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Rederecht im Deutschen Bundestag

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CHeine
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 16. April 2012 - 13:22 Uhr:   

Was halten die Experten des Forums von der geplanten Änderung der Geschäftsordnung zum Thema Rederecht und den Diskussionen dazu?
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Wähler
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Montag, 16. April 2012 - 13:43 Uhr:   

Das ist doch keine wahlrechtliche Frage. Aber davon ab: Ich möchte die Auffassung der Partei hören, da sind mir die Meinungen der Abweichler ziemlich egal. Im Gegenteil: Ich wähle eine Partei, damit sie ihr Parteiprogramm durchsetzt und nicht, damit Abweichler ihr eigenes Ding drehen. Insofern sehe ich das eher positiv, weil es der Profilierungssucht von Hinterbänklern vorbeugt, die nur deswegen von der Parteilinie abweichen, um auch mal ins Fernsehen zu kommen.
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Arno Nymus
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 16. April 2012 - 14:06 Uhr:   

Ich sehe das eher negativ. Die Meinung der einzelnen Abgeordneten sind immer noch ein gewisses Korrektiv für die Parteien. Wenn ausschließlich die Meinung der Parteiführung zählt, dann vermindert das die Bedeutung des Parlamentes noch weiter und die Macht wird noch stärker auf wenige Einzelpersonen konzentriert als jetzt schon.
Je schmaler die Macht geteilt wird, desto leichter wird auch ein Umschwenken weg von den vor der Wahl versprochenen Programmen.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 16. April 2012 - 17:52 Uhr:   

Wenig. Es kommt ohnehin selten genug vor, dass Parlamentarier abweichende Meinungen im Plenum kundtun. Ihnen selbst die theoretische Möglichkeit nehmen zu wollen, halte ich für ein Unding. Die Fraktionen haben reichlich Möglichkeiten, ihren Standpunkt darzulegen.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Montag, 16. April 2012 - 18:00 Uhr:   

Wie sich ein Wahlergebnis letztlich in reale Entscheidungen umsetzt, ist im weiteren Sinn schon eine wahlrechtliche Frage. Wobei das hier eher symbolischen Wert hat. Das Plenum ist ohnehin weitgehend eine reine Showveranstaltung, in der keine wirklichen Entscheidungen getroffen werden, sondern nur rituell fixiert.

Das wirkliche Problem ist, dass meist nicht die Mehrheit im Bundestag entscheidet, sondern eine Mehrheit in einzelnen Fraktionen bzw. in einer Koalition. Wenn was trotz Abweichlern überhaupt ins Plenum kommt, sind die Mehrheiten aber in der Regel eh klar. Entwürfe der Opposition, die eigentlich eine Mehrheit hätten (und wo sich die Behandlung nicht so leicht verhindern lässt), werden ziemlich zuverlässig abgelehnt.

Ziemlich pervers ist es aber, ein personalisiertes Wahlsystem haben zu wollen, wenn man dann eine öffentliche Wirkung einzelner Personen ausschließen will. Wobei es da wirksamere Mittel als das Bundestagsplenum gibt; das ist wie gesagt nur eine symbolische Frage, die allerdings Rückwirkungen auf das Selbstbewusstsein der Abgeordneten und die generelle politische Kultur haben kann.

Dass es für das Vorhaben den Segen aus Karlsruhe geben wird, halt ich aber für eher fraglich.
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Ralf Lang
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 17. April 2012 - 15:05 Uhr:   

Ich würde gern den Änderungsvorschlag lesen, bevor ich über ihn urteile.
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Holger81
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Dienstag, 17. April 2012 - 18:07 Uhr:   

Da muss ich mich Ralf Lang anschließen; laut einem FAZ-Artikel (http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/reform-des-rederechts-im-bundestag-ausgesetzt-auch-abweichler-duerfen-lange-reden-11719575.html) sollte die jetzt abgeblasene Änderung ja die Möglichkeit des Rederechts für Abweichler gerade erst einzuführen (wenn auch in engem Rahmen). Bei der Euro-Rettungsschirm-Diskussion hat Lammert ja scheinbar "eigenmächtig" den Abweichlern Rederecht eingeräumt, und wurde dafür vom Ältestenrat gerügt.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Dienstag, 17. April 2012 - 23:36 Uhr:   

Abgesehn davon, dass die Geschäftsordnung nicht nach Belieben die Verfassung außer Kraft setzen kann, hat momentan grundsätzlich jeder Abgeordnete immer Rederecht. Bloß verfügt der Ältestenrat über die Rededauer. Das ist allerdings äußerst vage formuliert; die Praxis, dass der Zugriff auf Redezeiten nur über die Fraktionen geht, ist durch den Wortlaut nicht gedeckt.

