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tg
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Donnerstag, 21. Februar 2013 - 20:21 Uhr: | |
Vielleicht ist es denkbar, daß die 117 Kardinäle im Konklave mogeln oder schlampig auszählen. Ganz sicher ist es aber denkbar, daß ein Wahlvorstand bei einer Bundestags-, Landtags- oder Kommunalwahl mogelt oder schlampig auszählt. Die Öffentlichkeit ist doch eher theoretisch, um 18 Uhr sitzen die interessierten Wähler vor dem Fernseher und schauen nicht irgendwo beim Auszählen zu. Daher wird es in der Regel nicht auffallen, wenn die 6 oder 7 Mitglieder sich einig sind, etwas nicht nach Vorschrift zu machen. |
Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Donnerstag, 21. Februar 2013 - 20:30 Uhr: | |
Wahrscheinlich werden sich nicht mehr als 116 selbst betrügen. Dass sich Wahlvorstände nicht an die Vorschriften halten, fällt schon regelmäßig auf, nämlich z.B. dann, wenn das zweifelsfrei aus den Zwischensummen in der Niederschrift hervorgeht. Interessiert aber normalerweise niemanden. Vor der Öffentlichkeit wird sowas eh versteckt. |
Martin Fehndrich
Moderator
| Veröffentlicht am Donnerstag, 21. Februar 2013 - 22:14 Uhr: | |
Bei der "Scheinwahl" seh ich noch nicht, welcher Anschein hier erweckt werden soll. Der Schein, daß der Klerus von Rom seinen Bischof wählt, ja wohl nicht. Das Vernichten der Stimmzettel ist eine Maßnahme zur Stärkung des Wahlgeheimnisses, was sich hier mit der Transparenz beißt. Es verhindert, daß forensisch untersucht wird, wer wann wie abgestimmt hat. Beim Wahltermin gibt es Spekulationen eines früheren Termins. Der Papst kann selbst noch etwas regeln, dann wären die Regeln klar, oder die Kardinäle finden einen Weg (welchen, wie begründet?). |
Charpentier Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Freitag, 22. Februar 2013 - 00:51 Uhr: | |
Nach geltendem Recht beginnt das Konklave frühestens 15 und spätestens 20 Tage nach dem Ende des Pontifikats (also nach Tod oder Rücktritt des Papstes). Laut Spiegel will Papst Benedikt XVI. möglicherweise per Dekret auch einen früheren Beginn des Konklaves erlauben. Definitiv entschieden ist aber soweit ersichtlich noch nichts. Sollte Papst Benedikt XVI. bis zu seinem Rücktritt keine entsprechende Neuregelung oder Ausnahmeregelung schaffen, dann dürften die Kardinäle sich wohl über die geltenden Regeln nicht hinwegsetzen, sondern müßten 15 Tage abwarten, bevor sie zur Wahl des neuen Papstes schreiten. Möglicherweise könnte das Konklave diesmal deutlich länger dauern als 2005. Einen Favoriten scheint es im Unterschied zur letzten Papstwahl wohl nicht zu geben. Wobei "länger" ja relativ ist: Im 20. Jahrhundert hat keine Papstwahl länger als maximal fünf Tage gedauert. Im Mittelalter konnten Papstwahlen zum Teil ganz andere Dimensionen annehmen und sich schlimmstensfalls über Jahre hinziehen. |
Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Freitag, 22. Februar 2013 - 20:19 Uhr: | |
