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Herbert
| Veröffentlicht am Montag, 12. August 2002 - 16:16 Uhr: | |
Am 22. September keine Bundestagswahl in Zollernalb-Sigmaringen Stuttgart (dpa) - Im württembergischen Wahlkreis Zollernalb- Sigmaringen fällt die Bundestagswahl am 22. September aus. Grund ist die verspätete Aufstellung eines CDU-Kandidaten, die nach dem Tod des CDU-Bundestagsabgeordneten Dietmar Schlee am 3. August erst am 15. August vorgenommen werden kann. Der stellvertretende Landeswahlleiter verwies in Stuttgart auf das Bundeswahlgesetz. Demnach mussten die Bewerber bis zum 18. Juli gemeldet sein. Die Nachwahl muss bis zum 3.November stattfinden. |
Stoiber
| Veröffentlicht am Dienstag, 13. August 2002 - 19:01 Uhr: | |
Können die Wähler am 22.09. wenigstens ihre Zweitstimme einsetzen? |
Matthias Cantow
| Veröffentlicht am Dienstag, 13. August 2002 - 19:59 Uhr: | |
Nein, erst bei der Nachwahl. Falls es in BW am 22.09. zu einem (oder "noch keinem" bzw. mehreren) Überhangmandat(en) kommt, kann es nicht nur sein (wie Martin schon in den Nachrichten schrieb), dass durch das negative Stimmgewicht eine andere Landesliste der ÜM-Partei ein Mandat nachträglich verliert, sondern es eröffnet sich auch für die "intelligenten Wähler" dieser Partei die Möglichkeit, den Erfolgswert ihrer Stimme durch die Wahl der Koalitionspartei zu verdoppeln. Da das dann im Gegensatz zu früheren Wahlen wirklich vorhersehbar wäre, könnte das bei einer Wahlprüfung ganz interessant werden. |
Wilko Zicht
| Veröffentlicht am Dienstag, 13. August 2002 - 20:41 Uhr: | |
Das hessische Wahlprüfungsgericht hat sich mit diesem Problem im Jahre 1995 befaßt, nachdem es bei der dortigen Landtagswahl ebenfalls in einem Wahlkreis zu einer Nachwahl kam (die Kandidatin der Republikaner war kurz vor der Wahl gestorben). Interessanter Weise hat das Wahlprüfungsgericht das Vorgehen des Landeswahlleiters, trotzdem am Tage der Hauptwahl das (Teil-)Ergebnis aus den anderen Wahlkreisen zu veröffentlichen, als verfassungswidrig angesehen, weil die Stimmen der Wähler im Nachwahl-Wahlkreis durch den Informationsvorsprung einen größeren Erfolgswert gehabt hätten. Überträgt man das Urteil auf den aktuellen Fall, würde das bedeuten, daß es dem Bundeswahlleiter von Verfassungs wegen verboten wäre, das Ergebnis der Bundestagswahl zu veröffentlichen, bevor die Nachwahl in Zollernalb-Sigmaringen durchgeführt ist. Gleiches gälte für den Landeswahlleiter von Baden-Württemberg. Die anderen Landeswahlleiter wären dagegen nicht gehindert, das jeweilige Landesergebnis zu veröffentlichen. Auch die anderen Kreiswahlleiter in Baden-Württemberg dürften die Kreisergebnisse bekanntgeben. So zumindest die realitätsferne Logik des hessischen Wahlprüfungsgerichts. (Das damalige Urteil kann man hier nachlesen: http://141.90.2.45:80/cache/STANZ/1995/00051.tif) |
Martin Fehndrich
| Veröffentlicht am Dienstag, 13. August 2002 - 21:57 Uhr: | |
Eigentlich sind zwei Szenarien denkbar. 1) Die Nachwahl findet am Tag der Hauptwahl, also am 22.September statt. 2) Die Nachwahl findet später statt. In diesem Fall könnte der Bundeswahlleiter am Hauptwahltag kein vorläufig amtliches Endergebnis feststellen, wohl aber die nicht betroffenen Landes- und Kreiswahlleiter. Eine Aufsplittung der Nachwahl für die Erst- und Zweitstimme ist im Bundeswahlgesetz nicht vorgesehen. Das von Wilko erwähnte Urteil aus Hessen kommt im analogen Fall zum selben Ergebnis. Vor der Nachwahl wäre im Prinzip bekannt, wieviele Stimmen eine Partei noch braucht (oder noch höchstens haben darf!) um einen weiteren Sitz zu bekommen. Eine Vorhersage der Form "Wenn die CDU weniger als X Zweitstimmen im Wahlkreis erhält, wäre Herr Y der CDU-Landesliste Z gewählt." wäre dann recht einfach zu erstellen. |
Frank Schmidt
| Veröffentlicht am Dienstag, 13. August 2002 - 23:25 Uhr: | |
@Wilko und Martin: Werdet ihr euch wegen der möglichen Verzerrungen an die im Bundestag vertretenen Parteien wenden? Erst die zu erwartenden Überhangmandate und jetzt auch noch eine Nachwahl, die durch Überhangmandate verzerrt werden könnte... |
Martin Fehndrich
| Veröffentlicht am Mittwoch, 14. August 2002 - 22:22 Uhr: | |
Solange die Parteien meinen, ein Fehler im Wahlsystem würde zu ihren Gunsten ausschlagen, wird nicht viel geschehen. Vielleicht bewirken ja Fallberechnungen vor einer Nachwahl etwas. Ein Beispiel böte die Wahl 1994. Hätten damals die 74631 CDU Wähler im Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen ihre Zweitstimme ungültig gemacht, hätte die CDU zwei Abgeordnete mehr im Bundestag. |
