure das. An sich könnten Union, FDP und AfD unterschiedliche Wählerschichten ansprechen und damit dauerhaft bürgerliche Mehrheiten in diesem Land schaffen und sichern - die irgendwann auch einmal genutzt werden können. Gerade in der Steuerpolitik könnten AfD und FDP gegen die Union mehr durchsetzen, als die FDP, die damit völlig gescheitert ist. Das Gerede von strukturell linken Mehrheiten wäre damit auch obsolet.

Die Frage ist allerdings, ob es zu einem solche "best-case-scenario" kommt. Das worst-case-scenario wäre 2017 eine Wiederholung des Wahlergebnisses von 2013 und eine dann folgende rot-rot-grüne Koalition.

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