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Pfalz (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Dienstag, 21. März 2006 - 11:04 Uhr: | |
@ ja Wir Pfälzer haben durchaus unsere eigene Identität, wie Badener bspw. auch. |
ja (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Dienstag, 21. März 2006 - 12:01 Uhr: | |
@Pfalz: "Wir Pfälzer haben durchaus unsere eigene Identität, wie Badener bspw. auch." Natürlich, und Ostfriesen, Dithmarscher, Vogtländer, Sauerländer, Franken usw. usf. Aber für die Mehrzahl dürfte eine mehr oder weniger hohe Akzeptanz der Länderzugehörigkeit gelten - die im übrigen immer dann ins Wanken gerät, wenn die vermeintlich oder tatsächlich wohl erworbenen regionalen Rechte zur Disposition stehen. Insofern ist die Lage für Sachsen-Anhalt in mehrfacher Hinsicht schwierig: zum einen war die Ausgangslage (regional deutlich unterschiedliche Bezüge) zwar nicht die ungünstigste, aber eben auch nicht die günstigste (vgl. Sachsen oder Thüringen), zum zweiten fehlt die Prosperitätsphase, in der zumindest so etwas wie Akzeptanz hätte wachsen können, und zum dritten gibt es z.Z. nur Kröten zu verteilen. |
Pfalz (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Dienstag, 21. März 2006 - 15:32 Uhr: | |
@ ja Wenn man alleine bedenkt, dass 44% des Landeshaushalts in Sachsen-Anhalt von Tranferzahlungen abhängen ist die These zur fehlenden Prosperitätsphase in SAN völlig gerechtfertigt. Deswegen glaube ich, dass eine Neugliederung bzw. Fusion (wie auch immer geartet) bei den Menschen durchaus Zuspruch finden würde. Wenn ich aber nach Baden-Württemberg schaue, wo selbst von Politikern bspw. die ungleiche Verteilung der Mittel zur Förderung der Ganztagsschulen zwischen den badischen und schwäbischen Landesteilen angeprangert wird, würde das bei fehlender Prospertität gerade in Baden größere Wellen schlagen und alte Sezessionsgelüste wieder aufkommen lassen. BaWü wird ja auch immer als einziges geglücktes Beispiel einer Länderneugliederung herangezogen, die aber ohne den getürkten Zuschnitt der Abstimmungbezirke 1951 (aus 3 mach 4) seitens der Besatzungsmächte so nie zustande gekommen wäre. Somit wurde (Süd-)Baden überstimmt (3:1) und der neue Südweststaat aus der Taufe gehoben. Nach jahrelanger badischer Rebellion war die dann erst 1970 durchgeführte, erneute Volksabstimmung in Baden ja dann nur noch Formsache (81,6% Zustimmung). |
(Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Dienstag, 21. März 2006 - 18:27 Uhr: | |
"Wenn man alleine bedenkt, dass 44% des Landeshaushalts in Sachsen-Anhalt von Tranferzahlungen abhängen ist die These zur fehlenden Prosperitätsphase in SAN völlig gerechtfertigt. Deswegen glaube ich, dass eine Neugliederung bzw. Fusion (wie auch immer geartet) bei den Menschen durchaus Zuspruch finden würde." Was ist an 44 % so ungewöhnlich? Da kommen andere Länder auch noch hin. Durch die Fusion verschwinden ja die Aufgaben nicht, sie löst das Kostenproblem also nicht. |
Good Entity (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Dienstag, 21. März 2006 - 18:30 Uhr: | |
Eine Neugliederung oder Fusion von Ländern ändert überhaupt nichts an der wirtschaftlichen Situation in den betroffenen geographischen Bereichen, wie auch. Warum sollte es zB Sangerhausen (südlich vom Harz) besser gehen, wenn man es a) von Sachsen-Anhalt zum benachbarten Thüringen umgliedert oder b) Teil eines Bundeslandes "Sachsen-Thüringen-Anhalt" werden lässt. Die Arbeitslosenzahlen und alle weiteren Probleme vor Ort bleiben völlig unverändert. Das umstrukturierte oder fusionierte neue Bundesland hat pro Einwohner auch nicht mehr Geld als vorher die alte Lösung. Umstrukturierungen führen zunächst zu ziemlich gigantischen Aufwendungen, die immer unterschätzt werden und dann - wenns klappt - irgendwann einmal zu leicht reduzierten laufenden Kosten. Nicht einmal das möchte ich hier annehmen. Ein fusioniertes Bundesland müsste voraussichtlich wieder eine Mittelebene mit Regierungsbezirken oder ähnlichem einziehen bzw. verstärken, die nur wieder zusätzliches Geld kostet. |