Da steht nichts von "abwarten". Da steht "auf die Abwesenden warten". Wenn es keine Abwesenden gibt oder nur ausreichend entschuldigte, ist es nicht besonders abwegig, gemäß Nr. 13 einen früheren Beginn zu beschließen. Die andere Nennung der mindestens 15 Tage bezieht sich explizit auf den Tod des Papsts, der voraussichtlich nicht gegeben sein wird. Es hat auch schon ohne (bekannten) Favoriten ziemlich kurze Konklave gegeben. Bei der vorhandenen Vorlaufzeit und dem relativ homogenen Kardinalskollegium rechne ich eher nicht mit einem langen Konklave. Ratzinger war auch nicht klarer Favorit. Taktisch war seine Wahl jedenfalls blöd, weil ziemlich klar war, dass er kaum noch grundlegende Entscheidungen treffen wird, aber gesund genug, dass für die Mehrheit der Kardinäle absehbar war, dass sie beim nächsten Mal nicht mehr mitentscheiden. |
Ingo Zachos
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Samstag, 23. Februar 2013 - 16:38 Uhr: | |
@ Thomas Frings: Wie schon x-mal unzweifelhaft FESTGESTELLT (nicht: "gesagt") wurde, ist der Vatikan ein Staat. Die römisch-katholische Kirche wäre zudem nach herrschender Meinung auch völlig ohne Staatsgebiet ein anerkanntes völkerrechtliches Subjekt im Range eine Staates. Tatsachen kann man nicht durch oftmaliges "sagen" der Unwahrheit einfach aufheben. Diese Kirche ist ein Staat, und der Papst ein Staatsoberhaupt. Das ist Fakt und wird im Übrigen nicht einmal von der römisch-katholischen Kirche bestritten., ja sie erhebt sogar Anspruch darauf. Die Wahl ist ganz sicher nicht möglichst fälschungssicher. Es gibt, anders als bei Wahlen in Deutschland nur drei Wahlhelfer, keine Öffentlichkeit (die hier in Deutschland im übrigen nicht ausgeschlossen wird, wie hier immer behauptet wird von solchen Postern, die selbst nicht in einem Wahlvorstand sind bzw. waren...) , keine Wahlbeobachter, keine Niederschrift, selbst die Stimmzettel werden vernichtet. Es wurde hier darauf hingewiesen, das bei Wahlen in Deutschland oft Unregelmäßigkeiten festgestellt werden (und eben nicht "unter den Teppich gekehrt" werden, sonst wären sie ja nicht bekannt!), und zugleich, das sie eben sehr oft auffallen, weil es Niederschriften gibt und die Stimmzettel nicht vernichtet werden. Oft werden Ergebnisse deswegen nachgezählt bzw. korrigiert, oder werden Wahlen in Wahllokalen sogar wiederholt. Im übrigen verhindert ein Wahllokal niemals die Fälschung einer Wahl. Sie wird nicht frei und fälschungsscher, weil sie in der Sixtinischen Kapelle, die ich im übrigen kenne, stattfindet. Dieses Argument ist nun völlig bar jeder Realität, denn natürlich ist dort genug Platz für Austauschurnen oder vorgefälschte Wahlzettel, die zum Austausch gerade hier gut versteckt werden können. Waren sie schon einmal dort, Herr Volkert? Ach ja: die Kleidung der Wahlhelfer und Kardinäle bietet viele Verstecke, aber ich will keine Tipps geben, wie man so etwas in Detail macht, sonst wird mir noch nachgesagt, ich hätte selbst als Wahlvortand ähnliches gemacht... Ganz logisch folgt daraus: Wo keine Vorkehrungen gegen Wahlfälschung getroffen werden, ja diese sogar verboten werden, wird eine Wahlfälschung in der Tat eher selten auffallen, weil sie nun völlig ungefährlich ist. Aber nicht , weil die Wahl nicht möglichst gegen Fälschung gesichert wird, sondern weil diese hier, bei der Papstwahl, unter den Teppich gekehrt werden , aber nicht bei der Bundestagswahl. Ich bitte sie, auch hier die Tatsachen zu würdigen, aber nicht einfach "zu sagen" die Wahl wäre völlig fälschungssicher, nicht aber eine Bundestagswahl, wenn alle Fakten klar dagegen sprechen! Und natürlich ist die Wahl nicht demokratisch, weder für den Vatikanstaat noch für die römisch-katholische Kirche, und wurden die Wahlmänner vom letzten Papst ernannt, bzw. dessen Vorgängern. Damit ist es eine Scheinwahl, keine echte Wahl. Daran ändert die Tatsche nichts, das es auch anderswo Scheinwahlen gibt. |
