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Briefwahl vs. "Sonntagswahl"

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Ingo Rau
Veröffentlicht am Freitag, 27. September 2002 - 11:03 Uhr:   

Hallo!

Gibt es eigentlich eine Gegenüberstellung von Briefwahl- und „Sonntagswahl“-Ergebnissen? Wäre ja doch angesichts D.-G./Möllemann mal ganz interessant. Wobei man natürlich zum Vergleich dann wohl auch die entsprechenden Ergebnisse von 1998 bräuchte, schließlich dürfte das Briefwahl-Ergebnis sowieso nicht repräsentativ sein ...
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 27. September 2002 - 12:10 Uhr:   

Diese Daten habe ich auch gesucht!
Es gab schon immer das Phänomen, daß die Wähler der verschiedenen Parteien unterschiedlich "Briefwahl"-geneigt sind.
Z. B. bekommen FDP, Grünen und CDU etwas mehr Briefwahl- als Urnen-Stimmen, SPD und PDS weniger.

Dem Vernehmen nach soll die FDP bei den Briefwahlstimmen (11,5%) diesmal aber krass über dem Urnenwahlergebnis liegen.
Das spricht durchaus dafür, daß die Möllemann-Aktion auf den letzten Metern der Wahl noch 2-3% gekostet hat.

Ein "Däubler-Gmelin"-Effekt dürfte sich schwerer isolieren lassen.
Die SPD hatte wohl ohnehin ein bis zwei Wochen vor der Wahl ihr Stimmungshoch (und damit sehr gute Briefwahlergebnisse), auch ohne Däubler-Gmelin war die Irak-Frage aber im Bedeutungsschwund und vor allem die MobilCom-Geschichte hat nochmal Gegenwind gebracht.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Freitag, 27. September 2002 - 13:21 Uhr:   

Ich habe mich auch mal mit dem Wahlverhalten von Brief- und Urnenwählern beschäftigt und mal die Differenz in meinem Wahlkreis (99)ausgerechnet. Resultat: Möllemann hat der FDP nicht messbar geschadet. Die FDP bekam 11,99% bei den Urnenwählern und 14,00% bei den Briefwählern. Die Differenz von 2,01% ist bei vergangenen Wahlen auch erreicht worden. 1987 (neuere Zahlen habe ich leider hierfür nicht) betrug der Abstand im Bundesgebiet 2,5 Prozentpunkte (8,8 vs. 11,3%). Bei den anderen Parteien war überraschend, dass die Grünen bei den Briefwählern schlechter abschnitten (9,14 vs. 10,17%). Das könnte darauf hindeuten, dass sich viele Grünenwähler erst im letzten Moment entschieden haben.
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ich
Veröffentlicht am Freitag, 27. September 2002 - 15:14 Uhr:   

Nachdem ich da die Quelle ( http://www.mbfj.rlp.de/wirueberuns/einfuehrungsvorlesung_giessen.pdf , 1MB) von vorher gleich noch mal recyclen kann:

_____ 1998 ____ 1994
___ Urne Brif Urne Brif
SPD +0,9 -4,4 +0,8 -5,5
C*U -0,5 +3,0 -0,3 +2,6
Grn -0,3 +1,5 -0,4 +2,2
FDP -0,3 +1,9 -0,3 +2,2
PDS +0,2 -1,2 +0,1 -0,5
And +0,1 -0,6 +0,0 -0,1

Fehler durch mehrfache Rundungen wahrscheinlich.

BTW, Wilko, in http://wahlrecht.de/ergebnisse/bundestag.htm stimmen die Sonstigen 1994 nicht!
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 27. September 2002 - 17:32 Uhr:   

@Thomas Frings:
Das bedeutet: In Eurem Wahlkreis hat sich durch Möllemann nichts meßbares verändert.
Dort liegt der Unterschied ja nur bei den üblichen 2%.

Bundesweit dagegen sollen die Briefwähler bei 11,5% liegen und damit deutlich über dem Urnenergebnis (daß ja unter dem gemeinsamen Schnitt von 7,4% liegen muß).
Da wäre also der "Möllemann-Schaden" deutlich sichtbar.

