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Archiv bis 28. Februar 2013

Wahlrecht.de Forum » Tagesgeschehen » Papstwahl » Archiv bis 28. Februar 2013 « Zurück Weiter »

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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 25. Februar 2013 - 21:53 Uhr:   

Meines Erachtens ist die neue Fassung nicht klarer als die alte. Und zumindest bei O'Brien ist ziemlich klar, dass er keine ausreichende Entschuldigung hat und ihm deshalb Gelegenheit gegeben werden müsste, seine Entscheidung bis zum 15. März zu überdenken. Wobei das Kardinalskollegium die Möglichkeit hat, sein Fernbleiben zu akzeptieren. Tatsächlich ist es aber wohl kein schwerwiegender Grund im beabsichtigten Sinn.
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 25. Februar 2013 - 23:34 Uhr:   

@Ingo Zachos,

eine Auswahl zwischen mehreren Kandidaten gab es bei Volkswahlen weder in DDR noch der Sowjetunion. Insofern ist die Bezeichnung als Scheinwahl in dem Fall absolut richtig.

Bezüglich der Papstwahl habe ich darauf hingewiesen, dass es sich hierbei primär um die Wahl des Oberhaupts der Katholischen Kirche geht. Die Bestimmungen zur Papstwahl finden sich daher ja auch im corpus iuris canonici.
Wahlberechtigt sind die Kardinäle. Diese sind die Spitze des Klerus. Richtig ist, dass der Papst aus der Reihe der Bischöfe Kardinäle auf Lebenszeit ernennt, die bis zur Vollendung des 80 Lebensjahres wahlberechtigt sind. Richtig ist aber auch, dass aufgrund von Traditionen bestimmte Bischöfe regelmäßig zu Kardinälen ernannt werden (in Deutschland etwa der Bischof von Mainz), auch wenn sie nicht völlig auf Linie von Rom sind. Richtig ist auch, dass die Katholische Kirche eine konservative Organisation ist. So what? Sollte es nicht wenigstens noch eine konservative Großorganisation geben, nachdem die CDU sich unter Frau Merkel mehr und mehr von konservativen Positionen abwendet?
Ich finde es gut, wenn es eine Organisation gibt, die sich dem Zeitgeist entgegenstellt und klare Positionen vertritt, die für unsere Gesellschaft oft unbequem sind, aber zum nachdenken anregen: Vom Fragen des unbedingten Lebensschutzes bis zu Fragen der Bedeutung von Ehe und Familie bis zur Sexualmoral.

Im Übrigen ist auch das Kardinalskollegium kein homogener Block. Wie wir bereits seit einigen Jahren wissen, war die Wahl von Kardinal Ratzinger zum Papst viel knapper als unmittelbar danach angenommen.


http://www.mopo.de/news/kirchen-ratzingers-papstwahl-war-eher-knapp,5066732,5897448.html



(Beitrag nachträglich am 25., Februar. 2013 von Marc editiert)
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görd
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 27. Februar 2013 - 14:09 Uhr:   

Wenn ich das schon wieder in der MOPO lese:

"84 Stimmen seien im alles entscheidenden vierten Wahlgang auf den Mann aus Bayern entfallen, schreibt der Unbekannte - das sind lediglich sieben Stimmen mehr als die notwendige Zwei-Drittel- Mehrheit."

Sieben Stimmen drüber ist doch eine satte Mehrheit. Das ist näher ein einer Drei-Viertel- als an einer Zwei-Drittel-Mehrheit.
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Wahlticker
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 27. Februar 2013 - 14:25 Uhr:   

"Richtig ist auch, dass die Katholische Kirche eine konservative Organisation ist. So what? Sollte es nicht wenigstens noch eine konservative Großorganisation geben, nachdem die CDU sich unter Frau Merkel mehr und mehr von konservativen Positionen abwendet? "
Der Unterschied ist nur dass die Parteimitglieder der CDU sich diese ausgesucht haben, vermutlich _weil_ sie konservativ ist. Ähnliches gilt für die Wähler, sie suchen sich die CDU _wegen_ ihres Parteiprogramms bzw. ihrer Köpfe aus.