Philipp Wälchli (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Dienstag, 21. März 2006 - 19:54 Uhr: | |
Faktum ist doch, dass es immer Grenzen geben wird. Jegliche Grenze, gleichgültig, wo sie auch immer durchführt, wird immer irgendwann einmal Probleme schaffen. Selbst eine kommunale Grenze kann irgendwelche Probleme verursachen, so unbedeutend an sich die Hoheitsrechte einer Kommune nach einer Landesverfassung auch sein mögen. Bspw. ist es in den meisten zivilisierten Ländern der Erde nicht erlaubt, ein Grundstück in Privatbesitz über eine Binnengrenze zu legen. Nehmen wir an, dass die Industriegebiete zweier benachbarter Kommunen aneinander grenzen, d. h. dass sie eine gemeinsame Grenze aufweisen. Nun möchte sich eine grössere Unternehmung hier ansiedeln, die 300 Quadratmeter Boden benötigt, diesen aus bestimmten betrieblichen Gründen mit einem bestimmten Seitenverhältnis. In der Industriezone von Kommune A und B sind aber jeweils nur Flächen mit diesem Zuschnitt verfügbar, die kleiner sind, oder aber grössere Flächen, die bspw. zu schmal sind. Lösung: Eine Fläche ausstecken, die die Kommunalgrenze schneidet. Bedeutet aber, dass nun die Unternehmung zwei Baubewilligung benötigt, dass sie auf beiden Seiten eine Ausnahme erwirken muss, um bis an die Grenze bauen zu können, dass sie ferner an zwei Orten zugleich ihren Sitz hat, Steuern bezahlen muss usw. Lösung: Umzonen der überschneidenden Fläche von einer Kommune zur andern. Problem: Kosten, politisches Hickhack, wer nun die Unternehmung bekommt und wer die leere Fläche usw. Gewiss lassen sich alle diese Probleme irgendwie lösen, aber sie kosten Zeit, Arbeit und auch Geld. Gleichgültig, wie man nun die Grenzen zuschneidet, immer wird es irgendeine Situation geben, in der eine bestimmte Grenze unzweckmässig sein wird oder wirklich ernsthafte Nachteile schafft. Das liesse sich nur dann lösen, wenn die ganze Welt eine einzige Kommune wäre - aber diese liesse sich nicht mehr sinnvoll verwalten. Das ist u. a. das Problem des Sowjet-Zentralismus gewesen: Fünfjahrespläne u. dgl. wurden oftmals weitab von den konkreten Problemen und Ausführungsorten aufgestellt, die einzelnen Betriebe, Kollektive usw. hatten dann jeweils nur noch die Wahl, wie sie unsinnige Vorgaben am wenigsten schmerzhaft umsetzen wollten. Das gibt es aber auch in unseren westlichen Systemen in vielfältiger Form immer wieder. Allgemein lässt sich das Problem nicht lösen, denn es gibt immer wieder Angelegenheiten, die sich besser in grösseren Gebieten lösen lassen, andere hingegen, die am besten dezentral in kleinen Einheiten erledigt werden. In der Schweiz bspw. gibt es an den meisten Orten kommunale Schulen, die eine eigene Schulkommission als verwaltendes Organ besitzen, die entweder selbst die Lehrkräfte anstellt oder sie zu Handen der kommunalen Autoriäten vorschlägt usw. In Ländern wie Frankreich, aber auch in Deutschland werden hingegen Lehrkräfte durch übergeordnete Instanzen angestellt und oft quer durch ganze Landstriche verschoben. Für junge französische Lehrkräfte war es daher bspw. lange Zeit sehr wahrscheinlich, nach Guayana versetzt zu werden oder