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S. Trenn
| Veröffentlicht am Freitag, 09. September 2005 - 18:59 Uhr: | |
Durch den Tod einer Kandidatin im Wahlkreis Dresden I muss ja nach dem Wahlgesetzt $43 eine Nachwahl stattfinden. Aber warum kann man das nicht einfach auf die Erststimme beschränken, so dass die Dresdner also am 18. September zumindest die Zweitstimme abgeben? Das endgültige Ergebnis könnte sich dann nur noch minimal ändern. |
Ralf Arnemann
| Veröffentlicht am Freitag, 09. September 2005 - 20:05 Uhr: | |
Weil die Zweitstimmen von Wählern, die mit der Erststimme erfolgreich waren, entwertet werden, wenn der Kandidat keiner Parlamentspartei angehört (siehe parallel das Thema Hohmann/CDU). |
Görd
| Veröffentlicht am Freitag, 09. September 2005 - 20:33 Uhr: | |
Im Wahlkreis 160 tritt aber IMHO kein parteiloser Direktkandidat an und diese Regelung mit den Zweitstimmen gilt doch offenbar nur für diese. |
Kai
| Veröffentlicht am Samstag, 10. September 2005 - 00:35 Uhr: | |
Nein, die Regelung gilt unabhängig davon, ob unabhänige Kandidaten antreten, grundsätzlich. Der Fall sollte allerdings m.E. Anlass geben, darüber nachzudenken, dass für die Wahlkreiskandidaturen auch Ersatzkandidaten benannt werden können. In diesem Falle wären Nachwahlen bei Todesfällen entbehrlich und könnten überdies (wie sich aus dem verfassungsgerichtlichen Urteil von 1996 ergibt) Überhangmandate in der Wahlperiode bestehen bleiben, sodass die Hängepartie durch infolge Fortfalls von Überhangmandaten instablier Mehrheiten - wie sie Schröder u.a. als Begründung für die Vertrauensfrage anführte - entfiele. |
Görd
| Veröffentlicht am Samstag, 10. September 2005 - 00:53 Uhr: | |
Was ist, wenn der Ersatzkandidat auch stirbt? Ich denke eher, dass die Partei dann eben einfach Pech gehabt hat. |
Kai
| Veröffentlicht am Samstag, 10. September 2005 - 01:10 Uhr: | |
Das wäre eine Frage an den Herrn Gesetzgeber. Zurzeit gibt es Ersatzkandidaten in den Wahlkreisen in Deutschland m.W. nur in Baden-Württemberg bei Landtagswahlen. Ferner gibt es entsprechende Regelungen in Frankreich, wo sie wegen des verfassungsrechtlichen Verbotes, dass Regierungsmitglieder Parlamentssitze innehaben (wie in Hamburg) erhebliche Bedeutung haben. |
Thomas Frings
| Veröffentlicht am Samstag, 10. September 2005 - 17:53 Uhr: | |
"Zurzeit gibt es Ersatzkandidaten in den Wahlkreisen in Deutschland m.W. nur in Baden-Württemberg bei Landtagswahlen." Die gibt es auch in Hessen. Die wurden nach der Nachwahl wegen der gestorbenen Rep-Kandidatin 1995 eingeführt. |
Good Entity
| Veröffentlicht am Samstag, 10. September 2005 - 18:30 Uhr: | |
@Görd: Dann sollten die Parteien eben einen zusätzlichen Gesundheitscheck für ihre Direktkandidaten einführen, so wie die Risikolebensversicherungen: Wie wahrscheinlich ist es, dass unser Kandidat die nächsten 4 Jahre überlebt? Hat er Aids oder ein angegriffenes Herz? Oder übt er einen gefährlichen Sport (Fallschirmspringen zB, war ja sogar schon akut) oder Beruf aus? Klingt zwar makaber, ist aber so ganz abwegig nicht. Für den Fall von Überhangmandaten wäre unter Umständen ja tatsächlich die Regierungsfähigkeit in Gefahr. Allerdings habe ich arge Zweifel, ob durch solche Auswahlkriterien nicht wieder die Gleichheit der Wahl gefährdet würde, hier der passiven Wählbarkeit. So könnte dies praktisch dazu führen, dass an Aids Erkrankte generell keine Chance hätten, in den Bundestag gewählt zu werden. Wie ist das eigentlich generell? Kann eine Partei zB eine potentielle Kandidatin aufgrund tatsächlicher oder möglicher Schwangerschaft oder einen Kandidaten/in aufgrund angeschlagener Gesundheit oder geringer Restlebenserwartung von der Aufstellung ausschließen? Vermutlich würde dies einfach durch Nichtauswahl bei den parteiinternen Abstimmungen (und damit quasilegal) erfolgen, aber an sich wäre das ja ein klarer Verstoß gegen GG Art 3 (3). |
Ralf Arnemann
| Veröffentlicht am Sonntag, 11. September 2005 - 17:36 Uhr: | |
Eine Regierungsmehrheit, die an Überhangmandaten hängt, hat m. E. keine besondere Schutzwürdigkeit. Genauer gesagt: Überhangmandate darf es eigentlich nur für den Bewerber geben, der einen Wahlkreis persönlich überzeugt hat. Ein Ersatzbewerber für den Fall, daß der Bewerber VOR der Wahl stirbt, tritt dann ja echt an und bekommt persönlich die Wahlstimmen. NACH der Wahl dagegen wäre ein Nachrutschen bei einer Persönlichkeitswahl unangebracht. |
Dave
| Veröffentlicht am Samstag, 17. September 2005 - 12:49 Uhr: | |
>Eine Regierungsmehrheit, die an Überhangmandaten hängt, hat m. E. keine besondere Schutzwürdigkeit. Das könnte aber bei diesen Wahlen durchaus passieren. |
Frank Schmidt
| Veröffentlicht am Samstag, 17. September 2005 - 20:29 Uhr: | |
Ist schon 1994 passiert. Hätte die Union ihre Überhangmandate verloren, aber die SPD ihre behalten, hätte Kohl keine Mehrheit mehr gehabt. |
Marc K.