Bei der Religion wird man in der Regeln einfach hineingeboren und nicht groß gefragt. Wenn die Katholische Kirche konservativ bleiben will, kann sie das ja machen - sie vertritt dann aber keineswegs die Meinung aller Katholiken, z.B. meine vertritt sie nicht ;)
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 27. Februar 2013 - 15:18 Uhr:   

@görd:

Die Knappheit ist bei dem Verfahren sowieso ein völlig irrelevantes Kriterium. Es ist ja drauf ausgelegt, dass ein Kandidat langsam eine ausreichende Mehrheit sammelt (und im Fall einer vorzeitigen Stagnation ebenso durch einen anderen ersetzt werden kann). Gewonnen hat er, sobald die Schwelle erreicht ist, unabhängig davon, was er für ein Potenzial hat.

Eine knappe Mehrheit ist logische Folge daraus, dass das Verfahren tatsächlich zur Mehrheitsfindung genutzt wird und die Mehrheiten nicht schon vorher auf verfahrensfremdem Weg ausgeklüngelt werden (wie es in der Politik üblich ist). Kleinere Gruppen von Kardinälen werden zwar sicher koordiniert vorgehn, was für die Eingrenzung der Kandidaten auch relevant ist, aber längst nicht so weitgehend, dass es das Ergebnis determiniert.

@Wahlticker:

Natürlich wird man in eine Religion in der Regel hineingeboren. Das heißt erstmal, dass man lernt, sich deren Wertvorstellungen zueigen zu machen. Wenn man es nicht lernt oder aus anderen Gründen später substanziell abweicht, ist das bloß ein Grund dafür, die Religion oder deren konkrete Ausprägung zu wechseln.

Eine Religion ist naturgemäß weitgehend statisch. In weniger zentralen Fragen kann sie sich mit der allgemeinen Auffassung ihrer Mitglieder auch wandeln, aber das ist erstens ein langsamer Prozess und zweitens ihr internes Problem, das sie nicht auf demokratische Weise lösen muss. Teilweise können demokratische Methoden dabei schon hilfreich sein, aber auch die bewirken keineswegs, dass jedes Mitglied vertreten ist. Schon ein Staat kann nicht in jeder Hinsicht plural sein und eine Religion viel weniger. Bestimmendes Element ist da immer die Tradition; die Frage ist allenfalls, wie flexibel deren Auslegung ist.
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Ingo Zachos
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 27. Februar 2013 - 16:22 Uhr:   

@ Marc K:

Wenn Kanzlerin Merkel den Bundestag ernennen könnte, dann wäre die Kanzlerwahl im Bundestag natürlich selbst dann eine Scheinwahl, wenn sie selbst nicht antritt.

Dieses Beispiel nur, um Ihr Verständnis aufzufrischen.

Ein von nur einer Person ernanntes Gremium kann eben keine echte Wahl durchführen.


Bei der Besetzung der Bischofssitze kann der Papst bereits jeden Kandidaten durchsetzen, ohne das es letztlich möglich ist, einen Kandidaten gegen seinen Willen zum Bischof zu machen. Viele (Erz)Bischöfe auch hier in Deutschland wurden gegen den erklärten Willen der Gemeinde einfach eingesetzt bevor sie zum Kardinal erhoben wurden.

Da liegt also ganz klar eine sehr große Abhängigkeit vor.

Da muss man schon beide Augen zudrücken, um das ernsthaft in Zweifel ziehen zu wollen.
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 27. Februar 2013 - 18:36 Uhr:   

Ich glaube Sie unterschätzen die Vielfalt in der Kirche ganz gewaltig. Immerhin werden Kardinäle auf Lebenszeit ernannt. Die Amtsenthebung von Bischöfen kommt nur in Betracht, wenn sie von der kirchlichen Lehrmeinung abweichen. d.h. insbesondere aktiv politisch tätig sind oder kommunistische Bewegungen unterstützen. Hier hat die Katholische Kirche in der Tat positiv gewirkt und insbesondere während des Kalten Krieges nicht nur zur Niederlage des Kommunismus in Osteuropa beigetragen, sondern auch, dass in Lateinamerika (außer Kuba) diese nicht Fuß fassen konnte.
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Ingo Zachos
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 27. Februar 2013 - 19:14 Uhr:   

@ Marc K:

Die Vielfalt in der Kirche ist in der Tat sehr groß. Aber unter den Kardinälen gibt es sehr viel weniger Vielfalt, weil man als Abweichler von der Lehrmeinung nicht Kardinal werden kann, wie sie ja sehr schön ausgeführt haben.
Da erkennt man sehr klar, warum es eine Scheinwahl ist. Danke für dieses Argument.