Martin Fehndrich
| Veröffentlicht am Freitag, 16. August 2002 - 13:46 Uhr: | |
Die CDU-Mitglieder aus den Kreisverbänden Sigmaringen (2000 Mitglieder), Zollernalb (900) und Ravensburg (70) haben die Juristin Tanja Gönner gestern Abend zur Nachfolgerin des verstorbenen Bundestagsabgeordneten Dietmar Schlee gewählt. Jetzt wird's interessant wann der Nachwahltermin ist. |
Thomas Frings
| Veröffentlicht am Dienstag, 27. August 2002 - 00:37 Uhr: | |
Einen ähnlichen Fall gab es übrigens schon einmal vor der Wahl 1987 im Wahlkreis Euskirchen-Erftkreis II. Dort starb der CDU-Kandidat - wenn ich das richtig in Erinnerung habe- kurz nach der Zulassung der Wahlvorschläge. Auch damals fand die Nachwahl gleichzeitig mit der Hauptwahl statt. |
Ralf Arnemann
| Veröffentlicht am Dienstag, 27. August 2002 - 11:58 Uhr: | |
Mal eine etwas abstruse Überlegung: So könnte man eine Bundestagswahl ziemlich sabotieren. Wenn eine eher Parlamentskritische Partei (wie z. B. die APPI) pro Wahlkreis einen Bewerber aufstellt, der hochbetagt und krank ist - dann könnte sie statistisch damit rechnen, daß sie damit die Wahl in so vielen Wahlkreisen aufschiebt, daß es echte Probleme gibt (wegen wirklich relevanten Informationsdifferenzen). Denn im Wahlrecht steht ja nicht, daß die gestorbene Kandidaten je nach Größe und Erfolgschance der betreffenden Partei unterschiedlich behandelt werden dürfen. Eigentlich halte ich die ganze Regelung für Unsinn: Wenn ein Kandidat stirbt, dann kann man ihn halt nicht wählen. Die betreffende Partei ist damit wenig schlechter gestellt, als wäre er am Tag nach der Bundestagswahl abgetreten. Eine Kandidatennachnominierung mit Wahlverschiebung halte ich für falsch. |
Thomas Frings
| Veröffentlicht am Dienstag, 27. August 2002 - 12:54 Uhr: | |
Ich fände es sinnvoller, wenn der Tote auf dem Wahlzettel bleibt, wenn sonst der reguläre Wahltermin nicht zu halten ist. Falls der dann direkt gewählt werden sollte rückt halt ein Listenkandidat nach. In Holland blieb Pim Fortuyn nach seiner Ermordung auf dem Wahlzettel bzw. (meistens) im Stimmcomputer und bekam 1,3 Mio. Präferenzstimmen. Und ein wahlstrategisches Ableben wird wohl kaum je eine Wahl beeinflussen. |
Sole
| Veröffentlicht am Freitag, 30. August 2002 - 12:13 Uhr: | |
Nein. Ein Direktmandat ist direkt zu erringen. Und zwar durch die Person, die es erhält. Kommen dadurch Überhangmandate zustande dann sollte dieses durch Ableben des Kandidaten verloren gehen (bzw in Nachwahl neu gewonnen werden), bei anderen Fällen stellt sich die Frage nicht. Ein Direktmandat tauscht den Wahlkreisbewerber gegen den Listenbewerber aus. Dass der nicht austauschende weil Tote den Listenbewerber nicht verdrängt, sofern nicht in Nachwahl ein neuer Austauschkandidat den Kreis gewinnt, ist irgendwo nachvollziehbar. Tote wählen ist keine Option. |
Martin Fehndrich
| Veröffentlicht am Freitag, 30. August 2002 - 13:06 Uhr: | |
Soweit ein Austausch noch rechtzeitig möglich ist, macht das schon Sinn. Wenn ein Toter gewählt werden soll, der dann doch durch einen Nachrücker von der Liste ersetzt wird, macht die ganze Wahl (Erststimme in diesem WK) keinen Sinn mehr. Bei einer reinen Listenwahl ist das was anderes, da wählt man ja die Ersatzkandidaten mit. D.h. auf das Beispiel bezogen, man nicht die Person Pim Fortuyn, sondern seine Liste. |
Thomas Frings
| Veröffentlicht am Freitag, 30. August 2002 - 13:18 Uhr: | |
Ein Überhangmandat könnte von einem Toten nicht errungen werden, da es ja laut BVG-Urteil bei Überhangmandaten keinen Nachrücker gibt. Und sinnlos ist eine Wahl nicht zwangsläufig. Als 1995 in Hessen gewählt wurde, war ja z.B. die Kandidatin der Reps gestorben, die aber sowieso keine Chance hatte. In den meisten Wahlkreisen gibt es nur einen, manchmal auch zwei ausssichtsreiche Kandidaten. Dumm nur wenn ausgerchnet der stirbt, wie im jetzigen Fall. Aber insgesamt sind diese Fälle so selten, dass der Nachteil der Wahl eines Toten weniger ins Gewicht fällt als diew möglichen Komplikationen bei einer Navhwahl. Überlegenswert wäre auch, die Parteien zu verpflichten, bereits bei der Wahl des Direktkandidaten auch einen Ersatzbewerber zu wählen. |
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