Charpentier Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Samstag, 23. Februar 2013 - 18:19 Uhr: | |
@ Ingo Zachos: Sie haben sich hier offensichtlich in etwas verrannt, indem Sie sich seit Tagen an dem Begriff "Scheinwahl" aufhängen. Nur: Der Begriff paßt einfach nicht. Unter einer "Scheinwahl" versteht man für gewöhnlich eine Wahl, die einen falschen Anschein erwecken soll. Im staatlichen Bereich soll bei Scheinwahlen (DDR, Nordkorea, etc.) in der Regel der falsche Anschein erweckt werden, daß es sich um eine demokratische Wahl mit offenem Ergebnis handele, während in Wirklichkeit das Ergebnis von vorneherein feststeht. Das trifft auf die Papstwahl nunmal nicht zu. Hier wird erstens kein falscher Anschein erweckt. Niemand behauptet, die Papstwahl sei demokratisch (was sie auch nicht sein muß). Deshalb kann schon mal nicht der falsche Anschein einer demokratischen Wahl erweckt werden. Vielmehr ist allen Beteiligten und Nichtbeteiligten von Anfang an klar, worum es geht. Nämlich darum, daß die wahlberechtigten Kardinäle den neuen Papst wählen. Zweitens ist es nicht so, daß das Ergebnis von vorneherein feststünde, jedenfalls nicht in weltlichen Sinne. Also: Kein falscher Anschein und kein (im weltlichen Sinne) von vorneherein feststehendes Ergebnis. Mithin: Keine "Scheinwahl". So viel zu Ihrer Begriffsklauberei. |
Andreas Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Samstag, 23. Februar 2013 - 22:10 Uhr: | |
@Ingo Zachos Der Vatikan und die katholische Kirche sind nicht bedeutungsgleich. Niemand hier bestreitet, dass der Papst auch Staasoberhaupt ist - Staatsoberhaupt eines Staates übrigens, der als solcher völlig unbedeutend ist. Ihnen ist hoffentlich klar, dass auch das Ergebnis einer Bundestagswahl immer im Zweifel steht. Jedenfalls ist die Wahrscheinlichkeit, dass überall in Deutschland konsistent ausgezählt wird, nahe null. Selbstverständlich kommt es vor, dass zwei identische Stimmzettel im einen Wahllokal als ungültig, in einem anderen aber als gültig angesehen werden. Das ist nicht ideal, aber in aller Regel verkraftbar und macht die Bundestagswahl nicht zu einer "Scheinwahl". Genausowenig wie Wahlen vor 1918 (in Deutschland also ohne Frauenwahlrecht), Wahlen nach dem Dreiklassenwahlrecht, etc. Zu jeder Wahl kann sich - wer mag - eine Verschwörungstheorie ausdenken. Die Papstwahl lässt aber nunmal tatsächlich vergleichsweise wenig Spielraum für Wahlfälschungen. Und natürlich ist die Wahl nicht demokratisch, weder für den Vatikanstaat noch für die römisch-katholische Kirche, und wurden die Wahlmänner vom letzten Papst ernannt, bzw. dessen Vorgängern. Ihnen ist schon klar, dass es auch in Italien, Chile, vielen anderen Ländern ernannte (!) Senatoren gibt, die ebenfalls Einfluss auf demokratische (denn das sind sie trotzdem!) Entscheidungen ausüben. Das ist dort - wie im Vatikan - konstitutionell so vorgesehen. Nebenbei bemerkt war auch der bayerische Senat, den es immerhin fast ein halbes Jahrhundert parallel zum Landtag gab, keine repräsentative Vertretung der Bevölkerung. Trotzdem waren Wahlen in Bayern keine Scheinwahlen - nichtmal unter Strauß. |
tg
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Samstag, 23. Februar 2013 - 22:39 Uhr: | |