Strittig ist letztlich aber nur, ob Abweichler vergleichbare Rechte wie Fraktionslose haben, oder ob sie bei der Fraktion, gegen die sie sprechen wollen, um Redezeit betteln müssen. Da unterscheiden sich halt die Ansichten von Lammert und dem Ältestenrat. Bei der vorgeschlagenen Änderung wird (neben der Einschränkung persönlicher Erklärungen) nur der Standpunkt des Ältestenrats in der Geschäftsordnung fixiert, außer dass Fraktionen von Abweichlern dafür zusätzliche Redezeit erhalten.

Im Wesentlichen stehn die geplanten Änderungen hier. Wobei sich inzwischen abzeichnet, dass das nochmal neu verhandelt wird und wahrscheinlich auch von der Tagesordnung nächste Woche genommen wird. Die Fraktionen haben offenbar die Brisanz des Themas unterschätzt. Ursprünglich sollte das ohne Debatte beschlossen werden; momentan sind immerhin 30 Minuten vorgesehn (wobei fraglich ist, ob notorische Abweichler was davon kriegen würden).

Die vernünftigste Lösung wär, dass jeder Abgeordnete ein jährliches individuelles Redezeitkontingent hat und selber entscheiden kann, wofür er es verwendet und wie viel er davon an die Dauerredner der Fraktion abgibt.
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Werner Fischer
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 18. April 2012 - 08:27 Uhr:   

Die vernünftigste Lösung wär, dass jeder Abgeordnete ein jährliches individuelles Redezeitkontingent hat und selber entscheiden kann, wofür er es verwendet und wie viel er davon an die Dauerredner der Fraktion abgibt.

Genau so sollte es laufen. Das Recht im Bundestag steht zunächst den Abgeordneten zu, die es (individuell) an ihre Fraktion abgeben können (aber nicht müssen). Derzeit funktioniert eine Fraktionen nicht als Zusammenschluss von Abgeordneten, sondern als "verlängerter Arm" der jeweiligen Partei. Volksvertreter im eigentlichen Wortsinn sind faktisch nicht mehr vorhanden; es handelt sich nicht, sie sind nur noch um Vertreter der jeweiligen Partei=Fraktion.

Da es auf Bundesebene keine Volksinitiativen bzw. Volksentscheide gibt, liegt das Schicksal der Bürger dort allein in der Hand der (immer gleichen) Parteien.
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Holger81
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Mittwoch, 18. April 2012 - 16:32 Uhr:   

"Abgesehn davon, dass die Geschäftsordnung nicht nach Belieben die Verfassung außer Kraft setzen kann,"

Im Grundgesetz steht m.W. nichts von einem allgemeinen Rederecht für Abgeordnete. Selbst ein Parlament ohne jegliche Aussprache wäre m.E. mit dem Grundgesetz verträglich (wenn auch nicht wünschenswert). Für die Bundesversammlungsmitglieder schließt das Grundgesetz die Aussprache bei ihrer einzigen Amtshandlung ja sogar explizit aus, ohne dass das in der Öffentlichkeit jemanden zu stören scheint.

