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Timo
| Veröffentlicht am Freitag, 18. Oktober 2002 - 21:35 Uhr: | |
Der EU-Kommissionspräsident Prodi nennt den Stabilitätspakt dumm und gerät dadurch in die Kritik. Die Länder Frankreich, Deutschland und Italien drängen auf eine flexiblere Auslegung der Kriterien. Ist es gerechtfertigt, den Stabilitätspakt aufzuweichen, um dadurch Investitionen, die die Konjunktur beleben sollen, leichter zu ermöglichen ? Oder gefähren wir damit nur die Stabilität des Euro oder sogar die Solidarität mit den EU-Mitgliedsländern, die die Stabilitätskriterien strikt einhalten ? Eure Meinung hierzu. |
Frederic
| Veröffentlicht am Freitag, 18. Oktober 2002 - 21:42 Uhr: | |
Ganz von den währungspolitischen Gefahren einer Aufweichung abgesehn, gehe ich fest davon aus, daß sich am Stabilitätspakt nichts ändern wird. Es ist nicht anzunehmen, daß eine einstimmige Entscheidung zustande kommt, da der Widerstand der "Musterländer" zu groß ist. |
Ralf Arnemann
| Veröffentlicht am Montag, 21. Oktober 2002 - 11:29 Uhr: | |
> Ist es gerechtfertigt, den Stabilitätspakt aufzuweichen, um dadurch > Investitionen, die die Konjunktur beleben sollen, leichter zu > ermöglichen ? Die Zinsen sind niedrig genug - die mangelnde Investitionsbereitschaft hängt an anderen Gründen (Reformstau, Steuerlast, Überregulierung). Und immerhin erlaubt der Maastricht-Vertrag, daß ein Staat pro Jahr 3% des kompletten Bruttosozialprodukts an neuen Schulden aufnehmen darf. Das ist eigentlich verdammt viel (nur einige wenige Jahre nach der Wiedervereinigung hat Deutschland dieses Maß erreicht). Wenn die Staaten jetzt noch mehr neue Schulden auftürmen würden, dann wäre die Zinslast und die Haushaltslage in einigen Jahren noch viel schlimmer. |
Thomas Frings
| Veröffentlicht am Montag, 21. Oktober 2002 - 13:06 Uhr: | |
Dem kann ich nur zustimmen. Der Primitivkeynesianismus, zu dem Rot/grün offensichtlich zurück will- ist in Europa in den 70er Jahren spektakulär gescheitert. In Deutschland fing in der Zeit der Schuldenaufbau an und Anfang der 80-er Jahre waren die meisten Länder in der tiefsten Rezession, Dänemark und Belgien am Rande des Staatsbankrotts. Und auch die Erfahrungen mit deficit spending in Japan sind nun alles andere als positiv: Trotz massiver Ausgabenprogramme und Zinsniveau fast bei null wächst die Wirtschaft nicht. Dafür hat der Schuldenstaat in % des BIP inzwischen selbst Italien, Belgien und Griechenland weit übertroffen. Mit neuen Schulden will man nur den REformstau zukleistern. Ich denke, Rot/grün hat 2006 mit der Strategie das Land so offensichtlich vor die Wand gefahren, dass dann auch ein Krieg oder eine Naturkatastrophe Schröder nicht mehr retten werden. |
Frederic
| Veröffentlicht am Montag, 21. Oktober 2002 - 14:53 Uhr: | |
Wenn nur der vergeßliche und gutgläubige Wähler nicht wäre, der wieder auf das "wir haben gute Arbeit geleistet und wollen Deutschland auch den kommenden 4 Jahren sozial und ökologisch erneuern" reinfällt. :-( |
alberto
| Veröffentlicht am Montag, 21. Oktober 2002 - 21:01 Uhr: | |
Quote:Von Ralf Arnemann Ist es gerechtfertigt, den Stabilitätspakt aufzuweichen, um dadurch Investitionen, die die Konjunktur beleben sollen, leichter zu ermöglichen ? Die Zinsen sind niedrig genug - die mangelnde Investitionsbereitschaft hängt an anderen Gründen (Reformstau, Steuerlast, Überregulierung). Und immerhin erlaubt der Maastricht-Vertrag, daß ein Staat pro Jahr 3% des kompletten Bruttosozialprodukts an neuen Schulden aufnehmen darf. Das ist eigentlich verdammt viel (nur einige wenige Jahre nach der Wiedervereinigung hat Deutschland dieses Maß erreicht). Wenn die Staaten jetzt noch mehr neue Schulden auftürmen würden, dann wäre die Zinslast und die Haushaltslage in einigen Jahren noch viel schlimmer.