in ein anderes Überseedepartement, von dem sie im Grunde nichts weiter als den Namen kannten. Inwiefern eine Sprachgrenze ein Grund ist, auch eine politische Grenze zu ziehen, leuchtet mir nicht ein. Immerhin wohne ich gleichsam unmittelbar auf einer solchen Sprachgrenze. In der Schweiz gibt es viele Kantone, durch die Sprachgrenzen gehen, vor allem Bern, Freiburg, Wallis und Graubünden, aber auch Kantone wie Jura, Neuenburg oder Waadt haben faktisch eine Sprachgrenze bzwp. eine sprachlich gemischte Bevölkerung aufzuweisen, abgesehen von dem in manchen Kantonen sehr hohen Ausländeranteil, dessen Herkunft weltweit bund gemischt ist. Ferner teilt sich die Deutschschweiz in einen westlichen und einen östlichen Teil, der durch eine sprachwissenschaftlich klar erkennbare Dialektgrenze unterschieden wird. Nach Norden hin verläuft die Dialektgrenze im übrigen weit innerhalb Deutschlands, auch nördlich des Rheins wird Alemannisch gesprochen, ebenso ist die Dialektgrenze gegenüber Österreich nicht so klar, wie es scheinen mag. Auch andere Länder der Welt sind faktisch zwei- und mehrsprachig; in vielen Ländern werden neben einheimischen Sprachen oder Dialekten Verkehrssprachen wie Englisch oder Französisch gesprochen, oft die Sprache einer ehemaligen Kolonialmacht. Eine besondere Situation herrscht in Ländern der islamischen Welt: Arabisch als Sprache des Koran und der Religion wird in den Schulen gelehrt und als Verkehrssprache verwendet, danben haben aber etliche der islamisch geprägten Länder alte, einheimische Sprachen. Bspw. hat Persisch in Iran eine längere Geschichte als Literatursprache denn Griechisch oder Latein in Europa. Auch Israel darf in diesem Zusammenhang erwähnt werden: Dort sind die Sprachen der Bevölkerung Hebräisch (Ivrit) und Arabisch, daneben ist faktisch auch Englisch alltäglich (und die Einwanderer sprechen oft auch aus den Herkunftsländern mitgebrachte Sprachen). Alle diese Länder sind trotz ihrer sprachlichen Heterogenität bis heute nicht zerfallen oder haben Probleme, die sich nur aus ihrer Sprachsituation erklären liessen. Insofern kann ich wirklich nicht nachvollziehen, welchen Grund es geben sollte, eine Sprachgrenze per se zur politischen Grenze machen zu wollen. Ausserdem lässt sich eine scharfe sprachliche Trennung in Gebieten, in denen zwei Sprachen aufeinander treffen, noch nicht einmal durch "ethnische Säuberungen" (welch schreckliches Wort!) dauerhaft erreichen, deshalb sollte man es besser gar nicht erst versuchen wollen! |
Pfalz (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Dienstag, 21. März 2006 - 19:58 Uhr: | |
"Was ist an 44 % so ungewöhnlich? Da kommen andere Länder auch noch hin." Das betrifft wohl nur die ostdeutschen Bundesländer, die wie SAN am meisten vom Länderfinanzausgleich profitieren. "Durch die Fusion verschwinden ja die Aufgaben nicht, sie löst das Kostenproblem also nicht." Das stimmt. Dennoch können bestimmte Aufgabenbereiche aber konzentriert werden, sodass sich daraus sicherlich Kosten einsparen ließen. Nicht umsonst gibt es jetzt schon bei den Landesarbeitsämtern Zusammenschlüsse wie bspw. zwischen RP und dem Saarland. Sehen Sie einen anderen Grund, der hinter diesem Zusammenschluss stecken könnte? Ich nicht. |
Pfalz (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Dienstag, 21. März 2006 - 21:23 Uhr: | |