"hat momentan grundsätzlich jeder Abgeordnete immer Rederecht."
Das kann ich so nicht in der Geschäftsordnung [http://www.gesetze-im-internet.de/btgo_1980/BJNR012380980.html] finden (außer der Möglichkeit der "persönlichen Erklärung" nach Schluss der Aussprache), woraus ergibt sich das? Nach Par. 25 kann die Aussprache auf Antrag geschlossen werden, sobald jede Fraktion einmal das Wort erhalten hat, nicht jeder Abgeordnete.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Mittwoch, 18. April 2012 - 22:22 Uhr:   

"Art. 38 verleiht jedem Bundestagsabgeordneten eine gewisse Eigenständigkeit innerhalb des Bundestags. Diese Eigenständigkeit besteht nicht nur darin, dass er sein Stimmrecht frei ausüben, sondern auch dass er im Plenum des Bundestags von seinem Rederecht selbstständig Gebrauch machen kann."

http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv010004.html#Rn033

Nach § 27 Abs. 1 GO kann sich jedenfalls jeder Abgeordnete zu Wort melden, und der Präsident bestimmt die Reihenfolge der Redner. Dass ein Beschluss auf Schluss der Aussprache in der Regel Vorrang hat, ist klar, während eine Vergabe rein über die Fraktionen nichtmal in der GO steht.
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Holger81
Unregistrierter Gast
Veröffentlicht am Donnerstag, 19. April 2012 - 15:15 Uhr:   

Danke f�r den Link, das BVerfG-Urteil kannte ich nicht; dann gebe ich Ihnen recht, dass eine Einschr�nkung des Rederechts f�r Abweichler verfassungsrechtlich zweifelhaft w�re. Ob es sich um eine solche hier handelt, ist mir aber immer noch nicht klar: Laut Becks Webseite w�rde durch die �nderung von Par. 35 ja dem BT-Pr�sidenten explizit das Recht gegeben, von der vorgesehenen Aufteilung der Aussprache abzuweichen, welches er bisher zumindest explizit nicht hatte. (Welchen Sinn machte der Beschluss von �ltestenrat und Bundestag f�r die Struktur der Aussprache nach Par. 35, wenn der Pr�sident beliebig davon abweichen d�rfte? Daher wohl die R�ge f�r Lammert.)

Durch die Regelung zum Schlie�en der Aussprache k�nnen Abweichler auch nach der jetzigen Regelung faktisch vom Rederecht ausgeschlossen werden, wenn der Pr�sident und die Bundestagsmehrheit das wollen: Der Pr�sident setzt die Abweichler einfach ans Ende der Redeliste, und der Bundestag beschlie�t das Ende der Aussprache, sobald alle "erw�nschten" Redner dran waren.
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Thomas Frings
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Donnerstag, 19. April 2012 - 19:33 Uhr:   

"Durch die Regelung zum Schlie�en der Aussprache k�nnen Abweichler auch nach der jetzigen Regelung faktisch vom Rederecht ausgeschlossen werden, wenn der Pr�sident und die Bundestagsmehrheit das wollen:"
Alles bis ins letzte Detail regeln zu wollen, ist gerade beim Rederecht nicht sinnvoll und vor allem deswegen war die geplante Neuregelung nicht so schlau. Beschneidet man die Rechte von Abgeordneten durch die GO, ist das natürlich bedenklich. Räumt man ihnen dagegen explizit weite Rechte ein, kann das als Obstruktionsmittel missbraucht werden und Oppositionsfraktionen können Abstimmungen mit einer Filibuster-Taktik lange verzögern.
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Ratinger Linke
Registriertes Mitglied
Veröffentlicht am Freitag, 20. April 2012 - 07:25 Uhr:   

@Holger81:

Dass die vom Ältestenrat vorgesehene "Gestaltung und Dauer der Aussprache" nicht in jedem Detail verbindlich sein kann, geht ja schon aus den restlichen Regelungen hervor. Die Frage ist letztlich nur, wie viel Druck man auf den Präsidenten ausüben möchte. So ist auch das geplante "im Benehmen mit den Fraktionen" zu sehn. Natürlich haben sie das nicht explizit als Vetorecht formuliert, aber die Absicht ist ganz klar, dass sie in aller Regel selber die Entscheidungsgewalt behalten wollen.

Klar ist auch, dass an sich sinnvolle Regelungen in der GO so instrumentalisiert werden können, dass es nicht mehr verfassungsgemäß ist. Entscheidend ist da eher die Praxis als der Wortlaut der GO; insofern kann man sich manche Detailregelung wirklich sparen.

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