Wir sind nur ein Beispiel wenn auch das denkbar schlechteste. Und mit unserem Volumen ziehen wir andere in den Keller. Das vor dem Hintergrund, daß wir anderen arroganter Weise den Pakt angedient, wenn nicht gar aufgenötigt hatten. Häme ist angesagt. Wer mehr ausgibt, als er einnimmt, tut das auf jedem Niveau und in jeder Situation. Wer weiter denkt, wird nicht dem schlechten Geld gutes hinterherwerfen, sondern die Pleite abwarten und dann dem Notleidenden sein Almosen geben, dann nützt es mehr. In der Demokratie sollte man solche unzuverlässigen Kandidaten austauschen können. Geht aber nicht. Die Dinge nehmen ihren Lauf. Welchen, darüber gibt es jede Menge sachkundige Literatur. Wer suchet, der findet. (Bandulet, Literaturhinweise ebenda). Was uns betrifft, so ist der Aderlaß an Höherqualifizierten natürlich ein ebensolcher an Kaufkraft. search: Gewaltenteilung, 137 GG -- Wer das nicht verändert, wird gar nichts verändern Wer das nicht kapiert hat, hat gar nichts kapiert WahlRechtReform |
John M.
| Veröffentlicht am Montag, 21. Oktober 2002 - 21:44 Uhr: | |
1. Währungspolitische Risiken sind vernachlässigbar. Nichtstun wäre schlimmer, auch für die Währung. 2. Zu einer notwendigen Aufweichung, d.h. neuen Auslegung, ist keine Einstimmigkeit nötig. Der Pakt wird ganz einfach überzogen, das bleibt ohne Folgen, weil Pedro Solbes ein zahnloser Tiger ist, dessen Strafverfahren in zig Stufen bis zur Geldbuße ebenso untauglich ist, politische Schwergewichte wie Schröder und Chirac einzufangen. 3. Bevor man über Keynes urteilt, sollte man ihn wenigstens begriffen haben. Das ist bei den neoliberalen "Wirtschaftsexperten" Frings und Arnemann, die nur das ideologische Mainstream-Programm und -Vokabular weiter Teile der deutschen Pseudo-Elite nachplappern, offensichtlich nicht der Fall. 4. Leider macht Rot-Grün aus Angst vor der eigenen Courage nur kleine Schritte in die richtige Richtung. (Anm. eines gegen den Strom Schwimmenden: Mit richtige Richtung meine ich nicht das, was allgemein darunter verstanden wird, nämlich die Zerschlagung der sozial-ökologischen Marktwirtschaft) 5. Ich schlage vor, ALBERTO zum FÜHRER zu wählen, damit er endlich mal Ruhe gibt. |
Thomas Frings
| Veröffentlicht am Montag, 21. Oktober 2002 - 23:42 Uhr: | |
Wer Keynes verteidigt, sollte doch mal ein Beispiel anführen, wo seine Politik langfristig Erfolg hatte. Aber in der REgel wird ja nicht wirklich eine keynesianische Strategie gefahren, sondern das was man Primitivkeynesianismus nennen kann (so nennt es übrigens auch der bisherige grüne Haushaltsexperte Oswald Metzger): Geht es der Wirtschaft schlecht, werden auf Pump die Staatsausgaben erhöht. Wenn es der Wirtschaft aber besser geht werden diese Ausgaben aber nicht im Sinne einer antizyklischen Politik wieder reduziert, sondern munter weiter Schulden gemacht. Man muss wiklich kein Milton-Friedman-Jünger sein, um die die Sinnhaftigkeit dieser Strategie in Frage zu stellen, dazu reicht ein Minimum an gesundem Menschenverstand. Aber vernünftigen Argumenten sind Keynesianer und Pseudo-Keynesianer ja nicht zugänglich, die beschränken sich darauf, ihre Gegner schlecht zu machen. |
Steuerzahler
| Veröffentlicht am Dienstag, 22. Oktober 2002 - 12:57 Uhr: | |
In den letzten 20 Jahren gab es immer wieder Steuersenkungen, hauptsächlich für Firmen und Grossverdiener. Dann soll man sich nicht wundern, wenn kein Geld in der Kasse ist. Da hilft nur eins: [b]drastische Steuererhöhungen ![/b] Denn für alle Schulden, auch für die, die wir jetzt machen, zahlen wir Zinsen und [rot]Zinseszinsen[/rot]. Am Ende kommt es uns erheblich billiger, wenn wir unsere Schulden JETZT bezahlen. |
Ralf Arnemann
| Veröffentlicht am Dienstag, 22. Oktober 2002 - 17:19 Uhr: | |
@John M: > Das ist bei den neoliberalen "Wirtschaftsexperten" Frings und > Arnemann, die nur das ideologische Mainstream-Programm und > -Vokabular weiter Teile der deutschen Pseudo-Elite nachplappern, > offensichtlich nicht der Fall. Was haben diese Beleidigungen mit meinem Beitrag zu tun? |
Ralf Arnemann
| Veröffentlicht am Dienstag, 22. Oktober 2002 - 17:22 Uhr: | |