Aber Belege für diese Zahlen habe ich noch nicht gefunden.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Freitag, 27. September 2002 - 18:24 Uhr:   

Mir ist natürlich auch klar, dass da ein Wahlkreis nicht repräsentativ für die Republik ist, aber die gleiche Tendenz habe ich auch in zwei Nachbarwahlkreisen festgestellt (Nr. 98 und 93). Eine signifikant über das normale hinausgehende Didfferenz ist bei der FDP auch da nicht zu erkennen, eher im Gegenteil eine noch geringere Abweichung.
Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass die FDP 11,5% der Briefwahlstimmen bundesweit bekommen hat.
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ich
Veröffentlicht am Samstag, 28. September 2002 - 11:07 Uhr:   

Ich hab mir jetzt mal die Briefwahlergebnisse der 4 Münchner Wahlkreise angeschaut. Auffällig ist auch hier, dass die Grünen bei den Briefwählern erstaunlich schlecht abgeschnitten haben. Dafür hat die SPD ihr Defizit fast völlig ausgeglichen.

München (Wkr. 219-222):
___ _ 2002 __ _ 1998
___ Urne Brif Urne Brif
SPD +0,1 -0,3 +1,7 -4,4
CSU -0,3 +0,9 -1,0 +2,3
Grn +0,5 -1,0 -0,2 +0,7
FDP -0,3 +0,7 -0,4 +1,3
PDS +0,0 -0,1 +0,0 -0,1
And +0,0 -0,2 -0,1 +0,2

Nach genauerer Analyse glaub ich nicht, dass dabei der unterschiedliche Zeitpunkt der Wahl eine Rolle gespielt hat. Normalerweise werden die (diesmal 200) Münchner Briefwahlbezirke getrennt nach den 25 Stadtbezirken zeitlich fortlaufend eröffnet (ich weiß aber nicht sicher, ob das diesmal auch so war, und vermutlich bezieht sich das auf den Zeitpunkt der Antragstellung; die Stadtbezirke haben zwischen 3 und 16 Briefwahlbezirke). Aus der Grafik der 25 Zeitreihen, die sich aus den Differenzen zum Wahlergebnis des jeweiligen Stadtbezirks ergeben, kann ich nicht den geringsten Anhaltspunkt einer Zeitabhängigkeit des Wahlverhaltens erkennen.
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Moersberg
Veröffentlicht am Samstag, 28. September 2002 - 14:00 Uhr:   

Man beachte zum Thema Briefwahl auch den Semesterferieneffekt in ausgesprochenen Studentenstädten. Beispiel Hansestadt Greifswald (WK 16), Zweitstimmenprozente gesamt:
SPD 36,4
CDU 32,3
PDS 16,8
GRÜNE 5,6
FDP 6,4

Nur Briefwähler (in Klammern Differenz zum Gesamtergebnis):
SPD 35,8 (-0,6)
CDU 29,3 (-3,0)
PDS 17,2 (+0,4)
GRÜNE 10,1 (+4,5)
FDP 6,5 (+0,1)

Deshalb: Immer die Sozialstruktur der Bevölkerung mit einbeziehen. In Metropolen wie München sind z.B. die GRÜNEN nicht ausschließlich nur auf die Bevölkerungsgruppen "Student" und "Universitärer Mittelbau" angewiesen.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Samstag, 28. September 2002 - 15:55 Uhr:   

@ Moersberg
"universitärer Mittelbau" und Studenten sind doch in weiten Teilen der Republik kaum vorhanden, trotzdem erreichen die Grünen auch in der Provinz nennenswerte Ergebnisse.
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Moersberg
Veröffentlicht am Samstag, 28. September 2002 - 20:53 Uhr:   

Im Westen.
Da gibt es eben noch viele andere Milieus.
Im Osten kaum, und deswegen fällt das auf. Ich bin sicher (ohne es überprüft zu haben), in Jena sieht das genauso aus wie in Greifswald.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Donnerstag, 03. Oktober 2002 - 11:48 Uhr:   

Ich habe zum ersten mal offizielle Zahlen gefunden, nämlich das amtl. Endergebnis in NRW getrennt nach Urnen- und Briefwählern. Resultat auch hier: Bei FDP kein Möllemann-Effekt meßbar, da Differenz im Rahmen des üblichen, eher sogar leicht kleiner. Die Grünen haben anders als in der Vergangenheit bei den Briefwählren schlechter abgeschnitten.
Ergebnisse im Einzelnen:
SPD: Urne 43,80/ Brief 39,69/ Total 42,96
CDU: Urne 34,41/ Brief 37,82/ Total 35,10
FDP: Urne 8,97/ Brief 10,82/ Total 9,35
Grüne:Urne 9,09/ Brief 8,08/ Total 8,89