@ Philipp Wälchli "Alle diese Länder sind trotz ihrer sprachlichen Heterogenität bis heute nicht zerfallen oder haben Probleme, die sich nur aus ihrer Sprachsituation erklären liessen. Insofern kann ich wirklich nicht nachvollziehen, welchen Grund es geben sollte, eine Sprachgrenze per se zur politischen Grenze machen zu wollen." Nehmen wir doch ein Beispiel vor unserer Haustür was erst vor ein paar Wochen in den Schlagzeilen war: Spanien. Auf seinem Territorium werden neben dem castellano- also dem Hochspanischen- und zahlreichen Dialekten drei weitere Sprachen gesprochen, nämlich galizisch, katalanisch und baskisch, das noch nicht mal eine indo-germanische Sprache ist. Soviel zur sprachlichen Heterogenität. Das katalanische Parlament hat just in seiner Verfassung auf gut deutsch verankert: Katalanisch ist Nationalsprache, Spanisch ist aber auch erlaubt. Wenn man katalanische Schüler fragt, welcher Nation sie angehören geben die allermeisten katalanisch als Antwort. Der sozialistische, spanische Ministerpräsident Zapatero hat die Novellierung der katalanischen Verfassung zähneknirschend zur Kenntnis genommen, nicht zuletzt auch deswegen, weil sich seine Regierung in Madrid auf katalanische Partner stützt. Die Konservativen, die sowieso eine härtere Gangart gegenüber Katalonien und auch dem Baskenland gefahren haben waren empört. Katalonien ist die Region Spaniens mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen und prosperierender Wirtschaft. Die Steuerhoheit liegt jedoch in Madrid. Mit der neuen Verfassung wurde diese zum Teil nach Barcelona verschoben. Ich denke, dass damit der "katalanische Forderungskatalog" noch lange nicht erschöpft sein wird und am Ende desselben ein von Spanien unabhängiges Katalonien steht. Sprachkonflikte führen in diesem Fall automatisch zu politischen Konflikten an deren Ende natürlich die Sprache im Mittelpunkt steht, weil sie abgrenzt. "Ausserdem lässt sich eine scharfe sprachliche Trennung in Gebieten, in denen zwei Sprachen aufeinander treffen, noch nicht einmal durch "ethnische Säuberungen" (welch schreckliches Wort!) dauerhaft erreichen, deshalb sollte man es besser gar nicht erst versuchen wollen!" Das will ja hier Gott sei Dank niemand. Aber ist es in der Schweiz nicht so, dass bspw. eine frankophone Minorität in einem offiziell deutschsprachigen Kanton ihre Kinder nicht in französischsprachige Schulen schicken kann, weil der Kanton sie nicht anbieten muss? Stichwort: Sprachterritorialprinzip Die sprachliche Trennung steht ja in diesem Fall nur auf dem Papier. |
Ralf Arnemann
| Veröffentlicht am Mittwoch, 22. März 2006 - 09:55 Uhr: | |
@Florian: > Wahrscheinlich sogar eher im Gegenteil, weil > die Steuerung von zu großen Einheiten eben > auch Effizienzverluste mit sich bringen kann. Völlig richtig. Man muß sich nur mal anschauen, welche zusätzlichen Verwaltungsapparat größere Bundesländer in Form von Mittelbehörden/Regierungspräsidien etc. brauchen. Das sieht keiner so richtig, kostet aber viel mehr als ein weiteres Landesparlament. Wie hier schon richtig gesagt wurde: Länderfusionen lösen kein einziges der konkreten Probleme vor Ort. Aber wie jeder mit Erfahrungen aus der Wirtschaft bestätigen kann, kosten Fusionen enorm Geld und Zeit. > Wo genau die optimale Staatsgröße liegt weiß > ich nicht. Das hängt m. E. vom Aufgabenbereich ab. Erstaunlich viele Staatsaufgaben kann man schon auf Gemeindeebene optimal lösen. Da wirkt die ständige Einmischung von oben meist kontraproduktiv. Die übergreifenden regionalen Aufgaben können sehr gut von Bundesländern in der Größe von einigen Millionen Einwohnern geregelt werden. NRW oder Bayern sind m. E. schon längst zu groß, das gibt unnötige Reibungsverluste. Und dann gibt es Sachen, die müssen einheitlich für den ganzen Wirtschaftsraum geregelt werden, d. h. auf EU-Ebene. Eigentlich bleibt extrem wenig, wofür man