Wer übrigens im Zusammenhang mit dem Konklave Interesse an Informationen hat, die über die Begriffsklauberei um das Wort "Scheinwahl" hinausgehen: Im Zusammenhang mit dem letzten Konklave wurde hier vom 8.2.2005 bis zum 05.7.2007 eine wirklich interessante Diskussion geführt, die trotz manchem Off-Topic zahlreiche Aspekte der Papstwahl erörterte. http://www.wahlrecht.de/cgi-bin/forum/discus.cgi?pg=prev&topic=40&page=3730 |
Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Samstag, 23. Februar 2013 - 22:50 Uhr: | |
@Andreas: Solang die Ernannten nicht wählen, sondern selber entscheiden (wie etwa auch Bundesminister), hat er ja kein Problem damit. |
Thomas Frings
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Sonntag, 24. Februar 2013 - 11:46 Uhr: | |
@Ingo Zachos Neben dem, was andere gesagt haben beschränke ich mich auf das angeblich große Fälschungsrisiko: "Es wurde hier darauf hingewiesen, das bei Wahlen in Deutschland oft Unregelmäßigkeiten festgestellt werden (und eben nicht "unter den Teppich gekehrt" werden, sonst wären sie ja nicht bekannt!), und zugleich, das sie eben sehr oft auffallen, weil es Niederschriften gibt und die Stimmzettel nicht vernichtet werden. Oft werden Ergebnisse deswegen nachgezählt bzw. korrigiert, oder werden Wahlen in Wahllokalen sogar wiederholt." Dem Protokoll an sich sind nur Summenfehler zu entnehmen, wenn z. B. die Stimmen für die einzelnen Bewerber oder Landeslisten addiert nicht die angegebene Zahl der gültigen Erst- bzw. Zweitstimmen ergeben. Solche Unstimmigkeit sind aber wahrscheinlich Fehler ohne Fälschungsabsicht, denn ein Fälscher will ja gerade nicht auffallen. Im Konklave gibt es über 100 Anwesende, weit mehr als in jedem Wahllokal, die außerdem alle während der ganzen Wahl von der Stimmabgabe bis zur Auszählung anwesend sind. Das ist in einem deutschen Wahllokal normalerweise bei keiner einzigen Person der Fall. Fälschen im Konklave ist also garantiert nicht leichter und es dürfte wohl kaum unentdeckt bleiben wenn es ergebnisrelevant mehr Stimmzettel als Kardinäle gibt. Nachzählungen sind selten und wenn, dann dürfen sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, es besteht dann also nicht einmal theoretisch eine Kontrollmöglichkeit für die Wähler. Das BVerfG hat diese Praxis leider abgesegnet, Wilko hatte bei der Klage gegen das Ergebnis der BTW 2005 auch erfolglos dagegen geklagt. Wiederholungswahlen sind extrem selten. Bei Bundestagswahlen gab es meines Wissens noch nie eine und bis es dazu kommt, gehen Monate oder Jahre ins Land. Sehr anfällig für mögliche Fälschungen ist die im Konklave naturgemäß nicht vorhandene Briefwahl. Ich beschränke mich auf die beiden größten Sicherheitsprobleme (ein Problem mit dem Wahlgeheimnis gibt es natürlich obendrein): Erstens besteht praktisch keine Kontrollmöglichkeit, ob wirklich der Wahlberechtigte (oder seine Hilfsperson) und nicht jemand anderes gewählt hat. Zweitens muss man sich für die Zeit vom Eingang des Wahlbriefs bei der Gemeinde bis zur Auszählung vollständig auf die Korrektheit der Gemeindebehörde verlassen. Es gibt keine Möglichkeit, zu kontrollieren, was in dieser Zeit mit den Wahlbriefen geschieht. Für jemanden, den es wirklich um fälschungssichere Wahlen geht und nicht um Propaganda, sollte das allemal relevanter sein als ein vielleicht im Kardinalsgewand versteckter zweiter Stimmzettel. Jedenfalls ist das Konklave vergleichsweise wenig fälschungsanfällig. |
Marc K.