Die Kirche, gerade in Polen, hat sich mit dem Kommunismus arrangiert. Jedenfalls war die Solidarność kein Arm der Kirche, und wurde der eiserne Vorhang eher durch den Ruf nach freien Wahl als durch den Aufruf der Kirche beendet. Trotzdem hatten die Kirchen dabei eine Rolle, aber sie hätten den Kommunismus nicht zu Fall gebracht, wie sie auch Faschismus, NS-Zeit oder andere Diktaturen nicht bekämpft haben. Und für die freien Kommunalwahlen in der DDR wurden in der Tat Kirchenwahlen zum Vorbild, deren Wahlordnung man teilweise übernahm, aber nicht die der römisch-katholischen Kirche, die hier kein Vorbild war.
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 27. Februar 2013 - 21:53 Uhr:   

@Ingo Zachos,

als Scheinwahl bezeichnet man gemeinhin eine Wahl, bei der die Wähler keine Auswahl haben, nicht eine Wahl, bei der die Wähler ähnliche Auffassung haben. Auch Wahlen in einem Parteivorstand - dessen Mitglieder alle die Parteilinie vertreten - sind Wahlen.
Wahl kommt von Auswahl. Die Wähler müssen die Möglichkeit haben frei abzustimmen. Ob und wie groß Meinungsunterschiede innerhalb der Wählerschaft sind ist belanglos. Zu große Unterschiede können sogar schädlich sein, weil sich dann die Wähler aufgrund der großen Unterschiede nicht mehr als eine Gemeinschaft empfinden, sondern als verschiedene Gemeinschaften. In der Geschichte von Staaten führt dies zur Spaltung und Zerfall (etwa der Zerfall von Vielvölkerstaaten), in der Geschichte von Religionsgemeinschaften zur Spaltung (Schisma).
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 28. Februar 2013 - 03:06 Uhr:   

@Ingo Zachos:
"Bei der Besetzung der Bischofssitze kann der Papst bereits jeden Kandidaten durchsetzen"

Kann er, tut er aber selten gegen den Willen der Diözese (wie sich auch das Bundesverfassungsgericht nur gelegentlich erlaubt, das Grundgesetz völlig gegen die herrschende Meinung auszulegen, obwohl es das nach Gutdünken tun kann). In Deutschland müsste er dafür auch gegen die Konkordate verstoßen, was normalerweise nicht opportun erscheint (teilweise gibts einen Graubereich bei den Koadjutoren). Auch Meisner ist als Bischof von Köln gewählt worden, nachdem die Politik eine Ernennung ohne erfolgreiche Wahl als Verstoß gegen das Konkordat betrachtet hat (die erste Wahl hat wegen (wie bei der Papstwahl) funktionsunfähigem Wahlverfahren kein Ergebnis gebracht). Kardinal war er aber eh schon vorher.

Mainz ist übrigens kein Posten, auf dem man üblicherweise Kardinal wird. Lehmann hat den Titel sicher als Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz gekriegt, und es ist ziemlich wahrscheinlich, dass das nur deshalb passiert ist, weil es in Deutschland erwartet worden ist. Im Prinzip hat der Papst zwar völlige Freiheit, aber üblicherweise nutzt er sie gerade bei solchen Fragen nur in äußerst engen Grenzen. Obwohl das Konzept durchaus riskant ist, muss man sagen, dass es in den letzten Jahrhunderten jedenfalls erfolgreicher war als die Bemühungen vieler Staaten, ihre Identität zu konservieren (sowohl Demokratien als auch Diktaturen).

Die Kardinäle sind im Schnitt nicht so viel anders als die Bischöfe. Extremere Fälle aller Richtungen gibts da wohl weniger, aber wenn etwa Williamson zum Kardinal ernannt würde, wär es ja wahrscheinlich auch wieder nicht recht. Dabei ist das die Richtung, wo die Gefahr des Schismas real ist. Auf der anderen Seite gibts ja eh schon die etablierte altkatholische Kirche als unmittelbare Konkurrenz, die hierzulande zwar stetigen Nachschub von der römisch katholischen bekommt, aber im Saldo höchstens vor sich hin dümpelt. Und das, was in Deutschland relevant ist, ist ja längst nicht alles, was es an Außenseiterpositionen gibt.

