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Graue Tricks ?

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Migan (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Mittwoch, 10. Oktober 2007 - 19:58 Uhr:   

100% Ehrlichkeit stand auf den Plakaten... damit sieht es momentan aber nicht so gut aus.

Wie muss ich mir das eigentlich vorstellen? Wie kann man sich als Partei staatliche Gelder erschleichen?


Mittwoch, 10. Oktober 2007
Razzia bei "Grauen Panthern"
Trude Unruh im Visier

Gegen die Spitze der Seniorenpartei "Die Grauen - Graue Panther" wird wegen einer Parteispendenaffäre ermittelt. Neben der Gründungsvorsitzenden Trude Unruh hat die Staatsanwaltschaft Wuppertal vier weitere Beschuldigte im Visier. 60 Beamte durchsuchten bei Razzien in sechs Städten in Nordrhein-Westfalen, Berlin und Bayern 22 Objekte. Dabei handelte es sich um Geschäftsräume der Partei und ihr nahe stehender Stiftungen und Vereine sowie um Privatwohnungen der Beschuldigten.

Die Beschuldigten sollen gegen das Parteiengesetz verstoßen und Gelder vom Bundestag erschlichen haben. So sollen gefälschte Spendenquittungen eingereicht und Parteisitzungen zu Weiterbildungsveranstaltungen umdeklariert worden sein, um staatliche Subventionen zu erschleichen. In Einzelfällen seien auch Gelder für erfundene Veranstaltungen beantragt worden, erklärte die Staatsanwaltschaft. An der Razzia waren auch Steuerfahnder beteiligt.

Die Ermittlungen wurden den Angaben zufolge durch eine Strafanzeige der stellvertretenden Landesvorsitzenden der Partei in Nordrhein-Westfalen ausgelöst. Zeugen hätten ihre Aussagen bestätigt, berichtete die Staatsanwaltschaft. Zur Schadenshöhe wollten die Ermittler derzeit keine Angaben machen. Die Partei hatte im vergangenen Jahr Bundeszuschüsse in Höhe von 1,3 Millionen Euro erhalten.

Parteisprecher Emil Pathe wies die Vorwürfe aber entschieden zurück. "Die betroffenen Mitglieder des Parteivorstandes haben sich zu keiner Zeit der Steuerhinterziehung oder des Betrugs schuldig gemacht", sagte er. Solche Behauptungen würden von Mitgliedern erhoben, die in Wahlen unterlegen seien. Ursache seien vermutlich persönliche Ressentiments.

Erst am vergangenen Wochenende habe der Bundesparteitag die Rechenschaftsberichte des Bundesschatzmeisters für die Jahre 2004 und 2005 genehmigt. Die Berichte seien von Wirtschaftsprüfern als einwandfrei bestätigt worden, sagte der Sprecher.
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Good Entity (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Mittwoch, 10. Oktober 2007 - 20:52 Uhr:   

@Migan: "Wie kann man sich als Partei staatliche Gelder erschleichen?"

Naja, etwa so: "So sollen gefälschte Spendenquittungen eingereicht ... worden sein." - Das wäre natürlich auch außerhalb der Politik schon eine krasse Vorgehensweise. Sollte da etwas dran sein, dürfte es gravierende Folgen haben.

"Parteisitzungen zu Weiterbildungsveranstaltungen umdeklariert worden sein, um staatliche Subventionen zu erschleichen." - Darüber wird man streiten können.

"In Einzelfällen seien auch Gelder für erfundene Veranstaltungen beantragt worden". Das fällt wieder unter "krass".

"An der Razzia waren auch Steuerfahnder beteiligt." - Ich denke mal, dass das die treibenden Kräfte bei der Sache waren.

"Solche Behauptungen würden von Mitgliedern erhoben, die in Wahlen unterlegen seien. Ursache seien vermutlich persönliche Ressentiments." - Das ist sicher richtig und der übliche Aufhänger. Die Finanzämter freuen sich ja auch sonst besonders über geschiedene Ehefrauen und -männer, die sich an ihren Ex rächen wollen.

Mich erstaunt der erhebliche Aufwand - 22 Objekte in sechs Bundesländern. Die Kosten für diesen Aufmarsch (über den Daumen je 5 Fahnder, ein Tagessatz für die Vorbereitung und die Durchsuchung, weitere Tagessätze für anschließendes Sortieren von Bergen von Leitzordnern und Festplattendaten) sind gigantisch.

Wenn die ganze Partei überhaupt nur 1,3 Millionen € an Zuschüssen bekommen hat, dürfte es doch höchstens um 100.000 € gehen, wenn überhaupt - da kostet die action mehr als das. Für gefälschte Spendenquittungen hätte man das nicht gebraucht, die hat man ja schon und kann sie ganz locker und entspannt prüfen. Da muss jemand etwas anderes gesucht haben und hat die Chance genutzt. Pech für die Grauen, jetzt gibts (ob berechtigt oder unberechtigt) erstmal negative publicity.
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Migan (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 11. Oktober 2007 - 15:04 Uhr:   

@ Good Entity:
Hm, sie hat für 2006 1,3 Millionen bekommen, aber wenn die das jahrelang gemacht haben, sagen wir mal 10 Jahre, dann kommt da vielleicht schon eine schöne Summe zusammen. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann erhält eine Partei pro Spendeneuro 38 Cent Zuschuß. Bei einem Gesamtzuschuß von 1,3 Millionen pro Jahr wären das rund 4 Millionen Euro Spendenvolumen, das auf 10 Jahre gerechnet 40 Millionen...

falls man das so rechnen kann :-)
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Good Entity (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 11. Oktober 2007 - 20:25 Uhr:   

@Migan: Wenn die allerdings seit 10 Jahren fröhlich gefälschte Spendenquittungen in relevanter Zahl eingereicht haben sollten und das erst jetzt jemand auf Verpfiff durch Insider hin bemerkt hat, dann liegt der Hauptskandal jedoch klar auf Seiten der Prüfer, nicht auf der der Grauen (die wären dann ja ohnehin jenseits von gut und böse und out of order). Da hätte dann ja jeder Zuschüsse in beliebiger Höhe bekommen können ....

Das irgendwo mal was durchrutschen kann ist klar. Ich könnte eine professionell gefälschte Quittung über 3,50 € sicher auch nicht von einer echten unterscheiden, wie auch. Aber jeder gespendete Euro findet sich ja auch bei einem armen Steuerzahler als abgesetzter Betrag in dessen Steuererklärung wieder und schon kann das Finanzamt ohne jede Anstrengung bequem auf dem Schreibtisch des Prüfers alles verifizieren. Das macht man nicht für 3,50 €, aber entweder sind große Beträge dabei oder es ist eine gigantische Zahl an Fälschungen, und das fällt auch auf.

Vor allem: Was sollte man da noch bei den Grauen suchen? Sie haben doch sowieso alles eingereicht, um ihre Zuschüsse zu bekommen. Man müsste es nur ggf. nochmals prüfen und sich von den Grauen erklären lassen und dann der Erklärung nachgehen. So geht es doch sonst auch.

Also dürfte das Ziel der Durchsuchung etwas anderes gewesen sein.
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Migan (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Freitag, 12. Oktober 2007 - 10:28 Uhr:   

@ Good Entity:
Aber was sollte man sonst bei den Grauen suchen? Ich meine, wir reden hier über eine Kleinpartei mit vielleicht 8000 Mitgliedern und Wahlergebnissen, die im Schnitt unter 1% liegen.

Du hast aber Recht, der immense Aufwand stimmt nachdenklich. Zumindest müssen die Fahnder ja einigermaßen sicher gewesen sein, daß sie da etwas finden werden, was sie suchen, sonst hätte man so eine Aktion doch nicht so pompös aufgezogen?
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 12. Oktober 2007 - 10:41 Uhr:   

@Good Entity:
> dann liegt der Hauptskandal jedoch klar auf
> Seiten der Prüfer
Nein.
Die Prüfer sind keine Kriminalbeamten, sollen auch nicht so agieren.
Grundsätzlich gehen sie davon aus, daß die ihnen vorgelegten Belege echt sind. Sie prüfen nur, ob diese formal korrekt zugeordnet und verrechnet wurden. Nur wenn die Fälschungen offensichtlich sind, werden sie der Sache nachgehen - das wird bei den üblichen Spendenquittungen kaum der Fall sein.