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Montag, 25. Februar 2013 - 00:52 Uhr: | |
Man muss verschiedenes unterscheiden: Da hier doch einiges durcheinandergegangen ist: 1. Es gibt den Vatikanstaat (offiziell: Staat der Vatikanstadt). Der Papst ist Staatsoberhaupt dieses Staates. Ende 2005 gab es 557 Staatsbürger: 58 Kardinäle, 293 Kleriker (Mitglieder von päpstlichen Einrichtungen), 62 weitere Kleriker, 110 Mitglieder der Schweizergarde und 43 Laien. Etwas weniger als die Hälfte (246) haben ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft beibehalten. Im März 2011 hatte der Vatikanstaat 572 Staatsbürger sowie 221 Einwohner ohne vatikanische Staatsbürgerschaft.[Quelle Wikipedia unter Verweis auf den Observatore Romano). Der Vatikanstaat ist durch die Lateranverträge von 1929 geschaffen worden. Nach bestehenden Völkerrecht braucht ein Staat im übrigen ander als hier behauptet wurde natürlich auch ein Staatsgebiet, d.h. einen festen Teil der Erdoberfläche (Landfläche). Über dieses verfügt der Vatikan auch. 2. Es gibt den "Heiligen Stuhl". Beim "Heiligen Stuhl" handelt es sich um ein nicht-staatliches Völkerrechtssubjekt. Der "Heilige Stuhl" war das erste anerkannte nicht-staatliche Völkerrechtssubjekt. Der Papst ist die einzige Person, die qua Amt ein Völkerrechtssubjekt ist (anders als etwa ein Präsident oder Regierungschef, der selbst kein Völkerrechtssubjekt ist, sondern lediglich ein Völkerrechtsubjekt (seinen Staat) vertrtt). Er handelt in dieser Eigenschaft also nicht für ein anderes Völkerrechtssubjekt (Vatikan), sondern für das Papstamt (Heiliger Stuhl) selbst. Die diplomatischen Beziehungen unterhält der Papst in seiner Funktion als "Heiliger Stuhl" - also als nicht-staatliches Völkerrechtssubjekt und nicht als Staatsoberhaupt des Vatikanstaats. Nicht der Vatikanstaat ist Beobachter bei der UN, sondern der "Heilige Stuhl". 3. Der Papst ist Oberhaupt der Katholischen Kirche, einer Glaubensgemeinschaft, die kein Völkerrechtssubjekt ist. In Deutschland ist die Katholische Kirche eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Ihre Rechtsstellung in den übrigen Staaten wird nach nationalen Recht bestimmt. Für ihrer interne Organisation hat sie eigenen Regelungen, unter anderem den Corpus iuris canonici. Die Wahl des Papstes ist in diesem Regelwerk enthalten. Insofern handelt es sich bei der Papstwahl explizit um eine Wahl des Oberhaupts der Katholischen Kirche. Dieses Amt ist außerdem als nicht-staatliches Völkerrechtssubjekt "Heiliger Stuhl" anerkannt. Außerdem ist der Papst Staatsoberhaupt eines Staates (Staat der Vatikanstaat), der durch die Lateranverträge von 1929 geschaffen wurde. Dies ermöglicht der Katholischen Kirche ohne Übergriffe von (anderen) Staaten ihr Oberhaupt zu wählen und zu bestimmen. Das sollte aber nicht den Blick darauf verstellen, worum es primär geht: Die Wahl des Oberhaupt der Katholischen Kirche. Von einer "Scheinwahl" kann man hier auch nicht sprechen. Es gibt mehrerere Kandidaten und die Wahlberechtigten haben eine echte Auswahl. Das ist ein gravierender Unterschied zur DDR oder zu anderen Ostblockstaaten, bei denen die Wähler nur die Wahl einer Einheitsliste hatten und bei denen das Ergebnis (99% Zustimmung) immer feststand bzw. herbeigefälscht wurde. Keiner von uns weiß heute, wer der nächste Papst wird. Ob Marc Ouellett, wohl der Favorit, das Rennen machen wird, ist offen. Auch Kandidaten aus Lateinamerika (etwa Odilo Pedro Scherer aus San Paolo, Brasilien) und aus Italien und Afrika werden genannt. Was die Organisation einer Glaubensgemeinschaft angeht, so erlaubt unsere Verfassung aus guten Gründen diesen ihre Angelegenheiten ihrem Selbstveständnis nach selbst zu regeln. Fragen der Glaubenswahrheit sind keine demokratischen Fragen, sondern Fragen des Glaubens. Über Fragen wie die "unbefleckte Empfängnis", die "Heilige Dreifaltigkeit", das Amtsverständnis (Jesus und seine Jünger = Papst und Priester) sind Fragen der Theologie, nicht der Demokratie. Die