Übrigens kann man als Verfassungsfeind auch nicht Bundesminister o.Ä. werden, und in der Kirche halt als Häretiker nicht Bischof. Wobei Letzteres das kleinere Problem ist, weil man sich die Religionsgemeinschaft ja aussuchen kann, die Verfassung aber nicht.
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Ingo Zachos
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 28. Februar 2013 - 14:48 Uhr:   

@ Marc K:

Es gibt viele Beispiele für Ernennungen von Bischöfen gegen den Willen der Gemeinden. Das wird durch das Konkordat eben nicht verhindert, nur hinausgezögert. Das betrifft einige derzeitige Kardinäle. Aber ich möchte da keine Namen nennen, nur es sind fast die Hälfte aller deutschen Kardinäle der letzten 40 Jahre, bei denen es ganz klar zur Ernennung auch gegen den anfänglichen Widerstand der Gemeinden kam. Gut, das Ihnen sogar selbst ein Beispiel eingefallen ist, aber es geht mir nicht um Namen, sondern um den Vorgang.

Zudem es geht hier um die Papstwahl.

Sie schreiben, das Wahl von Auswahl kommt.
Das stimmt zwar so nicht, denn beide stammen vom selben Wortstamm.

Aber sie haben auch hier ein gutes Argument dafür gegeben, warum die Papstwahl eine Scheinwahl ist.

Die Auswahl der Kardinäle und damit der Papstkandidaten erfolgt durch Ernennung. Mithin durch die Auswahl durch letztlich eine einzelne Person. Eine Auswahl, die in eben nicht der Vielfalt der Kirche entspricht.

Damit wird klar, das hier ein Gremium gebildet wird, ähnlich der durch Einheitsliste gewählten Volkskammer. Nur, statt der Scheinwahl des Gremiums findet eine Ernennung statt und danach eine Scheinwahl durch das Gremium. Es ist sozusagen eine direkte Scheinwahl, während die Volkskammerwahl eine indirekte Scheinwahl darstellt. So viel Einfluß auf Partei oder das Parlament hätte sich selbst Stalin gerne gewünscht.

Und natürlich ist eine Wahl in einem Gremium, das nicht durch eine freie Wahl bestimmt wurde, eine Scheinwahl, eben eine Auswahl, die auf einer Selektion beruht, aber nicht auf einer Elektion.

Und tatsächlich ist die Begründung sinngemäß sogar, das es sich um eine Auslese unter den Christen handelt. Aber eine Wahl ist es eben nicht.

Und wie das Beispiel Iran (und zahlreiche andere) zeigt, kann es auch "Alternativen" geben,die echte Opposition aber darf nicht teilnehmen, denn sie würde gar nicht zur Wahl zugelassen. Damit ist auch eine solche Wahl nicht frei, sondern eine Scheinwahl, eben wegen der Auswahl der Alternativen.

Wie gesagt, dürfte Merkel den Bundestag ernennen, der dann den oder die neue Kanzler(in) wählt, wäre diese Wahl im Bundestag natürlich eine Scheinwahl, denn es wäre durch die Ernennung die Auswahl der Wahlberechtigten bestimmt worden.
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 28. Februar 2013 - 15:26 Uhr:   