einen Nationalstaat in der Größe der Bundesrepublik noch bräuchte. Militär, Außenpolitik unterhalb der EU-Ebene, große Infrastruktur wie das Autobahnnetz ... Es ist absurd, daß der Bund bei uns die Hälfte des Staatsetats direkt verwaltet (und noch mehr über Zentralisierung der Sozialsysteme). Es ist wahrscheinlich eine Hauptursache unserer derzeitigen Probleme, daß zu viel zentralisiert wurde. > Aber wenn man sieht, wie effizient viele > kleinere europäische Staaten arbeiten, ... Richtig. Das sind de facto "Bundesländer", die nebenbei noch die wenigen Bundesaufgaben erledigen. Die können sich fast alles sparen, was bei uns der Berliner Politikbetrieb macht. Sehr effizient und sehr erfolgreich. |
Florian (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Mittwoch, 22. März 2006 - 15:10 Uhr: | |
"BaWü wird ja auch immer als einziges geglücktes Beispiel einer Länderneugliederung herangezogen, die aber ohne den getürkten Zuschnitt der Abstimmungbezirke 1951 (aus 3 mach 4) seitens der Besatzungsmächte so nie zustande gekommen wäre. " Frage an die Experten: Stimmt diese Darstellung? Ich habe das selbst nicht miterlebt, aber hatte die lebenslange Verbitterung meines (südbadischen) Großvaters immer nur für Lokal-Folklore gehalten. Mir ist auch nicht klar, welche Rolle die Besatzungsmächte 1951 bei einer solchen "Inner-BRD-Angelegenheit" noch gespielt haben sollen. Ganz unabhängig davon gibt es übrigens gerade im Falle der Südwest-Fusion viele Beispiele, wo richtig fies über die Gefühle der Bürger hinweggegangen wurde. Etwa die Tatsache, dass der überwiegend badische Bodenseekreis vom schwäbischen Friedrichshafen aus regiert wird. Oder die Fusion Villingen-Schwenningen, bei der 2 Städte über die alte Landesgrenze hinweg zwangsvereinigt wurden. |
Pfalz (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Mittwoch, 22. März 2006 - 16:44 Uhr: | |
@ Florian Fakt ist, dass Baden und Württemberg nach dem 2. WK geteilt worden sind. Die französische Besatzungszone bestand aus den später gebildeten Ländern (Süd-)Baden und Württemberg-Hohenzollern, die amerikanische aus dem später hervorgehenden Württemberg-Baden. In jeder dieser Besatzungszonen wurden zwei Abstimmungsbezirke gebildet, die im Endeffekt nicht die alten Landesgrenzen widerspiegelten. Obwohl es um den Zusammenschluss von damals 3 Ländern ging wurden dennoch 4 Abstimmungsbezirke gebildet, da Würrtemberg-Baden in Nordbaden und Nordwürttemberg geteilt wurde. Hätte Baden als ganzes gestimmt, wäre die Bildung von BaWü nicht zustande gekommen, da es nur mit 47% dafür votiert hätte. |
Ralf Arnemann
| Veröffentlicht am Donnerstag, 23. März 2006 - 10:16 Uhr: | |
> Hätte Baden als ganzes gestimmt, wäre die > Bildung von BaWü nicht zustande gekommen, da > es nur mit 47% dafür votiert hätte. Meiner Erinnerung nach war es sogar so, daß nur die Abstimmungsmehrheit im ganzen Gebiet gewertet wurde - d.h. Baden wäre auch "eingemeindet" worden, wenn es ein eigenständiger Abstimmungsbezirk gewesen wäre. Das ganze Verfahren dieser Länderfusion kann man nur als dubios und demokratisch bedenklich bezeichnen. |
Florian (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Donnerstag, 23. März 2006 - 13:00 Uhr: | |
"Meiner Erinnerung nach war es sogar so, daß nur die Abstimmungsmehrheit im ganzen Gebiet gewertet wurde - d.h. Baden wäre auch "eingemeindet" worden, wenn es ein eigenständiger Abstimmungsbezirk gewesen wäre. " Dies scheint mir nicht mit dem Grundgesetz (Art. 29,3) konform zu laufen: "Er kommt nicht zustande, wenn im Gebiet eines der betroffenen Länder eine Mehrheit die Änderung ablehnt;" |
J.A.L.