Und das bedeutet, daß es nicht Quittungen "in beliebiger Höhe" gewesen sein werden. Trotzdem kann sich das natürlich bei systematischem Mißbrauch über einige Jahre zu Millionenbeträgen addieren.

> Aber jeder gespendete Euro findet sich ja
> auch bei einem armen Steuerzahler als
> abgesetzter Betrag in dessen Steuererklärung
> wieder und schon kann das Finanzamt ohne jede
> Anstrengung bequem auf dem Schreibtisch des
> Prüfers alles verifizieren.
Nein.
Das Finanzamt bekommt ja die Spendenbescheinigungen der Partei. Wenn die auf gefälschten Belegen beruhen, sieht das Finanzamt gar nichts. Erst eine Steuerprüfung wie hier jetzt vorgenommen bringt dem Finanzamt die Einsicht in die Originale.

> Also dürfte das Ziel der Durchsuchung etwas
> anderes gewesen sein.
Gerade weil die Grauen politisch längst bedeutungslos geworden sind, sehe ich überhaupt keinen Grund für solche Verschwörungsideen.

Ich sehe hier eher die Möglichkeit, daß eine Gruppe innerhalb der Grauen (oder alle - so viele wird es ja nicht mehr geben) die Chance nutzen wollte, nach dem politischen Scheitern die übrig gebliebenen Strukturen zu verwenden, sich wenigstens privat einen finanziellen Vorteil zu verschaffen.

Die Reaktion des Finanzamts scheint da völlig angemessen und normal.
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Ralf Lang
Veröffentlicht am Freitag, 12. Oktober 2007 - 16:45 Uhr:   

Die Grauen wären jedenfalls ruiniert, wenn rauskäme, dass sie vorsätzlich falsche Rechenschaftsberichte eingereicht haben. Dann wäre die Gesamtsumme der Förderung für die betroffenen Jahre zurückzuzahlen und würde proportional auf die anderen empfangsberechtigten Parteien verteilt.
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Migan (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Freitag, 12. Oktober 2007 - 17:22 Uhr:   

Stimmt, die dürften dann pleite sein. Aber - Falls das so kommen sollte, hätten sie selber Schuld und es auch verdient: "100% Ehrlichkeit" hatten sie in Berlin plakatiert...

Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass jemand - vor allem nach der CDU-Spendenaffaire - so bekloppt ist...
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Good Entity (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Freitag, 12. Oktober 2007 - 19:06 Uhr:   

@Ralf Arnemann:

"Das Finanzamt bekommt ja die Spendenbescheinigungen der Partei. Wenn die auf gefälschten Belegen beruhen, sieht das Finanzamt gar nichts."

Das ist so nicht richtig.

Die Prüfer der Finanzämter können bei jeder Quittung sich von der "Echtheit". also eher dem geflossenen Geld überzeugen. Sie prüfen beim Zahler den Ausgang, beim Aussteller in dessen Steuererklärung den Zahlungseingang und dessen Versteuerung. Aussteller der Quittung und Geldempfänger wäre hier die Partei, der Zahlende ein Spender. Spendengelder, die keiner von der Steuer absetzt, würden doch das Finanzamt nur freuen. Was wurde also "gefälscht"? - Da wird nicht auf eine Durchsuchung gewartet und das ist auch weder üblich noch nötig.

Durchsuchungen wie im vorliegenden Fall werden gemacht, um Dinge zu finden, die eben gerade nicht angegeben wurden. Konten auf den Turks & Caicos Islands, unklare sehr hohe Bargeldbestände in Eigen- und Fremdwährungen und dergleichen, vielleicht auch dubiose Transaktionen hier zwischen Partei- und Privatkonten. Das sind aber alles Dinge, über die in der Pressemitteilung gerade nichts ausgesagt wurde.

Übrigens sollten wir berücksichtigen, dass meines Wissens nicht die Finanzämter für das Prüfen und Auszahlen von Geldern nach dem Parteiengesetz zuständig sind. Oder doch? Hier sind offensichtlich zwei Behörden tätig geworden, aus recht unterschiedlichen Motiven. Treibende Kraft wäre nach meiner Einschätzung die Steuerfahndung, in der Pressemitteilung sieht es aber genau andersherum aus.

Verschwörungstheorien liegen mir übrigens gänzlich fern. Es kann auch sein, dass "Die Reaktion des Finanzamts scheint da völlig angemessen und normal. ist, aber sie passt nicht zu dem Problem, das in der Pressemeldung steht.

Vielmehr sieht es genau so aus, dass das Finanzamt ebenso wie Du vermutet hat, dass einige die Chance nutzen wollten, nach dem politischen Scheitern die übrig gebliebenen Strukturen zu verwenden, sich wenigstens privat einen finanziellen Vorteil zu verschaffen. Gefälschte Spendenquittungen bringen dafür aber nichts. Außer: Gar nicht die Grauen, sondern diese einzelnen hätten da ein neues Steuersparmodell für sich persönlich entwickelt, ...

Ob das so ist: Keine Ahnung, wir wissen ja auch nicht, ob und ggf. was gefunden wurde.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Sonntag, 14. Oktober 2007 - 10:48 Uhr:   

@Good Entity:
Du übersiehst, daß es Spendenquittungen nicht nur für Geldüberweisungen gibt (die sind in der Tat leicht zu kontrollieren).

Bei gespendeten Sachleistungen oder gar fiktiven Veranstaltungen kann viel gemogelt werden, ohne daß das Finanzamt es überprüfen kann.

Letztlich setzt das System voraus, daß die Kontrollorgane der Partei selber ein hohes Interesse daran haben, sauber abzurechnen (um hohe Strafzahlungen und Imageschaden zu vermeiden, falls was rauskommt).

Bei einer Partei, die politisch aber ohnehin an Ende ist, wirkt diese Abschreckung nicht.
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Migan (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Sonntag, 14. Oktober 2007 - 11:23 Uhr:   

So am Ende waren die Grauen doch zuletzt gar nicht (1,1 % in HH, 3,8% in Berlin)
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Good Entity (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Montag, 15. Oktober 2007 - 15:25 Uhr:   

@Migan: Zumindest haben sie überraschend viel Zuspruch aus der Wählerschaft bekommen, völlig richtig. Das zeigt, dass die Anliegen der Grauen in entsprechendem Maße unterstützt werden und die in der Öffentlichkeit auftretenden Personen von diesen Wählern akzeptiert sind. Eine sehr gute Basis für eine aufstrebende Kleinpartei, die Möglichkeiten eröffnet. Möglichkeiten.

@Ralf Arnemann: ... gar fiktiven Veranstaltungen kann viel gemogelt werden .... Gemogelt? Ja, schon möglich. Aber eine komplette Veranstaltung, bei der die Räume bar bezahlt werden? Das Personal? Alle Teilnehmerbeiträge werden von den Teilnehmern bar bezahlt? Die Vortragenden bekommen ihren Aufwand und die Reisespesen in bar ersetzt? Hmm. Sehr merkwürdige Veranstaltung. Und auf sowas hin werden ernsthaft Zuschüsse vom Staat nach dem Parteiengesetz in nennenswerter Höhe gezahlt? Ohne Nachprüfung? Erstaunlich, dass es nicht viel mehr Parteien gibt.

Und Parteispenden in nennenswerter Höhe in bar? Also das sollte doch sowohl für Spender wie auch für Empfänger sowas von megaout sein ...
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Migan (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Montag, 15. Oktober 2007 - 17:03 Uhr:   

@ Good Entity: Es gibt in Deutschland ja über 100 verschiedene Parteien. Nur erhalten vielleicht gerade mal 10% davon staatliche Mittel. Wenn ich Ralf Arnemann richtig verstanden habe, dann meint er, dass es diese Veranstaltungen zwar gab, dass sie aber nicht das waren, als was sie ausgewiesen wurden, z.B. eine Landesvorstandssitzung, die in eine Veranstaltung zur politischen Bildung umdeklariert wurde...
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Dienstag, 16. Oktober 2007 - 10:05 Uhr:   

Migans Beispiel ist eine Möglichkeit.
Aber es geht natürlich noch krasser: Da können sich auch einige Parteifunktionäre zu einem netten Urlaubswochenende in einem Hotel treffen, jeder von ihnen hält angeblich ein Referat, und dann werden 20 Teilnehmer erfunden.
Und schon kann man Hotelrechnung, Spesen und Vortragshonorare abrechnen - die Beiträge der fiktiven Teilnehmer können minimal gegengerechnet werden.