@Ingo Zachos,

sie unterfallen dabei einem Mißverständnis. Wählbar zum Papst ist jeder männliche Katholik. Die Mitgliedschaft im Kardinalskollegium ist keine Voraussetzung für die Papstwahl. Insofern ist die Zahl der passiv Wahlberechtigten sogar deutlich höher als die Zahl der aktiv Wahlberechtigten.
Ganz anders als z.Bsp. bei der Wahl des nordrhein-westpfählischen Ministerpräsidenten. Dieser muss Mitglied des Landtages sein. Abgesehen davon, dass diese Voraussetzung der Idee der Trennung der Staatsgewalten zuwiederläuft (da damit der Ministerpräsident als Vorsitzender der Exekutive zugleich Teil der Legislative sein muss) schränkt dies die Wahlmöglichkeiten der Abgeordneten massiv ein. Nach Ihrer Sicht also eine Scheinwahl?
Soweit ich sehe wenden Sie sich gegen das Verfahren der Bischofs- und Kardinalsernennungen. Das ändert jedoch nichts daran, dass der technische Wahlvorgang im Konklave einer echten Wahl entspricht. Die Kardinäle sind frei, wenn sie wählen. Die Wahl ist auch geheim. Und jeder Stimme hat das gleiche Stimmgewicht.
Das die katholische Kirche einer parlamentarischen Demokratie entspricht hat dabei niemand behauptet. Aber Wahlen gibt es nicht nur in Demokratien. Auch in einer Aristokratie kann es Wahlen geben. Oder eben in Wahlmonarchien (z.B. Malaysia oder einstmals die Wahl des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches durch die Kurfürsten). In der Tat wird man die Staatsform des Vatikans als Wahlmonarchie zu beschreiben haben. Und die Kardinäle sind der wählende Kirchenadel.
Sie setzen den Begriff der Wahl mit einer rein demokratischen Staatsform gleich. Dabei ist eine Wahl zunächst einmal nur ein Verfahren, durch das Positionen besetzt werden, wobei bei einer echten Wahl die Wähler Auswahlmöglichkeiten haben. Und das kann sowohl bei einem Fürstenkongress, einer Parteiversammlung oder einer Volkswahl der Fall sein. Was Sie eigentlich meinen ist, dass es sich bei der Papstwahl nicht um eine allgemeine Wahl handelt. Dabei stellt sich zunächst einmal die Frage wie man Allgemeinheit definiert. Wenn man den Papst lediglich als Oberhaupt des Kardinalskollegiums definiert, so wäre die Wahl allgemein. Wenn man das Papstamt als generelles Oberhaupt des Klerus definiert, müssten alle Bischöfe und Priester wahlberechtigt sein, usw.
Nur gehört es nicht zum Wesensmerkmal einer Wahl, dass sie allgemein sein muss. Genauso wenig wie es zum Wesensmerkmal einer Wahl gehört das sie gleich oder geheim sein muss. Das sind zusätzliche Voraussetzungen, die bei vielen demokratischen Wahlen gelten (im übrigen auch nicht bei allen demokratischen Wahlen: So gilt etwa für die Wahl des Europäischen Parlaments nicht der Grundsatz der Gleichheit der Wahl - also eine Scheinwahl nach ihrer Definition?).
Was zum Wesensmerkmal einer Wahl hingegen gehört ist, dass sie frei sein muss. Eine Wahl unter Zwang der Wähler kann man nur als Scheinwahl bezeichnen, da diese dann nicht wirklich eine Wahl haben. Ebenso kann man eine Wahl bei der von vornherein nur eine Einheitsliste zur Wahl antreten darf nur als Scheinwahl bezeichnen.
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Ingo Zachos
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 28. Februar 2013 - 16:01 Uhr:   

@ Marc K:

Theoretisch kann jeder römisch-katholische Mann gewählt werden.
Theoretisch konnte auch die Einheitsliste der Nationalen Front auf demokratischen Wege bei der Aufstellung geändert werden, sagt Radio Eriwan.

Aber eben nur theoretisch. Das ist ja der Witz bei der Scheinwahl.

Ich garantiere, der nächste Papst wird jetzt schon Kardinal sein.
Bestimmt weiß Benedikt und wissen auch die anderen Kardinäle schon, welcher es ist. Auch ich habe eine mehr als klare Ahnung, aber es geht um das Verfahren, nicht den Namen.

Noch einmal:
Eine Wahl durch ernannte Wahlberechtige, die ernannt werden von einem Amtsträger oder einem Gremium, die selbst nicht gewählt wurden, oder die selbst aus einer Scheinwahl hervorgingen, ist ganz klar eine Scheinwahl, weil sie nicht frei ist, und die Wähler und oder Kandidaten nicht unabhängig sind, daran ändern auch Scheinkandidaten nichts.


Übrigens sehe ich dan Ganze eher als Realsatire. Dazu passt auch das göttliche Timing, den Rücktritt am Rosenmontag bekannt zu geben. ("Ist der Papst nicht ein toller Jeck?"...) In diesem Sinne:

http://www.tagesspiegel.de/kultur/satire/irrer-pontifex-wahnsinn-ii-vatikan-will-osze-beobachter-nicht-zur-papstwahl-zulassen/7801092.html
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Chrichros
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 28. Februar 2013 - 17:58 Uhr:   

"Auch ich habe eine mehr als klare Ahnung, aber es geht um das Verfahren, nicht den Namen."