| Veröffentlicht am Donnerstag, 23. März 2006 - 13:08 Uhr: | |
Florian, da hast du die Sonderregelung des Art. 118 übersehen... |
Pfalz (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Donnerstag, 23. März 2006 - 14:24 Uhr: | |
Klingt einleuchtend: Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland hielt in Artikel 118 die drei Länder dazu an, eine Vereinbarung über die Neugliederung ihrer Gebiete zu treffen. Für den Fall, dass eine solche Regelung nicht zustande kam, wurde eine Regelung durch ein Bundesgesetz vorgeschrieben. Als Alternativen kamen entweder eine Vereinigung zu einem Südweststaat oder die Wiederherstellung Badens und Württembergs (einschließlich Hohenzollerns) in Frage, wobei die Regierungen Württemberg-Badens und Württemberg-Hohenzollerns für ersteres, die Badens für letzteres eintraten. Eine Übereinkunft der Regierungen über eine Volksabstimmung scheiterte an der Frage des Abstimmungsmodus. Das daraufhin am 4. Mai 1951 verabschiedete Bundesgesetz sah eine Einteilung des Abstimmungsgebiets in vier Zonen vor (Nordwürttemberg, Nordbaden, Südwürttemberg-Hohenzollern, Südbaden). Die Vereinigung der Länder sollte als akzeptiert gelten, wenn sich eine Mehrheit im gesamten Abstimmungsgebiet sowie in drei der vier Zonen ergab. Da eine Mehrheit in den beiden württembergischen Zonen sowie in Nordbaden bereits abzusehen war (man hatte hierzu - ein einmaliger Vorgang - Probeabstimmungen durchgeführt), favorisierte diese Regelung die Vereinigungsbefürworter. Die (süd-)badische Regierung strengte eine Verfassungsklage gegen das Gesetz an, die jedoch erfolglos blieb. Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Baden-W%C3%BCrttemberg Da haben die Befürworter des Südweststaats in Bonn bei der Entstehung des Bundesgesetzes schon die Grundlagen für die Fusion gelegt, da ja abzusehen war, dass Nordbaden - wenn auch knapp- dafür stimmen würde. Ich frage mich wie die das begründet haben... |
Ralf Arnemann
| Veröffentlicht am Donnerstag, 23. März 2006 - 14:38 Uhr: | |
> Ich frage mich wie die das begründet haben... Vielleicht haben sie behauptet, daß ein einziges der vier Teilgebiete zu klein wäre für ein eigenständiges Bundesland. Und wenn die Nordbadener eben nicht mehr bei Baden bleiben wollen, wäre Südbaden als Rumpfstaat nicht mehr sinnvoll gewesen (sage nicht ich, sondern vermute ich als Argumentation damals). Der Knackpunkt war halt, daß die Altbadener im Süden die ehemals kurpfälzischen und fränkischen Gebiete im Norden nicht genug für die Beibehaltung Badens motivieren konnten - denen war die Unterordnung unter Stuttgart offenbar lieber als der vorherige Zustand. Insgesamt war das natürlich ein fragwürdiges Vorgehen. |
Pfalz (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Donnerstag, 23. März 2006 - 15:04 Uhr: | |
@ Ralf Arnemann >Vielleicht haben sie behauptet, daß ein einziges der vier Teilgebiete zu klein wäre für ein eigenständiges Bundesland. Das Problem aber war ja, dass ein vor dem 2. WK als ganzes bestandener Landesteil (Baden) in 2 Abstimmungbezirke geteilt worden ist, von dem die insgesamt ablehnende Haltung zum Südweststaat bekannt war. Man hätte ja auch Württemberg-Hohenzollern teilen können, was natürlich wenig Sinn gemacht hätte. Vielleicht hing das Ganze doch an den Grenzen der ehemaligen Besatzungszonen, wen man die beiden Karten vergleicht: http://www.s-line.de/homepages/m-ebener/KarteX.html http://www.s-line.de/homepages/m-ebener/KarteIX.html Eine stichhaltige Begründung ist das natürlich auch nicht. |