Quelle: http://www.im.nrw.de/pe/pm2001/news_853_Anlage.htm
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Eike
Veröffentlicht am Donnerstag, 03. Oktober 2002 - 15:13 Uhr:   

@Moersberg: Da kann ich wohl zustimmen. In Jena haben die Grünen insgesamt 9,76 % der Zweitstimmen erhalten (übrigens hier hoher Anteil von SPD/Grünen-Splitting:

Erststimme SPD 48,4 % Grüne 5,4 %
Zweitstimme SPD 40,9 % Grüne 9,8 %

Besonders interessant finde ich zum Beispiel die Auswertung des Wahllokals Nr. 024 - ein Studentenwohnheim. Hier haben die Grünen 15,4 %, die FDP aber auch 14,5 %, wohingegen SPD und CDU nur 35,45 % bzw. 26,07 % haben.
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Ellen
Veröffentlicht am Freitag, 04. Oktober 2002 - 10:46 Uhr:   

KEIN negativer Möllemann-Effekt

"Das schlechte Ergebnis hatte andere Ursachen", sagte Möllemann.

Und recht hat er.

Hilmer widersprach Westerwelle in der Wochenzeitung "Die Zeit" und anderen prominenten Liberalen, die vor allem einen negativen "Möllemann-Effekt" für die Wahlschlappe mit 7,4 Prozent verantwortlich gemacht hatten.

Hilmer hatte das Abstimmungsverhalten der Briefwähler, die ihre Stimmen vor dem Streit um Möllemanns Äußerungen abgaben, mit dem Ergebnis der Wahl am 22. September verglichen - ein sehr eleganter Kniff, wie ich finde.

"Nichts spricht dafür, dass eine größere Zahl potenzieller FDP-Wähler es sich in letzter Sekunde anders überlegt hätte", sagte Hilmer. Wenn man berücksichtige, dass die FDP bei den Briefwählern immer überproportional gut abschneide, so sei ihr Ergebnis an der Wahlurne sogar ungewöhnlich gut ausgefallen: "Gerade einmal um 1,2 Prozentpunkte blieb es hinter dem Briefwahlergebnis zurück, 1998 hatte die Differenz noch zwei Prozentpunkte betragen."

Also sollten alle in sich gehen, die so vereinfachend-bequem Möllemann die Schuld am Wahlausgang geben. An ihm lag es nicht.
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ich / c07
Veröffentlicht am Freitag, 24. Januar 2003 - 09:18 Uhr:   

Nachdem es nun zumindest ungefähre Zahlen (PDF, 836 KB) zum bundesweiten Briefwahlergebnis gibt, hier noch mal die Zusammenstellung (jeweilige Abweichung zum Gesamtergebnis in %..):

         2002        1998        1994
      Urne Brief  Urne Brief  Urne Brief
SPD   +0,6 -2,5   +0,9 -4,4   +0,8 -5,5
C*U   -0,4 +1,9   -0,5 +3,0   -0,3 +2,6
Grn   -0,1 +0,4   -0,3 +1,5   -0,4 +2,2
FDP   -0,2 +1,1   -0,3 +1,9   -0,3 +2,2
PDS   +0,1 -0,7   +0,2 -1,2   +0,1 -0,5
And   +0,0 -0,2   +0,1 -0,6   +0,0 -0,1

Auch hier sind wieder kleinere Fehler durch mehrfache Rundungen möglich. Interessant ist das scheinbare Paradoxon, dass die CSU in Bayern eine Gesamtabweichung von Brief zu Urne von -1,2 %.. hat, die CDU im Rest eine von +1,7 %.., und dass sich daraus insgesamt +2,3 %.. ergeben. Das liegt daran, dass in Bayern der Briefwahlanteil sehr viel höher als im Rest war, was das Briefwahlergebnis für die Union stark angehoben hat.

Unsere ursprüngliche Vermutung, dass die Grünen inzwischen an der Urne besser abschneiden als bei der Briefwahl, hat sich also nicht bestätigt, aber der Unterschied hat sich doch stark verringert. Überhaupt sind die Unterschiede deutlich kleiner geworden, wobei auch die FDP keine Ausnahme macht. Einen Teil der Angleichung könnte der gestiegene Briefwähleranteil erklären (1994 13,4 %, 1998 16,0 %, 2002 18,0 %).

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