| Veröffentlicht am Samstag, 17. September 2005 - 22:31 Uhr: | |
@Frank, dann hätten aber alle 12 Überhangmandate der Union wegfallen müssen, sprich diese Abgeordnete sterben, ihr Mandat niederlegen oder aus der Partei austreten müssen, während die Zahl der Überhangmandate der SPD konstant bliebe. Das ist ein äußerst unwahrscheinliches Szenario. Ohne Überhangmandate hätte es 1994 auch eine schwarz-gelbe Mehrheit gegeben, wenn auch eine knappe (2 Mandate). |
Dave
| Veröffentlicht am Samstag, 17. September 2005 - 23:19 Uhr: | |
@Marc: Klar, aber es ging ja nun darum, dass für die Regierungsbildung die Überhangmandate der entscheidende Faktor waren. Gruß, Dave |
Bernhard Nowak
| Veröffentlicht am Sonntag, 18. September 2005 - 09:33 Uhr: | |
@Frank: Die Regierung Kohl hätte auch 1994 eine Mehrheit gehabt - aber eben nur von 2 Sitzen mit 0,3% Vorsprung von Union und FDP vor SPD, Grünen und PDS und nicht 10 Sitzen, wie sie sie dann 1994 letztendlich hatte. |
Marc K.
| Veröffentlicht am Sonntag, 18. September 2005 - 10:06 Uhr: | |
@Dave, auch ohne Überhangmandate hätte es eine Schwarz-Gelbe Mehrheit gegeben. Von daher waren sie eben nicht der entscheidende Faktor bei der Regierungsbildung 1994. |
Matthias Cantow
| Veröffentlicht am Sonntag, 18. September 2005 - 10:18 Uhr: | |
@Marc Wenn man sich den Ablauf und die Äußerungen der Parteien am Abend der Wahl in Erinnerung ruft, dann hing die Regierungsbildung natürlich an den Überhangmandaten. Jedem war klar, dass dieser geringe Vorsprung im Bundestag zu knapp war, um z.B. eine evt. notwendige Kanzlermehrheit zu sichern, wollte man nicht darauf angeweisen sein, Abgeordnete in Krankenbetten zur Abstimmung zu fahren. |
Marc K.
| Veröffentlicht am Sonntag, 18. September 2005 - 10:27 Uhr: | |
@Matthias, letzteres wäre durchaus möglich gewesen. Übrigens: bei der Abstimmung über das "Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung" (Reduzierung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, des Krankengeldes, Einschnitte im Gesundheitssystem, etc.), das ja die umstrittenste Entscheidung in der Legislaturperiode war (1996) hat die Koalition aus CDU/CSU und FDP geschlossen abgestimmt, d.h. 341 von 341 Stimmen erhalten. Von daher habe ich keine Zweifel, dass auch eine Mehrheit von zwei Mandaten ausgereicht hätte. Viel größer waren die Mehrheiten für andere Kanzler auch nicht und diese haben bekanntlich auch gehalten. Das gilt selbst für Kanzler Schröder, dessen Mehrheit bekanntlich inzwischen auf drei Mandate geschrumpft ist (und dies inklusive des Abgeordneten Schreiner) und der mit dieser immerhin von 2002-2005 regiert hat. |
Matthias Cantow
| Veröffentlicht am Sonntag, 18. September 2005 - 11:06 Uhr: | |
Da wir nicht in die Köpfe der Abgeordneten der damaligen Regierungskoalition schauen können, können wir beide etwas vermuten, es aber nicht beweisen. Hier ging es um die Regierungsbildung Kohls – betrachtet man das reale Ergebnis der Kanzlerwahl: http://www.wahlrecht.de/lexikon/bundeskanzlerwahl.html liegt die Vermutung der fehlenden Kanzlermehrheit ohne Überhangmandate näher, allerdings kann man auch hier nicht beweisen, ob die mindestens drei Abweichler nicht auch bei einer knappen Mehrheit dem Kanzler ihre Stimme gegeben hätten. |
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