Katholische Kirche hat sich in ihrer Geschichte gegen mächtige Gegner behaupten müssen, zuletzt gegen den Kommunismus. Ich denke daher, dass sie selbst über die notwendige Kompetenz verfügt, auch im 21. Jahrhundert sich so aufzustellen, dass sie dieses Jahrhundert erfolgreich bewältigen wird. Letztlich entscheiden darüber die Menschen, die frei entscheiden können ob sie die Theologie der Katholischen Kirche überzeugt und ob sie der Katholischen Kirche beitreten oder in ihr verbleiben, oder dies eben nicht tun. Das diese Freiheit global immer mehr wahrgenommen wird, zeigt der Erfolg von evangelikalen Bewegungen in Lateinamerika. In Europa erodiert sowohl die Katholischen Kirche wie die Evangelische Kirche, obgleich letztere sehr stark sich dem Zeitgeist anpasst. Der Katholischen Kirche die selbe Strategie anzuempfehlen erscheint daher kein guter Rat zu sein, da er nicht zum Erfolg führt (in den letzten Jahrzehnten war der Mitgliederrückgang bei der Evangelischen Kirche ja sogar noch größer). |
Norddeutscher Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Montag, 25. Februar 2013 - 14:23 Uhr: | |
@Marc K. Recht hast Du, was die Bewertung der rechtlichen Lage des Vatikan angeht. Nur in einem Punkte irrst Du. Du schreibst "Es gibt mehrerere Kandidaten". Das ist falsch. Es gibt keine Kandidaten, weil jeder männliche Katholik wählbar ist, ohne vorgeschlagen werden zu müssen (weder von sich selbst noch von Anderen). Eine Kandidatur ist aber immer von der Bekundung des Kandidaten, er strebe das Amt an, abhängig. Genau diese gibt es hier aber nicht. Die Wahlberechtigten haben zwar eine echte Auswahl (theoretisch aus einer Menge, die um ein Millionenfaches höher ist, als die Zahl der Wahlberechtigten selbst), aber sie können dabei nicht unter Kandidaten auswählen, sondern sie müssen aus einer Gruppe auswählen, deren genau personale Begrenzung sie nicht einmal im Ansatz kennen. |
Ingo Zachos
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Montag, 25. Februar 2013 - 15:30 Uhr: | |
@ Marc K: Bei Scheinwahlen werden wie z.B. derzeit im Iran, aber früher auch in der Sowjetunion oder China durchaus mehrere Kandidaten zugelassen, aber sie stellen wegen ihrer garantierten ideologischen Ausrichtung eben keine richtige Alternative dar. Vorgeblich waren die Einheitslisten der DDR auch durch Einwirkung des Volkes mit der Möglichkeit der Ablehnung von Wahlvorschlägen erstellt worden, aber tatsächlich fand diese Volksbeteiligung niemals frei statt. Genau so verhält es sich eindeutig bei der Papstwahl: Das Volk bleibt außen vor. Wichtiger aber ist es festzustellen, das der alte Papst die Wahlberechtigten ernennt, und also keine Wahl durch das Staatsvolk oder das Kirchenvolk stattfindet. Es wird aber der Anschein erweckt, die Kirche habe sich einen neuen Papa gewählt, obwohl die Kardinäle nur Repräsentanten des alten Papstes sind, aber nicht der Kirche. Tatsache ist aber, statt der Kirche hat ein vom alten Papa ernanntes Gremium in seinem Sinne einen neuen Papa gewählt. Fürwahr ein Beispiel für eine echte Wahl mit richtigen Alternativen! So kam es vor, das sich italienische Päpste durch das Ernennen vieler Landsmänner über Jahrhunderte eine Mehrheit für einen Italiener sicherten, obwohl niemals eine Mehrheit des Kirchenvolkes aus Italien kam. Ist jemand, wie Johannes Paul II. lang genug Papst, so kann er den Nachfolger quasi selbst bestimmen. Auf jeden Fall werden aber nur konservative und erzkonservative Kardinäle ernannt, denn die Ideologie soll erhalten bleiben. Nein, wie sie es drehen und wenden: diese Wahl ist eine Scheinwahl, die keine freie Wahl durch die Kirche ist, sondern eine Scheinwahl eines ernannten Gremiums, das bestimmt in keiner Weise die Kirche repräsentiert. Die Kirche, das sind die Gläubigen, nicht die Kardinäle. Da dieses so ist, ist die Papstwahl eine Scheinwahl reinsten Wassers. Sie sind eben nicht die Kirche, geben es aber immer noch vor. So wie die SED nie die Partei des Volkes oder der Arbeiter und Bauern oder Werktätigen war, es aber immer vorgab. Übrigens, braucht ein Völkerrechtssubjekt kein Staatsgebiet, um anerkannt zu werden, anders als sie offenbar behaupten wollen. Staaten ohne Staatsgebiet (z.B. Ost-Timor) wurden und werden vielfach anerkannt bzw. auch solche mit Staatsgebiet nicht anerkannt. Allerdings haben sie ja selbst festgestellt, das hier ein Staat mit Staatsgebiet vorliegt. Mithin haben sie also bestätigt, was ich und andre hier schon schrieben. |
Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Montag, 25. Februar 2013 - 20:12 Uhr: | |
@Norddeutscher: Das Wahlverfahren ist aber dazu geeignet, auch zur Nominierung von Kandidaten zu dienen. Deren Zustimmung ist dazu nicht nötig (wie auch in einer Reihe von deutschen Wahlgesetzen, wo es aber an der Geeignetheit mangelt). Allerdings gibts ein Problem, wenn ein externer Gewählter die Wahl nicht annimmt. Die Möglichkeit hat er ja bei der Papstwahl, kann es aber nicht schon vorher ankündigen. @Ingo Zachos: Der Papst kann seinen Nachfolger nicht nur "quasi" selbst bestimmen, sondern auch völlig real und direkt. Er hat die alleinige und vollständige Gesetzgebungskompetenz dafür. Dass die Ideologie erhalten bleiben soll, ist in der Tat vordringliches Ziel des ganzen Verfahrens. Niemand versucht, einen gegenteiligen Anschein zu erwecken. Es soll auch nicht die Kirche die Gläubigen repräsentieren, sondern die Gläubigen die Kirche. Du hast da ein grundlegendes Verständnisproblem, das wir hier aber auch nicht lösen werden können. |
Charpentier Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Montag, 25. Februar 2013 - 20:54 Uhr: | |
Ich würde vorschlagen, die Diskussion um den Begriff "Scheinwahl" zu beenden. Wir können festhalten, daß Ingo Zachos als einziger den Begriff für passend hält, sämtliche anderen Diskussionsteilnehmer dagegen nicht. Daran wird sich auch nichts mehr ändern. Zurück zum eigentlichen Thema: Papst Benedikt XVI. hat die Regeln zur Wahl des neuen Papstes nun wie erwartet so geändert, daß das Konklave auch schon vor dem 15. März zusammentreten kann, sofern alle wahlberechtigten Kardinäle in Rom anwesend sind. http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/vatikan-papst-aendert-regeln-fuer-konklave-a-885416.html |
Martin Fehndrich
Moderator
| Veröffentlicht am Montag, 25. Februar 2013 - 20:59 Uhr: | |
Bruce Schneier hat seine Sicherheitseinschätzung der Papstwahl "Hacking the Papal Election" aktualisiert. Er findet den Wahlprozeß überraschend gut. http://www.schneier.com/blog/archives/2013/02/hacking_the_pap.html Dann gibt es eine neue Motu Proprio von Benedikt XVI zur Papstwahl http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/motu_proprio/documents/hf_ben-xvi_motu-proprio_20130222_normas-nonnullas_lt.html Das Konklave kann früher beginnen, wenn alle "Cardinales electores" anwesend sind, die Sicherheitsvorkehrungen werden verschärft, die Strafe für Geheimhaltungsverstoß ist nun die automatische Exkommunikation. |
görd
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Montag, 25. Februar 2013 - 21:04 Uhr: | |
Die Papstwahl ist keine echte Wahl sondern eher ein Raten. Der Heilige Geist, so existent, bestimmt ja den Papst und die Kardinäle sollen ja nur irgendwie herausfinden, was der (oder die/das ^^) will. Die Wahl trifft also der Heilige Geist. |
CHeine Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Montag, 25. Februar 2013 - 21:05 Uhr: | |
Hilft denn die neue Regel in diesem Fall weiter? Es müssen ja wohl ALLE wahlberechtigten Kardinäle da sein. Und zumindest ein Wahlberechtigter Kardinal (der aus Edinburgh) kommt ja wohl nicht. Oder werden diejenigen, die offiziell verzichtet haben, rausgerechnet? |
Martin Fehndrich
Moderator
| Veröffentlicht am Montag, 25. Februar 2013 - 21:42 Uhr: | |
Ich vermute, Kardinal O'Brien und Kardinal Darmaatmadja fallen unter Nr. 38 Universi Dominici gregis. Wenigstens kann das Kardinalskollegium das beschließen. |
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