Eine solche Mißbrauchsmöglichkeit besteht aber nur, wenn eine Partei schon mal erfolgreich genug war, um überhaupt staatlich finanziert zu werden.

Aber umgekehrt keine politischen Zukunftschancen mehr hat, so daß man auch nicht auf die Konsequenzen achten muß (oder das glaubt - sie sind ja letztlich doch erwischt worden).

Die Situation der Grauen ist so ein Sonderfall, wo Mißbrauch möglich und attraktiv wird.
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Dienstag, 16. Oktober 2007 - 10:33 Uhr:   

Nur nebenbei bemerkt: Meines Wissens gilt nach deutschem Recht nach wie vor, dass geschuldete Beträge bar bezahlt werden müssen. Eine andere Zahlungsweise kann nur vertraglich festgelegt werden; im Falle der zwangsweisen Eintreibung von Schulden gilt das allerdings dann wieder nicht mehr. Aus nachvollziehbaren Gründen nehmen die bereffenden Stellen z. B. keine Kreditkarten, sondern nur Bargeld oder ggf. Wertsachen an.
Daraus folgt: Auch wenn es heute weithin üblich und die Regel ist, Zahlungen z. B. durch Bank-Giro auszuführen, so kann selbst ein Steuerprüfer nichts dagegen sagen.
In manchen Bereichen, etwa bei bestimmten Handwerkern, geht auch heute meist nur gegen Bares etwas.
Und meine Unmassgeblichkeit war auch schon als Referent bei verschiedenen Gelegenheiten (allerdings nicht in politicis) geladen und hat am Ende einen Umschlag mit Barem drin in die Hand gedrückt bekommen. Ein Veranstalter wollte noch nicht mal eine Quittung!
Wenn eine Partei also Barzahlungen verbucht (und darüber sogar noch irgendwelche Quittungen und Belege vorweisen kann), dann mag das "ungewöhnlich" sein, aber auch nicht mehr. Barzahlungen sind etwas anderes als z. B. Werbung, in der von 20% Jahreszinsen die Rede ist.

Im übrigen hat natürlich Ralf Arnemann recht: Man muss ja nicht Veranstaltungen erfinden oder verdächtige Zahlungen fingieren, sondern kann "reale" Anlässe einfach ein wenig "modellieren". Das wird ja nicht nur in politicis so gemacht. Um einmal ein wenig verdächtiges Gebiet anzuschneiden: Weiterbildungskurse. Ich leitete einmal einen solchen Kurs in einem spezialisierten Beherbergungsbetrieb, in dem zugleich ein weiterer solcher Anlass durchgeführt wurde: Wir standen früh auf, arbeiteten den ganzen Morgen, assen spät und schnell zu Mittag, den Nachmittag füllten Exkursionen, und am Abend gab's noch einen kurzen Vortrag oder eine Nachbesprechung des Tages. Das viereinhalb Tage lang. Unsere "Nachbarn" standen spät auf, spielten am Morgen draussen irgendwelche Spiele, machten 3 Stunden Mittagspause und schlossen am Nachmittag mit einer Diskussionsrunde oder etwas derartigem ab, die Abende waren frei. Selbstverständlich wurden aber dafür volle Arbeitstage verbucht, und die Unternehmung konnte das von den Steuern absetzen. Allzu anstrengend war's aber offensichtlich nicht, sondern wirkte eher wie ein Ferienlager im Club Med oder so.
Vor ein paar Jahren gab's mal einen Sturm im Wasserglas um die Spesenpraxis des Europäischen Parlamentes: Jemand hatte herausgefunden, dass eine Ausschuss-Sitzung angesetzt war - aber im betreffenden Raum lag nur ein Buch auf, in das sich die Parlamentarier einzutragen hatten. Das taten sie auch, waren aber nur zwei Minuten dort - bezahlt wurde aber ein halber Tag. Irgendwie haben die Verantwortlichen das dann wegerklärt und von irgendwelchen Missverständnissen gesprochen, für die Leute, die das in die Öffentlichkeit trugen, sah's allerdings anders aus. Was einem Parlamentarier recht ist, kann ja einer Partei billig sein.
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Good Entity (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Dienstag, 16. Oktober 2007 - 21:29 Uhr:   

Philipp Wälchli: Ja, ist mir auch klar, wie das läuft. Solche Meetings erlebt jeder in Tagungshotels, natürlich immer im Nachbarraum . Vielleicht wars ja auch eine Tagung des Club Med und sollte die Teilnehmer auf das richtige Feeling einstimmen ...

Ralf Arnemanns Vermutung hatte ich auch, allerdings fiel mir im Eingangsposting auf, dass nicht nur " Parteisitzungen zu Weiterbildungsveranstaltungen umdeklariert worden sein" sollen (genau auch Ralf Arnemanns Vorschlag), sondern dass "auch Gelder für erfundene Veranstaltungen beantragt worden" sein sollen. Also beides. Und bei beidem ist mir unklar, was eine Durchsuchung bringen soll. Ein Memorandum "Wie kassieren wir unerlaubt Geld?"?Erfundene Teilnehmer lassen sich sehr einfach verifizieren oder besser falsifizieren. Und eine umdeklarierte Parteisitzung wird ein intelligenter Manipulator wie etwa der Club Med aus Philipp Wälchlis Beispiel rundum umdeklarieren, da finde ich auch bei einer Durchsuchung nichts.

Und das eine sicherlich legale Barzahlung eines hohen Betrags jeden Kassenprüfer und erst recht einen externen Prüfer misstrauisch macht, weiß jeder, der mal eine Betriebsprüfung durch ein Finanzamt bei seinem Arbeitgeber mitgemacht hat. Dass man das (hoffentlich) dann alles erklären kann, ist eine andere Sache. Ich zahle jedenfalls keine Autoreparaturrechnung mehr bar, auch wenn die Werkstätten das manchmal gerne so hätten.

Nur so nebenbei angemerkt kann man zumindest in DE beim "Geldeintreiben" durchaus eine Kontopfändung durch den Gerichtsvollzieher durchführen lassen und er greift auch auf eine Visacard zu, wenn er nichts anders findet und man als Gläubiger ihn darauf hinweist (schwierig, ich weiß). Da könnte z. B. ein Guthaben drauf sein.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 17. Oktober 2007 - 09:36 Uhr:   

@Good Entity:
Es ist natürlich klar, daß wir hier nur auf lückenhafter Information spekulieren, und daß sich am Ende auch noch herausstellen kann, daß bei den Grauen alles ok war.

Aber falls solche Szenarien da waren, hätte das Finanzamt die Originalunterlagen nie gesehen.
Solche "Weiterbildungsveranstaltungen" werden parteiintern geprüft und abgerechnet, der Schatzmeister stellt Spendenquittungen aus - und nur die bekommt das Finanzamt zu sehen.

Das ist ja ein bißchen wie in einer Firma, wo auch die meisten Abrechnungen intern verbucht werden, und nur die Salden ans Finanzamt gehen.

Erst durch die Durchsuchung erhält das Finanzamt die Originalbelege und kann dann prüfen, ob z. B. die Teilnehmer einer solchen Veranstaltung ihre Teilnahme auch bestätigen.
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Florian (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Mittwoch, 17. Oktober 2007 - 19:34 Uhr:   

@ R. Arnemann:

Also, in meiner Firma läuft das anders.

Erstens: Wir erstellen jährlich Steuererklärungen an das Finanzamt (bzw. z.B. für die Umsatzsteuer monatliche Erklärungen). Auf dieser Basis zahlen wir Steuern. Die Originalbelege sieht das Finanzamt in dieser Phase nicht.
Allerdings sehr wohl der Wirtschaftsprüfer.
Um das Finanzamt zu betrügen, müsste also zuvor schon einmal der Wirtschaftsprüfer hinters Licht geführt werden.

Zweitens: Das Finanzamt macht regelmäßig eine Betriebsprüfung. Da ist dann ein Betriebsprüfer ein oder zwei Wochen im Unternehmen und kann grundsätzlich einmal in ALLES Einsicht nehmen. Also auch in alle Originalbelege, die zu diesem Zweck 10 Jahre aufbewahrt werden müssen.