Wäre ja trotzdem interessant zu erfahren, ob Sie recht behalten ...
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 28. Februar 2013 - 18:08 Uhr:   

@Ingo Zachos:

Wer sollen die "Gemeinden" sein? Das, was ein Bischof normalerweise leitet, heißt Diözese oder Bistum. Dass irgendwer dagegen ist, ist ja sowieso der Normalfall. Insbesondere können bei Wahlen (je nach Verfahren) mehr als 50% dagegen gestimmt haben und erbitterte Gegner des Gewählten sein. Wer soll denn außer Meisner (der aber ohne Gegenstimmen gewählt worden ist) überhaupt infrage kommen? Die in den letzten 40 Jahren ernannten Kardinäle aus Deutschland sind die:

Rainer Maria Woelki, Berlin
Karl Josef Becker, SJ (Köln, 80+)
Reinhard Marx, München
Walter Brandmüller (Bamberg, 80+)
Paul Josef Cordes (Paderborn)
Johannes Joachim Degenhardt, Paderborn
Karl Lehmann, Mainz
Walter Kasper (Rottenburg)
Leo Scheffczyk (München, 80+)
Alois Grillmeier, SJ (Regensburg, 80+)
Georg Sterzinsky, Berlin
Franz Hengsbach, Essen
(Hans Urs von Balthasar (München, 80+))
Friedrich Wetter, München
Paul Augustin Mayer, OSB (Passau)
Joachim Meisner, Berlin
Joseph Ratzinger, München
Joseph Schröffer (Eichstätt)
Hermann Volk, Mainz

Die Wahlberechtigten werden immer mehr oder weniger direkt ernannt. In Deutschland gehn sie letztlich alle auf eine Ernennung durch die Militärregierungen zurück (und damals waren die Wahlen noch wesentlich weiter von einer Allgemeinheit entfernt als heute). Im Fall von Vereinen o.Ä. ernennen sie sich anfangs in der Regel selber.
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Norddeutscher
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 28. Februar 2013 - 20:12 Uhr:   

"Ich garantiere, der nächste Papst wird jetzt schon Kardinal sein. (...) Auch ich habe eine mehr als klare Ahnung (...)"

Ja, und ich garantiere, der/die im Herbst 2013 vom Bundestag gewählte Bundeskanzler/in wird am Tage seiner/ihrer Wahl auch bereits Mitglied des Deutschen Bundestages sein. Und ich habe auch mehr als eine klare Ahnung, wer es sein wird (und diese meine Ahnung davon ist größer als die Ahnung, wer Papst wird). So what.
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 28. Februar 2013 - 20:16 Uhr:   

@Ingo Zachos,

ich wurde auch nicht gewählt, sondern geboren. Bin ich also ein Scheinwähler?
Vielleicht können Sie uns ja an Ihrer Vorahnung über den nächsten Papst teilhaben lassen....
Im Übrigen schließe ich mich Norddeutscher an. Auch ich habe eine Ahnung wer nächste Bundeskanzlerin sein wird......
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Marc K.
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 28. Februar 2013 - 20:18 Uhr:   

Die Zeit des Sedisvakanz hat begonnen.
Üblicherweise beginnt das Konklave 15 bis 20 Tage nach Beginn der Sedisvakanz. Diesmal wäre das zwischen 15. und 20. März 2013. Jedoch gibt es scheinbar Bestrebungen die Wahl vorzuziehen. Ich sehe nicht, wie das mit den gegenwärtigen Kirchenrecht zu vereinbaren ist. Welcher Strömung könnte ein Vorziehen der Wahl nützen?
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Arno Nymus
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 28. Februar 2013 - 20:24 Uhr:   

@Mark K.:
Benedikt XVI. hat die Regeln noch rechtzeitig geändert (vgl. Beitrag von Charpentier am 25. Februar 2013, 20:54):
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/vatikan-papst-aendert-regeln-fuer-konklave-a-885416.html

Ingo Zachos schrieb "Auch ich habe eine mehr als klare Ahnung"
Dann lassen Sie uns teilhaben und beweisen ihre Behauptung.

Freundliche Grüße,
Arno Nymus
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Martin Fehndrich
Moderator
Veröffentlicht am Donnerstag, 28. Februar 2013 - 20:26 Uhr:   

@Marc K.
Benedikt XVI hat inzwischen die Papstwahlregeln angepaßt. Die Kardinäle können früher beginnen, wenn alle Kardinal-Wähler da sind.

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