Florian (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Donnerstag, 23. März 2006 - 15:21 Uhr: | |
Da habe ich jetzt aber einiges dazu gelernt. Die Verärgerung meines südbadischen Großvaters kann ich nun doch ganz gut nachvollziehen. Kleine Anekdote dazu: Als kleines Kind wurde ich von meinem Großvater ausdrücklich ermutigt, in den Bodensee zu pinkeln - weil das Bodenseewasser nur von der Württemberger Seite als Trinkwasser verwendet wurde... Was man nicht unterschätzen sollte: Die Mentalitätsunterschiede zwischen Badenern und Württembergern sind gewaltig. Die Badener lebensfroh-feierfreudig (und katholisch) die Schwaben piätistisch-spießig-sparsam (und protestantisch). |
Pfalz (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Donnerstag, 23. März 2006 - 15:45 Uhr: | |
@ Florian "Als kleines Kind wurde ich von meinem Großvater ausdrücklich ermutigt, in den Bodensee zu pinkeln - weil das Bodenseewasser nur von der Württemberger Seite als Trinkwasser verwendet wurde..." Heute stimmt das nicht ganz. Es gibt selbst einige Gemeinden in Nord- und Mittelbaden bspw. sogar im Rhein-Neckar-Kreis, die ihr Trinkwasser -zumindest teilweise- aus dem Bodensee beziehen. Klingt jetzt arg besserwisserisch, is aber so ;) *dieEhredesGroßvatersbeschmutzthab* "Was man nicht unterschätzen sollte: Die Mentalitätsunterschiede zwischen Badenern und Württembergern sind gewaltig. Die Badener lebensfroh-feierfreudig (und katholisch) die Schwaben piätistisch-spießig-sparsam (und protestantisch)." Man beachte nur die zahlreichen inoffiziellen Strophen des Badnerliedes. Hier nur eine Version: 7. (inoffiziell) In Konstanz ist der Rhein noch blau, bei Mannheim wird er grau; da fließt der Neckar in den Rhein, die alte Schwabensau. Drum grüß ich dich, mein Badner Land, du edle Perl im deutschen Land! Frisch auf, frisch auf, mein Badner Land! |
ich (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Donnerstag, 23. März 2006 - 18:33 Uhr: | |
@Florian "Die Badener" sind auch nicht strikt katholisch, es gibt große evangelisch geprägte Teile dort. Baden-Durlach war evangelisch, Baden-Baden katholisch. |
MMA (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Freitag, 24. März 2006 - 13:02 Uhr: | |
Zu der Betrachtung, warum die Nordbadener "nicht bei Baden bleiben wollten", folgende Überlegung: 1951 waren Nordbaden und Nordwürttemberg schon sechs Jahre politisch vereint, die Umorientierung Nordbadens von Karlsruhe nach der neuen Hauptstadt Stuttgart war schon mit der Macht des Faktischen behaftet; ein "Wiederhochziehen" der Landesgrenze zwischen den beiden Teilen - mit seinen Folgen wie Rechtszersplitterung, verschiedene Schulsysteme etc.