Das Finanzamt braucht also keineswegs einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss, um an alle Originalbelege zu kommen.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 18. Oktober 2007 - 09:37 Uhr:   

@Florian:
Du hast natürlich recht, daß das Finanzamt auch ohne Durchsuchungsbeschluß die Originalbelege einsehen kann - da habe ich die Analogie übertrieben.(und bei Parteien eben nicht per Wirtschaftsprüfer

Wesentlich war mir, daß normalerweise nur die (geprüften) Salden vorgelegt werden, aus denen Manipulationen nicht ersichtlich sind.
Und die Prüfung erfolgt intern.

Eine so regelmäßige Firmenprüfung wie bei Euch ist aber extrem selten, die meisten Firmen sehen die Finanzbeamten über viele Jahre nicht im Haus, die meisten Parteigliederungen nie.
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Good Entity (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Samstag, 20. Oktober 2007 - 21:47 Uhr:   

Hmm, ich würde da eher Florians Erfahrungen bestätigen. Geprüft wird alle paar Jahre, lange und gründlich, gefunden wird nichts außer dem üblichen Kleinkram (Kränze für Beerdigungen von verstorbenen früheren Mitarbeitern waren mit 150 € zu teuer also 5 € Mehrwertsteuer nachentrichten). Es ist ja auch ganz erfreulich, dass nichts gefunden wird, die Prüfungen (Platz, Unterlagen und Personal blockiert) sind dagegen ziemlich lästig. Parteigliederungen mögen da glücklicher sein.

Wichtig scheint mir auch Ralf Arnemanns Feststellung, dass es natürlich durchaus sein kann, dass bei den Grauen alles völlig okay ist und z. B. die Strafanzeige einfach ein persönlicher Racheakt war. Darüber würde natürlich dann niemand mehr berichten.
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Florian (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Sonntag, 21. Oktober 2007 - 02:04 Uhr:   

@ Ralf:
Ich habe ein absolut mittelständisches Familienunternehmen. Handelsrechtlich gelten wir als "Mitteleres Unternehmen" (in Zahlen: unter 10 Mio. Umsatz, unter 100 Mitarbeiter).
Wir werden aber seit Jahrzehnten durchgängig geprüft, d.h. es gibt nie auch nur ein Wirtschaftsjahr das nicht geprüft wurde.

Wobei wir (natürlich) keine Steuern hinterziehen.
Den Prüfern geht es nach meiner Erfahrung auch nicht in erster Linie darum, echte Betrügereien aufzudecken.
Sondern eher darum, an bestimmten Bilanzierungsentscheidungen herumzumäkeln. Also z.B. in Frage zu stellen, ob eine bestimmte Rückstellung in dieser Höhe gerechtfertigt ist.
Oder ob man gewisse Aufwandspositionen hätte aktivieren müssen.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 22. Oktober 2007 - 09:44 Uhr:   

@GoodEntity:
> dass es natürlich durchaus sein kann, dass bei
> den Grauen alles völlig okay ist ...
Das kann sein. Darauf wollte ich hinweisen bevor jemand angesichts unserer Spekulationen auf die Idee kommt, das wären Fakten aus diesem Fall.

Persönlich würde ich aber meinen Wetteinsatz deutlich eher auf die Option setzen, daß bei den Grauen substanziell Mißbrauch vorgekommen ist. Ist aber reines Bauchgefühl.

> ... und z. B. die Strafanzeige einfach ein
> persönlicher Racheakt war.
Das ist ja kein Widerspruch.
Und bei einem Racheakt eines Insiders ist es eher wahrscheinlich, daß der weiß, was unter der Decke zu finden ist.

> Darüber würde natürlich dann niemand mehr
> berichten.
Das glaube ich hier nicht.
Die Meldungen wären halt ähnlich klein wie jetzt die Meldungen über den Verdacht - aber das wäre schon berichtenswert.
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Grauezone (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Mittwoch, 24. Oktober 2007 - 21:37 Uhr:   

Hallo Leute,

schaut euch am Donnerstag 25.10.07
21:45 Uhr Monitor im ZDF an.

P.s. Es ist und war kein Racheakt sondern Selbstschutz!!!
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Migan (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 25. Oktober 2007 - 15:36 Uhr:   

Partei-Affäre: Vorstandsmitglied der Grauen festgenommen

Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hat ein Mitglied des Bundesvorstandes der Partei Die Grauen verhaften lassen. Ernst Otto Wolfshohl soll Spendensummen künstlich erhöht haben, um staatliche Zuschüsse zur Parteienfinanzierung zu bekommen.

Der 63-jährige Ernst Otto Wolfshohl wurde dem Haftrichter vorgeführt. Nach Angaben der Strafverfolger bestand Flucht- und Verdunkelungsgefahr. Der Haftbefehl lautet auf Betrug und Beihilfe zum Betrug zum Nachteil der Partei. Wolfshohl hat die Vorwürfe bisher bestritten. Wie Oberstaatsanwalt Alfons Grevener sagte, wird Wolfshohl durch Zeugenaussagen und sichergestellte Unterlagen erheblich belastet. Da er über Verbindungen ins Ausland verfüge, habe die Behörde handeln müssen.

Wolfshohl gehört dem erweiterten Bundesvorstand der Grauen an. Außerdem ist er Vorsitzender mehrerer Unterorganisationen der Partei. Nach Informationen von "Monitor" ist der Psychotherapeut maßgeblich an der Spendenwerbung der Partei beteiligt. Die Strafverfolger vermuten, dass er durch manipulierte Abrechnungen von Weiterbildungsseminaren die Spendensumme der Grauen künstlich in die Höhe getrieben hat, um an staatliche Zuschüsse aus der Parteienfinanzierung zu gelangen.

Anfang einer langen Ermittlungsserie

Die Ermittlungen gegen fünf Personen aus dem Umfeld der Partei waren am 29. März durch eine Strafanzeige einer stellvertretenden NRW-Landesvorsitzenden der Partei ausgelöst worden. Den Beschuldigten wird vorgeworfen, mit manipulierten Abrechnungsunterlagen Gelder für fiktive Veranstaltungen der Partei oder parteinaher Organisationen erhalten zu haben.

Auch sollen die Beschuldigten durch das Einreichen von gefälschten Spendenbelegen beim Bundestag staatliche Fördermittel erhalten haben. Diese Vorwürfe sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft durch Zeugenaussagen gestützt. Laut Parteiengesetz erhalten Parteien für jeden Euro, den sie als Spende erlangen, 0,38 Euro zusätzlich als staatliche Zuwendung. Grevener wollte nicht ausschließen, dass der Kreis der Beschuldigten noch erweitert wird. Die Ermittlungen stünden erst am Anfang. So werde die Auswertung der bei den Grauen sichergestellten Akten noch erhebliche Zeit in Anspruch nehmen.
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Migan (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 25. Oktober 2007 - 15:48 Uhr:   

Partei-Affäre: Vorstandsmitglied der Grauen festgenommen

Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hat ein Mitglied des Bundesvorstandes der Partei Die Grauen verhaften lassen. Ernst Otto Wolfshohl soll Spendensummen künstlich erhöht haben, um staatliche Zuschüsse zur Parteienfinanzierung zu bekommen.

Der 63-jährige Ernst Otto Wolfshohl wurde dem Haftrichter vorgeführt. Nach Angaben der Strafverfolger bestand Flucht- und Verdunkelungsgefahr. Der Haftbefehl lautet auf Betrug und Beihilfe zum Betrug zum Nachteil der Partei. Wolfshohl hat die Vorwürfe bisher bestritten. Wie Oberstaatsanwalt Alfons Grevener sagte, wird Wolfshohl durch Zeugenaussagen und sichergestellte Unterlagen erheblich belastet. Da er über Verbindungen ins Ausland verfüge, habe die Behörde handeln müssen.

Wolfshohl gehört dem erweiterten Bundesvorstand der Grauen an. Außerdem ist er Vorsitzender mehrerer Unterorganisationen der Partei. Nach Informationen von "Monitor" ist der Psychotherapeut maßgeblich an der Spendenwerbung der Partei beteiligt. Die Strafverfolger vermuten, dass er durch manipulierte Abrechnungen von Weiterbildungsseminaren die Spendensumme der Grauen künstlich in die Höhe getrieben hat, um an staatliche Zuschüsse aus der Parteienfinanzierung zu gelangen.