@Steuerzahler: > In den letzten 20 Jahren gab es immer wieder Steuersenkungen, ... Es wurde viel am Steuersystem rumgeschraubt - aber in Summe ist die Steuerlast Jahr für Jahr gestiegen. Eine Ausnahme wurde durch den bekannten Fehler in Eichels Steuerreform verursacht, weil sich diverse Firmen nun Geld aus der Finanzkasse zurückholen konnten. Ansonsten aber gilt: Wenn kein Geld in der Kasse ist, liegt das an der Ausgabenseite! |
Fragender
| Veröffentlicht am Sonntag, 16. Januar 2005 - 22:19 Uhr: | |
Und der Herr Bundeskanzler will nach Rundfunkmeldungen von heute den ganzen Pakt jetzt umkrempeln, weil er ihn nicht mehr erfüllen kann. Sauber Leistung Herr Schröder! |
Fragender Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Samstag, 29. September 2012 - 23:34 Uhr: | |
Tja, statt Stabilität haben wir nun Finanzierung der Schuldenmacherländer (Portugal, Italien, Griechenland, Spanien) durch die Länder, in denen die Bevölkerung fleißig arbeitet (wie z.B. Deutschland). Deutschland bezahlt, damit andere in der Hängematte liegen dürfen. Saubere Leistung Frau Merkel! |
Matze
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Sonntag, 30. September 2012 - 01:56 Uhr: | |
Tja, statt Gemeinschaft haben wir nun Bashing der ärmeren Länder (Portugal, Italien, Griechenland, Spanien) durch die Länder, in denen die Bevölkerung immer noch fett wie die Made im Speck lebt (z.B. Deutschland). Griechenland kriecht auf dem Zahnfleisch, weil andere ihren Wohlstand nicht teilen wollen. Saubere Leistung, BILD! |
Fragender Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Sonntag, 30. September 2012 - 11:30 Uhr: | |
@ Matze Griechenland kriecht auf auf dem Zahlfleisch, weil das Land Jahrzehnte über seine Verhältnisse gelebt hat. Das ist doch nicht die Schuld der deutschen Bevölkerung. Wer sich selbst in die Pleite geritten hat, soll sich auch selbst wieder aus dem Sumpf herausziehen und nicht jammern, dass die anderen Staaten nicht genug zahlen. Man hat dort offenbar die Innovation durch rechtzeitige Industrialisierung und vor allem durch die Schaffung eines effizienten Staatswesens verpasst. |
tg
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Sonntag, 30. September 2012 - 17:08 Uhr: | |
Sowohl die Ansicht von Fragender als auch die von Matze zeigen eins: Die Idee, daß der Euro etwas zur Versöhnung der Völker in Europa beiträgt, kann man wohl als gescheitert betrachten |
Fragender Unregistrierter Gast
| Veröffentlicht am Sonntag, 30. September 2012 - 18:34 Uhr: | |
@ tg Der Euro kann und soll auch garnicht zur Versöhnung in Europa beitragen. Das ist nicht die Aufgabe einer Währung. Geld ist eine Verrechnungsmöglichkeit für Waren und Dienstleistungen, mehr nicht. Und der Euro soll halt die Verrechnung über Staatengrenzen hinweg erleichtern. Und der Euro selbst ist auch überhaupt nicht das Problem. Das Problem ist auch nicht, dass es offenbar Völker gibt, denen "la dolce vita" wichtiger ist, als durch harte Arbeit selbst erwirtschafteter Wohlstand. Man darf dann nur nicht erwarten, dass einem Andere das süße Leben finanzieren - jedenfalls nicht ohne Gegenleistung, denn natürlich unterstütze ich mit jedem Südeuropaurlaub auch das Bruttosozialprodukt des Landes, in dem ich mich von der Arbeit hier erhole. Und das ist ja auch völlig in Ordnung, denn ich bekomme ja auch Gegenleistungen: Kontakt zu netten Menschen, vernünftige Hotelzimmer, leckeres Essen, interessante Kulturschätze aus alter Zeit und meistens besseres Wetter als an der Nordseeküste. Alles Gründe nach Südeuropa zu fahren und dort Euros zu bezahlen und nicht in Großbritannien. Für die Versöhnung der Völker bringen Kontakte (ob institutionalisiert oder privat organisiert) viel mehr. Austausch, wie z.B. vom Deutsch-Franzöischen Jugendwerk, vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk oder von der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste organisiert, führt zu Verständigung. Verständigung und Versöhnung geht nur über Kennenlernen und nicht über Geld. |
tg
Registriertes Mitglied
| Veröffentlicht am Montag, 01. Oktober 2012 - 11:47 Uhr: | |
Das sehe ich auch so. Aber ich erinnere mich noch an die Info-Heftchen zur Euroeinführung, wo auch das als Argument pro Euro genannt wurde. |
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