- konnte durchaus als Rückschritt gesehen werden. Da sprach dann wohl mehr dafür als dagegen, den schon "bewältigten" Zusammenschluss der nördlichen - größeren! - Teile Badens und Württembergs zu einem Zusammenschluss der gesamten historischen Gebiete der Länder auszudehnen. Der Aspekt, dass die Ziehung einer zwar historischen, aber aus aktueller Sicht "neuen" Grenze keine Zustimmung gefunden hat, kann m. E. gar nicht hoch genug bewertet werden. Bei den Diskussionen über eine Neugliederung im Rhein-Neckar-Gebiet sehe ich daher auch nicht, wie dieses Problem gelöst werden sollte. Selbst wenn es, wegen irgendwelcher politischen Umstürze, eine Mehrheit dafür gäbe, die badische Kurpfalz an Rheinland-Pfalz abzugeben oder gar Rheinland-Pfalz als Land aufzulösen und die Pfalz an Baden-W. zu geben - an der Frage, wo man die neue Grenze hochzieht, würde alles scheitern. Niemand will plötzlich eine Landesgrenze auf dem Weg zur Arbeit oder zur Schule der Kinder liegen haben. |
Good Entity (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Freitag, 24. März 2006 - 17:08 Uhr: | |
Niemand will plötzlich eine Landesgrenze auf dem Weg zur Arbeit oder zur Schule der Kinder liegen haben. - Nicht ganz richtig, nicht einmal in Baden. In den südlichsten Teilen Badens (Lörrach, Grenzach-Wyhlen, etc.) wohnen sehr bewusst viele Deutsche und in gewissem Rahmen auch Schweizer, die jeweils in der Schweiz (in und um Basel) arbeiten und täglich über die Grenze fahren. Sie kombinieren die höheren Löhne in der Schweiz mit den deutlich niedrigeren deutschen Lebenshaltungskosten (die in dieser Gegend trotzdem im deutschen Vergleich ziemlich hoch sind) und mit allerlei weiteren steuerlichen und sonstigen Vorteilen. Im Osten Brandenburgs legen manche sehr freiwillig ihren Weg zur Arbeit (so sie noch eine haben) so, dass er an polnischen Tankstellen und Zigarettenläden vorbeiführt. Im Raum Wolfsburg ziehen viele Niedersachsen gleich hinter die Landesgrenze nach Sachsen-Anhalt, da dort die Mieten nur halb so hoch sind und das Bauland im Verhältnis nahezu kostenlos ist, zugleich sind die Kindergärten billiger (verkürzt gesagt). Natürlich arbeitet man weiter bei VW, wo sonst. |
Pfalz (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Samstag, 25. März 2006 - 00:16 Uhr: | |
@ MMA Die Rheinpfalz besteht ja dem Grunde nach noch aus den historischen Grenzen (siehe Land- & Stadtkreise), wenn man mal von den annektierten Gebieten im Saarland absieht. Die wirtschaftlichen und auch kulturellen Verbindungen sind vorhanden. Daher glaube ich nicht, dass eine Zustimmung zur Fusion Pfalz-BaWü alleine an der Tatsache einer neuen Landesgrenze scheitern würde. Wenn man das den Menschen vernünftig verkaufen würde, wäre dieser Vorschlag sicherlich mehrheitsfähig. |
iwiwiwm (Unregistrierter Gast)
| Veröffentlicht am Samstag, 25. März 2006 - 00:28 Uhr: | |
"Was man nicht unterschätzen sollte: Die Mentalitätsunterschiede zwischen Badenern und Württembergern sind gewaltig. Die Badener lebensfroh-feierfreudig (und katholisch) die Schwaben piätistisch-spießig-sparsam (und protestantisch)." Die Schwaben sind weder spießig noch protestantisch. Das sind die Württemberger. Die Schwaben (Oberschwaben und die bayerischen Schwaben) sind katholisch und feierfreudig. Nördlich der Donau gibt es sowieso keine Schwaben mehr, sondern Württemberger (oder Südschweden). |
Tim Spier
| Veröffentlicht am Samstag, 25. März 2006 - 11:16 Uhr: | |
@iwiwiwm: Na, da sollte wir doch mal die Schweden aus dem Spiel lassen, die können für BaWü nun wirklich nichts ... :-) |
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