Anfang einer langen Ermittlungsserie

Die Ermittlungen gegen fünf Personen aus dem Umfeld der Partei waren am 29. März durch eine Strafanzeige einer stellvertretenden NRW-Landesvorsitzenden der Partei ausgelöst worden. Den Beschuldigten wird vorgeworfen, mit manipulierten Abrechnungsunterlagen Gelder für fiktive Veranstaltungen der Partei oder parteinaher Organisationen erhalten zu haben.

Auch sollen die Beschuldigten durch das Einreichen von gefälschten Spendenbelegen beim Bundestag staatliche Fördermittel erhalten haben. Diese Vorwürfe sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft durch Zeugenaussagen gestützt. Laut Parteiengesetz erhalten Parteien für jeden Euro, den sie als Spende erlangen, 0,38 Euro zusätzlich als staatliche Zuwendung. Grevener wollte nicht ausschließen, dass der Kreis der Beschuldigten noch erweitert wird. Die Ermittlungen stünden erst am Anfang. So werde die Auswertung der bei den Grauen sichergestellten Akten noch erhebliche Zeit in Anspruch nehmen.
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mma
Veröffentlicht am Donnerstag, 25. Oktober 2007 - 15:51 Uhr:   

Grauen-Haft!
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Good Entity (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 25. Oktober 2007 - 16:33 Uhr:   

Damit wird schon etwas klarer, was die Durchsuchung sollte. Dass an den Spendenunterlagen etc. etwas nicht stimmt, gegebenenfalls auch schon weitgehend was, hätte man nach diesen Infos wohl auch ohne Aufwand feststellen können. Aber wer da manipuliert hat, für diese Info (nebst Beweisen) brauchte man wohl schon ganz andere, den Buchhaltungsunterlagen vermutlich eher ferne Dokumente.

Da es ausdrücklich heißt, "Betrug zum Nachteil der Partei", geht es also nicht darum, dass die Gelder (unberechtigt) den Grauen zugeflossen wären, die hätten dann ja keinen Nachteil davongetragen. Die unrechtmäßig erlangten Gelder sind offenbar auf rätselhafte Weise gleich woandershin geflossen. Trotzdem finde ich es merkwürdig, dass nicht auch "Betrug zum Nachteil der Bundeskasse" oder ähnliches vermerkt wird, wenn schon staatliche Mittel unerlaubt angezapft werden. Aber für den Haftbefehl reicht ja ein Betrugsvorwurf nebst Flucht und Dunkelmann aus. Natürlich gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung, aber es scheint derzeit nicht so gut für Herrn W. in seiner Grauenhaft (mma )auszusehen.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Donnerstag, 25. Oktober 2007 - 16:50 Uhr:   

@GoodEntity:
> Da es ausdrücklich heißt, "Betrug zum Nachteil
> der Partei", geht es also nicht darum, dass die
> Gelder (unberechtigt) den Grauen zugeflossen
> wären, die hätten dann ja keinen Nachteil
> davongetragen.
Das ist nicht unbedingt so.
Auch Kanther in Hessen ist unter diesem Titel angeklagt worden, obwohl die fraglichen Gelder eindeutig alle der Partei zugeflossen sind.
Nur muß eine Partei, bei der so etwas rauskommt, deutliche höhere Strafzahlungen leisten - das ist dann der Nachteil.

Beim Original-Finanzfluß kann die Partei sehr wohl profitiert haben, wie auch Leute, die durch falschen Spendenquittungen noch persönliche Steuervorteile erhalten haben.

Also eine "win-win"-Situation für Partei und Betrüger - so lange es nicht rauskommt.

> Trotzdem finde ich es merkwürdig, dass nicht
> auch "Betrug zum Nachteil der Bundeskasse"
> oder ähnliches vermerkt wird, ...
Ist mir auch nicht ganz klar.
Aber vielleicht gilt auch hier, daß durch die Strafzahlungen der Schaden kompensiert wird.

Im übrigen wurde auch gar nicht die Bundeskasse geschädigt, weil die Gesamtzuschüsse ohnehin gedeckelt sind. Geschädigt wurden die anderen zuschußberechtigten Parteien.

In der Tat Grauenhaft - wunderschönes Wortspiel.
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Migan (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Freitag, 26. Oktober 2007 - 10:14 Uhr:   

In einem anderen Artikel wird berichtet:

"Falls sich die Feststellungen der Wuppertaler Ermittler als richtig erweisen, könnte das die Partei in den Ruin treiben. Die Bundestagsverwaltung müsste die Zuwendungen zurückfordern; im schlimmsten Fall könnte eine Sanktion in Höhe des Dreifachen eines rechtswidrig erlangten Betrages fällig werden.

Theoretisch kämen so für nur ein Jahr Sanktionen und Rückzahlungen von fast zehn Millionen Euro zusammen. Die Bundestagsverwaltung wird jetzt vermutlich zunächst die Grauen auffordern, eine Sicherheitsleistung abzugeben, bevor die nächste Quartalszahlung erfolgt."

Was passiert dann eigentlich? Es ist ja ziemlich unwahrscheinlich, dass die Grauen mal eben 10 Mio aus der Portokasse zahlen können...
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Freitag, 26. Oktober 2007 - 15:06 Uhr:   

> Was passiert dann eigentlich?
Normaler Bankrott, würde ich vermuten.

> Es ist ja ziemlich unwahrscheinlich, dass die
> Grauen mal eben 10 Mio aus der Portokasse
> zahlen können...
Im letzten Rechenschaftsbericht (irgendwo auf der Seite des Bundestags) müßte man nachlesen können, was die an Reserven haben.
Ich halte es allerdings auch für unwahrscheinlich, daß die in solcher Höhe liegen können.
Und es werden sich auch keine neuen Geldgeber finden, um die Partei finanziell wieder flott zu machen.
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Good Entity (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Freitag, 26. Oktober 2007 - 15:37 Uhr:   

@Migan: Wenn das Geld noch irgendwo ist (etwa auf privaten Konten der in Grauenhaft befindlichen Personen), wird es natürlich rückabgewickelt. Auch ansonsten haften etwaige Täter natürlich für den Schaden, den sie angerichtet haben. Ein vorhandenes Häuschen wäre dann also wohl weg, eine Privatinsolvenz dürfte sich anschließen.

Wenn es tatsächlich nur Einzelpersonen waren, die aus reinem Eigennutz eine Parteiorganisation zur Ausübung ihres unredlichen Tuns ausgenutzt haben, dürfte ansonsten zwar eine Rückzahlung unrechtmäßig erlangter Gelder durch die Grauen erforderlich werden, die imho nicht starr festgelegten Sanktionen würden sich dann aber möglicherweise in Grenzen halten können, da es nicht die Partei war, die sich selbst bereichern wollte. Sie hat allerdings nicht aufgepasst, also ganz ohne wird es auch nicht gehen.

@Ralf Arnemann: Ja. Trotzdem: Bei einem Kfz-Diebstahl wird der später geschnappte Täter aufgrund "Diebstahl" belangt und nicht aufgrund "Versicherungsbetrug", obwohl die Versicherung dem Kfz-Eigentümer den Schaden längst ersetzt hatte und dieser daher im Grunde gar nicht mehr der Geschädigte ist. Und die Strafverfolgung findet auch dann statt, wenn das Kfz zurückgegeben und auch sonst alles bezahlt und ausgeglichen ist, es also auch gar keinen Geschädigten mehr gibt. Also richtig schlüssig finde ich die Formulierung rückwirkend betrachtet auch im Falle Kanther dann nicht. War mir noch nie aufgefallen. Zu was die Grauen so alles gut sind.
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Good Entity (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Freitag, 26. Oktober 2007 - 15:46 Uhr:   

@Ralf Arnemann: Mein letztes Statement bezog sich noch auf die vorherige Diskussion zu "zum Nachteil der Bundeskasse" etc., ich sehe gerade, es ist etwas missverständlich ohne diesen Hinweis.
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Migan (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Freitag, 26. Oktober 2007 - 16:29 Uhr:   

@ Ralf Arnemann: Meine Frage richtete sich nach dem Bankrott: Ich meine, wie läuft das ab, wenn eine Partei bankrott geht? Gibt es da dann eine Art Konkursverwalter? Und wer setzt den eigentlich ein?

@ Good Entity: Aber das zu Unrecht erhaltene Geld müßten die Grauen doch in jedem Falle zurückzahlen. Schließlich wurden dadurch ja die anderen anspruchsberechtigten Parteien geschädigt, deren Zuschüsse ja entsprechend geringer ausfielen.
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Grauezone (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Sonntag, 28. Oktober 2007 - 20:44 Uhr:   

Guten Abend,
schaut euch mal das Forum
auf der Seite Monitor an!!
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 29. Oktober 2007 - 09:50 Uhr:   

@GoodEntity:
> Also richtig schlüssig finde ich die
> Formulierung rückwirkend betrachtet auch im
> Falle Kanther dann nicht.
Ich auch nicht.
Ich habe das alles nur gebracht als Erklärungsversuch, wie es vielleicht gemeint sein könnte.
Inhaltlich hat mich das nie überzeugt.
Jemanden wegen Schädigung zu verklagen, obwohl der angeblich Geschädigte (also bei Kanther die CDU) ganz offiziell widerspricht, man sähe sich nicht geschädigt, das ist schon merkwürdig.

@Migan:
> wie läuft das ab, wenn eine Partei bankrott
> geht?
Ich weiß es nicht - kommt auch selten vor ;-)

M. W. sind Konkursverwalter wie in der Wirtschaft aber nicht zu erwarten, weil ja kein Geschäftsbetrieb zu retten ist.
Sondern da wird wohl einfach die noch vorhandene Vermögensmasse an die Gläubiger verteilt.
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J.A.L.
Veröffentlicht am Montag, 29. Oktober 2007 - 11:50 Uhr:   

Zunächst einmal sollte man die Formulierung Bankrott vermeiden, wenn es nur eine ganz gewöhnliche Insolvenz geht. Der bezeichnet nämlich nur die betrügerische, deshalb auch strafbare Insolvenz (§ 283 StGB).

Und auch den Begriff Konkurs sollte man aus seinem Aktivwortschatz langsam mal streichen, denn mittlerweile gilt schon seit 1999 die Insolvenzordnung, nicht mehr die Konkursordnung.

Eine Partei ist in der Regel (Ausnahmen: CSU und FDP) ein nicht eingetragener Verein, als solcher ist er auch nach § 11 Abs. 2 Nr.1 insolvenzfähig.

Grds. wird immer ein Insolvenzverwalter eingesetzt. Denn auch wenn kein Geschäftsbetrieb geführt wird, irgendwer muss die Insolvenzmasse gleichmäßig an die Gläubiger verteilen, das geschieht ja nicht von selbst.

Der wird wie immer von der Gläubigerversammlung gewählt, regelmäßig aber bereits vorläufig vom Gericht ernannt.

Eine Änderung wegen des Parteistatus (Art. 21 GG) scheint mir nicht geboten. Es geht ja nicht um das politische Wirken, sondern um die Stellung der Partei als Schuldner. Da muss eine Gleichbehandlung mit jedem anderen Schuldner vorherrschen.
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Grauezone (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Sonntag, 25. November 2007 - 16:24 Uhr:   

Kompletter Artikel, Montag 26.11.2007 im Heft FOCUS
Hier die Kurzfassung:
FOCUS: Neue Vorwürfe gegen Graue Panther in Spendenaffäre – Bundestag erfuhr 2005 von Schein-Spenden an SeniorenparteiMünchen. In der millionenschweren Parteispendenaffäre um die Grauen Panther haben sich die Betrugsvorwürfe der Wuppertaler Staatsanwaltschaft erhärtet. Wie das Nachrichtenmagazin FOCUS berichtet, stießen die Ermittler in beschlagnahmten Unterlagen auf klare Hinweise, dass die Partei mehr Spenden bilanzierte als sie einnahm. Der Wuppertaler Oberstaatsanwalt Alfons Grevener sagte FOCUS: „In den Akten finden sich viele Veranstaltungen, die nie durchgeführt wurden, und Spenden, die nie geflossen sind.“

Laut den Ermittlern hatten Funktionäre der Seniorenpartei zum Schein zahlreiche Seminare organisiert, bei denen die angeblichen Referenten ihr Honorar zurück an die Partei spendeten. Auf diese Weise sollen die Panther ihr Spendenaufkommen künstlich in die Höhe getrieben und zu Unrecht Gelder aus der staatlichen Parteienfinanzierung kassiert haben. Ein Indiz für diese Praxis ist laut FOCUS ein Aktenordner, den Fahnder am 10. Oktober während einer Razzia bei der Partei sicherstellten. Der Ordner mit der Aufschrift „Spender und Lobbyisten“ enthielt knapp 100 Namen und die dazugehörigen Wohnorte. „Unsere Überprüfung ergab, dass einige Personen tatsächlich existieren“, so Grevener. Allerdings hätten diese „bestritten, jemals für die Panther gearbeitet oder gespendet zu haben“. Bei anderen Angaben auf der Liste handelt es sich laut dem Oberstaatsanwalt um „Fabulier-Namen und Fantasie-Orte“.

Der für die Parteienfinanzierung zuständigen Bundestagsverwaltung lagen laut FOCUS bereits 2005 detaillierte Hinweise auf das Spendengebaren bei der Seniorenpartei vor. Ein ehemaliges Parteimitglied aus Hessen hatte der Kontrollinstanz am 29. September 2005 eine E-Mail geschickt, in der der Mann den Grauen Panthern vorwarf, es handle es sich um „eine Vereinigung zur illegalen Erschleichung von staatlichen Geldern“. Er berichtete von frei erfundenen „Vorträgen und Seminaren“, bei denen die „fiktiven Honorare“ der Referenten als Spenden an die Partei zurückflössen. „Das Geld“ käme den Grauen Panthern „wieder zugute“ – beim „Zuschuss durch die staatliche Parteienfinanzierung“, hieß es in der Mail. Die Bundestagsverwaltung bestätigte FOCUS, dass die Mail eingegangen sei. Die darin formulierten Vorwürfe seien jedoch zu unkonkret gewesen. Daher habe man keine Untersuchungen eingeleitet.
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Kleine Libelle (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Freitag, 04. Januar 2008 - 10:23 Uhr:   

Finanzen und Vermögen [Bearbeiten]

Geldflüsse [Bearbeiten]

Die Partei Die Grauen erhielt laut Bundestagsdrucksache 16/5230 im Jahr 2005 Einnahmen von etwa 4,6 Millionen Euro. Davon bildeten Spenden mit 3,4 Millionen Euro (72 %) und staatliche Mittel mit 1,2 Millionen Euro (26 %) die größten Anteile. Mitgliedsbeiträge ergaben nur 52.000 Euro (1,1 %) und machen damit weniger Anteil an den Gesamteinnahmen aus als bei irgendeiner anderen Partei. Während 2004 ein leichtes Defizit erwirtschaftet wurde, schloß die Partei 2005 mit etwa 850.000 € Gewinn ab.


Reinvermögen [Bearbeiten]

Das Reinvermögen der Grauen (Geld und Wertgegenstände gegen Verbindlichkeiten, Kredite usw) beträgt etwa eine Million Euro.

Unternehmensbeteiligungen [Bearbeiten]

Die Grauen - Graue Panther Vermögensverwaltungsgesellschaft GmbH mit 100 % der Anteile

Immobilien [Bearbeiten]

Die Partei besitzt keine Immobilien. Der Vermögensgesellschaft wurde ein Darlehen von 370.000 Euro für den Erwerb einer Immobilie in Wuppertal bereitgestellt.
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Migan (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Donnerstag, 10. Januar 2008 - 17:05 Uhr:   

Die Grauen wollen am 15. 3. mitteilen, ob sie Insolvenz anmelden werden. Wie funktioniert eine Parteiinsolvenz eigentlich?
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Tim Spier
Veröffentlicht am Donnerstag, 10. Januar 2008 - 23:24 Uhr:   

Als Verein sind prinzipiell auch auf eine Partei die Regelungen der Insolvenzordnung anzuwenden (§ 11 Abs. 1 InsO). Da Parteienrecht aber immer auch Sondervereinsrecht ist, also die allgemeinen Regeln, die für Vereine gelten, den grundgesetzlichen Wertungen nach modifiziert werden, könnte man sogar vertreten, dass der Staat die Insolvenz einer Partei gar nicht erzwingen dürfte. Im Fall der Grauen ist ja der Staat der Hauptgläubiger. Ich denke, dass die Bundestagsverwaltung in jedem Fall der Partei die Stundung eventueller Strafzahlungen ermöglichen wird.
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Ralf Lang
Veröffentlicht am Montag, 14. Januar 2008 - 08:24 Uhr:   

Es sind ja auch schon andere Parteien insolvent gegangen. Der Bund freier Bürger drängt sich in Erinnerung.
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Montag, 14. Januar 2008 - 09:52 Uhr:   

@Tim:
> könnte man sogar vertreten, dass der Staat die
> Insolvenz einer Partei gar nicht erzwingen
> dürfte.
Das ist eine interessante Überlegung.
Und in der Tat haben wir hier wohl eine Novität, daß der Staat Hauptgläubiger ist.
Trotzdem glaube ich, daß die Insolvenz ganz normal betrieben werden wird.
Die Bilanzzahlen der Grauen sind ja nicht politisch interpretierbar, damit auch die Insolvenzkriterien nicht.
Und umgekehrt darf der Staat ja auch nicht auf Geld verzichten (damit die Steuerzahler schädigen), wenn Leute sich kriminell bereichert haben und sich hier einem Parteienprivileg verstecken wollen.
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Dienstag, 15. Januar 2008 - 08:54 Uhr:   

Warum sollte der Staat die Insolvenz eines Vereins nicht erzwingen dürfen? Weil er Hauptgläubiger ist?
Dagegen spricht, dass der Staat in unzähligen anderen Fällen ebenfalls mitbeteiligt oder sogar Hauptgläubiger sein kann. Es ist ja nicht "der" Staat, der als Gläubiger auftritt, sondern ein bestimmtes Organ. Die Insolvenzen werden durch die dafür bestimmten Organe durchgeführt, über Streitigkeiten entscheiden Gerichte, die zwar auch "staatlich" sind, aber eben nicht "der" Staat. Durch die Trennung der Ämter und Gewalten ist somit vorgebaut, dass nicht ein allmächtiger Staat seine Forderungen gegenüber einem ohnmächtigen Privaten beliebig eintreiben kann.
Welche grundgesetzliche Wertung sollte im übrigen verhindern, dass eine Partei bankrott gehen und wie jede andere privatrechtliche Grösse liquidiert werden könnte? Nach dem GG kann eine Partei z. B. auch verboten und somit zwangsweise aufgelöst werden. Weshalb sollte das also nicht möglich sein dürfen, wenn sie selbst sich durch Misswirtschaft ruiniert hat? Für ihr Finanzgebaren ist eine Partei gewiss ebenso verantwortlich wie für ihre politische Gesinnung, wegen der sie verboten werden kann.
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Migan (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Dienstag, 15. Januar 2008 - 16:48 Uhr:   

Mal eine andere Frage, die Mittel, die die Grauen unrechtmäßig erhalten haben, müßte ja eigentlich den anderen Parteien zustehen, die ja wegen der Grauen weniger aus der staatlichen Finanzierung erhielten. Dann wären doch auch die anderen Parteien Gläubiger der Grauen ?
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Dienstag, 15. Januar 2008 - 20:06 Uhr:   

Nein. Das ist ein häufiger Denkfehler, ebenso wie der oft gehörte Spruch "Das Haus gehört der Bank".
Gläubiger ist, wer gegen jemand eine Forderung hat. Die Forderung der Parteien richtet sich aber nicht gegen die Grauen, sondern gegen den Staat. Somit ist einzig der Staat, resp. die vom Bundesrecht bezeichnete Stelle, Gläubiger, nicht die andern Parteien. Diese könnten allerhöchstens eine Nachforderung an den Staat erheben, der die zurückerhaltenen Mittel nachträglich unter sie verteilen müsste - falls das Bundesrecht das so vorsieht.
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Migan (Unregistrierter Gast)
Veröffentlicht am Mittwoch, 16. Januar 2008 - 09:50 Uhr:   

Gut, aber dann hätten die anderen Parteien ja eine Forderung gegen den Staat, weil ihnen die Mittel ja zustünden. Dann müßte der Staat, um diese Forderung korrekt bedienen zu können, die zuviel erhaltenen Mittel auf jeden Fall von den Grauen zurückfordern - er wäre also sowieso dazu verpflichtet, die Mittel wieder einzutreiben, oder?
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Ralf Arnemann
Veröffentlicht am Mittwoch, 16. Januar 2008 - 10:35 Uhr:   

@Philipp:
Juristisch hast Du völlig recht.

Aber trotzdem haben Tims Bedenken etwas für sich.

Denn:
> Nach dem GG kann eine Partei z. B. auch
> verboten und somit zwangsweise aufgelöst werden.
Hier muß eine politische Wertung vorgenommen werden, und die muß man dann auch gut begründen können und da schaut auch die Öffentlichkeit hin.

Es wäre natürlich für eine Demokratie problematisch, wenn die Regierung eine unliebsame Partei hintenrum liquidieren könnte, indem sie eine Insolvenz betreibt.
Da der Bundestagspräsident gerade beim Thema "Strafzahlungen" einen erheblichen Handlungsspielraum hat, ist das ein sensibler Bereich, den man nicht nur buchhalterisch exekutieren kann.
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Mittwoch, 16. Januar 2008 - 15:15 Uhr:   

Es ist natürlich klar, dass der Staat die zuviel bzw. unberechtigt geleisteten Beiträge zurückfordern muss. Das ergibt sich schon allein aus dem Gesetz und ferner aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Es kann ja im Ernst nicht denkbar sein, dass der Staat eine Partei für delinquentes Verhalten noch belohnt.

Ein Parteienverbot ist im übrigen auch nicht primär eine politische, vielleicht überhaupt keine politische, sondern eine juristische Angelegenheit. Eine Partei kann ja nicht deswegen verboten werden, weil sie politisch missliebig ist - das wäre in einer Diktatur der Fall. Eine Partei kann nur deshalb verboten werden, weil sie verfassungsfeindlich ist. Verfassungsfeindlichkeit muss allerdings dann in striktestem rechtsstaatlichem Rahmen festgestellt werden, ansonsten wiederum die Willkür lauert.

Was nun daran heikel sein sollte, wenn eine Partei Schulden macht und liquidiert werden muss, kann ich nicht erkennen: Für die Finanzmisere sind die Organe der Partei genauso sehr verantwortlich wie für eine etwa eintretende Verfassungsfeindlichkeit. Im Gegensatz zu einem Parteienverbot folgt einer Liquidation wegen Insolvenz kein Verbot der Ersatzorganisation, keine Einziehung und Beschlagnahme etwa von Unterlagen usw. Das bedeutet, dass die ehemaligen Mitglieder der Partei sich jederzeit neu organisieren können.
Streng genommen sehe ich auch nirgends eine Pflicht statuiert, dass eine Partei sich als Partei konstitutieren muss. Wenn also eine Partei nicht in Kauf nehmen will, den Pflichten aus dem Parteiengesetz zu unterliegen und z. B. öffentlich Rechnung legen zu müssen, so kann sie dies unterlaufen, indem sie sich nicht als Partei anerkennen lässt. Natürlich verzichtet sie dann auch auf gewisse Vorteile des Parteistatus.
Ich sehe also da nirgends eine Bedenklichkeit darin, dass eine Partei, die versucht, den Staat abzuzocken, damit rechnen muss, schlimmstenfalls am Ende der Zwangsliquidation unterworfen zu sein.

Wollte man weiter einwenden, "der Staat" (wie oben schon dargelegt, ist es nicht "der Staat", sondern ein unabhängiges Organ) dürfe eine bankrotte Partei nicht zwangsliquidieren, dann müsste man schon darlegen, gegen welches verfassungsrechtliche Prinzip, das höher rangiert als die Gleichheit aller Rechtssubjekte, ein solches Vorgehen verstossen sollte. Damit würde ja eine Partei partiell zu einem rechtsfreien Raum!
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Wilko Zicht
Veröffentlicht am Mittwoch, 26. März 2008 - 00:52 Uhr:   

DIE GRAUEN haben sich nun aufgelöst:

http://www.diegrauen.de/
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Tim Spier
Veröffentlicht am Mittwoch, 26. März 2008 - 09:24 Uhr:   

Und gleich wieder neugegründet, als: DIE GRAUEN – Generationspartei. Mit gleicher Website, gleichen Leuten, aber einer anderen Rechtspersönlichkeit. Damit dürften sie faktisch die Insolvenz umgehen können. Der Staat als wesentlicher Hauptgläubiger kann sich nur noch aus den Restbeständen des alten Vereins heraus bedienen, muss aber wegen der Auflösung als politische Partei auch keine besonderen Skrupel mehr haben.

Um noch einmal meine Gedanken zur Frage der Insolvenzfähigkeit von Parteien zum Ausdruck zu bringen: Der Staat darf lediglich unter den strikten Bedingungen des Art. 21 GG, also vor allem nur durch das Bundesverfassungsgericht verboten werden. Dieses sog. Parteienprivileg ist Ausdruck des Gedankens, das der Staat bzw. genauer: die mehrheitlich seine Organe besetzenden Politiker/Parteien nicht unliebsame Konkurrenten ausschalten sollen. Daher entfaltet dieses Privileg eine gewisse Sperrwirkung gegenüber faktischen Handeln der öffentlichen Hand, dass einer Auflösung/einem Verbot nahe kommt. Wie weit das reicht, ist natürlich vollkommen offen und müsste durch ein Urteil des Verfassungsgerichts im konkreten Fall geklärt werden, wozu es jetzt vermutlich nicht mehr kommen wird. Immerhin haben wir es ja hier auch mit einem Gesetzesverstoß auf Seiten der Grauen zu tun, das Bundestagspräsidium ist daher an die parteiengesetzlichen Vorschriften gebunden, die die Strafzahlungen vorsehen. Allerdings hat es Ermessensspielraum bei der Modalität der Rückzahlung. Und hier denke ich schon, dass die Grauen großzügige Stundungen hätten verlangen können. Zumal große Rückzahlungen auch bei anderen Parteien in Raten erfolgen durften.
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Mittwoch, 26. März 2008 - 10:09 Uhr:   

Da stellen sich noch ein paar andere Fragen, etwa:
- Wie weit kann auf die fehlbaren und verantwortlichen Personen persönlich zurückgegriffen werden?
- Kann "durch den Schleier der juristischen Person" durchgegriffen werden?
- War die "Auflösung" in diesem Fall zulässig und wirksam?
usw. usf.
Dabei handelt es sich zunächst einmal um Fragen des privaten bzw. bürgerlichen Rechts, die im Grundsatz schon lange geklärt worden sind und bei denen sich nur mehr konkrete Anwendungsprobleme stellen.
Jede andere Vereinigung oder Körperschaft bürgerlichen Rechts wird in vergleichbaren Fällen gleich behandelt.
Wie sieht es nun aber mit dem "Parteienprivileg" aus? Kann dieses eine Partei vor dem Zugriff des Gläubigers bewahren?
Nehmen wir mal an, die Grauen hätten bei einer Druckerei schönes Werbematerial bestellt, sagen wir: für eine halbe Million. Das wird auch prompt geliefert und gleich in Umlauf gebracht, dann klopft aber die Druckerei an und wünscht Bezahlung. Nun sagen die Grauen: Tut uns leid, soviel Geld haben wir gar nicht.
Nun ruft die Druckerei den Staat an, damit dieser ihr zu ihrem Geld verhilft. Das bedeutet dann je nach dem Gerichtsvollzieher, Insolvenzverfahren, eventuell gibt's sogar eine Strafuntersuchung usw. Kann nun die Partei rufen: "Parteienprivileg!" und sich ihren vorsätzlich und wissentlich gemachten Schulden entziehen? Bleibt die Druckerei auf dem Trockenen und muss womöglich selbst in Liquidation gehen?
Wenn wir an diesem Punkt "Ja" antworten, dann ist der Fall klar: Dann gilt der Rechtsstaat in Deutschland für Parteien nicht. Dann müssen mögliche Zulieferer von Parteien gewarnt werden, Geschäfte grundsätzlich nur gegen bare Vorauszahlung abzuschliessen.
Wenn wir jetzt aber "Nein" sagen, dann stellt sich die Situation so dar, dass der "Staat" in Form der zuständigen Organe und Gerichte sehr wohl "gegen die Partei" vorgehen kann und dies auch tut, allerdings nur deshalb, um einem Privaten zu seinem Recht gegenüber eben dieser Partei zu verhelfen.
Nun liegt der Fall noch ein wenig anders: Nun ist es der "Staat", sprich: der Präsident des Bundestages und seine Hilfsorgane, der unrechtmässig erworbenes Geld von einer Partei zurückhaben will. Dazu ruft der "Staat" den "Staat" zu Hilfe, nämlich die ohnehin dafür zuständigen Insolvenz-Organe und Gerichte.
Inwiefern besteht in dieser Lage das Recht, "Parteienprivileg!" zu rufen und den Rechtsstaat ausser Kraft zu setzen? Inwiefern ist es überhaupt der monolithische Landleviathan "Staat", der hier "gegen eine Partei" agiert? Inwiefern sollte eine (selbst verschuldete) Insolvenz auf ein verkapptes Parteiverbot hinauslaufen?

Das wären so etwa Fragen, die es zu stellen und zu beantworten gälte.
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Thomas Frings
Veröffentlicht am Mittwoch, 26. März 2008 - 11:24 Uhr:   

"Nun ruft die Druckerei den Staat an, damit dieser ihr zu ihrem Geld verhilft. Das bedeutet dann je nach dem Gerichtsvollzieher, Insolvenzverfahren, eventuell gibt's sogar eine Strafuntersuchung usw. Kann nun die Partei rufen: "Parteienprivileg!" und sich ihren vorsätzlich und wissentlich gemachten Schulden entziehen? Bleibt die Druckerei auf dem Trockenen und muss womöglich selbst in Liquidation gehen?"
Natürlich entbindet das Parteienprivilileg nicht von Zahlungsverpflichtungen. Und Gläubiger sind nunmal immer die Dummen, wenn ein Schuldner pleite geht. Da muß man Geld für den Rechtstitel vorschießen und hat nichts davon, weil bei Schuldner meist nichts mehr zu holen ist. Recht haben, Recht bekommen und Recht durchsetzten sind drei grundverschiedene Dinge, das gilt ganz allgemein. Wer die Bonität eines Vertragspartner niedrig einschätzt, muß sich absichern oder auf das Geschäft verzichten. Der Staat hat gegenüber Gläubigern von Parteien überhaupt keine Verpflichtungen.
Was die persönliche Haftung angeht: Handelsrechtlich ist es praktisch unmöglich, einen Handlungsgehilfe persönlich haftbar zu machen, wie das Parteien aussieht, keine Ahnung. Aber selbst wenn er haftet, ist die Frage, wieviel da zu holen ist.

Der Staat ist auch nicht verpflichtet, Parteien zu finanzieren und kann die Finanzierung natürlich von Bedingungen, wie z.B. korrekten Rechenschaftsberichten abhängig machen. Wer die Bedingungen nicht erfüllt, bekommt eben kein Geld bzw. muß es ganz oder teilweise zurückzahlen. Wo ist das Problem? Solange die Regeln nicht eindeutig darauf zugeschnitten sind, bestimmte Parteien zu bevorzugen oder zu benachteiligen, gibt es da gar kein Problem.
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Philipp Wälchli
Veröffentlicht am Mittwoch, 26. März 2008 - 19:19 Uhr:   

@Thomas Frings:

Ja eben, darauf wollte ich mit besagten Beispielen kurz gesagt hinaus. Die ausführliche "didaktische" Darstellung diente nur dazu, dies einigen Mitlesenden deutlich zu machen.
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Tim Spier
Veröffentlicht am Donnerstag, 27. März 2008 - 11:54 Uhr:   

Wenn eine Partei insolvent wird, weil sie privatrechtliche Forderungen nicht begleichen kann, ist das meiner Ansicht nach eindeutig. Hier ging es ja um den schon etwas anders gelagerten Fall, dass der Staat in Form des Bundestagspräsidiums die Insolvenz durch Rückzahlungsforderungen erwirkt. Auch hier bin ich - wie Philipp Wälchli und Thomas Frings - der Meinung, dass diese Forderung natürlich beglichen werden muss. Es stellt sich jedoch die Frage, inwiefern das Bundestagspräsidium die Forderungen nicht stunden muss, damit es eben die Insolvenz nicht herbeiführt. Auch hier lässt sich natürlich mit guten Argumenten darüber streiten, aber ich halte eine Pflicht des Präsidiums, die Rückzahlungsmodalitäten so zu gestalten, dass sie nicht zur Insolvenz der Partei führt, für durchaus plausibel.

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